125 Jahre Bienenzüchterverein Bezirk Horgen (1892–2017)

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2016 von Maja Burlet

Der Bienenzüchterverein des Bezirk Horgen kann im Jahr 2017 sein 125-jähriges Bestehen feiern. Die Bienen und die Imker sind in den letzten Jahren ins öffentliche Interesse gerückt, nicht zuletzt durch den Film «More than honey» von Markus Imhoof. In der Politik und der breiten Öffentlichkeit wurde erkannt, wie wichtig die Bienen für die Umwelt sind. Trotzdem die Imkerei in den vergangenen Jahren viel schwieriger und anspruchsvoller geworden ist, erlebt der Bienenzüchterverein Bezirk Horgen zurzeit einen regelrechten kleinen Boom. Heute zählt der Imkerverein 113 Mitglieder, die Imker-Grundkurse sind ausgebucht, der Frauenanteil steigt und die Überalterung des Vereins hat abgenommen.
Es ist kein Zufall, dass in der Zeit vor 1900 schweizweit praktisch alle Bienenzüchtervereine gegründet wurden. Das Wachstum und die enorme technische Entwicklung des gewerblich-industriellen Sektors übertrugen sich auch auf die Landwirtschaft. Auch dort ermöglichte die Mechanisierung eine Steigerung der Produktivität. Für die gemeinsame Interessevertretung in Politik und Wirtschaft und für einen optimalen Einkauf entstanden landwirtschaftliche Organisationen und Genossenschaften.
Diese Entwicklung übertrug sich auch auf die Imker. Zwischen 1880 und 1910 wurden in der Schweiz 112 Bienenzüchtervereine gegründet. Daraufhin entstand 1892 auch der «Verein von Bienenfreunden der Gemeinde Wädensweil und Umgebung». Er wurde am Sonntag, 13. März 1892 im Gasthaus Hirschen in Wädenswil mit 30 Mitgliedern gegründet. 19 Mitglieder stammten aus Wädenswil, vier aus Richterswil, drei aus Horgen, je ein Mitglied aus Hirzel, Schönenberg und zwei aus der Au. Präsident des neuen Vereines war A. Sidler, Verwalter im Schloss Wädenswil. In den Statuten wurde als Zweck des Bienenzüchtervereins «die Hebung und Förderung der Bienenzucht» angegeben. Nebst dem Erfahrungsaustausch sollten auch die neusten Erkenntnisse und vermehrtes Wissen über die Bienenhaltung vermittelt werden. 1892 kostete 1 kg Honig Fr. 2.20.
Bienenstand an der Geimeindegrenze Schönau / Richterswil, bewirtschaftet von Benno Bischof.

Anzumerken ist, dass bei der Gründerversammlung keine Frau als Mitglied aufgeführt wurde. In den Gründungsstatuten wurde aber vermerkt, dass auch «Frauenspersonen» dem Verein beitreten können. Erst 1905 wird die erste Frau in den Verein aufgenommen. 1938 werden in der Statistik von 134 Mitgliedern acht Frauen gezählt.
Bereits 1903 wird beschlossen, eine Namensänderung des Vereines vorzunehmen, da von Wädenswil fast keine Imker mehr dabei waren. Der Verein hiess nun «Verein von Bienenfreunden des Bezirk Horgen» und ab zirka 1930 «Bienenzüchterverein Bezirk Horgen».
Bis anfangs des 20. Jahrhunderts wurde auch in unserer Gegend unter anderem noch die Bienenhaltung im Strohkorb gepflegt. Diese Art der Bienenhaltung hatte zur Folge, dass für die Honig- und Wachsernte die Bienenvölker mit Schwefel abgetötet werden mussten. Dies bedeutete alljährlich einen grossen Völkerverlust. Dank neustem Wissen und der Erfindung des Mobilbaus (Waben in Holzrähmchen) wurde die Bienenhaltung im Strohkorb immer mehr abgelöst. Jedoch erst 1938 figurieren im Bezirk Horgen in der Statistik keine Strohkörbe mehr. Es war eine zentrale Aufgabe des Imkervereins, die Kenntnisse für diese neue Betriebsweise den Mitgliedern zu vermitteln.
Bienenstand im Grüental, bewirtschaftet von Walter Schanz.

Ein weiteres zentrales Thema, dem sich der Verein widmete, war die Bienenzucht. Bis anhin unterhielten und vermehrten die Imker ihre Bienenbestände über den natürlichen Schwarmtrieb der Bienen. Durch den neuen Mobilbau der Bienenbehausungen wurde es möglich, gezielt gute und ertragreiche Völker zu vermehren. Dieses Wissen wurde an Weiterbildungskursen, bei Besuchen von Bienenständen und mit Vorträgen vermittelt. Vermutlich durch diese Umstellung in der Bienenhaltung kann ab 1900 im Bezirk eine Zunahme von Imkern und Bienenvölkern verzeichnet werden.
Eine erste statistische Erhebung um 1913 über die Berufszugehörigkeit zeigt, dass von den 50 Mitgliedern des Vereins 32 hauptberuflich in der Landwirtschaft tätig waren. Die restlichen Mitglieder waren Beamte und Angestellte oder waren beruflich in den Bereichen Gewerbe und Industrie tätig. Vier Mitglieder wurden in die Berufsgattungen Geistlicher, Lehrer, Mediziner und Jurist eingeordnet.
Allgemein im Sog der Mechanisierung in der Landwirtschaft und deren Produktivitätssteigerung durch die Nutztierzucht kam es auch zu einer Intensivierung in der Bienenhaltung. Relativ neu war die Erkenntnis der genetischen Vererbung bei den Bienen. Bis anhin hatte man sich nur auf die Königinnen und deren Qualitäten fokussiert. Neu wurden nun auch die männlichen Bienen (Drohnen) nach Zuchtkriterien selektioniert. Um beim Begattungsflug der Königinnen eine Vermischung mit «minderwertigem Zuchtmaterial» zu vermeiden, wurden fern aller Bienenstände, abgelegene ‚bienenfreie‘ Gebiete definiert und sogenannte Zucht-/Belegstationen gegründet. Auch die Insel Ufnau wurde damals als Zuchtgebiet für geeignet befunden und 1910 von den Imkervereinen Meilen, Bachtel, Oberland und Horgen gemeinsam eröffnet und für ein paar Jahre betrieben.
Vergleich Vereinsmitglieder und Entwicklung Bienenvölker im Laufe der Vereinsgeschichte.

Eine namhafte Persönlichkeit aus Wädenswil, die sich im Bereich der Bienenzucht stark engagierte, war Professor Dr. Fritz Kobel (1896–1981). Von 1944 bis 1961 war er Direktor der Eidgenössischen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil. Er trat 1925 dem Bienenzüchterverein Horgen bei und amtete unter anderem auch als Rassenzuchtchef. 1948 wurde er zum Ehrenmitglied des Vereines ernannt. Eines seiner Hauptwerke schrieb er 1942 zum Thema «Obstbau und Bienenzucht».
Ein weiteres Thema, das dem Verein in seinen Anfängen Probleme bereitete, war die «Pantscherei» beim Honig. Mit der Ablösung des Strohkorbes durch den mobilen Wabenbau vereinfachte sich auch die Fütterung der Bienenvölker. Anfänglich wurde infolge mangelnder Kenntnisse oft bei wetterbedingten Zwischenfütterungen mit Zucker der Honigraum nicht abgenommen. Diese Tatsache wurde aber auch von einigen Imkern genutzt, um den Honigertrag massiv zu steigern. Weiter gab es Anfang 1900 im Handel auch den sogenannten Tafelhonig oder Schweizerhonig, ein Gemisch aus Zuckermelasse und billigem ausländischem Honig, zu kaufen.
Bereits an der Generalversammlung von 1893 werden Statuten für den Honigverkauf und die Honigvermittlung aufgestellt mit dem Ziel, dem Konsumenten ein einwandfreies Naturprodukt zu garantieren. 1894 kostete 1 kg Honig Fr. 3.00. Im Jahr 1900 wird im Vorstand eine freiwillige Honigkontrolle beschlossen und es werden fünf Honigkontrolleure ernannt. Trotzdem kommt es im Laufe der Vereinsgeschichte immer wieder zu Mitgliederausschlüssen infolge Verstössen.
Diese zusätzliche Zuckerfütterung fand während dem Ersten Weltkrieg ein rasches Ende. In den Jahren von 1916 bis 1920 stieg der Zuckerpreis von etwa 0.40 Fr/kg bis auf 1.75 Fr/kg massiv an. Weiter durften infolge Zuckerrationierung pro Bienenvolk nur noch 8 kg Zucker verfüttert werden, was für die Überwinterung viel zu wenig war. In der Folge musste der Völkerbestand reduziert werden. 1918 wurden demzufolge im Bezirk Horgen noch 742 Völker gezählt.
Magazinbeuten der Familie Burlet im Bürgli-Quartier.

Zum Vergleich: Bei einer Umfrage im Jahr 1907 existierten im Bezirk 1061 Bienenvölker. Der Erste Weltkrieg hatte noch andere Auswirkungen auf die Imkerei. Viele Bienenzüchter sind kriegsbedingt abwesend und die Pflege der «herrenlosen» Völker musste im Verein organisiert werden. 1914 kostete 1 kg Honig Fr. 3.60.
Interessanterweise steigt 1917 die Mitgliederzahl sprunghaft auf 83 und zwei Jahre später werden schon 102 Mitglieder gezählt. Im Jahr 1919 werden zwei Anfängerkurse durchgeführt mit über 40 Interessenten. Im Bezirk gibt es jetzt mehr Imker, aber durchschnittlich werden pro Imker nur noch zirka 8 Völker (1900 waren es 30 Völker pro Imker) betreut. Für diese Entwicklung gibt es zwei mögliche Erklärungen: Wegen der Kriegs- und Krisenjahre werden viele zu Selbstversorgern und schaffen sich ein paar Bienenvölker an. Infolge Zuckerrationierung und der Einführung eines neuen Steuergesetzes 1919 reduzierten viele Imker die Anzahl Bienenvölker. Ein Bienenvolk musste neu als Vermögen mit Fr. 65 und im Einkommen mit Fr. 8.60 deklariert werden. Das war zur damaligen Zeit sehr viel Geld.
Bienen am Flugloch.
 
Nach dem Ersten Weltkrieg erfolgt in den 1920er Jahren ein wirtschaftlicher Aufschwung. In den Vereinsprotokollen werden der Preiszerfall des Honigs wie auch die vermehrten Honigimporte aus dem Ausland beklagt. 1920 kostete 1 kg Honig Fr. 6.50 und 1926 nur noch 4.60. Ende der 20er Jahre werden auch die schlechten Honigernten protokolliert. Es wird gemäss Statistik jährlich nur um die 4 kg Honig pro Volk geerntet. Ob dies im Zusammenhang mit der Seegfröörni von 1929 steht, geht nicht hervor. Die Weltwirtschaftskrise 1929 bis 1932 bewirkte ferner eine Stagnation des Honigabsatzes, was zu einem weiteren Preiszerfall führte. 1 kg Honig kostete Fr. 3.60. Angebot und Nachfrage gerieten aus dem Gleichgewicht. In diesem Zusammenhang wird 1933 protokollarisch vermerkt: «Nach Auskunft von Kantonspräsident Angst soll fremder Honig aus Mexiko und Kalifornien zu Schleuderpreisen von 90 Rappen per Kilo verkauft werden.» Oder: «Mehr und mehr sollte man auch die Ärzte dazu bringen, an Rekonvaleszente Honig statt Ovomaltine zu verschreiben.» Zum Schutz der einheimischen Produktion werden 1934 eine Kontingentierung sowie eine Zollerhöhung auf Importhonig eingeführt. Trotz der widrigen Umstände wächst der Verein bis 1938 auf 134 Mitglieder an und es wird im Bezirk ein Höchststand von 1713 Völkern (13 Völker/Imker) gezählt.
Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges (1939 bis 1945) hatte ähnliche Auswirkungen auf die Imkerei wie die vorgängigen Kriegs- und Krisenjahre: Zuckerrationierung (6 kg/Bienenvolk) sowie Reduktion der Bienenvölker. Leider existieren aus dieser Zeit keine Vereins-Erhebungen zu den Völkerzahlen.
Das Kriegsernährungsamt rationierte den Bienenhonig erst 1942. 1 kg Honig kostete 6.50. Die Bienenzüchter wurden in der Folge verpflichtet, sich bei den Gemeinden anzumelden und ihre Honigvorräte und die Zahl ihrer Bienenvölker anzugeben. Es musste eine genaue Kontrolle über Produktion und Verkauf geführt werden, was einen zusätzlichen Aufwand bedeutete – zumal viele Imker im Aktivdienst weilten. Gemäss Protokoll werden 1944 25 kg Honig an die kranken Wehrmänner im Militärpatientenlager in Tenero gespendet. Zusätzlich überwiegen mehrheitlich in dieser Zeit die schlechten Honigernten. So wird 1943 protokolliert: «Selbst alte Imbelimannen können sich nicht an ein so fatales Frühjahr erinnern!» Trotz der eher schwierigen Verhältnisse steigt die Mitgliederzahl des Vereins kontinuierlich an und erreicht 1944 den Höchststand von 158 Mitgliedern.
Nach dem Zweiten Weltkrieg setzt allgemein ein rasantes Wirtschaftswachstum ein. Bis in die 1970er Jahre gewannen der industrielle und gewerbliche Sektor vor allem an Bedeutung, aber auch die Landwirtschaft erhöhte ihre Produktivität massiv. Dies dank der Mechanisierung und dem Einsatz von Chemikalien. 1939 wird das DDT entdeckt – eine willkommene Alternative zu Schwefelkalkbrühen und Arsen. Für die Bienenhaltung hatte die Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft langfristig negative Auswirkungen. Die grossflächigen Monokulturen führten zu einer Verarmung der Futterbasis der Bienen und gleichzeitig wurden sie durch die eingesetzten Chemikalien massiv geschädigt. Bereits 1951 und 1961 wurden im Bezirk Horgen starke Völkerverluste gemeldet. Vermutlich vergiftet durch unsachgemässe Kirschbaumspritzungen. Und auch 1966 wird im Protokoll vermerkt, es seien «wegen verspäteter Winterspritzungen wieder Bienenvergiftungen vorgekommen».
Interessanterweise sinkt die Zahl der Imker im Bezirk nach dem Zweiten Weltkrieg innert weniger Jahre von 158 auf 129 (1952). Gemäss einer Erhebung von 1954 werden aber bereits wieder über 1600 Bienenvölker gezählt – bald so viel wie vor Kriegsausbruch (12 Völker/Imker). Ab den 1950er Jahren bis 1970 bleibt die Imkerzahl mehr oder weniger konstant. 1953 wird jedoch ein neue Besteuerung eingeführt (ab 5 Völker Fr. 100.- /Volk Vermögen, Fr. 15.-/Volk Einkommen). Nebst einer hartnäckigen Milbenseuche (Nosema) trug vermutlich auch die neue Steuer zu einer erheblichen Reduktion der Völker bei. 1959 ändert der Fiskus die Besteuerung zugunsten der Imker (ab 10 Völker Fr. 80.-/ Volk Vermögen, Fr. 10.-/Volk Einkommen). Es ist anzunehmen, dass diese Massnahme massgeblich ab 1960 zu einer Zunahme der Bienenvölker auf den Rekordstand von über 1800 (16 Völker/Imker) führte. 1 kg Honig kostete 1971 Fr. 10.00.
Dieser Wandel wurde von Veränderungen in der Zucht begleitet. Bis in zirka 1940 wurde in der Schweiz, aber auch im Bezirk, fast ausschliesslich die einheimische dunkle Landrasse (Apis mellifera mellifera) gehalten. Aber damals schon wurde vereinzelt die Kärntnerbiene/Carnica-Biene (Apis mellifera carnica) aus dem Osten importiert. 1950 wird im Protokoll festgehalten: «In Buch am Irchel sollen Bienenzüchter auf Krainer umgestellt haben. Droht unserer Rassenzucht Gefahr?» Ab diesem Zeitpunkt verbreitete sich die Carnica- und später auch die aus England stammende, neu gezüchtete Buckfast-Biene im ganzen deutschsprachigen Raum und verdrängte nahezu die nördlich der Alpen beheimatete dunkle Europäische Biene. Hauptgrund für die Verdrängung der einheimischen Bienen war die grössere Volksstärke der importierten Bienenrassen und der damit zu erzielende höhere Honigertrag.
Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts, eingeleitet durch die Erdölkrise Anfang der 70er Jahre, verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum. Der Industriesektor verlor an Bedeutung. Es entstand der Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft. Auch die Landwirtschaft, die seit den 50er Jahren auf Wachstum und Rationalisierung ausgerichtet war, stösst an Grenzen. Die intensive Landwirtschaft mit resistent gewordenen Schädlingen und der Nährstoffbelastung der Gewässer gerät durch das wachsende Umweltbewusstsein immer mehr unter Druck. 1970 beschränkte die Eidgenössische Forschungsanstalt Wädenswil den Einsatz von DDT auf elf Insektenarten und ab 1972 wird gesamtschweizerisch die Verwendung des Insektizids in der Landwirtschaft verboten. 1976 kostete 1 kg Honig Fr. 16.00.
Ausschnitt aus der Übersichtskarte mit Standorten von Bienenständen in Wädenswil. (http//maps.zh.ch)
 
In den 80er Jahren kam es zu einer Neuausrichtung in der Landwirtschaftspolitik mit dem Ziel, dass die Produktion möglichst naturnah, umweltschonend und tiergerecht erfolgen sollte. Diese Massnahmen hätten sich sicherlich auch positiv auf die Imkerei allgemein ausgewirkt.
Leider kam es zu neuen gravierenden Schwierigkeiten in der Bienenhaltung. 1984 trat der aus Asien stammende Bienenparasit, die Varroa-Milbe, erstmals in der Schweiz auf und es kam in kurzer Zeit zu einer flächendeckenden Ausbreitung. Diese Milbe verursachte hohe Völkerverluste und rottete auch die wildlebenden Bienenvölker gänzlich aus. Bereits 1985 erreichte die Varroa-Milbe den Bezirk Horgen. Protokollarisch wird festgehalten: «Auf dem Stand in Langnau werden an den eingesammelten Schwärmen erstmals Varroa-Milben in unserem Vereinsgebiet festgestellt. Sämtliche Völker werden abgeschwefelt.» oder 1987: «Im übrigen Kantonsgebiet sind bereits viele Völker zusammengebrochen.» 1989 kostete 1 kg Honig Fr. 20.00.
Um das Überleben der Bienenvölker zu gewährleisten, wurden zur Bekämpfung der Varroa-Milbe 1987 offiziell folgende Mittel zugelassen: «Folbex, Perizin, Apitol und Ameisensäure auf eigene Verantwortung.» Die Behandlungen mit diesen nicht unbedenklichen Chemikalien waren eine neue, ungewohnte und zeitaufwendige Herausforderung für die Imker. In der Folge gaben viele das Imkerhandwerk auf. Im Laufe der Vereinsgeschichte wurden im Bezirk auch immer wieder auftretende Bienenkrankheiten wie Nosema, Ruhr, Sauer- und Faulbrut protokolliert, die zusätzlich zu Völkerverlusten führten. Ab den 80er Jahren bis 2013 ging die Zahl der Imker im Bezirk von rund 130 stetig bis auf 98 zurück. Gab es 1985 noch um die 1570 Bienenvölker, so reduzierte sich deren Bestand bis 2013 auf 514 Stück.
Nebst dem durch Varroa verursachten grossen Bienenvölkerverlust konnte im Zeitraum 2006 bis 2012 gesamtschweizerisch zusätzlich ein massiver Rückgang der Anzahl Bienenvölker festgestellt werden (bis zu 25 Prozent). Über mögliche Ursachen wurde diskutiert und gerätselt. Diese in der Bienenhaltung vermehrt auftretenden Schwierigkeiten führten zu entsprechenden politischen Massnahmen. Unter dem Eindruck eines erhöhten Bienensterbens wurde 2008 das Landwirtschaftsgesetz revidiert. Die Bienen erhielten wie Kühe den Status wichtiger Nutztiere. Dies bildete die Grundlage für eine verbesserte Förderung der Imkerei. Weiter führte die Vermutung, dass Insektizide aus der Gruppe der Neonicotinoide potenzielle Bienengifte sein könnten, 2014 auch in der Schweiz zu einem zweijährigen Anwendungsstopp.
2013 erschien der Film «More than Honey» und bewirkte in breiten Bevölkerungsschichten Betroffenheit. Haftete bis anhin der Imkerei eine gewisse Biederkeit, Kleinbürgerlichkeit an, so wandelte sich diese Beschäftigung, plötzlich zum trendigen Hobby.
Bienenhaus der Hochschule Wädenswil im Grüental, bewirtschaftet von Benno Bischof.

Mehrheitlich jüngere Leute interessierten sich für die Imkerei mit dem Anliegen, einen Beitrag für die Natur und damit zur Erhaltung der Bienen zu leisten. Infolge einer grossen Nachfrage konnte nach längerem Unterbruch im Bezirk wieder ein zweijähriger Imkergundkurs geführt werden. Die Mitgliederzahl stieg in wenigen Monaten von 98 auf 117. Heute hat sich die Mitgliederzahl bei 113 eingependelt (23 Frauen, 90 Männer). Im Bezirk gibt es zurzeit 147 Bienenstände – davon 30 auf dem Gemeindegebiet Wädenswil. In den letzten Jahren wurden keine Erhebungen mehr zur Anzahl Bienenvölker im Bezirk gemacht. Schätzungsweise gibt es mittlerweile wieder etwa tausend Bienenvölker. Heute kostet 1 kg Honig Fr. 29.00.
Dieser Rückblick macht deutlich, dass die Imkerei in den vergangenen 125 Jahren stark von der Wirtschaft, deren Globalisierung und von der Politik beeinflusst wurde. Kriege, Weltwirtschaftskrisen, Veränderungen in der Landwirtschaft und Umweltschutzgedanken in der Bevölkerung – alles widerspiegelt sich in der Geschichte der Imkerei. Infolge Umweltgiften, Bienenkrankheiten, Parasiten, Klimaveränderung und gesetzlichen Anforderungen ist die Imkerei sehr anspruchsvoll geworden und verlangt viel Wissen und stete Weiterbildung. War die Imkerei früher ein landwirtschaftlicher Nebenerwerb, so ist sie heute mehrheitlich zu einer Freizeitbeschäftigung geworden. Vor allem in Städten und Agglomerationsgebieten wird heute mit Erfolg geimkert. Es zeigte sich, dass die Futterbasis für Bienen in Wohngegenden reicher und konstanter ist als in gewissen Landwirtschaftsgebieten. In der heutigen schnelllebigen Zeit ist das Bienenhaus auch für viele wieder zu einem Rückzugsort, einem Ort der Ruhe geworden und erfüllt wie Urban-Gardening eine latente, romantische Sehnsucht nach Natur und einer «heilen» Welt.


Maja Burlet

Leider wurden infolge Unachtsamkeit alle Vereinsunterlagen wie Protokolle, Fotografien und Jahresberichte aus der Zeit von 1892 bis 1992 vernichtet. Anlässlich der 100-Jahr-Feier 1992 erstellte Kurt Bühler, Oberrieden, eine Chronik des Bienenzüchtervereins Horgen. Dank diesem detaillieren Überblick über das lokale Vereinsgeschehen blieben viele wichtige und interessante Informationen erhalten und konnten für diesen Bericht neu aufgearbeitet werden.

Quellenangaben

Kurt Bühler. Chronik des Bienenzüchtervereins des Bezirk Horgen, 1892–1992.
Biene, Natur, Imker – 150 Jahre Bienenzüchterverein St. Gallen und Umgebung, Appenzeller Verlag, 2013
Martin Bossard. Sichere Pestizide gibt es nicht, NZZ 22. April 2016
Der schweizerische Bienenvater, 10. Auflage, 1920, Sauerländer & Co., Aarau
Vereins-und Bienenzucht-Statistik 1923, W.C. Freyenmuth, Huber & Co. Frauenfeld, 1925
Aktuelle Angaben BZVH, Anni Hauser, Wädenswil und Beat Jörger, Horgen
Karte Bienenstände im Bezirk, Kt. Zürich Veterinärsamt (http://maps.zh.ch)