AUS DER VERGANGENHEIT ZU PERSPEKTIVEN

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1999 von Bruno Ern

Mitte der 80er Jahre erreichte Wädenswil eine Einwohnerzahl von über 19‘000. In den vergangenen zehn Jahren fluktuierte diese Zahl, trotz neuer Überbauungen, zwischen 19‘200 bis 19‘600. Die Bevölkerungsstruktur wird deutlich beeinflusst durch die grossen Wohnüberbauungen aus den 50er und 60er Jahren und den vergleichsweise hohen Anteil an genossenschaftlichen Wohnungen.
Die lokale Wirtschaft unterlag in den vergangenen Jahrzehnten einem starken Wandel. Industrielle Produktion (Textil, Brauerei, Elektro) wurde abgelöst durch gewerbliche- und Dienstleistungsbetriebe. Die Zahl der Arbeitsplätze hat in Wädenswil abgenommen (1998 zirka 8300 Stellen). Für überkommunale öffentliche Dienste wird häufig Horgen als Bezirkshauptort bevorzugt (Kantonale Dienste, Berufsbildung/ Mittelschule, Spital etc.) Im Standortwettbewerb um Arbeitsplätze und Steuern verbleibt Wädenswil eine vergleichsweise ungünstige Position.
Die Infrastrukturanlagen, welche vor über 30 Jahren in der Wachstumsphase erstellt wurden (ARA, Hallenbad, Strassen, Wasserversorgung, öffentliche Bauten etc.), bewirken zunehmenden Unterhalt und Erneuerungsbedarf. Dies bei einer Steuerkraft pro Einwohner, die im langjährigen Rückblick lediglich 70 bis 80 Prozent des kantonalen Mittels erreicht. (1997: Küsnacht ca. Fr. 8000.-, Horgen Fr. 2500.-, Wädenswil Fr. 1900.- pro Einwohner).
Der Steuerfuss der politischen Gemeinde zusammen mit der Oberstufenschulgemeinde variierte in den vergangenen 20 Jahren zwischen 110 und 131 Steuerprozenten, aktuell 126 Prozent (kantonales Mittel = 121 %). Gemessen aber am Umfeld von Zug, Pfäffikon SZ und den steuergünstigen Gemeinden seeabwärts ist Wädenswil in einem Steuerwettbewerb um hohe Einkommen chancenlos. Die dringend notwendige materielle eidgenössische Steuerharmonisierung wird nicht an die Hand genommen. Und wenn, so wäre eine solche Vorlage in den eidgenössischen Räten kaum mehrheitsfähig.
Was die Verschuldung betrifft, so ist Zurückhaltung gefordert. Mittelfristig ist eine Erhöhung nur zu rechtfertigen, wenn im Rahmen einer Wachstumsphase später neue Steuerzahler an die Rückzahlung dieser Schulden beitragen können. Dies ist heute aber kaum absehbar.
Somit bleiben meines Erachtens für Wädenswil primär zwei Perspektiven. Erstens die Gemeinde noch konsequenter unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit zu führen. Das gilt für die laufenden Aufgaben sowie auch für die Auftragsvergabe und die Leistungskontrolle. Zweitens sind via Zonenplanung aber insbesondere im Rahmen einer aktiven langfristigen kommunalen Landpolitik Arbeitsplätze mit guter Wertschöpfung nach Wädenswil zu bringen. Für beides braucht es aber immer wieder Überzeugungskraft. Auf diese Weise können jene Voraussetzungen geschaffen werden, welche längerfristig für Bevölkerung und Behörden einen echten Handlungsspielraum ergeben.




Bruno Ern,
Vorstand Finanzen und Liegenschaften