25 Jahre Genossenschaft Hoch-Etzel 1962-1987

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1987 von Peter Ziegler
 
Blick vom Etzel Richtung Seedamm und Rapperswil. Bleistiftzeichnung von Jakob Eschenmoser.

Ein beliebtes Ausflugsziel

Der aus Molasse bestehende, 1100 Meter hohe Etzel trennt das Tal der Sihl vom Tal des Zürichsees. Er erhebt sich mit bewaldeter Kuppe ganz auf schwyzerischem Boden und gehört seit Jahrzehnten zu den beliebtesten Ausflugszielen der Gegend. Von Schindellegi und vom Etzelpass her führen Pfade zum Kulm hinauf, wo sich dem Wanderer - in unverdorbener Natur - bei hellem Wetter eine prächtige Rundsicht weitet. In nördlicher Richtung breitet sich mit dem See im Vordergrund die zürcherische Landschaft aus. Am Horizont stehen dunkel die Höhen des Schwarzwalds und des Hegaus. Im Süden liegt der Sihlsee. Aus dem Wiesengrund wachsen die Mauerfluchten des Klosters Einsiedeln. Über den Tannenwäldern erheben sich die Voralpen und der Kranz der Alpengipfel. Keine Seilbahn und kein Sessellift führt auf den Etzelkulm. Auch die Autos müssen am Fuss des Berges abgestellt werden: auf der Passhöhe von Sankt Meinrad oder bei der Sennhütte am Ende der Zufahrtsstrasse von Schindellegi her. Dass der Etzel heute in seiner Ursprünglichkeit erhalten ist und der Wanderer im gemütlichen Berggasthaus einkehren kann, verdankt man zu einem guten Teil Wädenswiler Initiative. 1962, vor 25 Jahren, lief eine erfolgreiche Aktion zur Erhaltung des beliebten Ausflugsziels an, auf die hier Rückschau gehalten werden soll.

Geschichtliches

Dem Namen «eczelin» begegnet man schon im ältesten Einsiedler Urbar aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts. In einer Urkunde vom 10. Januar 1261 heisst der Berg «ezelin», in einer andern vom 28. August 1274 «mons ezcili». Sehr wahrscheinlich leitet sich der Name vom mittelhochdeutschen Wort «atze!» ab, dessen Verkleinerungsform «etzelin» lautet und kleine Elster bedeutet. Der Sinn des Namens wäre also Elsternberg.
Auf dem Etzelpass liess sich um 830 der Reichenauer Mönch Meinrad als Einsiedler nieder. Weil ihn hier zu viele Anwohner um Rat aufsuchten, zog er weiter in den finstern Wald hinein und wurde zum Begründer des weltberühmten Wallfahrtsortes Maria Einsiedeln. Am Pilgerweg von Rapperswil über die hölzerne Seebrücke und weiter nach Einsiedeln stand auf dem Etzelpass die Kapelle zum Gedenken an den Heiligen Meinrad. Sie war 1697 baufällig und wurde durch eine neue nach den Plänen des Einsiedler Laienbruders Kaspar Moosbrugger ersetzt. Nicht weit vom Etzelpass stand bei der Teufelsbrücke das Haus, in dem der berühmte Arzt und Naturforscher Theophrastus Bombastus Paracelsus von Hohenheim aufwuchs, der von 1493 bis 1541 lebte.
Gegen Ende des Mittelalters zogen mehrfach kriegerische Scharen über den Etzel. 1386 kamen hier die Schwyzer vorbei, um von der March Besitz zu ergreifen, die zuvor von den Zürchern erobert worden war. Während des Alten Zürichkrieges lieferten sich Zürcher und Schwyzer am Hochetzel ein Gefecht, bei dem elf Mann fielen. Zum Andenken an diese Verstorbenen errichtete man auf dem Etzelkulm eine Kapelle. Alljährlich am 26. Juni feierten hier die Bewohner der March, der Höfe und Einsiedelns eine Schlachtjahrzeit. Die Kapelle wird anlässlich einer Grenzbereinigung am 24. Mai 1635 letztmals erwähnt. Um 1700 war die Erinnerung an das kriegerische Ereignis wahrscheinlich kaum mehr lebendig. Der Bittgang wurde nicht mehr gehalten und später zur Meinradskapelle auf dem Pass unternommen.
Noch einmal umtobte kriegerischer Lärm im Jahre 1798 den Etzel. Der Einsiedler Pfarrer und Mönch P. Marianus Herzog versuchte hier, mit einer Schwyzer Truppe den Einmarsch der Franzosen ins Hochtal abzuriegeln. Auf Befehl von Schwyz gab er den unhaltbaren Posten auf; die Franzosen besetzten Einsiedeln und plünderten das Kloster. Das Hauptgefecht spielte sich am 30. April 1798 bei Wollerau ab. Über 800 Gefallene waren zu beklagen.
Kriegslärm und Schüsse schreckten auch 1847 die Stille des Etzels auf. Nun zogen Eidgenössische Tagsatzungstruppen vorbei, im Kampf gegen die Kontingente der katholischen Orte, die sich widerrechtlich zu einem Sonderbund zusammengeschlossen hatten.
Dass man dem Etzel auch im Zweiten Weltkrieg von 1939 bis 1945 Bedeutung beigemessen hat, beweisen noch heute die im Wald versteckten Bunker.

Das erste, mit Flachdach gedeckte Berggasthaus auf dem Hoch-Etzel, vor 1900.

DAS ERSTE BERGGASTHAUS

Um die Jahrhundertwende rodete August Oechslin, ein initiativer Mann aus der Gegend von Einsiedeln, die Waldkuppe auf dem Hoch-Etzel und erbaute dort ein hölzernes Berggasthaus und einen 23 Meter hohen Aussichtsturm. Pech verfolgte den Besitzer: Am 31. Juli 1901, abends sechs Uhr, stürzte der erste Turm auf dem Etzel ein. Dabei erlitt ein italienischer Arbeiter einen Beinbruch und ein anderer einen Schädelbruch. Oechslin liess hierauf als Holzkonstruktion einen zweiten, gegen fünfzig Meter hohen Aussichtsturm erstellen. Auch dieser fiel aber dem Sturm zum Opfer. In der Nacht vom 4. auf den 5. Januar 1919 fegte ein heftiger Orkan die Plattform dreissig Meter weit über die Terrasse Richtung Feusisberg. Eine weitere Böe riss das trigonometrische Signal aus dem Boden. Und dann brachen auch die Grundpfeiler des Aussichtsturms. Als wüstes Chaos von Balken, Brettern und Eisenteilen lag das Wahrzeichen des Hoch-Etzels am Terrassenrand.
Allen Widerwärtigkeiten zum Trotz harrte der Wirt bis zu seinem Tode im Jahre 1926 im Berggasthaus auf dem Etzelkulm aus, das ihm nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg eingetragen hatte. Dann führten seine bisherigen Helferinnen, Fräulein Katharina Schönbächler (1898-1973) und Fräulein Pauline Weber, den Restaurationsbetrieb weiter.

Der 1919 eingestürzte Aussichtsturm.

Etzelkulm mit Gasthaus, das nun ein Walmdach trägt, und zweitem Aussichtsturm. Postkarte vor 1919.

Der Etzel von Westen. Postkarte um 1900.
Hoch-Etzel mit Gasthaus und erstem Turm. Postkarte um 1900.

Werbung für den Etzel, um 1900.
Der 1901 eingestürzte Aussichtsturm.

KÄTTERLI

Seit 1932 wirkte Katharina Schönbächler, unter dem Kosenamen «Kätterli» für Ungezählte ein Begriff, als alleinige Wirtin auf dem Etzel. In der niedrigen, heimeligen Gaststube mit dem langen Ofenrohr, an dem man sich Kopf und Finger verbrennen konnte, fühlte man sich geborgen, dem hektischen Alltag entronnen. Das «Kätterli» verstand es, in den vielen Jahren auf dem Etzel eine Atmosphäre zu schaffen, in der man rasch heimisch war. Von jung und alt verehrt, sah es die Lebensaufgabe darin, für das Wohl der Gäste zu sorgen. Fräulein Schönbächler wirtete nicht um des Geldes willen.
 

Es ging ihr vielmehr darum, dass sich ihre Gäste gut aufgehoben fühlten und nach entspannendem Aufenthalt beglückt und befriedigt zu Tal stiegen. Unermüdliche Tatkraft, berufliche Tüchtigkeit und wertvolle menschliche Eigenschaften zeichneten die Wirtin aus, und im Laufe vieler Jahre ergab sich einzigartige Freundschaft und Verbundenheit. Besonders eng verbunden war Fräulein Schönbächler mit den SAC-Sektionen rund um den Zürichsee. Diese Sektionen treffen sich seit 1904 jedes Jahr am ersten Dezember-Sonntag auf dem Etzel, und viele Alpenclübler sind regelmässig auf dem Eizel anzutreffen. So war es eigentlich naheliegend, dass Kätterli zuerst ein Mitglied der SAC-Sektion Hoher Rohn, welche diese traditionellen Etzelzusammenkünfte organisiert, orientierte, als es nach 45 Jahren unermüdlichen Einsatzes den Etzel 1961 verkaufen und den Gastbetrieb jüngeren Händen anvertrauen wollte. Fräulein K. Schönbächler machte sich ernsthaft Sorgen um die Zukunft des Etzels. Vor allem gab ihr zu denken, dass am Fuss des Etzels ein Hotel an ein ausländisches Konsortium übergegangen war. Sie äusserte sich, am liebsten würde sie den Etzel der SAC-Sektion Hoher Rohn verkaufen, denn dann hätte sie Gewähr, dass das Gasthaus in ihrem Sinn und Geist weitergeführt würde. Sie wolle nicht, dass ihre treuen Gäste das Hausrecht auf dem Hoch-Etzel verlieren würden.

Katharina Schönbächler (1898-1973).

Geheimnisse in der SAC-Sektion Hoherrohn

Im Vorstand der Sektion Hoher Rohn herrschte einmütig und spontan die Auffassung, der Etzel müsse mit allen Mitteln der Spekulation entzogen und dem Wanderer und Bergfreund in seiner Art und seinem landschaftlichen Reiz erhalten bleiben. Dabei war man sich sofort klar, dass diese grosse Aufgabe nicht von der Sektion allein gelöst werden konnte, sondern dass - wie seinerzeit beim Schutz des Au-Hügels und des Bachtels die Hilfe weiterer Kreise nötig sei. Die Klubversammlung vom 28. April 1961 ermächtigte den Vorstand unter dem Präsidium des Wädenswilers Ruedi Bachmann, mit Fräulein Schönbächler die nötigen Verhandlungen aufzunehmen und die Gründung einer Genossenschaft vorzubereiten. Drei Wädenswiler Unternehmen die Metallwarenfabrik P. + W. Blattmann, die Stärkefabrik Blattmann + Co sowie die Brauerei Weber + Cie - stellten in einer spontanen Aktion die ersten 100 000 Franken Genossenschaftskapital in Aussicht.
In den Verhandlungen zeigte es sich, dass Fräulein Katharina Schönbächler bereits von Spekulanten angegangen worden war, die auf dem Etzel einen Rummelplatz mit Autozufahrt planten. Die Besitzerin liess sich aber trotz verlockender Angebote nicht umstimmen und erklärte sich bereit, der Sektion Hoher Rohn die Etzelliegenschaft mit etwa 10 000 Quadratmetern Umgelände für 300 000 Franken zu veräussern. Dabei wusste man, dass der Gasthof von 1901 baufällig war und der notwendige Neubau weitere Kosten verursachen würde. Um sich vom Ausmass der Aufwendungen einigermassen ein Bild machen zu können, beauftragte der Vorstand den Wädenswiler Architekten Heinrich Kübler (1908-1968), eine Projektstudie auszuarbeiten. Die grosszügige Zusicherung der drei Industriebetriebe aus Wädenswil ermöglichte der Sektion Hoher Rohn den sofortigen Abschluss eines Kaufvertrages, der dann auf die zu gründende Genossenschaft übertragen werden sollte. Damit war der erste entscheidende Schritt zur Sicherung des Etzels getan.
Nun galt es, in zäher, zeitraubender Arbeit die Statuten aufzusetzen. Gleichzeitig nahm man mit dem Kloster Einsiedeln Kontakt auf. Denn ein Teil der Etzelkuppe gehörte dem Benediktinerstift. Der Abt begrüsste die Bestrebungen der Sektion Hoher Rohn und unterstützte die Aktion von Anfang an, auch er war am Weiterbestehen der bisherigen Verhältnisse interessiert.
Der Etzel − auch im Winter ein lohnendes Wanderziel. Postkarte um 1900.

Aufruf zur Erhaltung des Etzels

Am 20. Oktober 1962 trat Ruedi Bachmann im Auftrag der Sektion Hoher Rohn mit dem Vorschlag an die Oeffentlichkeit, eine Genossenschaft Hoch-Etzel zu gründen. An diesem Tage trafen sich Pressevertreter im alten Gasthaus auf dem Kulm, um sich über die Pläne orientieren zu lassen. Die Idee wurde begeistert aufgenommen. Der Etzel machte Schlagzeilen in der Schweizerpresse: «Es geht um unseren Etzel!» «Gefahr für den Etzel ?» «Der Etzel soll dem Wanderer und dem Bergfreund erhalten bleiben ... » «Der Etzel ist kein Platz für Spekulanten!» «Keine Autostrasse auf den Etzel!» «L' Etzel en danger!» So und ähnlich lauteten die Aufrufe zur Rettung des Hoch-Etzels, zur praktischen Tat gegen den Ausverkauf der Heimat. An alle Freunde des Etzels, an Kantonsregierungen, Gemeinden, Körperschaften des öffentlichen Rechts, an Handel und Industrie, Vereine und Private erging der Ruf, der Genossenschaft Hoch-Etzel beizutreten und Anteilscheine im Betrag von 500 Franken zu zeichnen. Die SAC-Sektionen und deren Mitglieder gingen mit gutem Beispiel voran. Alle Gemeinden rund um den Zürichsee und den Etzel, zahlreiche Verbände und Organisationen fanden sich zur Zeichnung von Anteilscheinen bereit. Aus allen Kreisen der Bevölkerung, aus allen Landesgegenden, ja selbst aus dem Ausland wurde Hilfe zuteil.
Architekt Heinrich Kübler (1908-1968).
Eine Grossmutter zum Beispiel zeichnete für jedes ihrer vierzehn Enkelkinder als Samichlausgeschenk einen Anteilschein. Lange bevor der 15. Dezember 1962 anbrach, der Tag, an dem das befristete Kaufrecht ablief, hatten 636 Genossenschafter 895 000 Franken gezeichnet. Weitere Beiträge standen noch aus, so dass man mit einer Million Anteilscheinkapital rechnen durfte.
Blick vom Etzel Richtung Sihlsee. Im Vordergrund das Gasthaus, das 1964 abgebrochen wurde.

Gründung der Genossenschaft Hoch-Etzel

Am 15. Dezember 1962 trafen sich 292 Genossenschafter - «darunter Alt-Bundesrat Dr. Hans Streuli und etliche Frauen» - im Hotel Engel in Wädenswil zur Gründungsversammlung. Sie war eine denkwürdige Kundgebung lebendiger Heimatliebe. Die Mitglieder genehmigten die Statuten, deren ausserordentlich strenge Auflösungsbestimmungen einen späteren Weiterverkauf der Gaststätte praktisch ausschliessen. Dann wählte man eine Verwaltung von 15 Mitgliedern mit dem Tagespräsidenten Ruedi Bachmann als Vorsitzendem und Vertretern des Bezirks Höfe, des Klosters Einsiedeln, der Seegemeinden, der Städte Zürich und Rapperswil sowie einem Bau- und Hotelfachmann. Dem ersten Vorstand gehörten an:

Ruedi Bachmann, Statthalter, Wädenswil, Präsident
Hans Theiler, Gemeindepräsident, Richterswil, Vizepräsident
Hans Scheidegger, Gewerbelehrer, Wädenswil, Aktuar
Rolf Stämpfli, Gemeinderatsschreiber, Erlenbach, Protokollführer
Willy Brupbacher, Bankverwalter, Wädenswil, Quästor
Albert Helbling, Postverwalter, Rapperswil
Pater Frowin Wyrsch, ing. agr., Stiftsstatthalter, Einsiedeln
Dr. Werner Bachmann, Gymnasiallehrer, Zürich
Alfons Steinbrink, Hotelier, Au-Wädenswil
Alois Feusi, Garagist, Gemeinderat, Schindellegi
Karl Röllin, Kaufmann, Kantonsrat, Wollerau
Othmar Hiestand, Schreinermeister, Bäch
Arnold Lienert, Bezirkskassier, Einsiedeln
Paul Blattmann, Fabrikant, Wädenswil
Ernst Gisler, Hafnermeister, Wädenswil
 
Die Gründungsversammlung beauftragte die Verwaltung, das Berggasthaus Hoch-Etzel und die dazugehörige Liegenschaft bis zum 15. Januar 1963 zu erwerben. Ferner sollte Architekt Heinrich Kübler nun ein einfaches und zweckmässig eingerichtetes neues Berggasthaus projektieren. Die Gründungsversammlung bedeutete für die SAC-Sektion Hoher Rohn den glücklichen Abschluss ihrer Arbeiten. Nun konnte die Genossenschaft Hoch-Etzel ans Werk gehen.

Zustimmung zum Projekt

Am 19. Oktober 1963 trafen sich 196 Genossenschafter unter freiem Himmel vor dem Berggasthaus Hoch-Etzel, in dem das Wirteehepaar Robert Peter-Bisig im Gerantenverhältnis am 1. September die Nachfolge von Fräulein Schönbächler angetreten hatte, zur Generalversammlung. Die Anwesenden genehmigten Projekt und Kostenvoranschlag und bewilligten folgende Kredite:
 
Fr. 1 053 000 für den Bau eines neuen Berggasthauses
Fr. 120 000 für die Erstellung einer Wasserversorgung
Fr. 50 000 für den Bau einer Klärgrube
Fr. 50 000 für die Verbesserung der Strasse von der Sennhütte auf den Hoch-Etzel
Fr. 23 000 für die Versorgung des Berggasthauses mit elektrischem Strom
Fr. 17 250 für die Anschaffung eines Jeeps zum Transport von Lebensmitteln und Getränken.
 
An der Generalversammlung vom 19. Oktober 1963 stand fest, dass der Kauf der Liegenschaft, die Erschliessung und der Neubau wesentlich höher zu stehen kommen würden, als erste Schätzungen angedeutet hatten. Man musste mit Gesamtkosten von 1 596 000 Franken rechnen. Bisher waren erst 1 050 000 Franken gezeichnet worden; es fehlten also noch rund 550 000 Franken. Die Verwaltung schlug deshalb den Genossenschaftern vor, mit den Erschliessungsarbeiten sofort zu beginnen. Das genehmigte Projekt für das Berggasthaus sollte indessen erst ausgeführt werden, wenn sich das Genossenschaftskapital um mindestens 200 000 Franken erhöht hatte. Würde diese Erhöhung nicht gelingen, sollte einer späteren Generalversammlung ein bedeutend kleineres Projekt zur Abstimmung unterbreitet werden.
Kiosk und Gaststube im 1964 abgebrochenen Gasthaus auf dem Etzelkulm.

Auf dem Etzel wird gebaut

Noch im Herbst 1963 wurde die Wasserleitung verlegt, und Schüler der Landwirtschaftlichen Schule Pfäffikon zogen anfangs Januar 1964 das Starkstromkabel auf den Hoch-Etzel. Weil man mit den Erschliessungsarbeiten rechtzeitig begonnen hatte, fiel der Gasthofbau auf dem Etzel nicht unter die auf den 1. Januar 1964 in Kraft getretenen Konjunkturdämpfungsmassnahmen mit einjährigem Bauverbot für Hotel- und Wirtschaftsbauten. Nachdem auch das Genossenschaftskapital auf 1,2 Millionen Franken hatte erhöht werden können, stand dem Baubeginn im Frühling 1964 nichts mehr im Wege. Zunächst wurde der alte Saalbau abgerissen. Dank grossem Einsatz und günstigem Herbstwetter war es möglich, das neue Gasthaus mit einstöckiger Halle noch vor dem Winter 1964/65 unter Dach zu bringen. Anfangs Dezember waren alle Fenster eingesetzt, und bereits funktionierte die Zentralheizung, so dass die traditionelle Etzelzusammenkunft als «Hausräuke» durchgeführt werden konnte.
An der Generalversammlung vom 24. April 1965 in Rapperswil liessen sich die Genossenschafter über den Stand der Bauarbeiten orientieren, und die erste Betriebsrechnung wurde zur Abnahme unterbreitet. Anstelle der im Kostenvoranschlag vorgesehenen Klärgrube auf dem Etzel wurde von den zuständigen Behörden der Bau einer mechanisch-biologischen Kläranlage auf dem Etzelpass verlangt. Willy Brupbacher, Quästor, trat aus der Verwaltung zurück; er hatte eine grosse Aufgabe bewältigt, und seine zuverlässige Arbeit wurde ihm bestens verdankt. Neu in die Verwaltung wurde Max Suter, Bankverwalter, Wädenswil, gewählt. Stadtammann Willy Bölsterli überreichte der Genossenschaft als Zeichen der Anerkennung einen Stich der Stadt Rapperswil. Kätterli Schönbächler, Präsident Ruedi Bachmann und Aktur Hans Scheidegger erhielten vom Präsidenten des Verkehrsvereins Rapperswil, Hans Rathgeb, prächtige Rosensträusse.
 

Das neue Gasthaus

Das neue Gasthaus auf dem Hoch-Etzel besteht wie der Vorgängerbau von 1901 aus einem dreistöckigen Hauptbau gegen Südosten und einer einstöckigen Halle gegen Nordwesten. Auf der Nordwestseite stehen die Gebäude auf der gleichen Flucht wie der Altbau, jedoch um zirka vier Meter gegen Nordwesten verschoben. Da der Neubau rund 15 Meter kürzer wurde, entstand gegen Südosten ein grosser, freier Platz, der als Gartenwirtschaft dient. Der Haupteingang führt von Südwesten her ins Hauptgebäude zu einem zentralen Buffet, welches Restaurant, Halle und Gartenwirtschaft beliefert. Hinter dem Buffet liegt die Küche. Nach rechts gelangt man ins 70 Plätze zählende Etzelstübli mit prächtiger Rundsicht, nach links in die Halle, welche 190 Personen aufnehmen und durch Schiebetüren unterteilt werden kann. Im ersten Stock des Hauptgebäudes sind die Wohnung des Pächters und Zimmer für Angestellte untergebracht. Im Kellergeschoss des Gasthauses und der Halle befinden sich WC-Anlagen, Waschküche, Vorrats- und Kühlräume sowie die Heizung. Der Wädenswiler Architekt Heinrich Kübler hat auf dem Etzel ein schönes Werk geschaffen. Der Neubau fügt sich gut in die Landschaft ein und beeindruckt durch Zweckmässigkeit, klare Gliederung, schlichte Linienführung und Verwendung natürlicher Baustoffe.

Blick auf Etzelkulm, Sihlsee und Einsiedeln. Im Vordergrund das 1965 eingeweihte Berggasthaus auf dem Hoch-Etzel.

Die Einweihung der Gaststätte

Da mit mehreren hundert Gästen zu rechnen war, setzte die Verwaltung der Genossenschaft die Einweihung der Neubauten auf dem Hoch-Etzel auf zwei Tage fest, nämlich auf den 9. und 10. Juli 1965. Am Freitag, 9. Juli, hielt der Präsident der Genossenschaft, Ruedi Bachmann, die Festansprache. Dann segnete der Statthalter des Klosters Einsiedeln, Pater Frowin Wyrsch, das neue Haus ein. Architekt Heinrich Kübler orientierte über den Bau, und Pater Leo Helbling, Einsiedeln, erzählte «Geschichtliches aus dem Etzelgebiet». Im weiteren wandte sich der Gemeindepräsident von Feusisberg, J. Winet, an die Gäste. Lieder eines Schülerchors aus Schindellegi umrahmten die Feier. Am Samstag wurden die Festansprache des Präsidenten und die Orientierung durch den Architekten wiederholt. Pater Frowin Wyrsch berichtete aus der Geschichte des Etzels, und die «Harmonie» Wädenswil verschönerte mit ihrem Spiel den Anlass, über welchen die Presse wieder umfassend orientierte, etwa unter den Titeln «Der neue Etzel», «Einweihung des Etzelhauses», «Naturschutz in die Tat umgesetzt».

Neuerungen seit 1965

Aus der Zeit seit der Einweihung des neuen Gasthofes auf dem Hoch-Etzel im Juli 1965 seien folgende Änderungen und Neuerungen festgehalten:
 
1965
Der Regierungsrat des Kantons Schwyz genehmigt am 2. Juni das Projekt für eine gemeinsame Kläranlage für den Hoch-Etzel und die Klosterliegenschaften im St. Meinrad. Die Wirtsleute Peter-Bisig kündigen auf den 1. September. Nachfolger wird auf den 15. Oktober Werner Huber. Im Herbst erkranken auf Schulreisen auf den Etzel 48 Schüler aus verschiedenen Gemeinden an Typhus. Es muss eine Verunreinigung der Quellwasserfassung des Berggasthauses durch Abwässer festgestellt werden.
 
1966
Die seinerzeit durch Abwässer verunreinigten Quellen liefern nun wieder sauberes Trinkwasser. An der Generalversammlung vom 2. Juli wird an der Rückwand der Halle ein vom Tiermaler Fritz Hug, Zürich, geschaffenes Wandbild enthüllt, das in der Etzelgegend lebende Tiere zeigt.
Sonnenterrasse auf der Südseite des neuen Gasthauses.
 
Abnahme der Bauabrechnung mit folgenden Aufwendungen:
 
Gebäude Fr. 947 280.50
Umgebung Fr. 29 937.50
Erschliessung Fr. 220 219.40
Mobiliar Fr. 48 111.70
  Fr. 1 245 549.10
 
Dem Architekten Heinrich Kübler wird für die ausgezeichnete Arbeit und den grossen Einsatz der verdiente Dank ausgesprochen. August Götschi wird als Mitglied der Verwaltung gewählt und übernimmt das Aktuariat.
 
1967
Die Kläranlage auf dem Etzelpass für die Klosterliegenschaften in St. Meinrad und das Berggasthaus Hoch-Etzel gemeinsam erstellt nimmt ihren Betrieb auf. Die Gesamtkosten kommen auf Fr. 120 946.- zu stehen.
 
1968
Das Ehepaar Walter Schläpfer-Widmer übernimmt am 19. März die Pacht des Etzel-Gasthofes. Einführung der Selbstbedienung für Getränke und einfache Speisen. Neue Finanzaktion mit dem Ziel, 400 000 Franken zusätzliches Genossenschaftskapital zu erhalten. Der Gemeinderat Erlenbach setzt sich bei den Gemeinden rund um den Zürichsee und den Städten Zürich und Rapperswil für die Leistung regelmässiger Beiträge zur Deckung der Hypothekarzinsen und für die Schuldenamortisation ein. Die Genossenschaft erhält so jährlich rund 8000 Franken.
 
1969
Ruedi Bachmann, Hans Scheidegger und Arnold Lienert treten als Mitglieder der Verwaltung zurück. Als neues Mitglied wird Rudolf Grob, Horgen, gewählt. Neuer Präsident wird August Götschi, Wädenswil.
Ruedi Bachmann, von 1962 bis 1969 Präsident der Genossenschaft Hoch-Etzel.
Ruedi Bachmann, der sich in besonderem Mass um die Erhaltung des Hoch-Etzels verdient gemacht hat, wird anlässlich seines Rücktritts zum Ehrenpräsidenten und Hans Scheidegger, Aktuar bis 1966, zum Ehrenmitglied ernannt.
Die TCS-Sektion oberer Zürichsee erstellt im Büel einen Parkplatz für zirka 200 Fahrzeuge.
 
1970
An der Generalversammlung vom 6. Juni kann Präsident August Götschi bekanntgeben, dass der Etzel nun schuldenfrei sei. Einweihung einer am Haus angeschlagenen Bronze-Gedenktafel.
 
1971
Anschaffung einer zweiten Pumpe zur Förderung von Trinkwasser vom Reservoir Ragenau auf den Hoch-Etzel. Vom Kloster Einsiedeln können rund 3400 Quadratmeter Land südlich des Gasthauses erworben werden. Damit ist der ganze Hoch-Etzel Besitz der Genossenschaft. Hugo Ankli hat zusammen mit seinen Kameraden der SAC-Sektion Zindelspitz den Strickliweg verbessert. Nun führt ein schöner Wanderweg von Feusisgarten zum Etzel. Der Genossenschaft sind dafür keinerlei Kosten verrechnet worden.
 
1972
Zwei um die Genossenschaft Hoch-Etzel verdiente Mitglieder der Verwaltung, Alfons Steinbrink und Hans Theiler, sind verstorben. Hans Theiler amtete als Vizepräsident, Alfons Steinbrink als Berater und Helfer für den Wirtschaftsbetrieb.
 
1973
Carl Röllin, Mitglied der Verwaltung seit 1962, erklärt den Rücktritt. Rudolf Gisler, Pfäffikon SZ, und Peter Schwarzenbach, Richterswil, werden als neue Mitglieder der Verwaltung gewählt. Als Kontrollstelle wird die Kantonalbank Schwyz bestimmt. Erstmals wird den Teilnehmern an der Generalversammlung ein bescheidener «Zvieri» offeriert. Wegverbesserungen auf der Südseite des Etzels durch «Frondienst-Arbeitern.
 
1974
Gerichtliches Fahrverbot Büel-Etzelkulm in Kraft.
 
1975
Pater Statthalter Frowin Wyrsch vom Kloster Einsiedeln, der seit der Gründung der Genossenschaft in der Verwaltung aktiv mitgearbeitet hat, ist gestorben.
 
1976
Pater Ulrich Kurmann, Statthalter des Klosters Einsiedeln, wird als Mitglied der Verwaltung gewählt. Der TCS Schwyz stiftet zwei Panoramen, die auf dem Etzel-Kulm aufgestellt werden.
 
1977
Paul Blattmann tritt aus der Verwaltung zurück, der er seit der Gründung der Genossenschaft als aktives Mitglied angehört hat. Er wird in Anerkennung seiner grossen Verdienste zum Ehrenmitglied ernannt. Max Treichler, Wädenswil, wird als neues Mitglied der Verwaltung gewählt. Erneuerung des Restaurationsraumes.
 
1978
Die Galerie auf der Nordseite des Gasthauses wird im Frondienst zum Werkstattraum für den Pächter ausgebaut.
 
1979
Walter Schläpfer kündigt den Pachtvertrag auf den 31. März. Nachfolger wird Rudolf Schneider-Odermatt. Ehrenmitglied Paul Blattmann schenkt der Genossenschaft eine von Peter Friedli, Wädenswil, geschaffene thematische Bildergruppe «Pilgerweg» zum Schmuck der grossen Wand im Restaurant.
 
1980
Eine ausserordentliche Generalversammlung bewilligt Kredite für die Renovation des vordem Saalteiles und für Isolations- und Verbesserungsarbeiten im grossen Saal teil von insgesamt Fr. 39 000.-. Die Verwaltung diskutiert die Frage, ob auf dem Etzel ein Aussichtsturm gebaut werden soll; mangels der dazu nötigen Finanzen wird das Thema «nicht erschöpfend behandelt und zurückgestellt».
 
1981
Walter Keller, Richterswil, wird als Verwaltungsmitglied gewählt.
 
1982
Neuer Fahnenmast mit Blitzschutzanlage erstellt. Unter der Leitung von Ernst Gisler arbeiten viele Fronarbeiter an der Renovation des Schopfes.
 
1983
Die Genossenschaft hat den Gemeinden um den Zürichsee und den Städten Zürich und Rapperswil mitgeteilt, dass sie auf weitere Betriebsbeiträge verzichten könne, da sich die finanzielle Lage der Genossenschaft konsolidiert habe. Albert Helbling, seit der Gründung der Genossenschaft in der Verwaltung tätig, wird mit herzlichem Dank «in den Ruhestand» entlassen. Neu in die Verwaltung kommt Walter Wymann, Rapperswil.
 
1984
Rund 2100 Stunden Frondienst werden geleistet zur Renovation des Schopfes. Ungenannt sein wollende Freunde des Etzels schenken Material, Türen und Eisenträger im Wert von mehreren tausend Franken.
 
1985
Auf der als Gartenrestaurant dienenden Terrasse wird ein Verbundsteinbelag verlegt. Max Treichler, seit 1977 Mitglied der Verwaltung, ist unerwartet einem Herzschlag erlegen. Ernst Gisler, von allem Anfang an eines der «Zugpferde» für den Etzel und Baufachmann in der Verwaltung, wird in Anerkennung seiner grossen Verdienste um den Etzel zum Ehrenmitglied der Genossenschaft ernannt.

Finanzielle Entwicklung

Die Etzelgenossenschaft verdankt die erfreuliche Entwicklung unzähligen Freunden des Etzels, die durch grosszügige Spenden, durch Fronarbeit oder durch Schenkung ihrer Genossenschaftsanteile geholfen, ganz besonders aber ihren treuen Genossenschaftern, die das Genossenschaftskapital zur Verfügung gestellt haben.
Der Etzel ein beliebtes Ausflugsziel.

Ausblick

Am 16. Mai 1987 werden sich die Mitglieder der Genossenschaft Hoch-Etzel im Berggasthaus zum 25-Jahr-Jubiläum treffen. Man wird Rückschau halten auf die bewegte Zeit der Gründung und auf Höhen und Tiefen in 25jähriger Entwicklung. Mit Dankbarkeit wird man all jener gedenken, die sich mit Worten, Taten, Frondienst und Geld für die Erhaltung des Hoch-Etzels eingesetzt haben: Jener weitblickender Zeitgenossen, die mit ihrer spontanen Aktion den Beweis erbrachten, dass Natur- und Heimatschutz nicht alleinige Aufgabe des Staates ist, sondern dass auch Private einen enormen Beitrag daran leisten können. Schönstes Jubiläumsgeschenk für die Genossenschaft wäre es, wenn die Zahl der Mitglieder, die anfangs 1987 bei 995 lag, auf diesen Zeitpunkt nochmals erhöht werden könnte, denn der Hoch-Etzel soll möglichst vielen gehören.




Peter Ziegler