SPITALZUKUNFT GESTALTEN

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1999 von Rolf Kurath

In den letzten Jahren haben sich die Rahmenbedingungen für die Gesundheitsversorgung stark verändert. Stichworte sind massive Kostensteigerungen, Explosion der Krankenkassenprämien, Spitalschliessungen, Einführung neuer Tarif- und Finanzsysteme, die Rationierungsdebatte. Von diesen Entwicklungen sind auch die Gemeinden betroffen.
 
Umbruch
Das schweizerische Gesundheitswesen befindet sich seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes im Jahre 1996 in einem Umbruch. Davon ist hauptsächlich der Spitalbereich betroffen. Bund und Kanton haben ihren Einfluss auf die Steuerung der Leistungen, Mengen, Spitalstandorte und Finanzen weitgehend durchgesetzt. Die Gemeinden, welche öffentliche Grundversorgungsspitäler betreiben und mitfinanzieren müssen, haben kaum mehr Spielraum. Sie haben das Spitaldefizit zu übernehmen, ohne wirklich mitbestimmen zu können. Diese Rahmenbedingungen fördern die Schaffung zentralisierter, grosser Spitaleinheiten und begünstigt die Privatspitäler. Weil diese keine Bindung an einen öffentlichen Leistungsauftrag eingehen müssen, können sie spezialisierte Angebote machen. Damit werden in erster Linie die Privatpatientinnen und -patienten angesprochen und es besteht die Gefahr einer Entwicklung Richtung Zweiklassenmedizin: Wer es sich leisten kann, hat Zugang zu erstklassigen medizinischen, pflegerischen und Hotel-Leistungen. Die Spitäler für die allgemeinversicherte Mehrheit der Bevölkerung, welche sämtliche Bedürfnisse im 24-Stunden-Betrieb abzudecken haben, werden zunehmend Mühe haben, bei den Arbeitsbedingungen für das Personal und dem Hotelkomfort mitzuhalten. Qualitätsverschlechterungen sind deshalb nicht auszuschliessen.
Zum Glück ist das heute dank der kompetenten und engagierten Arbeit des öffentlichen Spitalpersonals noch nicht der Fall. Die skizzierte Entwicklung ist aber im Gang. Sie betrifft alle. Deshalb sind die Gemeinden im Interesse ihrer Bevölkerung verpflichtet, sich damit auseinanderzusetzen.
 
Spital Zimmerberg
Unser Spital wird vom Zweckverband Spitalregion Linkes Zürichseeufer betrieben. Träger sind die Gemeinden Hirzel, Horgen, Hütten, Oberrieden. Richterswil, Schönenberg und Wädenswil. Seit dem 1. September 1999 gehört auch Thalwil zum Einzugsgebiet. Der Zweckverband sorgt im Rahmen des kantonalen Leistungsauftrags für den Betrieb der Kernbereiche Innere Medizin (Wädenswil), Chirurgie und Frauenklinik (beide in Horgen), des regionalen Anästhesie- und Radiologie-Dienstes sowie für die Notfallversorgung (Rettungsdienst, Notfallstation, Akutpflege inklusive Intensivpflegestation). Das Spital Zimmerberg hat diese Aufgaben am 1. Januar 1999 von den Spitalstiftungen Horgen und Wädenswil übernommen. Nach der Betriebsfusion wird die örtliche Zusammenlegung der beiden Spitalbetriebe in Horgen vorbereitet. Voraussichtlich können die Bürgerinnen und Bürger im Dezember 2000 über die Baukredite abstimmen.
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen und starker Konkurrenz ist das Fusionsprojekt gut auf Kurs. Sichtbare Ergebnisse des ersten Semesters sind die Verbesserung der Bettenbelegung und des Kostendeckungsgrades. Durch den Anschluss von Thalwil konnte das Versorgungsgebiet ausgedehnt werden. Besonders wichtig ist aber, dass die bisher getrennt agierenden Arbeits- und Führungsteams in wenigen Monaten zu einer Crew zusammengeschweisst werden konnten. Die Frau- und Mannschaft des Spitals Zimmerberg ist willens, sich in den künftigen Stürmen zu behaupten.
Gesundheit ist kein Wirtschaftsgut, sondern für jeden Menschen von existenzieller Bedeutung. Deshalb dürfen sich die Gemeinden nicht aus der Spitalzukunft verabschieden. Nur sie sind in der Lage, eine patientennahe, mit den Hausärzten, den Pflegeinstitutionen lind den Spitex-Diensten vernetzte Versorgungskette zu gewährleisten. Daneben sprechen wirtschaftliche und regionalpolitische Überlegungen für dezentrale Akutspitäler. Daher ist die öffentliche Diskussion über die Entwicklungen im Gesundheitswesen im Hinblick auf die kommende Abstimmung über das Bauprojekt Spital Zimmerberg von grosser Bedeutung.
 
Das Schwerpunktspital Wädenswil soll in wenigen Jahren geschlossen werden.



Rolf Kurath,
Gesundheits- und Sportvorstand