Bedeutende Wädenswilerinnen

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1991 von Marlies Bayer-Ciprian

Elisabeth Weber-Hauser, 1842−1906, Brauerei Wädenswil

Gehen wir vom Erscheinungsdatum des «Narr seines Herzens» rund hundert Jahre zurück, kommen wir bei der Geburt einer Frau an, welche in diesem von Milly Ganz als beengend und kleinlich geschilderten Milieu erfolgreich geschäftlich gewirkt hat: Elisabeth Weber-Hauser, Tochter von Statthalter Hauser. Im Alter von 21 Jahren (das richtige Heiratsalter in Wädenswil: Frau Ganz: 21, Frau Hotz: knapp 22) heiratete sie den um 15 Jahre älteren Michael Weber, Brauer und psychologisch versierter Arbeitgeber in der damaligen Brauerei Wädenswil. Eine verständnisvolle, liebe Ehegattin sei sie gewesen, habe den grossen Haushalt liebevoll geführt, die Angestellten und Arbeiter am Familientisch fürsorglich verpflegt. Zudem hat sie genau gewusst, was sie wollte, interessierte sich fürs Geschäft, waltete zu Hause sparsam und hielt auf gute Ordnung. Drei Kinder entsprossen dieser Ehe: die beiden Söhne Franz und Fritz sowie die Tochter Elise. Das Familienleben sei glücklich gewesen. Man habe Wert auf Zucht und Ordnung gelegt, welche aber gewärmt wurden durch grosse väterliche und mütterliche Liebe und Güte.
Nicht nur vom Geschäftsleben erfahren wir. Es ist offenbar auch wichtig und erwähnenswert, dass man zwar nach alter Väter Sitte Strenge walten lässt, aber ohne Liebe geht nichts.
Elisabeth Weber-Hauser, 1842−1906.

Als ob Pestalozzi schon richtig starke Wirkung entfaltet hätte! Diese Frau wird ganz lebendig; sie ist streng und korrekt: «Da git's kei Bire!» -«Du bisch pünktlich!» - «Du weisch, was z tue häsch!» - «Wer nöd wott, häd ghaa!». Aber wer Trost braucht, läuft zu ihr; sie ist immer für einen da. - Und für sich? Daran auch noch zu denken, blieb keine Zeit. Zudem war es nicht Mode. Wie die oben erwähnte Berner Mutter 1835 in ihr Erziehungstagebuch notiert: « ... eine weibliche Seele muss früh lernen, sich selber als fast gar nichts zu betrachten.»
Mit 43 hat Elise Weber ihren erst 58jährigen Mann bereits verloren. Mitten in einer Phase von Neuorientierung und technischer Änderungen, mitten in einem grossen Brauerei-Konkurrenzkampf starb Michael Weber. Nun zeigte sich der Wert von Elises geschäftlichem Interesse! Keinen einzigen Gedanken verschwendete sie an einen möglichen Verkauf der Firma, um sich selber mit dem Erlös eine trostreiche Zeit zu verschaffen. Sie würde das Geschäft selbst weiterführen! Als Blaustrumpf in einer Männergesellschaft? Endlich eine Karriere vor sich? Endlich nicht mehr ausschliesslich den Haushalt vor sich? Mitnichten! Für ihre beiden Söhne hat sie das Heft in die Hand genommen. Bei deren Mündigkeit wollte sie ihnen das Brauereiunternehmen so übergeben, wie es im Sinne ihres Mannes gewesen wäre. Trotz grosser Unterstützung ihres nachmaligen Schwiegersohnes und damaligen Braumeisters sowie des Vormundes ihrer Söhne erlebte sie eine harte Zeit, mit persönlichen Bittgängen zu ihren Kunden, damit diese nur ja weiter das Bier bei ihnen beziehen würden. Hat sich der Einsatz aus heutiger Sicht gelohnt? Müssige Frage! Frau Weber lebte damals, musste damals handeln und entscheiden. Der Familie das Geschäft zu erhalten, stand zu jener Zeit allgemein an erster Stelle. Mit Liebe zur Sache und zu den Söhnen. Und mit Liebe zum verstorbenen Gatten, dem sie sich ja mit ihrer Arbeit auch nahefühlen durfte. Beide Söhne haben später Frauen geheiratet, welche wiederum mit zwei weiteren bedeutenden Wädenswilerinnen verwandt waren: Fritz Weber war der Schwager von Thekla Lehnert, Franz Weber der Schwiegersohn der Bundesratsgattin Sophie Hauser-Wiedemann.
 




Marlies Bayer-Ciprian