Lauf-Träff Au-Wädenswil

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1990 von Manfred Mettler

WOZU SIND DIE FÜSSE DA?

Der österreichische Schriftsteller Johannes Nestroy hat schon vor mehr als 100 Jahren in seinem Stück Lumpazi-Vagabundus das Laufen mit dem Liedtext «Wozu sind die Füsse da?, nur zum Marschieren in die weite Welt!» empfohlen. Dies ging lange Zeit gut, bis all die vielen tausend und abertausend Füsse Schritt für Schritt von der staubigen Landstrasse, über die sie jahrhundertelang liefen, abtraten und in den fünfziger Jahren aufs anrollende Auto umstiegen.

MENS SANA ...

Die nachteiligen Folgen stellten sich rasch in Form von schlaffen Muskeln, kraftlosen Organen, maroden Kreisläufen und erkrankten Herzkranzgefässen ein.
Dass aber nur in einem gesunden Körper eine gesunde Seele sein kann, ist den meisten, sogar in lateinischer Sprache, geläufig.
Die Erkenntnis, dass diesem der Gesundheit abträglichen Trend der Immobilität Einhalt geboten werden muss, kam einmal mehr aus Amerika.

ES BEGANN MIT MARATHON

Die Volksläufe begannen in den USA auf mittleren und längeren Strecken Fuss zu fassen. Bald einmal wurde die Zahl 42,195 zur Fata Morgana und Schritt für Schritt zu einer klaren Zielsetzung vieler Bewegungs- und Ausdauer-Bedürftiger. Sie strömten nicht mehr nur zu Abertausenden als passive Zuschauer in die Sport-Stadien, sondern begannen willentlich, aktiv und voller Euphorie an den vielen Volks- und Stadt-Marathon-Läufen teilzunehmen. Zehntausend Breitensportler, nebst einer Handvoll Spitzensportler, bestritten bereits 1981 den New Yorker Marathon. Und zum ersten Mal in der sportlichen Neuzeit und ganz speziell in den Langstrecken-Läufen zeigte es sich, dass der Spitzensport vom Breitensport getragen wird.

DIE FASZINATION AUSDAUERLAUF

Die Faszination Ausdauerlauf hat im Volkssport, im Gesundheitssport sehr nachhaltige, positive Reaktionen erzeugt. Eine davon ist der VITA-Parcours mit dem Angebot eines Bewegungs-Trainings auf kurzen Strecken, unterbrochen von gymnastischen Übungen. Laut Dr. Biener, Präventiv-Mediziner, steht er an allererster Stelle der Skala der gesündesten Sportarten. Nachteilig ist einzig und allein die meist fehlende Motivation, allein und regelmässig den Wald-Parcours zu absolvieren. Vor allem Frauen haben häufig Angst, allein im Wald und Feld herumzurennen.

LAUF-TRÄFF: DER VEREIN MIT DEN MEISTEN AKTIVEN AKTIVEN

Was jedoch noch fehlte, war die Idee des geführten Lauf-Trainings, das Gruppen-Erlebnis, das Gefühl der Sicherheit durch Betreuung, abgestimmt auf die jeweiligen physischen und psychischen Möglichkeiten der Läufer/innen. Aus dieser Erkenntnis heraus fassten die Initianten, René Roner, Manfred Mettler und Bruno Brunhart, den Entschluss, in Wädenswil-Au einen geführten Lauf-Träff auf die Beine zu stellen. Am 10. April 1986 rief das nebenstehende Inserat im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» zum vergnüglichen oder sportlichen Laufen in Gruppen auf.
Ende April fanden sich mehr als 200 Teilnehmer/innen zum Eröffnungs-Lauf beim Weinbau-Museum auf der Halbinsel Au ein.
Lauf-Träff Au-Wädenswil. Nach sportlicher Leistung bleibt Zeit zur Pflege der Kameradschaft.
 

1990: FÜNF JAHRE IG LAUF-TRÄFF

Im fünften Jahr seines Bestehens erfreut sich der Lauf-Träff, eine Interessengemeinschaft ohne jegliche Vereinsstatuten und Verpflichtungen, eines regen Zuspruchs. In zehn Stärkeklassen, vom Anfänger bis zum ambitionierten Wettkampfläufer, sind alle Fähigkeiten und Leistungsziele abgedeckt. 70 Prozent der Teilnehmer sind Damen, die sich in den durch motivierte und kompetente Lauflehrer geführten Gruppen wohlfühlen und allfällige Hemmschwellen dank des Gruppensystems problemlos überwinden.

ZEIT IST NICHT GELD

Zeit ist beim Lauf-Träff kein Thema, aber es macht Spass, etwas mit Zahlen zu jonglieren und ein bisschen Statistik zu betreiben. Im Durchschnitt trafen sich gegen 110 Teilnehmer/innen jeweils am Mittwoch um 19 Uhr beim Weinbau-Museum auf der Au. Während der Hauptsaison von Mitte April bis Ende September wurde an 25 Abenden von jedem Läufer und jeder Läuferin eine Stunde locker gejoggt, was total und saisonal bereinigt 2750 Stunden Laufzeit ergibt. Mit dem Massstab der Arbeitswelt gemessen, ergäben sich 350 Arbeitstage zu acht Stunden.
Bei einer Durchschnitts-Geschwindigkeit von zehn Kilometern pro Stunde werden während einer Sommer-Lauf-Träff-Saison 27‘500 Kilometer gelaufen. Pro Person beträgt demnach das saisonale Laufvergnügen 250 Kilometer. Im Vergleich mit der Marathon-Strecke müssten 650 Personen diese Distanz zurücklegen, um die Gesamtjahres-Kilometer-Leistung des Lauf-Träffs zu erreichen.

IN EINER STUNDE 600 KCAL LEICHTER

Dass das Laufen den Kreislauf den Menschen stärkt und weitverbreiteten Zivilisationskrankheiten entgegenwirkt, ist hinlänglich bekannt. Übergewicht abbauen, denn Übergewicht begünstigt eine Vielzahl von Krankheiten, ist ein Teilziel des Laufsportes. Durch die körperliche Bewegung wird Energie verbraucht.
Bei einer angenommenen Belastungs-Intensität von 10 Stundenkilometern Laufgeschwindigkeit bei einem mittelmässig trainierten Läufer oder einer Läuferin beträgt der Kcal-Verbrauch pro Stunde bis gegen 600 Kcal. Diese Kalorienmenge steckt in einem Frühstück herkömmliche Art, welches meistens in folgender Zusammensetzung auf den Tisch kommt: 100 Gramm Brot, 30 Gramm Käse, 10 Gramm Butter, 2 Deziliter Milchkaffee, 20 Gramm Bienenhonig. Besser wäre ein Vollkorn Müesli, bestehend aus: vier bis fünf Esslöffeln Vollkornflocken, je einem Apfel und einer Banane, zwei Esslöffeln Rosinen, einem Esslöffel Zitronensaft, einer Tasse Milch. Dieses Rezept beinhaltet lediglich 470 Kcal und ist erst noch wesentlich ausgewogener bezüglich der Nährwerte.
Die Nahrungsmittel verbrennen mit Sauerstoff. Durch das sportliche Laufen wird eine verbesserte Zufuhr von Sauerstoff erreicht, was einer optimalen Verwertung der Nährstoffe und damit einer gesunden Ernährung förderlich ist.

DIE VORTEILE EINER LIFE-TIME-SPORTART

Der sportliche Bereich des Lauf-Träffs bewegt sich auf der Ebene des Breiten- und Gesundheitssportes. Die Freude an der Bewegung, am spielerischen Laufen, die Wiedererlangung oder Festigung der vorhandenen Gesundheit, die Bestätigung in der Gruppe, in der Gemeinschaft sind nur einige Ziele des Lauf-Träffs. Aber auch zur Erreichung einer guten Fitness als Grundlage für andere Sportarten, wie Tennis, Rudern, Radfahren, hat das Laufen einen hohen Stellenwert. Laufen ist eine Life-Time-Sportart; sie kann in jedem Alter und über einen ganzen Lebensbereich mit Genuss an jedem Ort, zu jeder Zeit, ohne wirtschaftlichen Aufwand bezüglich Zeit und Kosten betrieben werden.
Darum kommen Sie jeweils am Mittwoch zum Weinbau-Museum auf der Au. Wir laufen von 19 bis 20 Uhr in verschiedenen Gruppen, abgestimmt auf den Leistungs-Stand des einzelnen Teilnehmers, der einzelnen Teilnehmerin.
Kommen Sie, machen Sie mit, aus Freude an der Bewegung, am Laufen, an der Leistung und an der Natur!




Manfred Mettler