HISTORISCHE GESELLSCHAFT WÄDENSWIL

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2011 von Dorothee Gysi

PFAHLBAUAUSSTELLUNG, 12. JUNI BIS 17. JULI 2011

Schon lange war es der Wunsch des Vorstandes der Historischen Gesellschaft, eine Pfahlbauausstellung zu präsentieren. Im März 2010 kam dann das willkommene Angebot der Kantonsarchäologie des Kantons Zürich, die Wanderausstellung «Der See erzählt…» zu zeigen. Sie ist Teil des Projektes «Erosion und Denkmalschutz am Bodensee und Zürichsee» im Rahmen von Interreg IV Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein und ist in den Jahren 2009 bis 2012 an mehreren Orten am Bodensee und an den Zürcher Seen zu sehen. Ziel der Ausstellung ist es, neue Erkenntnisse über das Leben in der Pfahlbauzeit zu vermitteln, aber auch auf die Gefährdung der heiklen Pfahlbaufundstellen aufmerksam zu machen. Diese sind unter anderem durch Wellenschlag von Booten und Uferverbauungen bedroht. Die Zürcher Kantonsarchäologie beteiligte sich massgebend an dieser Ausstellung.
Als Ausstellungsort suchte die HGW bewusst eine Räumlichkeit in der Au, das heisst in der Nähe der lokalen Pfahlbaufundstellen. Fündig wurde der Vorstand im Trottenkeller des Schlosses Au, der nach einer Renovation und Entfeuchtung für Ausstellungen gemietet werden kann. Das Schloss Au kam der HGW mit einem reduzierten Mietpreis entgegen und stellte einen Teil der Infrastruktur zur Verfügung (Tische, Stühle, Garderobe etc.). Der HGW war es ein Anliegen, die Texttafeln, die an allen Ausstellungsorten identisch sind, mit einer Auswahl der Fundstücke von der Ausgrabungsstelle Vorder Au zu ergänzen. Da diese erst 1996 entdeckt wurde, waren die Objekte erstmals überhaupt zu sehen. Die hohe Luftfeuchtigkeit im Trottenkeller schränkte die Auswahl der Objekte auf Ton und Holz ein. Insgesamt wurden in Zusammenarbeit mit der Kantonsarchäologie rund 40 Objekte gezeigt, darunter ein Pfahlschuh von der Vorderen Au. Ausgestellt war auch die 1898 entdeckte bronzezeitliche Gewandnadel vom Oedischwänd aus dem Fundus der HGW (Inv.-Nr. 2053).
Jeweils am Sonntag um 11 Uhr wurden öffentliche Führungen mit einem Archäologen bzw. Historiker durchgeführt. Dieses Angebot fand grossen Anklang und wurde zahlreich benutzt.
Pfahlbauausstellung im Trottenkeller des Schlossgutes Au.

Zwischen dem 14. und 24. Juni 2011 bot Hansruedi Pfenninger Workshops für Schulklassen der Mittelstufe an. Zehn Schulklassen aus der Au, aus Wädenswil und Richterswil besuchten die 90-minütigen Workshops (204 Schülerinnen und Schüler). Nach einer Führung konnten die Schülerinnen und Schüler im benachbarten Kutscherhaus selber werken: Feuerbohren, Steinbohren, Bronzeschmuck herstellen, Mehlmahlen mit der Steinmühle, Knochenwerkzeuge herstellen, Fischernetze knüpfen, Schnurverbundtechnik an Keramikgefässen anbringen, Steinschleifen oder einen Rutenhag flechten. Für die Workshops stellte die Kantonsarchäologie ihre Geschichtskoffer zur Verfügung.
Workshop mit Hansruedi Pfenninger.

Auch diese Ausstellung der HGW, die in Zusammenarbeit mit der Kantonsarchäologie präsentiert wurde, war wieder sehr gut besucht: Insgesamt 1369 Besucherinnen und Besucher fanden den Weg in den Trottenkeller des Schlosses Au. Besonders geschätzt wurden die Exponate der Fundstelle «Vorder Au». Ebenfalls war es eine willkommene Gelegenheit, den Trottenkeller des Schlosses Au zu besichtigen.
Zur positiven Bilanz beigetragen hat Ende Juni der Entscheid der UNESCO, einige der Fundstellen von prähistorischen Pfahlbauten als Weltkulturerbe auszuzeichnen. Von den rund tausend bekannten Fundstellen fanden 111 Aufnahme in die Liste, darunter auch die Pfahlbauten in der Vorderen Au. Diese Fundstelle liefert bedeutende neue Erkenntnisse für die Erforschung der Seeufersiedlungen.
Für den Vorstand der HGW war der Arbeitsaufwand beträchtlich; die Zusammenarbeit mit der Kantonsarchäologie sehr angenehm und konstruktiv. Dank der Stadt Wädenswil, welche die Kosten der Miete des Trottenkellers und verschiedene Transporte übernahm, waren die finanziellen Aufwendungen tragbar.

Begeistertes Eintauchen in die Steinzeit während der Pfahlbauausstellung.

FERIENPASS – EIN ANGEBOT FÜR SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER

«Spielen wie in alten Zeiten», so hiess das Angebot der Historischen Gesellschaft. Am 21. Juli 2011 versammelte sich eine ansehnliche Gruppe Erst- bis Drittklässler im Schulhaus Ort in der Au und vergnügte sich mit Spielen: Da wurden Schiffe und Flugzeuge gefaltet, mit Fäden verschiedenste Formen kreiert, Murmeln in eine Schachtel gerollt, in Säcken gehüpft, Topf geschlagen, und in der Pause wurden die selbst fabrizierten belegten Brötchen verspeist. Begleitet wurden die Kinder von Mitgliedern der Historischen Gesellschaft.

Spielen wie in alten Zeiten.

Fadenspiel.
Hüpfspiel.

100 JAHRE AU-KONSORTIUM

Zum Jubiläum 100 Jahre Au-Konsortium konnte die HGW ebenfalls einen Beitrag leisten. In zwei Vitrinen waren Exponate aus dem Historischen Fundus ausgestellt, die einen Bezug zur Halbinsel Au oder zur Gastlichkeit vor 100 Jahren hatten.
 

HISTORISCHER FUNDUS

Die Historische Gesellschaft verwaltet und bewirtschaftet den Historischen Fundus. Die Exponate müssen fachgerecht gelagert und die vorgeschriebenen klimatischen Bedingungen überprüft werden. Neueingänge werden inventarisiert und eingeordnet und Ausleihen getätigt. Besonders zu erwähnen ist die Übernahme von Exponaten aus dem Nachlass von Paul Wannenwetsch, dem Wädenswiler Koch und Gastronomen der Eichmühle, darunter die Kochmütze, die Auszeichnung mit dem Michelin-Stern, Speisekarten und Gästebücher sowie Fotos von prominenten Gästen. Diese Exponate sind Zeitzeugen aus der Gastronomie der Eichmühle. Sie bereichern den Historischen Fundus.

SCHWERPUNKT FÜR DIE JAHRE 2012 UND 2013

An verschiedenen Vorstandssitzungen und einer Klausurtagung mit Gästen vom 2. Februar 2011 hat sich der Vorstand der HGW mit der zukünftigen Ausrichtung der HGW beschäftigt. Gewisse Ermüdungserscheinungen der Vorstandsmitglieder waren der Grund dafür. Seit 2005 hat sich die HGW jährlich mit einer bis zwei Aktivitäten präsentiert, die alle grosse Beachtung fanden. Besonders zu erwähnen sind die Ausstellungen «Schatzkammer Wädenswil 2007» und die beiden Ausstellungen «Temporär» und «Heimgang» im ehemaligen Feuerwehrhaus. Mit diesen Auftritten hat die HGW den klaren Beweis erbracht, dass sie einen temporären Museumsbetrieb selbständig führen kann und die Wädenswiler Bevölkerung grosses Interesse an historischen Themen zeigt.
Der Aufwand für diese Ausstellungen, besonders das Einrichten der nötigen Infrastruktur, brachte jedoch den Vorstand an den Rand seiner Kräfte. Auf Dauer ist ein ehrenamtliches Engagement in dieser Form nicht möglich. Soll sich eine Institution wie die HGW dauerhaft um die Geschichte unserer Stadt und das kulturelle Erbe bemühen, so geht dies nur mit einer festen Lokalität. Auch dies ist eine Erkenntnis des provisorischen Museumsbetriebs im Feuerwehrhaus. Nach langen, intensiven Diskussionen hat sich der Vorstand deswegen zu einer Schwerpunktverlagerung in der Vorstandsarbeit entschlossen. Der Vorstand strebt an, ein Projekt für einen fixen Ausstellungsraum auszuarbeiten. Die Raumsuche und Projektausarbeitung wird in den Jahren 2012 und 2013 Priorität haben. In dieser Zeit finden keine Ausstellungen oder andere aufwändige Aktivitäten statt. Bei der Raumsuche ist die HGW auf die Hilfe des Stadtrates angewiesen, der dies bereits zugesichert hat.
Die HGW ist überzeugt, dass Wädenswil als Bildungsstadt einen Ort braucht, wo die Auseinandersetzung mit historischen Themen möglich ist. Der Vorstand hat die Verlagerung seiner Arbeit in Richtung eines verstärkten Engagements für einen Ausstellungsraum und den Verzicht auf aufwändige Aktivitäten in den Jahren 2012 und 2013 an der Generalversammlung vom 25. März 2011 den Mitgliedern zur Diskussion unterbreitet. Zwei Mitglieder äusserten Bedenken zum Verzicht auf grössere Aktivitäten in den nächsten zwei Jahren. Sie befürchten, dass die HGW in der Öffentlichkeit zu wenig wahrgenommen werden könnte.
Der Vorstand der Historischen Gesellschaft Wädenswil ist weiterhin bereit, die Geschichte der Stadt sicht- und erlebbar zu gestalten und hofft, dass in nächster Zeit eine passende Räumlichkeit dazu gefunden werden kann.



Dorothee Gysi
Präsidentin Historische Gesellschaft Wädenswil