Der Nachlass Otto Hausers und Seine Erforschung

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1991 von Manuela Freyberg
 
Am 27. April 1874 wurde im «Eisenhammer» in Wädenswil der international bekannte Archäologe Otto Hauser geboren. Im «Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1988» findet sich ein Beitrag des Zeitzer Schriftstellers Rudolf Drössler über Leben und Werk dieses Schweizers («Otto Hauser - ein berühmter Bürger von Wädenswil»). Aus gleicher Feder stammt die erstmalig so umfangreiche und ausführliche Biographie «Flucht aus dem Paradies» (Mitteldeutscher Verlag Halle/Leipzig 1988). Die Wädenswiler Einwohner sind sicherlich daran interessiert zu erfahren, was unter anderem aus dem Nachlass ihres einstigen Mitbürgers geworden ist und ob es Personen gibt, die sich weiterhin damit beschäftigen. Daher kann dieser Beitrag als eine Art Fortsetzung zu dem oben genannten angesehen werden.
Nach einem sehr arbeits- und konfliktreichen Leben starb Hauser am 14. Juni 1932 in Berlin-Wilmersdorf. Er hinterliess seiner dritten Frau Erna (geb. Bachmann) und seinem vierten Sohn Friedrich Adolf zahlreiches Material in Form von Funden, Fotoplatten, Dias, Plänen, Büchern und Briefen. Erna Hauser versuchte, im Sinne ihres Mannes weiterzuwirken, und organisierte einige Ausstellungen, so Ende 1932 in Düsseldorf. Am 23. Oktober 1935 wandte sie sich mit einem Verkaufsangebot von Fotoplatten an den Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin, Prof. Dr. Unverzagt.

Archäologe Otto Hauser, 1874−1932.

Bei den Fotoplatten handelte es sich hauptsächlich um Aufnahmen der beiden Skelette und deren Hebung. Das Museum erwarb diese Platten für 500 Reichsmark. Erna Hauser bot ihm Anfang 1936 nochmals fotografische Aufnahmen an, diesmal von den einzelnen Fundstellen und Landschaften in Südwestfrankreich, doch es zeigte dafür kein Interesse mehr. Diese Ablehnung sollte jedoch die Rettung für die Platten sein, denn die vom Museum erworbenen fielen dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer.
Das gleiche Schicksal traf die beiden Skelette. Sie wurden im damaligen Kunstgewerbemuseum untergebracht, die Schädel selber ausgelagert. Bei einem Luftangriff am 3. Februar 1945 brannte das Museum aus, die Skelette waren stark beschädigt. 1955 wurden aber diese Reste nochmals ausgegraben und wissenschaftlich untersucht. Die Schädel gelangten nach dem Krieg in die UdSSR. 1958 erfolgte die Rückführung des Le Moustier-Schädels, der von Combe Capelle gilt noch immer als verschollen.
Wegen der Luftangriffe und Bombenschäden an dem Haus, in dem sie in Berlin-Wilmersdorf wohnten, siedelten Erna Hauser und ihr Sohn im Frühjahr 1943 zunächst an den Bodensee und dann in die Schweiz über. Am 1. April 1945 starb Erna in Zollikon. Die Arbeit ihres Mannes drohte in Vergessenheit zu geraten. Otto Hausers Sohn Friedrich setzte die Tätigkeit seines Vaters nicht fort. Er trat 1937 eine Praktikantenstelle bei der AEG an und wurde Ingenieur. Im weiteren Berufsleben befasste er sich mit der Entwicklung und Konstruktion elektrotechnischer Geräte, vor allem mit der von Relais.
Unter Hausers zahlreichen Freunden und Bekannten befand sich der Begründer und spätere Direktor des Emschertalmuseums in Herne (Westfalen), Karl Brandt (geboren am 15. April 1898 in Baukau/Herne, gestorben am 2. Juli 1974 in Bremen). Er erlernte den Malerberuf. Darüber hinaus interessierte er sich für Reiseberichte, Naturkunde und Anthropologie. Dabei stiess er auf Otto Hausers Buch «Der Mensch vor 100 000 Jahren » (1917 erschienen). Eine für die Zukunft wichtige Verbindung nahm damit ihren Anfang.
Neben seiner Tätigkeit im Herner Museum, den zahlreichen Ausgrabungen sowie Veröffentlichungen in Zeitungen, Zeitschriften und Monographien nahm Karl Brandt regen Anteil an Hausers Arbeit und Schicksal. Ein umfangreicher Briefwechsel und gegenseitige Besuche verstärkten die Bekanntschaft. Brandt bezeichnete Hauser als seinen Lehrer, benutzte er doch viele seiner Anregungen und Hinweise für die eigene Arbeit. Ausserdem gehörte er mit zu den wenigen, die die Leistungen und Erfolge des Schweizer Archäologen ins rechte Licht setzen wollten, auch nach dessen Tod. Das bezeugen zum Beispiel Zeilen aus dem Brief vom 2. Oktober 1932 an Erna Hauser: «Wie ich sehe, führen Sie das Werk Ihres Gatten fort und will ich nicht verfehlen, Ihnen zu schreiben, dass Sie mich stets an Ihrer Seite finden. So glaube ich um der Sache und um meines Lehrers willen handeln zu müssen!» Und vom 31. Oktober 1933:
Karl Brandt, Begründer und Direktor des Eschmertal-Museums in Herne / Westfalen.
«Könnten Sie und ich nicht so ein kleines Buch schreiben? ... Dabei kann man auf das Lebenswerk Dr. O. Hausers aufbauen und vor allen Dingen zeigen, dass er es war, der weiteste Kreise des deutschen Volkes zur Vorgeschichte führte und dieselbe popularisierte. Ich würde dazu manches sagen können, denn ich kann wohl von mir sagen, dass ich die Gedankengänge Dr. O. Hausers am besten kannte und begriff.» Durch den Zweiten Weltkrieg brach die Verbindung Karl Brandts zu der Hauser-Familie vorerst ab. Nach einem Artikel von Karl Brandt in der Zeitschrift «Urania » meldete sich jedoch ein interessierter Zuhörer von Hausers zahlreichen Vorträgen in Berlin, Karl Otto, mit einem Brief vom 11. Mai 1948. Darin schreibt Otto an Karl Brandt unter anderem: «Nur wenige Menschen leben noch, die Hauser persönlich gekannt und mit ihm in enger Fühlung gestanden haben. Doch auch diese haben den Krieg gesundheitlich sehr schlecht überlebt und stehen zudem in einem Alter, das ihr Wirken und Schaffen auf urgeschichtlichem Gebiet nur noch beschränkt zulässt. Wo findet sich jemand, der das Erbe von Hauser antritt und dort wieder anfängt, wo der Tod den Lebensfaden von H. durchschnitt?» Karl Brandt erfuhr erst aus dem eben zitierten Brief von der Umsiedlung und dem Tod Erna Hausers. In seiner Antwort vom 18. Mai 1948 vermutete er:
«Dann müsste ihr Sohn, der Fritz, ja noch leben.» Und er fuhr fort: «Es kommt nun darauf an, zu erfahren, was aus dem sehr umfangreichen Archiv von Hauser geworden ist. Wenn das auch nicht mehr ist, kann wenig getan werden ... Jedenfalls werden wir die Fahne von O. Hauser hochhalten, so oder so und möglichst geschickt ... Zunächst muss erst einmal auf die Verdienste des Mannes geschickt hingewiesen werden; was ich diesbezüglich tun kann, geschieht.»
Im Januar 1949 erhielt er die Adresse von Friedrich Hauser in der Schweiz. Nun konnte er sich an ihn, den er ja schon als kleinen Jungen kannte, direkt wenden. Postwendend antwortete der Sohn: «Von meines Vaters Bibliothek ist nur das Wichtigste geblieben, Platzmangel und Transportbehinderungen zwangen damals uns dazu. Doch zum Glück haben wir noch manche Originalkarte, Diapositive und Artefakte retten können.» Wahrscheinlich trat danach in der Korrespondenz zwischen beiden eine Pause ein, da die nächsten noch vorhandenen Briefe erst aus dem Jahr 1954 stammen. Karl Brandt bemühte sich jetzt intensiver um eine gerechte Würdigung von Leben und Werk Otto Hausers. Dabei bat er Friedrich Hauser um Mithilfe. Zum anderen musste auch der Verbleib des Nachlasses geklärt werden. In einem Brief vom 18. Januar 1954 kam der Hauser-Sohn darauf zu sprechen:
«Besteht die Möglichkeit − Ihrer Meinung nach −, dass sich ein deutsches Museum für die noch vorhandenen wissenschaftlichen Unterlagen meines Vaters (Original-Wandtafeln, Profilschnitte, Artefakte usw.) interessieren würde?» Brandt antwortete zwei Monate später: «Die Profile usw. werden nicht abzusetzen sein. Aber ich kann ja im April die Sachen mal ansehen, möglicherweise kaufe ich die Sachen. Artefakte sind schwer abzusetzen, aber ich will mal herumhören.»
Während einer Reise im April 1954 nach der Schweiz besuchte Karl Brandt auch Friedrich Hauser und studierte eingehend den Nachlass, über den er Hausers Sohn am 25. April 1954 schrieb: «Über die Nachlaßsachen habe ich viel nachgedacht und bin zu dem Entschluss gekommen, Ihnen vorzuschlagen, mir alles zu überlassen, weil ich nur darin die Gewähr sehe, das was auswertbar ist, auch auszuwerten. überdies habe ich auch einen Sohn, der meine Sache fortsetzen kann und wird. Nach meinem Besuch bei Ihnen habe ich bei schweizerischen Sachkennern das Gelände sondiert; bei denen ist nichts zu machen, zumal die meisten mit sich beschäftigt sind und bergweise Funde besitzen. Um jemand anderem zur Anerkennung zu verhelfen, hat man noch weniger Interesse.
Für die Fotoplatten samt Verzeichnissen und die noch vorhandenen Funde könnte ich Ihnen 750 DM geben, das wären rund 750 fr. Ich habe vor, nichts aus dieser evtl. Erwerbung zu verkaufen, was mir auch nicht gelingen würde. Eine Anzahl doppelte Funde könnte ich vielleicht tauschen.»
Nach Auskunft Friedrich Hausers umfasste der noch verbliebene Nachlass 346 Fotoplatten im Format 13 x 18 cm, 9 Platten zu 18 x 24 cm, 20 Fotoplatten zu 8 x 10 cm, 200 Diapositive und rund 1500 Artefakte. Nach einigen brieflichen Verhandlungen über den Preis der Sammlung und die günstigste Möglichkeit der Zusendung nahm die Übergabe konkrete Formen an. Im Januar 1955 unterbreitete der Herner Museumsdirektor Vorschläge für Vereinbarungen, die bei einem eventuellen weiteren Verkauf beziehungsweise der Verwendung von Fotos in Publikationen zu beachten wären. Kurz darauf, am 22. Januar, antwortete Friedrich Hauser: «Ich bin mit den ... angegebenen Vorschlägen einverstanden. In der nächsten Woche werde ich die nötigen Kisten besorgen ... Anschliessend erfolgt das Packen.» Und am 31. Januar schrieb Hauser: «So, nun ist der Keller leer! Heute, am Nachmittag, wurden von der Welti-Furrer AG 5 Kisten . . . Richtung Herne abgeholt! Gute Reise.»
Am 10. Februar 1955 erhielt Karl Brandt vom Zollamt die Eingangsbestätigung der 5 Kisten mit einem Gesamtgewicht von 167 kg. Nachdem der Nachlass in Herne angekommen war, versuchte der einstige Hauser-Schüler, ihn doch an ein Museum weiterzugeben. Als erstes wandte er sich an den Museumsdirektor Prof. Guyan in Schaffhausen und machte ihn dabei auf die Verdienste des Schweizer Forschers aufmerksam. Doch Prof. Guyan verwies Brandt mit seinem Anliegen an Prof. Dr. E. Vogt, den Vizedirektor des Schweizerischen Landesmuseums in Zürich. Dessen Antwort war gleichfalls negativ, da es sich um Dinge handle, «die nicht-schweizerische Funde betreffen» und das Museum sein «Sammlungsgebiet streng auf die Schweiz beschränkt» habe. Damit blieb der Nachlass weiterhin im Privatbesitz von Karl Brandt. Nach genauer Durchsicht sämtlicher Fotoplatten und Dias stellte dieser resigniert fest, «dass ein grosser Teil» für baldige Veröffentlichungen «nicht zu verwenden sind, dass viele doppelt sind ... Die erhofften wichtigen Platten (Hebung der beiden Skelette sowie deutsche Fundstellen) fehlen auch». Drei Jahre später bekräftigte Brandt nochmals, dass er «mit den Sachen von Vater Hauser» keine Geschäfte gemachte hätte. «Nicht ein Stück, keine Platte und keinen einzigen Stein habe ich abgegeben oder abgeben können! Wohl habe ich mich bemüht, die gesamten (!) Sachen zum Selbstkostenpreis an ein Institut abzugeben, aber es war vergeblich ... Die Sachen habe ich von Ihnen erworben ..., damit Sie irgendwann und irgendwo an massgeblicher Stelle, zur Geltung kommen. Es soll gewissen Leuten nicht gelingen, den Namen Otto Hauser zum Verschwinden zu bringen.»
Um das zu verhindern, verfasste Karl Brandt unter anderem den wichtigen Aufsatz «Zum 60. Entdeckungstag des Neandertalers von Le Moustier» (erschienen in «Bremer Archäologische Blätter», Heft 5). Noch bedeutsamer und grundlegender ist Karl Brandts Veröffentlichung «Otto Hauser - Die Tragik eines Urgeschichtsforschers», 1970 im «Mannus -Neue Folge», Band 1, publiziert. Darin wird Hausers Tätigkeit in Südwestfrankreich zum erstenmal detaillierter dargestellt und erläutert. Im Vorwort heisst es dazu: «Wenn ich gefragt würde, warum ich das Wagnis unternehme, für O. Hauser einzutreten, so müsste ich antworten: ich habe schon frühzeitig das Unrecht gegen ihn erkannt. Aber auch meine Erkenntnis, dass durch die Nichtanerkennung Hausers für die Wissenschaft wertvolle Hinweise verloren gingen, ist für mich ausschlaggebend. Viele seiner wichtigen Ausgrabungsfunde ... brachten wissenschaftliche Fortschritte.»
Nach der Pensionierung Karl Brandts erwarb sein Sohn, Dr. Karl Heinz Brandt, die Fotoplatten, Dias und Verzeichnisse für das Bremer Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte (Pocke-Museum), wo sie sich bis zum heutigen Tag befinden. Dazu kommen noch 240 Steinwerkzeuge sowie einige Knochengeräte, die das Museum 1912 von Otto Hauser käuflich erwarb.
Fünf Artefakte aus Le Moustier, heute im Pocke-Museum in Bremen.

Andere, von Hauser in seinen südwestfranzösichen Stationen (wie La Mico que, den Laugerien, Le Moustier, Combe Capelle) gefundene Artefakte befinden sich in der Privatsammlung von Dr. Karl Heinz Brandt. Weiterhin zählen zu seiner Sammlung Grabungswerkzeuge Hausers (von diesem als Kratzer bezeichnet), die Schlüssel zur Wohnung, zum Museum und zur Garage in Les Eyzies sowie der Briefwechsel zwischen der Hauser-Familie und Karl Brandt − zirka 450 Briefe und Postkarten.
Dr. Karl Heinz Brandt war lange Jahre als Landesarchäologe der Freien Hansestadt Bremen tätig. Unter anderem leitete er die umfangreichen Ausgrabungen im Mittelschiff des Bremer Domes und trat durch zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen hervor. Wie sein Vater hat sich auch Dr. Brandt stets um die Anerkennung von Otto Hausers Leistungen bemüht. Als sich der Schriftsteller und Wissenschaftsjournalist Rudolf Drössler im November 1979 an Dr. Brandt mit der Bitte wandte, ihm bei eigenen Recherchen zu Leben und Werk Otto Hausers zu unterstützen, sagte der Landesarchäologe sofort zu. Er sah für Drössler, der sich (1934 geboren) schon seit seiner Jugend mit Otto Hauser beschäftigt hatte, den erwähnten Briefwechsel durch und liess eine Reihe von Kopien anfertigen. Im Sepember 1981 konnte Rudolf Drössler aus der damaligen DDR nach Bremen und zu Dr. Brandt fahren, als dessen Gast er den gesamten Nachlass studieren sowie von zahlreichen Fotoplatten Abzüge anfertigen lassen durfte.
Die von Otto Hauser herausgegebene Postkarte zeigt den Schädel des Homo Mousteriensis.
Eine entscheidende Entdeckung war dabei der fotografische Beleg von Hausers Gehbehinderung.
Während vieler Jahre hat Rudolf Drössler in Zeitz ein grosses Hauser-Archiv geschaffen, das nunmehr aus mehreren tausend Objekten besteht. Es umfasst von Hauser publizierte Bücher und Broschüren, von diesem herausgegebene Postkarten über Fundstätten und Funde (zum Teil mit Texten an bestimmte Empfänger versehen) Artikel von und über Otto Hauser in Zeitungen und Zeitschriften, Originalbriefe (hand- und maschinenschriftlich), zahlreiche Kopien bzw. Abschriften aus der Korrespondenz Hausers mit anderen Fachgelehrten und interessierten Laien (aus vielen Museen und anderen Institutionen zusammengetragen).
Eine ganz wesentliche Bereicherung des Archivs bedeuteten rund 1500 Kopien (meistens im Format DIN A 2), die für Rudolf Drössler nach dessen Studienaufenthalt im Sommer 1987 im Museum für Ur- und Frühgeschichte (Schloss Charlottenburg) dank freundlicher Hilfe durch die Museumsleitung und Dr. Burger Wanzek bereitgestellt wurden. Diese ausserordentlich wichtigen Akten betreffen die Geldsammlung für die von Hauser entdeckten Skelette des Neandertaler-Jünglings von Le Moustier und des Mannes von Combe Capelle (eines frühen Vertreters des eigentlichen Homo sapiens), die Vorgänge um den Kauf der beiden Skelette, die archäologischen Forschungen von Carl Schuchhardt, Fritz Wiegers und Max Hilzheimer in Hausers südwestfranzösischen Fundstätten im Jahre 1912, die internationalen Verwicklungen wegen des von Carl Schuchhardt für das Berliner Museum für Völkerkunde erworbenen Frauenreliefs aus dem Abri Laussel (bei denen auch Hauser, obwohl unschuldig, tangiert wurde) sowie einen umfangreichen Briefwechsel.
Auch aus der Schweiz wurde Rudolf Drössler bei seiner Arbeit an der Hauser-Biographie und der Vervollständigung des Archivs vielfältige Unterstützung zuteil. Zu erwähnen sind hier vor allem Frau Maria Sonntag in Basel sowie die Herren Friedrich Hauser (Otto Hausers vierter Sohn, 1983 verstorben), dessen Sohn Clemens Hauser (jetzt wohnhaft in Zug), Heinz Bächler (in Engelburg, Sohn des bekannten Archäologen Emil Bächler, mit dem Hauser eine zeitlang enger verbunden war), Peter Schwab (in Dübendorf), Rene Burgauer (in Tanny), Peter Ziegler (in Wädenswil), Prof. Dr. Roland Bay (in Orselina), Dr. Josef Speck (in Zug) sowie Prof. Dr. Hans-Georg Bandi (in Bern). Prof. Bandi war es auch, der Rudolf Drössler für den Februar 1988 einen Vortrag über Otto Hauser vor dem Berner Zirkel für Ur- und Frühgeschichte vermittelte. Während seiner Schweizer Reise hielt Drössler auf Einladung Peter Zieglers ebenfalls einen Vortrag über Hauser anlässlich der Generalversammlung des Pestalozzi-Vereins in Wädenswil. Gemeinsam mit Clemens Hauser besuchte er das Ausgrabungsgebiet von dessen Grossvater im ehemaligen Römerlager Vindonissa und das Vindonissa-Museum in Brugg. Sein Leiter, Christian Holliger, vermittelte ihm grosszügig Kopien von Akten und Briefen, die die Ausgrabungen Otto Hausers in Vindonissa zum Inhalt haben. Von Clemens Hauser erhielt Rudolf Drössler später einige von seinem Grossvater in Frankreich gefundene Feuersteingeräte sowie ein wertvolle Nachbildung der in Vindonissa entdeckten silbernen Schöpfkelle.
Seit Anfang der 1980er Jahre wirkte die Verfasserin dieses Aufsatzes bei der Vervollständigung, Zusammenstellung, Ordnung und Archivierung der Hauser-Materialien mit und wird das weiterhin tun.
Dazu diente unter anderem eine Reise nach Bremen im September 1990. Wiederum ermöglichten Dr. Karl Heinz Brandt und seine Gattin das vertiefte Studium des Hauser-Nachlasses sowie eine Fahrt in das Roselius-Museum in Worpswede, in dem Funde des Schweizer Archäologen aus Südwestfrankreich ausgestellt sind. In diesem Jahr wird in der Ethnographisch-Archäologischen Zeitschrift (Berlin) ein Artikel von Rudolf Drössler und der Verfasserin über «Die Forschungsreise von Carl Schuchhardt, Fritz Wiegers und Max Hilzheimer im Jahre 1912 nach Südwestfrankreich» erscheinen. Zu erwähnen ist noch, dass der Senat von Berlin am 25. September 1990 das Urnengrab Hausers auf dem Friedhof Berlin-Wilmersdorf als Ehrengrabstätte anerkannt hat − eine späte verdiente Würdigung des berühmten Wädenswiler Bürgers. (Darüber berichtete Peter Ziegler bereits im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» vom 14. November 1990.)
Gerade in der Schweiz ist zur Aufhellung der Jugendjahre Otto Hausers und dessen ersten Grabungen noch viel zu tun. So müsste zum Beispiel Hausers Verhältnis zu dem bekannten Pfahlbauforscher Jakob Messikommer und dessen Sohn Heinrich genauer untersucht werden. Wichtig wäre ausserdem die Einsicht in Prozessakten von Gerichtsverfahren Hausers gegen seinen Bankier Zündel und Co. in Schaffhausen sowie ein Studium des Nachlasses von Dr. Jakob Nüesch, dem Ausgräber vom Schweizersbild, mit dem Hauser in Verbindung stand.

Grabstätte Otto Hausers auf dem Friedhof Berlin-Wilmersdorf.

Brief mit Briefkopf und Unterschrift von 5. Juni 1927.

Das Hauser-Archiv in Zeitz steht allen Interessenten offen. Es ermöglicht bemerkenswerte Einblicke in einen bedeutsamen Zeitraum archäologischer Forschungsgeschichte und wirft zugleich Schlaglichter auf entscheidende gesellschaftlich-politische Ereignisse. Im Archiv befinden sich, um nur einige wenige Beispiel zu nennen, Akten, die das deutsche Kaiserhaus, damalige Minister und andere prominente Persönlichkeiten betreffen. Allerdings gibt es auch noch schmerzliche Lücken, etwa Material aus dem Nachlass von Prof. Dr. Hermann Klaatsch (Breslau). Mit diesem Anthropologen und Völkerkundler war Otto Hauser befreundet; was aus den Hinterlassenschaften Klaatschs geworden ist, konnte bisher nicht festgestellt werden. Zu klären ist ebenfalls, in welchen Museen, Universitäts- und Privatsammlungen noch alles Hauser-Funde erhalten blieben. Mitteilungen über Hauser-Materialien und Angebote für das Hauser-Archiv sind daher dringend erwünscht.



Manuela Freyberg