BUNDESRATSBESUCH IN WÄDENSWIL

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2001 von Peter Ziegler

Am zweiten Tag seiner Reise durch den Kanton Zürich besuchte Bundespräsident Moritz Leuenberger am 5. Juli 2001 mit seinen Bundesratskollegen und – kolleginnen zum Abschluss Wädenswil. Im Gegensatz zu den drei früheren Wädenswiler Aufenthalten in den Jahren 1963, 1974 und 1982 wünschte die Landesregierung diesmal ausdrücklich, mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Das Besuchsprogramm wurde durch die Bundeskanzlei genau vorgegeben. Gefordert waren ein Konzert in der reformierten Kirche sowie ein Apéro mit der Bevölkerung, und das Ganze musste innerhalb von zwei Stunden stattfinden.
Für den hohen Besuch putzte sich Wädenswil heraus. Am Seeplatz wurde das Schiffs-Wartehäuschen frisch gestrichen, und an den sonst leeren drei Fahnenstangen prangten neu beschaffte Fahnen der Schweiz, des Kantons Zürich und der Stadt Wädenswil. Am Gessnerweg entfernte man einen rostigen alten Gartenzaun, und Chefgärtner Robert Felber stutzte im Rosenmattpark hier und dort die Büsche, und er richtete die Rosenbeete her.
Kurz vor 17 Uhr landete das Extraboot der Seepolizei mit der Landesregierung am Schiffssteg in Wädenswil, flankiert von zwei Booten der Seepolizei und zuletzt noch vom Schleppschiff «Gambrinus». Am Ufer wartete bei hochsommerlichen Temperaturen eine beachtliche Menschenmenge auf die hohen Gäste. Anders als die mehrheitlich in Krawatte erschienenen Wädenswiler Stadträte, rückten die Magistraten aus Bern in bequemer Sommerkleidung an. Die zweite Primarklasse des Gitarre spielenden Lehrers Felix Müller aus dem Schulhaus Gerberacher begrüsste den Besuch mit dem Lied «Wänns di fascht vertätscht vor Freud», ferner mit «Caramba» sowie einem griechischen und einem afrikanischen Lied.

Der Bundespräsident geht an Land.

Jagd auf erste Autogramme.

Die Bevölkerung empfängt die Landesregierung auf dem Seeplatz.

Konzert des Vokalensembles «TonArt Zürich und Basel» in der reformierten Kirche.

Aufmerksame Zuhörerinnen und Zuhörer.

Nach der kurzen Begrüssung durch Stadtpräsident Ueli Fausch, ersten Erinnerungsfotos und spontanen Dialogen gings zu Fuss durch die Bahnhofunterführung zum Gessnerweg und –vorbei an der Jugendmusik, die vor dem «Rosenhof» spielte – hinauf zur reformierten Kirche.
Der Kirchenraum war beinahe bis auf den letzten Platz gefüllt, und wer sich zuvor am Seeplatz aufgehalten hatte, musste sich gar auf die Emporentreppe setzen.
Als die von Bodyguards und den neun Mitgliedern des Wädenswiler Stadtrates begleiteten Bundesrätinnen und Bundesräte durch das Turmportal die Kirche betraten, wurden sie mit tosendem Applaus empfangen. Dann begann das Konzert des von Walter Riethmann dirigierten Vokalensembles «TonArt Zürich und Basel», mit Werken von Josef Gabriel Rheinberger (1839 – 1901), Anton Bruckner (1824 – 1896), Adriano Banchieri (1567 – 1634), Maurice Ravel (1875 – 1937), Benjamin Britten (1913 – 1976) und Rodion Schtschedrin (*1932). Die Organistin Ursula Hauser begleitete auf der neuen Späth-Orgel.
Nach dem Konzert wälzten sich die Menschenmassen über die Treppe beim Pfarrhaus Richtung Rosenmattpark, wo Zürichsee-Räuschling, OWG-Apfelsaft und Mineralwasser ausgeschenkt wurden. Die sieben Mitglieder der Landesregierung, die Bundesrätinnen Ruth Dreifuss und Ruth Metzler, die Bundesräte Pascal Couchepin, Joseph Deiss, Moritz Leuenberger, Samuel Schmid, Kaspar Villiger sowie Vizekanzler Achille Casanova, waren in der Menge nur schwer auszumachen. Doch wenn man sie erblickte, sich gar vorkämpfen konnte, dann gab es ein kurzes Gespräch, ein paar Erinnerungsfotos fürs Album, ein Autogramm ins Schulheft, auf einen Zettel oder gar auf die Hand. Mitten auf der Wiese konzertierte die Jugendmusik, und aus dem Hintergrund überwachten Polizisten das ganze Geschehen.

Mit Bundesrätin Ruth Dreifuss im Gespräch.

Erinnerungsfoto fürs Familienalbum. Im Zentrum Bundesrätin Ruth Metzler.

Ein gut gelaunter Bundesrat Kaspar Villiger.

Konzert der Jugendmusik im Rosenmattpark.

Zum Schluss des zweistündigen Besuchs wandte sich der Bundespräsident übers Mikrophon an die Bevölkerung. Der Besuch in der Seegemeinde sei sozusagen das Dessert der zweitägigen Bundesratsreise gewesen, meinte der gutgelaunte Moritz Leuenberger. «Geht doch einmal nach Wädenswil!», werde er künftig all jenen entgegnen, die behaupteten, die Zürcher seien arrogant, zwischen Volk und Politikern gebe einen Graben, oder es gebe keine vollen Kirchen mehr.

Der Bundespräsident dankt.

Um 18.55 verabschiedete der Stadtrat die Gäste am Bahnhof Wädenswil. Diese reisten mit einem Extrazug nach Bern zurück. Ein grosser Teil der Wädenswiler Bevölkerung aber harrte noch lange im Rosenmattpark aus und genoss den prächtigen Sommerabend in der Festwirtschaft. Hungrige verpflegten sich mit Risotto aus der «Gulaschkanone» der «Zouft Fäldchuchi 39» oder mit Grilladen, welche die Turnvereine zubereiteten. Der Verkehrsverein und die bewährte Festwirtin Renate Langendorf sorgten für erfrischende Getränke. Man war sich einig: Der Besuch des Gesamtbundesrates in Wädenswil war ein hervorragend organisiertes, rundwegs gelungenes, eindrückliches Volksfest.




Peter Ziegler