«Wir tragen Verantwortung für das, was wir tun, aber auch für das, was wir nicht tun.»

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1990 von Vinzenz Bütler
Verbreiterung der Unteren Bergstrasse im Weiler Herrlisberg, 1990.
 
Unter diesen Leitsatz möchte ich ein paar Gedanken an Sie, meine geschätzten Leser dieses Jahrbuches, richten.
Verantwortung wird von einzelnen oder kann auch von einer Gemeinschaft getragen werden. Also von jemandem, der ein Aufgabe übernommen hat, von jemandem, der in ein Gremium gewählt worden ist, oder von uns allen, die wir als Stimmbürger an die Urne gehen oder eben nicht!
Verantwortung übernehmen, setzt voraus, dass Entscheide gefällt werden.
Oft habe ich aber den Eindruck, dass Mittel und Wege gesucht werden, Gesetze und Verordnungen so auszulegen, dass man sich vor einer Entscheidung drücken oder diese mindestens hinausschieben kann. Wenn ein Geschäft oder eine Vorlage behandelt wird, müssen wir alles daran setzen, damit wir zu einem Entscheid kommen. Die Instanz, in deren Kompetenz dieser Entscheid fällt, soll diesen auch verantworten wollen. Diese Verantwortung muss der Stimmbürger als Gemeinschaft oder müssen eben unsere Volksvertreter in Parlament und Regierung übernehmen.
Wir können es uns einfach nicht leisten, Entscheide, die für das Gemeinwohl wichtig sind, hinauszuschieben. Ich denke, dass jeder von uns diesen Grundgedanken unterschreiben kann, unabhängig, aus welchem politischen Lager er kommt. Ich bin überzeugt, dass jeder Mensch in seinem Innersten Verantwortung tragen möchte. Das liegt wohl in seiner Natur. Auch bei uns in Wädenswil gibt es junge und neue Gruppierungen, die ihr Verantwortungsbewusstsein angemeldet haben. Die Verantwortung muss aber breit wahrgenommen werden und nicht nur ein paar wenige Interessengebiete umfassen. Und jetzt noch einige Sätze aus der Sicht eines Volksvertreters:
Wir machen uns ja oft Gedanken, warum nicht mehr Bürger zur Urne gehen, obwohl die Mitbürger immer wieder aufgerufen werden, sich aktiv am politischen Leben zu beteiligen. Können nicht gerade die Art der Arbeit, die Entscheide oder Nichtentscheide der Volksvertreter in Parlamenten und Räten auch eine Ursache der Stimmabstinenz sein? Dass dann die Stimmbürger mit ihrer Gleichgültigkeit ihrem Unbehagen über das, was wir getan oder nicht getan haben, Ausdruck geben?
Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Arbeit der Parlamentarier/innen, die im stillen, in Kommissionen, Fraktionen und Parteien geleistet wird, kaum gewertet wird; dass die intensive Auseinandersetzung mit Sachgeschäften und das Studium der Akten im «stillen Kämmerlein» kaum beachtet wird. Der Bürger entscheidet vielmehr über die Leistung eines Parlamentes. Er beurteilt nach den Entscheiden, die getroffen oder eben nicht getroffen werden, die Verantwortung, die übernommen oder nicht übernommen wird.
Wir dürfen uns alle, so glaube ich, den Spruch, den ich als Titel gesetzt habe, hinter die Ohren schreiben!
Ich hoffe, dass wir als Volksvertreter unsere Arbeit tun. Was getan worden ist, dass wir gehandelt und entschieden haben, ist im Geschäftsbericht nachzulesen.
Wir wollen unsere Aufgaben, jeder an seinem Platz, in sachlicher und gegenseitiger Achtung erfüllen. Wir wollen auch bereit sein, Verantwortung zu tragen und zu übernehmen.
Wir werden alle miteinander unser Bestes geben für das Gemeinwohl von Wädenswil!
Stadtrat Wädenswil 1990.
Von links nach rechts, vordere Reihe: Vinzenz Bütler, Trudi Rota, Stadtpräsident Walter Höhn, Brigitte Poltera, Hans Schulthess. Hintere Reihe: Jakob Hauser (Stellvertreter des Stadtschreibers), Ernst Hitz, Paul Huggel, Hans Ruedi Maurer (Stadtschreiber), Dr. Bruno Ern, Christof Wolfer, Jakob Züblin (Stellvertreter des Stadtschreibers).




Ihr Gemeinderatspräsident 1989/90
Vinzenz Bütler