ZUM NEUEN GASTGEWERBE-GESETZ

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1999 von Ernst Stocker
 
Im Zuge der Liberalisierungsbestrebungen in verschiedenen Bereichen unseres Lebens wurden auch die Vorschriften im Gastgewerbe gelockert.
Das neue Gesetz überträgt viele Kompetenzen, die bis anhin vom «Kantonalen Amt für Wirtschaftswesen wahrgenommen wurden, an die Gemeinden. Die neue Aufgabe bereichert die Arbeit der Polizeiabteilung und vertieft den Kontakt zu den Wirtinnen und Wirten. Im neuen Gesetz werden vor allem in drei Bereichen die Vorschriften angepasst: Zum einen wird keine Wirteprüfung mehr verlangt, zum andern wurde der Bedürfnisnachweis fallen gelassen. Die Schliessungsstunde wurde grundsätzlich beibehalten. Bei den Ausnahmebewilligungen ist eine grosszügige Handhabung vorgesehen, solange keine Nachtruhestörungen oder Probleme mit der öffentlichen Ordnung vorliegen. In unserer Stadt sind 8 Patente für alkoholfreie Betriebe und 64 Patente mit Alkoholausschank vergeben. 10 Betriebe verfügen über eine dauernde Ausnahmebewilligung bei der Schliessungsstunde. Diese dürfen werktags bis 02.00 Uhr, Freitag und Samstag bis 04.00 Uhr oder gar 24 Stunden offen halten.
Diese Bewilligungen stehen im Spannungsfeld verschiedenster Interessen. Einerseits das veränderte Ausgehverhalten unserer Jugend und der Ruf nach einer attraktiven Stadt, die auch nach 24.00 Uhr etwas bietet. Dann aber auch die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Gastwirte. Andererseits das explizit im Gesetz erwähnte Recht der Anwohner auf eine ungestörte Nachtruhe. Hier gehen die Interessen verständlicherweise diametral auseinander. Hier ist der Vater, der möchte, dass seine Tochter in unserer Stadt die Möglichkeit hat, sich zu vergnügen und nicht nach Zürich gehen muss. Aber auch der Barbesitzer, der seine Investitionen und Angestellten bezahlen muss. Dort ist der Bürger, der nachts schlafen möchte, weil er am nächsten Tag früh zur Arbeit muss. Verständlich ist aber auch der Ärger des Vermieters, dem die Mieter wegen dauernder Nachtruhestörung ausziehen und der seine Wohnungen nicht mehr vermieten kann.
All diese Anliegen, die berechtigt sind und auf die bei Entscheidungen Rücksicht genommen werden muss. Die Polizeiabteilung ist bestrebt, mit einer umsichtigen und verhältnismässigen Bewilligungspraxis den vielen Interessen gerecht zu werden. Im Zweifelsfalle sind aber die Vorgaben im Gastgewerbegesetz sowie in der Verordnung einzuhalten. Den bescheidenen Spielraum der Gemeinden wollen wir aber ausnützen. Ausschlaggebend ist dabei die Urteilspraxis der ebenfalls neu geschaffenen Rekursinstanz bei der Volkswirtschaftsdirektion. So sind wir bestrebt, einen goldenen Mittelweg zu finden, doch wie das Sprichwort bereits sagt: «Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann.»




Ernst Stocker,
Polizeivorstand