BILDHAUER JÖRG FAUSCH (1920–2001)

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2001 von Peter Ziegler

Am 26. April 2001 starb im 82. Lebensjahr der Bildhauer Jörg Fausch. Seit seiner Jugendzeit war er mit Wädenswil sehr verbunden. Hier arbeitete er ab 1952 im eigenen Atelier. Hier begegnet man manchen seiner Kunstwerke, welche die Erinnerung an ihn lebendig halten.

INNENARCHITEKT ODER BILDHAUER?

Jörg Fausch kam am 16. Februar 1920 in Zürich zur Welt, wo er aufwuchs. Schon als Kind hielt er sich häufig bei der Bauernfamilie Zollinger in den Zollingerhäusern in Wädenswil auf, bei den Grosseltern mütterlicherseits. Hier schnitzte er mit Begeisterung Boote und malte und zeichnete viel, besonders die Kühe und Pferde des grosselterlichen Hofes. Früh zeigte sich damit die künstlerische Begabung. Auf den Besuch der Sekundarschule Wädenswil und des Gymnasiums Zürich folgte ein Landwirtschaftsjahr im Welschland. Hier stellte Jörg Fausch fest, dass – nach eigenen Worten – Pinsel und Bleistift besser in seine Hand passten als Gabel und Rechenstiele. So reifte der Entschluss, einen kunsthandwerklichen Beruf zu ergreifen. An der Kunstgewerbeschule Zürich bildete sich Jörg Fausch während fünf Jahren zum Innenarchitekten aus.
Auf eine ihm angebotene Stelle in einem guten Laden an der Zürcher Bahnhofstrasse verzichtete er jedoch. Ihn lockte vielmehr die Mitarbeit im Atelier des bekannten Bildhauers Josef Nauer in Freienbach. Hier blieb er für Kost und Logis und ohne Lohn mehrere Jahre, erlernte das Handwerk des Bildhauers und begab sich dann für einen längeren Studienaufenthalt an die Académie de la Grande Chaumière zu Ossip Zadkine nach Paris, der ihm grossen Eindruck machte und ihn in die Welt des Kubismus und der Abstraktion einführte.
 

Der Künstler an der Arbeit.

Freude über das vollendete Werk.

IM EIGENEN GESCHÄFT

1948 verheiratete sich Jörg Fausch mit Hedwig Sieber und arbeitete zunächst in einem Grabmalgeschäft in Solothurn, wo er noch das Handwerk des Steinmetzen erlernte. 1952 gründete er im neuen Siedlungsgebiet beim Friedhof Wädenswil ein eigenes Geschäft. Vier Kinder – Hedi, Hannes, Ueli und Charlotte – belebten das Haus und den Arbeitsplatz des Vaters.
Jörg Fausch schätzte den Freiraum für künstlerisches Gestalten. Neben den von ihm entworfenen Grabsteinen schuf er Figuren und Brunnenanlagen, inspiriert von den Formen und Strukturen der Materialien Stein, Holz, Metall und Kunststoff. Mit ihnen setzte er seine eigenen Vorstellungen um, schuf Eigenes, Neues, gab menschlichen Gesichtern und Tieren ebenso Gestalt wie abstrakten Formen.

Reiher vor dem Landgasthof Halbinsel Au.

Schwan.

SCHÖPFERISCHES GESTALTEN

Seine Werke waren regelmässig an den Ausstellungen Zürich-Land zu sehen, ferner in verschiedenen Galerien und an der Internationalen Ausstellung «Geschmiedetes Eisen» in Lindau. Es folgten private sowie öffentliche Aufträge für Schulen, Plätze und Altersheime. Zu seinen schönsten Werken zählt nach eigener Einschätzung der 1988 geschaffene Wandschmuck mit geschnitzten Menschen im Alterswohnheim der Landschaft Davos.
Auch in Wädenswil begegnet man verschiedenartigsten Kunstwerken von Jörg Fausch. Erinnert sei an den Brunnen mit Katze vor dem Sekundarschulhaus Rotweg, an den Betonbrunnen vor dem Oberstufenschulhaus Fuhr, an den Schwan in der Schulanlage Untermosen, an den Reiher vor dem Landgasthof Halbinsel Au oder an die Eisenfigur im Park der Forschungsanstalt Wädenswil. Auch der Brunnen auf dem Wisshusplatz in Richterswil, zum Gedenken an Bundesrat Hans Streuli, trägt die Handschrift des Bildhauers Jörg Fausch.
 

Auf dem Sodbrunnen im Weiler Zollingerhäuser waren immer wieder neue Werke von Jörg Fausch zu betrachten.

Katze von 1954 auf dem Hofbrunnen vor dem Oberstufenschulhaus Rotweg.

FLORIDA UND WÄDENSWIL

Aufbrechen zu können und zurückzukehren – beides war Jörg Fausch wichtig, machte den Reichtum seines Lebens aus. Seit 1981 verbrachte das Ehepaar das Winterhalbjahr im wärmeren Arcadia auf Florida. Im Sommer aber zog es die Beiden regelmässig nach Wädenswil, dortin, wo Jörg einen Teil seiner Jugend verbracht hatte. Das umgebaute und restaurierte Waschhaus in den Zollingerhäusern war Wohnsitz, der benachbarte Schopf Arbeitsstätte. Und nahe war der See, auf dem Jörg Fausch selbst bei Sturm und Gewitter zu segeln pflegte, weil es ihn lebenslang lockte, Grenzen zu überschreiten und Hindernisse zu überwinden. Angst hatte er dabei nie; die überliess er seiner Frau.
Eine grosse Trauergemeinde nahm am 3. Mai 2001 in der reformierten Kirche Abschied von Jörg Fausch. Auf dem Friedhof Wädenswil, auf dem so viele seiner Grabsteine stehen, hat er die letzte Ruhestätte gefunden.
 




Peter Ziegler