Barbara-Zunft Wädenswil: Die Zunft mit eigener Kanone

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2005 von Claude Andres

Von der Idee zur Gründung

Die zündende Idee zur Gründung der Barbara-Zunft hatte Jakob (Schaggi) Bohli anlässlich des Salutschiessens mit seiner 7.5 cm Feldkanone, Modell 1903/40 zur Eröffnung des „Wädi-Fäscht am Zürichsee“ zur 700 Jahr-Feier von Wädenswil am 3. September 1987. Vor 700 Jahren, am 17. Juli 1287, verkaufte der Freiherr Rudolf III. von Wädenswil seine Burg und die Herrschaft Wädenswil mit allen Rechten an den Johanniterorden.
Zum Gedenken an dieses historische Datum, dem eigentlichen Geburtstag von „Wättischwyl“, organisierte Schaggi Bohli zusammen mit 15 Kameraden ein Jahr später am Samstag, 16. Juli 1988 ein Salutschiessen mit seiner Kanone auf dem Gulmenhof. In der Zunft-Chronik ist zu lesen: „Der Stellungsbezug durch die Geschützmannschaft war vorbildlich. Über die taktische Lage orientierte der Geschützchef Schaggi Bohli. Das Signal zur Schussfreigabe blies der erste Zunfttrompeter Max Nydegger (Öfeli-Max). Die Geschützmannschaft stand in vollem Einsatz und feuerte 5 Ehrensalven ab.“ Als ehemaliger höherer Unteroffizier der Feldartillerie hatte Schaggi Bohli diese Feldkanone, zur Erinnerung an seine Militärdienstzeit, am 20. Mai 1987 im Zeughaus Meiringen gekauft.
Schaaggi Bohli (1918-1995), Gründer und erster Zunftmeister der Barbara-Zunft

Um für dieses Geschütz auch in Zukunft eine sinnvolle Verwendung zu haben, wurde im Anschluss an dieses Salutschiessen, in der guten Stube des damaligen Stadtpräsidenten Walter Höhn, spontan die Barbara-Zunft gegründet. Der Name Barbara stammt von der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Artilleristen, Bauleute, Waffenschmiede und Bergleute. Die Obmannschaft, mit Rolf Bieri als erstem Obmann, war rasch bestimmt und mit Akklamation gewählt. Nach dem feierlichen Gründungsakt dislozierten die Barbara-Zünfter in die zum Zunftlokal erkorene Wirtschaft zum Rössli. Die Grubenlampe mit dem Bergleute-Symbol, die sonst nur am 4. Dezember brennt, wurde an diesem Abend erstmals entzündet.

Der 1. Barbara-Tag 1988

Zum ersten Barbara-Tag am 4. Dezember 1988 besammelten sich 40 „Zöifter“ um 16.15 Uhr im Zunftlokal Rössli. Nach dem Apéro bestiegen diese auf das Kommando „Aufsitzen“ des Zeremonienmeisters René Imhof (Tscheimy) die vor dem Zunftlokal bereitgestellten, zunfteigenen Militär-Fahrzeuge. Das waren ein 4-MH-Saurer als Zugfahrzeug für das Geschütz und ein GMC. An diesem GMC angehängt war die fahrbare Feldküche der Barbara-Zunft. Ziel der motortransportierten Verschiebung war der Gulmenhof des Zünfters Walter Höhn. Dort angekommen wurde die Feldkanone unter dem Kommando des damaligen Geschützchefs Jakob Bohli in Stellung gebracht. Nach der Fanfare des Zunftrompeters wurden fünf Salutschüsse zu Ehren der heiligen Barbara, der Eidgenossenschaft, des Standes Zürich, der Stadt Wädenswil und der Barbara-Zunft in den nächtlichen Himmel abgefeuert. Anschliessend ging es zurück ins Zunftlokal Rössli. Hier hatten in der Zwischenzeit der Chef Verpflegung Kurt Grob (ex 111) und der Zunftkoch Sepp Jud (Fleischi) einen schmackhaften Spatz zubereitet. Das erste ganz grosse Fest der Barbara-Zunft Wädenswil nahm ihren Anfang. Die Pflege der Kameradschaft und der Geselligkeit unter den neuen Zünftern fand erst in den frühen Morgenstunden ihren Ausklang.

Die Gründungsversammlung

Am 31. März 1989 nahmen 39 Barbara-Zünfter im Haus zur Sonne in Wädenswil an der offiziellen Gründungsversammlung der Barbara-Zunft Wädenswil teil. Die neu ausgearbeiteten Satzungen wurden einstimmig genehmigt. Die erste Obmannschaft setzte sich wie folgt zusammen: Jakob Bohli, Zunftmeister, Rolf Kellersberger, Vize-Zunftmeister, Kurt Haldimann, Zunftschreiber, Ernst Egger, Säckelmeister, Viktor Thalmann, Geschützchef,  Kurt Grob, Chef Verpflegung, René Imhof, Zeremonienmeister. Die Zürichsee-Zeitung berichtete darüber wie folgt: „Mit der Gründung der Barbara-Zunft ist der Wädenswiler-Vereinshimmel um einen leuchtenden Stern reicher geworden. Mit dieser Gründungsversammlung ist der Grundstein für ein erfolgreiches Wirken und schöne Stunden der ersten Wädenswiler Zunft gelegt worden.“

Wesen und Zweck

In Artikel 2 und 3 der Satzungen der Barbara-Zunft sind Wesen und Zweck wie folgt festgehalten: Die Zunft bezweckt die Aufrechterhaltung von Traditionen, insbesondere die feierliche Begehung des Barbara-Tages am 4. Dezember, die Pflege der Kameradschaft und der Geselligkeit. Politisch und konfessionell ist die Zunft neutral. Der Zweck soll erreicht werden durch:

Jährliche Salutschiessen am:
17. Juli, Gründungstag der Johanniterkomturei, Erinnerung an das Wädi-Fäscht 1987
1. August, Nationalfeiertag
4. Dezember, Barbara-Tag
Organisation von geselligen Anlässen
Salutschiessen an privaten und militärischen Anlässen

Die Barbara-Zünfter treffen sich jährlich an den nachstehenden Daten zu einem Salutschiessen und geselligem Beisammensein:

Jahresversammlung am 17. Juli

Am 17. Juli findet immer die Jahresversammlung der Barbara-Zunft zum Gedenken an die Gründung der Johanniterkomturei und zur Erinnerung an das „Wädi-Fäscht 1987“ statt. Der Durchführungsort wird von der Obmannschaft alljährlich neu bestimmt. Die Jahresversammlungen fanden u.a. an den nachstehenden Orte statt: Reithalle Geren, auf Stocken und im Schluchtal auf dem Wädenswilerberg, beim Schiessstand auf der Beichlen, auf einer Terrasse im oberen Leihof, in einer Jagdhütte auf Schönenberger Boden, im Hotel Krone in  Andermatt, im Sunft auf der Beichlen, auf dem Schiff „Horge“ auf dem Zürichsee, in einem Pneuhaus auf der hinteren Rüti und auf dem Brüschhof auf der Beichlen.

Die Barbara-Zunft an der Bundesfeier 1993.

Salutschiessen am Nationalfeiertag

Seit 1998 zelebriert die Barbara-Zunft den Geburtstag der Schweizerischen Eidgenossenschaft mit einem Salutschiessen auf dem Seeplatz in Wädenswil. Die Feldkanone wird von der Geschützmannschaft mit dem zunfteigenen Pinzgauer 6 x 6 fachgerecht in Stellung gebracht. Um 11 Uhr ertönt die obligate Fanfare des Zunftrompeters. Der Zunftmeister hält eine kurze Ansprache. Anschliessend werden unter dem Kommando des Zeremonienmeisters drei Ehrensalven über den Zürichsee abgefeuert. Mit einem gemütlichen Beisammensein am Ufer des schönen Zürichsees klingt dieser traditionelle Anlass in den Mittagsstunden aus.

Der Barbara-Tag am 4. Dezember

Seit Bestehen der Barbara-Zunft besammeln sich die Zünfter bei jedem Wetter zur Feier zu Ehren der heiligen Barbara am Abend des 4. Dezembers auf dem Gulmenhof. Der von alt Stadtpräsident und Mitzünfter Walter Höhn offerierte Apéro in der Scheune des Gulmenhofs schmeckt immer vorzüglich. Die Zunftkanone wird wie weiland von der Geschützmannschaft ordonnanzmässig in Stellung gebracht. Mit der Fanfare des Zunftrompeters wird die Barbara-Feier eröffnet. Der Zunftmeister begrüsst den Ehrengast und die Zünfter. Die Salutschüsse donnern mit einem gewaltigen Mündungsfeuer hoch über dem Zürichsee in den nächtlichen Himmel hinaus. Nach diesem Schiessen verschieben sich die „Zöifter“ motortransportiert oder zu Fuss ins Zunftlokal Rössli. Alle freuen sich auf den traditionellen Spatz aus der Gamelle, der in der Zwischenzeit vom Chef Verpflegung und dem Zunftkoch zubereitet worden ist. Mit einem feinen Glas Rotwein wird auf die Barbara-Zunft angestossen. Einlagen der Zunftmusikanten umrahmen den gemütlichen Teil. Berühmt ist das legendäre „Querflötensolo“ des Zeremonienmeisters Tscheimy mit Variationen der Ouvertüre Wilhelm Tell von Gioacchino Rossini.

Besondere Einsätze der Geschützmannschaft

Die Geschützmannschaft der Barbara-Zunft Wädenswil wurde zu Salutschiessen an die folgenden besonderen Anlässen eingeladen bzw. aufgeboten:

22.06.1990:   Verabschiedung des Kdt G Abt 44, Major Urs Schmassmann, auf der Farnsburg BL
21.08.1991: Eröffnung der 700-Jahr Feier auf der Au
19.02.1993: Eröffnung der Fasnacht in Chur
29.06.1994: Abteilungs-Wettkampf G Abt 44 in Balsthal
02.09.1994: Eröffnung des Dorffestes in Horgen
22.06.2002: Hochzeit von Barbara und Urs Zogg im Rosenmattpark in Wädenswil.
19.05.2003: Empfang von Kantonsratspräsident Ernst Stocker auf dem Seeplatz in Wädenswil

Am 17. Juli 2001, anlässlich der 13. Jahresversammlung der Barbara-Zunft, entstand auf dem Seeplatz dieses Gruppenbild.

Geschütz, Zugfahrzeug und Feldküche

Die zunfteigene 7.5 cm Feldkanone, Modell 1903/40, Nr. 1040 wurde am 18. April 1950 von der Sektion für Schiessversuche der Kriegstechnischen Abteilung der Eidg. Konstruktionswerkstätte Thun eingeschossen. Bereits im August kam das Geschütz in den Truppeneinsatz. Bis 1965 war die Feldkanone in verschiedenen, hauptsächlich welschen Einheiten, in Wiederholungskursen im Einsatz. Ab 1967 wurde die Feldkanone dann nur noch in Artillerie-Rekruten- und Unteroffiziersschulen eingesetzt. Das Geschütz dürfte kaum mehr oder nur noch ganz kurz bei der eigentlichen Feldartillerie mit Pferdezug im Einsatz gewesen sein. Diese Truppen wurden im Jahre 1950 umgeschult. Die Laufbahn des Geschützes, das gemäss Unterlagen in bestem Zustand war, ging in der Art Kp der Festungs-Rekrutenschule 59 im Frühling 1982 zu Ende. Die letzten Schüsse sind im Schiessbüchlein, welches das Geschütz auf seinem ganzen Weg begleitete, am 1. April 1982 eingetragen.
Als Zugfahrzeug für die Kanone hat die Barbara-Zunft aus Armeebeständen einen Pinzgauer 6 x 6 erworben. Mit diesem bewährten Fahrzeug ist die Geschützmannschaft der Barbara-Zunft zweckmässig ausgerüstet, mobil und für Einsätze an privaten Feiern, Firmen- und Vereinsanlässe allzeit bereit.
Die fahrbare Feldküche der Barbara-Zunft wurde im Jahre 1996, infolge ungenügender Nutzung, an Walter Tessarolo verkauft. Dieser Verkauf bildete die Basis für die spätere Gründung der „Zouft Fäldchuchi 39 Wättischwil“ durch den heutigen „Zouftmeischter“ Walter Tessarolo.

Die Barbara-Zunft Wädenswil im Jahr 2005

Die Barbara-Zunft Wädenswil zählt aktuell 40 Zünfter in ihren Reihen. Der Mitgliederbestand wird gemäss den Satzungen in Grenzen gehalten. Die Obmannschaft setzt sich wie folgt zusammen:

Zunftmeister: Claude Andres
Vize-Zunftmeister: Ernst Brupbacher (Brummli)
Säckelmeister: Ernst Egger (Minz)
Zunftschreiber: Eugen Grüninger (Geni)
Geschützchef: Peter Baumann 2 (Pnöö-Buume)
Chef Verpflegung: Walter Jörg (Chröttli)
Zeremonienmeister:    René Imhof (Tscheimy)
   
Die Obmannschaft und alle Zünfter der Barbara-Zunft Wädenswil danken der Stadtregierung Wädenswil, der Stadtpolizei Wädenswil und der Kantonspolizei für das grosse Entgegenkommen bei den Schiessbewilligungen. Ein zünftiges Dankeschön auch an alle Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Wädenswil für das Verständnis und das Wohlwollen das der Barbara-Zunft für die kurzfristigen Lärmimmissionen bei den Salutschiessen stets entgegengebracht wird.




Claude Andres, Zunftmeister Barbara-Zunft Wädenswil