Verkehrskommission Wädenswil

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1981 von Kurt Schreiber
 
Verschiedene Kommissionen – Spezialistengruppen – sind in letzter Zeit in Wädenswil gebildet worden. Immer dann, wenn es um etwas Besonderes geht, wird das Geschäft einer Kommission zugewiesen, und es ist verständlich, wenn von «Kommissionitis» gesprochen wird. Auf der anderen Seite leisten aber Spezialistengruppen zuhanden des Parlaments oder der Stadtverwaltung wichtige Arbeit, indem sie Behördenmitglieder von Detailarbeiten entlasten und wichtige Punkte eines Geschäftes mit Pro und Kontra zur Diskussion stellen können. Unter diesem Gesichtspunkt muss die Gründung der Verkehrskommission gesehen werden, einer Spezialistengruppe, welche sich mit allen Verkehrsfragen befasst: mit Bahn, Schiff, Autobus, mit Problemen des Individualverkehrs oder der Orientierung der Bevölkerung über anstehende Probleme. Als markantes Beispiel gilt der neue Taktfahrplan der SBB. Die Verkehrskommission orientierte die Bevölkerung über wichtige Neuerungen an einer Veranstaltung am 23. Juni 1981 im Hotel Engel.
 

Geschichtliches

Der Stadtrat von Wädenswil beschloss am 18. Februar 1980, für die Bearbeitung von Verkehrsfragen eine Kommission zu gründen. Damit fanden über 6jährige Vorbereitungs- und Abklärungsarbeiten ihren Abschluss. Es hatte im September 1974 begonnen. Paul Huggel und 14 Mitunterzeichner reichten dem Gemeinderat Wädenswil eine Motion ein, womit der Stadtrat unter anderem aufgefordert wurde, eine ständige Verkehrskommission zu bilden, zusammengesetzt aus Mitgliedern des Stadtrates, des Gemeinderates, des Verkehrsvereins und aus weiteren interessierten Kreisen. Der Stadtrat war in der Folge bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen. Es wurde am 7. Oktober 1974 überwiesen. Während der folgenden Zeit kümmerte sich nach wie vor Gemeinderat Paul Huggel um die Belange der SBB-Fahrplanfragen. Er setzte sich vehement für die Verbesserung des Zugsangebotes am linken Zürichseeufer ein, und es ist beispielsweise ihm zu verdanken, dass in Thalwil eine Umsteigemöglichkeit von den Regional- auf die Schnellzüge nach Zürich besteht und dass somit der Reisende gleichwohl die Schnellzüge im Hauptbahnhof zeitig erreichen kann. Ohne diese Umsteigemöglichkeit in Thalwil hätten sich im Hauptbahnhof Wartezeiten bis zu einer Stunde ergeben.
Das Postulat von Paul Huggel wurde erst im Frühling 1978 wieder aufgegriffen. Ein erstes, provisorisches Pflichtenheft gab Auskunft über Zusammensetzung, Aufgabenbereiche und Umstellung. Die Kommission war entweder bei der Präsidial- oder der Werkabteilung vorgesehen. Dafür sollte die Fahrplankommission innerhalb des Verkehrsvereins aufgehoben werden.
In der Zwischenzeit wurde Paul Huggel zum Vorsitzenden der regionalen Fahrplankonferenz gewählt und konnte sich je länger desto weniger mit den Fahrplanproblemen der Region und der Stadt Wädenswil auseinandersetzen. Es ging also darum, einen Fahrplansachverständigen für die Stadt Wädenswil zu suchen.
Anlässlich der Sitzung des Gemeinderates Wädenswil vom 2. Juli 1979 erstattete Stadtpräsident Walter Rusterholz den Bericht zum Postulat Huggel: Es soll eine Kommission unter dem Vorsitz eines Stadtrates gebildet werden, der ein Vertreter der Städtischen Werke, ein Fahrplan-Sachverständiger, ein Fahrplan-Bearbeiter der SBB und SOB, Vertreter des Verkehrsvereins Wädenswil, des Quartiervereins Au oder anderer Quartiere angehören.
Der 2. Juli 1979 ist eigentliches Geburtsdatum der Wädenswiler Verkehrskommission. Am 18. Februar 1980 beschloss der Stadtrat die Bildung der Verkehrskommission, welche am 8. April 1980 zu ihrer ersten Sitzung zusammentrat.
Bei dieser Gelegenheit sie mir gestattet, auf die grosse Arbeit hinzuweisen, die Gemeinderat Paul Huggel als Wädenswiler Fahrplanspezialist bis zur Gründung der Verkehrskommission geleistet hat. Es ist sein Verdienst, dass wir heute über gute Zugverbindungen in Wädenswil verfügen, und auch er hat massgebend dazu beigetragen, dass der Taktfahrplan 1982 verbessert wird. Dafür sei ihm an dieser Stelle für seine Arbeit und seinen Einsatz bestens gedankt.

Im Frühling 1982 wird auf der Linie Zürich-Pfäffikon der neue Taktfahrplan der SBB in Kraft treten.

Organisation der Verkehrskommission

Die Verkehrskommission besteht aus sieben Mitgliedern, und zwar:
Hans Buchmann, Stadtrat
Josef Holenweger, Bahnbeamter SBB
Paul Huggel, Gewerbelehrer
Ulrich Koenig, Elektroingenieur
Georges Stalder, Disponent
Bruno Thalmann, Physiker
Kurt Schreiber, eidg. Dipl. Korrespondent als Präsident.

Ihr Aufgabengebiet ist in verschiedene Ressorts aufgeteilt.
 
Bahn, Postaufto,, Schiff (SBB, SOB, PTT, ZSG)
- Fahrplananalyse
- Sammeln von Kundenwünschen
- Absprache mit Verkehrsverein, regionaler Fahrplankommission
- Weiterleitung an die zuständigen Stellen via Kommissionspräsident
 
Ortsautobus
- Fahrplananalyse insbesondere Übergang Bus/Bahn und Bahn/Bus
- Veröffentlichung neuer Fahrplanentwurf und Vernehmlassungsverfahren
- Werbung
- Taxiwesen
 
Individualverkehr
- Verbesserung an den neuralgischen Punkten
- Bahnhofpaltzgestaltung
- Park-and-Ride-Möglichkeiten
- Gestaltung von Durchgängen und Unterführungen
 
Public Relations
- Orientierung der Bevölkerung über neue Fahrplanprojekte oder generelle Probleme (Beispiel Taktfahrplan 1982)
- Meinungsumfragen
- Tarifhinweise
 
Präsidium
- Koordination unter den Ressorts -Vertretung der Wädenswiler Fahrplanbelange bei der regionalen Fahrplankommission
- Sitzungswesen
- Öffentlichkeitsarbeit
 
Als «guter Geist» amtet Fräulein Ruth Wettstein, die sich um die Sekretariatsbelange der Kommission kümmert und dafür sorgt, dass alles klappt.

Tätigkeitsbericht

Bahn
Der Fahrplan 1981 gab nicht viel zu reden, dafür aber der Taktfahrplan 1982, das neue Reisezugkonzept (NRK) der SBB. Danach sollten sämtliche SBB-Schnellzüge in Wädenswil durchfahren. Die Verkehrskommission setzte sich nachhaltig dafür ein, dass in Wädenswil zu jeder zweiten Stunde – wenn kein Bezirksschnellzug verkehrt – ein Städteschnellzug anhält. Damit unterstützte sie eine Forderung der Gemeindepräsidentenkonferenz, welche verlangte, dass zu jeder zweiten Stunde ein Städteschnellzug in Thalwil, Wädenswil und Pfäffikon anhalte.
Die Anstrengungen führten zu einem schönen Erfolg:
Jede zweite Stunde wird in Wädenswil ein Städteschnellzug anhalten und somit ausgezeichnete Anschlüsse an alle grösseren Städte der Schweiz vermitteln. Der Mittagszug wird ebenfalls wieder eingeführt. Um 17.12 h soll – als Ersatz für den bisherigen Zug HB ab 17.22 h – ein weiterer Zug geführt werden. Allerdings wird die Freude herabgemindert: Der Zug soll nämlich in der Au durchfahren; bisher sind dort im Durchschnitt 90 Reisende ausgestiegen.
Ein weiterer Wermutstropfen besteht in der Anschlussgewährleistung der SBB auf die SOB-Züge in Pfäffikon. Der SBB-Zug fährt zur Minute 0.09 h in Pfäffikon ein, der Anschlusszug nach Rapperswil – St. Gallen fährt eine Minute früher. Das unschöne Spiel wiederholt sich in umgekehrter Richtung: Einfahrt des SOB-Zuges in Pfäffikon zur Minute 0.45 h, Abfahrt des SBB-Zuges zur Minute 0.44 … Begründung: Die SBB müsse den Anschluss in Thalwil auf die Gotthardschnellzüge gewährleisten; deshalb könne man nicht auf den SOB-Zug warten. Solche Vorschläge animieren nicht zum Umsteigen auf die Bahn, und der Spruch «Der Kluge reist im Zuge» entlockt unter diesen Umständen höchstens ein mitleidiges Lächeln.
 
Autobus
Eine Situation die schon jeder erlebt hat. Der Zug kommt um drei, vier Minuten zu spät in Wädenswil an – der Ortsbus ist weg. Dass man unter diesen Umständen nicht gerade sympathische Gedanken gegenüber dem Chauffeur hegt, ist verständlich. Die gleiche Situation aus der Sicht des Buschauffeurs: Der Zug aus Zürich sollte eingefahren sein, ist er aber noch nicht. Schliesslich fährt der Chauffeur nach drei Minuten los, er muss ja wieder zeitig beim Bahnhof sein, um die Passagiere zu den Zügen zu bringen. Er kann ja nicht wissen, dass sich der erwartete Zug bereits auf der Höhe der Badeanstalt befindet.
Seit einiger Zeit hängt nun eine Meldelampe am Dach zwischen Bahnhofkiosk und Toilettenhäuschen. Sie zeigt an, ob der Anschlusszug in der Au, in Richterswil oder in Burghalden abgefahren ist. Somit kann der Busfahrer einen Zuganschluss eher abwarten, und vor allem weiss er dann, dass er nicht vergeblich wartet.
Diese Einrichtung wurde auf Antrag der Verkehrskommission installiert und trägt nun dazu bei, unnötige Anschlussbrüche zu vermeiden.
Die Verkehrskommission Wädenswil will auch das Dienstleistungsangebot des Autobusses verbessern.

Viel zu reden gab und gibt die vorgesehene Einführung eines Kleinbussystems. Mit diesem Kleinbus sollen unter anderem die Quartiere Reidbach und Staubenweili sowie das Gebiet der Unteren Weidstrasse/Frohmatt besser erschlossen werden. Dazu soll auch die Au am Abend wieder bedient, und mit dem Kleinbus sollen Schülertransporte durchgeführt werden. Ein recht umfangreiches Pflichtenheft. Dies bedingt die Anstellung zweier zusätzlicher Buschauffeure, und gerade dieser Umstand hat der Verkehrskommission den Entscheid nicht leicht gemacht, wird doch auf diese Weise der gute Kostendeckungsgrad des Ortsautobusses um zirka 10 bis 15 Prozent reduziert. Auf der anderen Seite wird aber dadurch das Dienstleistungsangebot entscheidend verbessert, und die Verkehrskommission unterstützt dieses Vorhaben.
 
Individualverkehr
Auch der Problemkreis einer Lichtsignalanlage an der Schmiedstubenkreuzung wurde eingehend untersucht. Positiv zu werten ist, dass sich durch eine Lichtsignalanlage Verkehrsunfälle weitgehend vermeiden lassen. Negativ zu werten, dass dadurch der Verkehrsfluss verzögert wird, Lärm- und Abgasimmissionen zunehmen und erst noch ein Umwegverkehr durch andere Quartiere bewirkt wird.
Als weitere Variante wurde eine Einbahnstrassenlösung vorgeschlagen, die aber ebenfalls Mehrverkehr und unerwünschte Umwege mit sich bringt. Schliesslich beschlossen wir, dem Stadtrat die Erstellung einer Lichtsignalanlage zu empfehlen, wobei aber ein allgemeines Linksabbiegeverbot vorzusehen wäre; so lässt sich eine zu starke Verzögerung des Verkehrsflusses vermeiden.
Verkehrs-Chaos an der Oberdorfstrasse, Herbst 1981.

Die Verkehrskommission hat auch Wünsche aus der Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Individualverkehr an die zuständigen Stellen weitergeleitet, sei es für eine Kontrolle zur Einhaltung des Mofa-Fahrverbots auf der Stoffelstrasse, sei es für das Versetzen von Richtungspfeilern bei der Einmündung Oberdorfstrasse/Zugerstrasse.
 
Ausblick
Die Verkehrskommission wird sich auch in Zukunft vor allem für die Förderung des öffentlichen Verkehrsmittels einsetzen. Dieses Ziel lässt sich aber nur dann erreichen, wenn von den Transportunternehmungen attraktive Dienstleistungen angeboten werden.
Vor allem wird in naher Zukunft der neue SBB-Fahrplan noch einige Probleme aufgeben, gilt es doch, die festgestellten Unzulänglichkeiten zu beheben.
Der Ortsautobus wird ebenfalls einen neuen Fahrplan erhalten; hier geht es darum, die Anschlüsse von und nach der Bahn optimal zu gestalten.
Für den Ausbau des Bahnhofplatzes bestehen auch schon Pläne – die Verkehrskommission hat dazu schon Stellung bezogen.
Eine besondere «Knacknuss» wird der Seeplatz bleiben, er wird nur einmal im Jahr für die Chilbi effektiv genutzt. Hier stellt sich die Frage, ob er nicht mit einer Grünanlage schöner gestaltet werden könnte, wobei sich alle Kommissionsmitglieder bewusst sind, dass gerade wegen der Chilbi grosse Änderungen nicht möglich sind.
Diese Angaben zeigen, dass die Verkehrskommission ein vielseitiges und attraktives Aufgabengebiet behandelt.




Kurt Schreiber, Präsident