Zwanzig Jahre Chlauszunft Wädenswil

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1984 von Willy Meier

Im März 1964 gruppierten sich Dölf Amrein, Hans und Otti Fischer, Kurt Grob, Louis Nievergelt, Martin Palm und Hugi Weber zur Wädenswiler Chlauszunft. Es waren beileibe keine Bölimänner, welche sich vor 20 Jahren zusammentaten, um den Alleingang einzelner Chläuse etwas zu organisieren. Man wollte aber keinen neuen Verein. Die Wirkungsfähigkeit zur Erhaltung des alten Volksbrauches durfte nicht durch Statuten und durch ein Büro angenagt werden. Ehrenamtlich zielte man von Anfang an darauf ab, dem Zweck entsprechend zu handeln und möglichst breiten Kreisen – vorab den Wädenswiler Kindern – die Herzen zu erfreuen.
Der administrative Aufwand sollte sich – ohne Präsident, Aktuar, Kassier usw. – auf die Mittelbeschaffung, die Organisation des jährlichen Chlauseinzuges und der sich über mehrere Tage erstreckenden Hausbesuche beschränken.
Die Ausrüstung beschaffte man sich zu Beginn in Miete. Simple Wattebärte genügten. Auch wenn man kein Verein sein wollte, war es bei der Chlauszunft dasselbe: die Substanz wird durch die Fronarbeit der Mitglieder selbstlos und idealistisch erarbeitet. Enormen Einsatz leisteten im Hintergrund die massnehmenden, zuschneidenden und nähenden Chlauszunft-
Frauen. Nur so vermochte man zunfteigene Kleider zu erwerben. Die bescheidenen Wattebärte konnten mit der Zeit durch Hanfbärte aus Deutschland ersetzt werden. Heute verwandeln echte Haarbärte die wackeren Zünfter in echt wirkende, prächtige Samichläuse. So ein Bart kostet seine guten 400 Franken. Ebenso viel muss in Stoff und Zutaten für eine Chlauskleidung investiert werden.
Die 21 Mitglieder der ChIauszunft möchten bei ihren etwa 250 Hausbesuchen, bei 20 bis 30 Vereinsanlässen, in Kindergärten und bei Schulbesuchen die Herzen erfreuen. Das Loben steht vor dem Ermahnen. Getadelt wird ungern, gestraft nie. Der Samichlaus kann und will nicht in einer halben Stunde zurechtbiegen, was Erwachsene jahrelang verbogen haben.
Der Chlauseinzug, früher jeweils um den 6. Dezember herum, wurde 1983 auf den ersten Adventssonntag verlegt. So gewannen die Chläuse etwas mehr Zeit für die vielen Hausbesuche. Zwanzig Chlauseinzüge prägten dieses eindrucksvolle Ereignis zum traditionellen – nicht mehr wegzudenkenden – Wädenswiler Volksbrauch. 1964 schritten die Samichläuse noch ohne Wagen und ohne Esel, die Säcke auf dem Rücken tragend, die Route ab. Jahr für Jahr wuchs das Interesse in der Bevölkerung. Und als die Zunft mit einem Brückenwagen und Eselgespann auffuhr, stieg die Bedeutung des Chlauseinzuges enorm an und damit auch die Zuschauerzahl an den Strassenrändern beim Umzug. – Auf Vaters Schultern hat man mit klopfendem Herzen die stolze Gestalt des Bischofs mit seinem eindrucksvollen Stab und seine wackeren Begleiter beschaut, sich am leuchtenden Christbäumlein auf dem Wagen der bevorstehenden Weihnacht erinnert und sich an den niedlichen Eselein begeistert ... Und jetzt steht man wieder am Strassenrand, auf den gewachsenen Beinen, einen Nachkommen auf dem Buckel. An der Deichsel zieht ein Eselein aus der dritten Generation. Dorli und ihre Tochter Susanne sind in den Eselhimmel eingegangen. Jahrelang haben sie eigenwillig und treu den Wagen mit den Anis-Chräbeli, den Nüssli, Mandarinen und Lebkuchen gezogen ... Dass die Samichläuse, das Gefährt und die Esel mit Seilen gegen allzu zudringliche Mitmenschen abgeschirmt werden müssen, wollen wir anständig überbordender Begeisterung zuschreiben. Hamstertragtaschen mögen dazu dienen, dass Spanische Nüsslein nicht neben allzu kleine Kinderhändchen fallen – Zeiterscheinung? - Wohl kaum, wenn wir Lausbuben beobachten, welche sich immer wieder über Routenabkürzungen, einmal mit und einmal ohne Mütze, den Chläusen bittend voranstellen – Hand aufs Herz – wird man da nicht an eigene Jugendstreiche erinnert?
Anfänglich erhielt die Zunft einen Zustupf aus der Gemeindekasse. Sobald man aus dem Schneider war, getraute man sich nicht mehr anzuklopfen. Dank freiwilliger Gaben nach den Gratis-Hausbesuchen, dank Spenden vereinzelter Firmen und privater Gönner, kann die Zunft Mandarinen, Guetzli, Lebkuchen usw. zur Verteilung an die Kinder für den Chlauseinzug einkaufen. Auf Rosen ist man nicht gebettet. Selbstlose, liebe Aussenstehende haben immer wieder dazu beigetragen, dass das Budget nicht durchlöchert und in den eigenen Samichlaus-Sack gegriffen werden musste. – Dankeschön für den Wagen, für dessen Renovation, für die Leih-Esel, für die Strassensicherung, fürs Absperren, fürs Verständnis ...
Von der Gründung an dabei waren die Chläuse Dölf Amrein, Otti und Hans Fischer und Martin Palm. Ihnen vorab, die nun zurückgetreten sind, aber auch den jungen Männern und Frauen, welche mithelfen, die Tradition fortzusetzen, danken wir.




Willy Meier