Ein waschechter «Seebueb» jubiliert

Paul Weber-Glystras zum 70. Geburtstag

Quelle: «Allgemeiner Anzeiger vom Zürichsee», 21. Mai 1994 von Peter Ziegler

Heute feiert Paul Weber-Glystras, wohnhaft im Rietlihuus am Ufer des Zürichsees in der Au, im Kreise seiner Familie mit bereits stattlicher Schar von 17 Grosskindern den 70. Geburtstag. Unter die Gratulanten reiht sich auch der «Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee», dessen Verwaltungsrat der Jubilar bis vor kurzem angehört hat.
Runde Geburtstage sind Marksteine, Marschhalte. Auch Paul Weber wird an diesem Tag Rückschau halten, Bilanz ziehen.
 
 
 



Paul Weber-Glystras.

Ausbildungsjahre

Die Gedanken des am 21. Mai 1924 in Wädenswil Geborenen werden zurückschweifen in die Jugendzeit und in die Jahre beruflicher Formung. Zurück auf eine glückliche Kindheit in perfekter Familien-Atmosphäre, zusammen mit Bruder Walter und Schwester Irene. Dann auf die schulische Ausbildung, die ihn über die Primarschule Ort (Au) zur Sekundarschule im Freien Gymnasium Zürich und von dort zum Handelsmatura-Abschluss an der Kantonalen Handelsschule Zürich führte.
Schliesslich die Erinnerung an die Berufswahl: an den Verzicht auf ein akademisches Studium und an den Entscheid zugunsten des Braugewerbes, der Familientradition.
Zu dieser Tradition gehörte unabdingbar eine Aktivzeit im Bankfach. Der Vater, Dr. Walter Weber-Bürki, war 1940 Verwaltungsrat und später Vizepräsident der Schweizerischen Volksbank. Hier sammelte Sohn Paul – nach einem halbjährigen technischen Praktikum in der Brauerei Eichhof Luzern – kaufmännische Erfahrungen in einer Genfer Filiale und anschliessend in der Niederlassung New York der Schweizerischen Kreditanstalt. Es folgte eine sechsmonatige Reise mit Besuch und Studium sämtlicher Grossbrauereien in den Vereinigten Staaten.
In die Schweiz zurückgekehrt, ergänzte Paul Weber seine Ausbildung mit einem halbjährigen Praktikum in der Brauerei Cardinal in Fribourg. Zwischen diesen Stationen durchlief er in zeitlich dichter Abfolge militärische Schulen und wurde zum Leutnant der Kavallerie brevetiert. Seine Liebe zum Pferd und Reitsport hat bis zum heutigen Tag angedauert.
Dr. Walter Weber-Bürki (1894–1967).

Im Braugewerbe

Runde Geburtstage sind Daten der Rückschau. Für Paul Weber auf seine jahrzehntelange Tätigkeit im Braugewerbe. Sie begann im Aussendienst der Rheingold-Brauerei in Brooklyn und hätte in diesem Unternehmen zu Aufstieg und Dauerstellung geführt. Doch es kam anders.
Paul Webers Familie, Inhaberin der Brauerei Wädenswil, Weber & Cie., berief ihn 1952 als ersten kaufmännischen Prokuristen in den eigenen Betrieb. In enger Zusammenarbeit mit seinem Vater, dem Seniorchef, arbeitete sich Paul Weber gründlich in die Führung der Brauerei am Zürichsee ein. Als 1955 der damalige technische Leiter, Peter F. Walter, tödlich verunglückte, übernahmen Paul Weber und sein Vetter, Dr. Dieter Iselin, als vierte Generation der Familie Weber die Geschäftsleitung. Es folgten grosse bauliche Änderungen im Sudhaus, Gärkeller und Lagerkeller. 1964 erreichte der Ausstoss der Brauerei Wädenswil die Maximalhöhe von 200‘000 Hektolitern. Nach dem Hinschied von Dr. Walter Weber-Bürki, 1967, stand Paul Weber, als unbeschränkt haftendem Kommanditär, die kaufmännische Geschäftsleitung zu.
1970 beschloss die Familie Weber mit 33 Kommanditären einstimmig die Gründung einer Aktiengesellschaft. Ebenfalls einstimmig erfolgte die Zusage, bei der Gründung der Sibra Holding SA, Fribourg, mitzuwirken. Gründungsmitglied Paul Weber wurde Vizepräsident der Sibra Holding, und bis zu den Umorganisationen gehörte er den Verwaltungsräten Sibra Management SA sowie Cardinal Brauerei Rheinfelden AG an. Den Verwaltungsräten der Cardinal Brauerei Wädenswil AG und der Getränke-Firma Fritz Lanz AG, Dietikon, wo mittlerweile der Sohn Christian Weber im Bereiche Marketing tätig ist, steht Paul Weber noch heute als Präsident vor.
In all diesen Funktionen war es dem Jubilar möglich, an erster, verantwortungsvoller Stelle über das Schicksal des grössten Getränke-Konzerns der Schweiz mitzubestimmen. Zu seiner beruflichen Tätigkeit zählte sodann während 18 Jahren die Mitgliedschaft bei der Werbekommission des Schweizerischen Bierbrauervereins, davon 15 Jahre als Präsident.

Im Kreise der Familie

Seit 45 Jahren ist Paul Weber mit Doris Glystras verheiratet. In Stunden der Freude wie in Stunden schwerer Entscheidungen war und ist sie eine anteilnehmende, unterstützende Gattin. Am Festtag des Vaters denken auch die fünf Töchter und der Sohn an ihre unbeschwerte Jugendzeit zurück: Ans Leben am und auf dem Zürichsee, an Ferien in Griechenland, wo die Mutter herstammt, an Wanderungen in der Natur, an Feste und frohe Stunden im gastlichen Haus in der Rietliau.
Längst sind die Kinder gross geworden und ausgeflogen. Fünf sind verheiratet, haben eigene Kinder, mit denen sie, zur Freude der Grosseltern, ins Elternhaus am Seeufer zurückkehren, sooft ihnen dies möglich ist.

Präsident des Au-Konsortiums und der ZSG

Paul Webers politische Tätigkeit beschränkte sich auf zwölf Jahre Mitgliedschaft in der Primarschulpflege Wädenswil. Zum Politiker, so sagte er selbst einmal, habe er kein Talent. Er legte die Akzente ausserberuflichen Wirkens anders: als Präsident des Au-Konsortiums und als Präsident der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft (ZSG). An beiden Orten, wo schon der Vater tätig gewesen war, setzte er sich von Anfang an mit grossem Engagement, mit sichtlicher Freude und Erfolg ein.
Das Au-Konsortium, 1911 unter dem Präsidium des Grossonkels Fritz Weber-Lehnert gegründet, um den Mittelteil der Halbinsel Au vor spekulativer Überbauung zu bewahren, stand von 1956 bis 1967 unter der Führung von Dr. Walter Weber und wird seit 1968 von Paul Weber geleitet. Während seiner Präsidialzeit unternahm man Anstrengungen, das Schutzgebiet Au dem Publikum noch besser zugänglich zu machen.
Landgasthof Halbinsel Au.


Der Kinderspielplatz, die Bepflanzung des Parkplatzes mit Ahorn-Bäumen, neue Fusswege, das Tiergehege, der Bauerngarten und die Magerwiesen belegen Veränderungen in diesem Sinne. Dazu kamen die Renovation des Bauernhauses, betriebliche Verbesserungen im Landgasthof und jüngst die Neugestaltung des Landisaales. Mit Recht darf Paul Weber auf diese Leistungen stolz sein. Man muss ihn erlebt haben, wie er begeistert von «unserer schönen Au» schwärmt! An der Generalversammlung vom 3. Juni 1994 wird Paul Weber übrigens nach 25-jährigem Wirken zurücktreten. Es ist ihm Genugtuung und Freude zugleich, dass sein Sohn Christian das Präsidium übernehmen und damit die Familientradition in vierter Generation weiterführen wird.
Auch die Verbindung zur ZSG hat Tradition. Schon der Grossonkel Fritz Weber präsidierte den Verwaltungsrat des damals noch «Zürcher Dampfbootgesellschaft» geheissenen Schifffahrtsunternehmens von 1919 bis 1947, der Vater Dr. Walter Weber von 1949 bis 1967, und seit 1976 steht auch hier Paul Weber an der Spitze. In seine Amtszeit, die nach eigenem Entschluss 1995 enden soll, fallen unter anderem die Restaurierung der beiden Salondampfer «Stadt Zürich» und «Stadt Rapperswil», die Anschaffung des Motorschiffs «Ufenau» und der Neubau der Werftanlage in Wollishofen.

Fritz Weber-Lehnert (1870–1955).

Oldtimer-Autos, «Gambrinus» und Segelsport

Paul Weber ist ein Liebhaber von Oldtimer-Autos und von Oldtimer-Schiffen. Zweimal konnte ich seine Freude an diesen technischen Kostbarkeiten miterleben: als der Jubilar im historischen Umzug am Wädi-Fäscht von 1987 strahlend in seinem Hanomag Modell 1924 mitfuhr, und wieder am 21. August 1993, als auf seinem Landgut in der Rietliau die offizielle Jubiläumsfeier «100 Jahre Gambrinus» stattfand. Paul Weber hat den 1893 gebauten ehemaligen Bierfloss-Schlepper der Brauerei Wädenswil vor der Verschrottung gerettet, ihn stilgerecht restaurieren lassen und steuert ihn nun zur Freude vieler wieder auf dem See. Wohl seine grösste Leidenschaft in der Freizeit gilt dem Segelsport. Während Jahrzehnten auf dem Zürichsee, fasziniert ihn seit geraumer Zeit die Hochsee.
Gambrinus, auf dem Zürichsee seit 1893.

Gesund, frohgemut und optimistisch steuert Paul Weber auch ins achte Lebensjahrzehnt, gemütlich die Pfeife rauchend, neben dem Bier auch ein Glas Weissen oder Roten nicht verschmähend, mit klarem Kurs, wie es sich für den Kapitän der «Gambrinus» gehört. Dabei begleiten ihn, seine Frau Doris und seine Familie die besten Wünsche.




Peter Ziegler