Man lernt wieder, was sparen heisst

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1975 von Norbert Kuster

Seit 1974 hat sich die Wirtschaftslage verändert. Bei den Einnahmen unserer Stadtkasse macht sich ganz eindeutig eine rückläufige Tendenz bemerkbar. Das Wort sparen, das Ende der sechziger und anfangs der siebziger Jahre nicht gross geschrieben wurde, wird jetzt wieder modern. Stadtrat, Gemeinderat, Rechnungsprüfungskommission und Bevölkerung reden wieder vom Sparen, wenn auch aus verschiedenen Beweggründen. Sparen, das heisst auf etwas zu verzichten, ist aber nicht einfach. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob es uns damit Ernst war.
Für den Finanzvorstand einer stark überschuldeten Stadt gibt es nichts anderes, als zum Sparen aufzurufen. Dies nicht nur bei Investitionen, sondern auch in den täglichen Ausgaben der städtischen Verwaltung und der städtischen Betriebe.
Die infrastrukturellen Kosten des steilen Bevölkerungswachstums seit Beginn der 1960er Jahre – Verschuldung, Passivzinsen, Abschreibungen und Folgekosten – lasten heute stark auf unseren Stadtfinanzen. Zum Glück haben Behörden und Volk die Zeichen der Zeit erkannt. Sie sind sich bewusst, dass Sparen eine Notwendigkeit und nicht irgend ein politisches Schlagwort geworden ist.
Die Schattenseiten des unvernünftigen Wachstums werfen sich eben auch über Wädenswil. Die öffentliche Hand ganz allgemein hätte in Zeiten der Hochkonjunktur und Prosperität in Sachen Ausgaben zurückhaltender sein sollen, damit in den weniger fetten Jahren noch etwas Geld zum Investieren vorhanden ist. Heute sollte man aus wirtschaftlichen sowie aus sozialen Gründen «Investitionsspritzen» machen können. Aber wo soll man das Geld hernehmen? Die Banken gäben es zwar schon. Aber unsere Schuldenlasten würden so nur noch grösser. Ender 1974 hatte die Stadt Wädenswil über 70 Millionen Franken Fremdgelder zu verzinsen beziehungsweise fast 4 Millionen Franken an Zinsen aufzubringen.
Die nächsten Jahre werden nicht einfach sein. Man muss aber auch das Positive der derzeitigen wirtschaftlichen und finanziellen Lage sehen: Man beginnt den Franken wieder mehr zu schätzen; man lernt wieder, was sparen heisst.




Norbert Kuster