Walter (Wadi) Höhn-Hottinger

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2010 von Peter Weiss
 

LANDWIRT – POLITIKER – STADTPRÄSIDENT

Während 32 Jahren hat sich Wadi Höhn für das Gemeinwesen Wädenswils eingesetzt, Verantwortung übernommen und der Öffentlichkeit gedient. Er tat dies aus frohem Herzen, liebte die Menschen in ihrer bunten Vielfalt und verstand es, in seiner offenen und zugänglichen Art zwischen den unterschiedlichsten Meinungen Brücken zu bauen und einvernehmlich gute Lösungen zu finden. Wer war dieser Mann?

HERKOMMEN

Über das Heimwesen, auf dem Wadi Höhn aufgewachsen ist, lesen wir im Staatsarchiv Zürich: «Am 13. August 1798 verkaufen Schulmeister Heinrich Sträuli sel. Erben am untern Ort auf freier Gant dem Rudolf Höhn aus der Spreurmüli (Hirzel): Eine Behausung, sei der untere Teil, item ein Trotthaus samt der Trotten und Birnenmüli darin, den vierten oberen und hinteren Teil an einer Scheune, item Garten, Ausgelände und Matten, zirka 2 Jucharten gross, zu Naglikon genannt und gelegen. Preis: 2186 Gulden. Zum Kauf gehört u. a. der Weiberkirchenort Nr. 120.»
Der Enkel des Käufers, Konrad Höhn, stellte 1859 den Antrag, er und seine Familie möge ins Bürgerrecht der Gemeinde Wädenswil aufgenommen werden, verstarb aber am 21. Juni desselben Jahres. Das Geschäft lief unter seinem Namen weiter und galt nun für seine Nachkommen. Der Einkauf der Familie Höhn aus der Gemeinde Hirzel wurde am 4. Dezember 1859 vollzogen.
Das Wohnhaus im Unterort wurde im Laufe des 19. Jahrhunderts unter mehrere Besitzer aufgeteilt, zuerst unter zwei, ab 1843 bis Ende des Jahrhunderts jeweils unter drei. Die Besitzverhältnisse lauten zum Beispiel für 1853: Hans Konrad Höhn 3/6 Wohnhaus; Hans Jakob Gattiker 2/6 Wohnhaus und Schopf; Heinrich Steffan 1/6 Wohnhaus. Erst um die Jahrhundertwende gelang es der Familie Höhn, die ganze Liegenschaft in Besitz zu nehmen.

Wadi Höhn Elternhaus im Unterort, um 1910.

Am 24. Januar 1927 erblickte Wadi Höhn das Licht der Welt. Er war das erste Kind seiner Eltern Gustav und Clara Höhn-Streuli und wuchs zusammen mit der jüngeren Schwester Margrit und dem Bruder Heini auf dem Heimwesen im Unterort auf. Zur Familie gehörten auch noch Grossvater und Grossmutter. Onkel und Tanten gingen im Unterort aus und ein, halfen im Heuet und bei der Obsternte, und am Sonntag traf sich die Grossfamilie regelmässig im Unterort. Dann wurde gejasst, diskutiert und politisiert, war doch Wadis Vater Mitglied des Wädenswiler Gemeinderates, der damaligen Exekutive, und zuständig für das Vormundschafts- und Armenwesen. Grosszügig wurde aufgetischt, lustig sei’s jeweils zu- und hergegangen und «ei Läptig gsii». Wadi und seine Geschwister erlebten eine glückliche Jugendzeit. Neben der Arbeit, zu der sie früh angehalten wurden, genossen sie auch zahlreiche Freiheiten.
 

SCHUL- UND JUGENDZEIT

Wadi Höhn besuchte die Primarschule im Schulhaus Ort bei Fräulein Böschenstein und Herrn Hiestand, anschliessend drei Jahre die Sekundarschule in Wädenswil. Er war ein interessierter und aufgeweckter Schüler.
In seiner Freizeit wirkte er engagiert im Kadettenkorps Wädenswil mit. Orientierungsläufe, Schiessübungen, Funken, Tages- und Nachtmärsche waren für die jungen Burschen eine ideale Vorbereitung für den späteren Militärdienst. Gleichzeitig erlebten sie echte Kameradschaft.
Nach der Schulzeit zog Wadi Höhn für ein Jahr nach Colombier in der Nähe von Neuenburg auf einen Gutsbetrieb, einerseits um sich in der französischen Sprache weiterzubilden, andererseits um sich in den Beruf als Landwirt einzuarbeiten. Von morgen früh bis abends spät wurde er aufs Äusserste gefordert und beansprucht. Seine Unterkunft war eine alte Knechtekammer draussen in der Scheune, die nicht beheizt werden konnte, in der er im Winter oft fror.

ALS ANGEHENDER LANDWIRT AUF DEM ERLTERLICHEN HOF

Zurück aus dem Welschland betreute Wadi zusammen mit seinem Vater den Bauernhof im Unterort. Sieben bis acht Kühe gehörten zum Heimwesen, dazu vor allem verschiedene Obstanlagen. Wadi Höhn besuchte während zweier Winter die Landwirtschaftliche Schule in Wädenswil, liess sich als Baumwärter ausbilden und gab sein Wissen in Kursen weiter. Eng arbeiteten er und sein Vater mit der damaligen Obst- und Weinfachschule Wädenswil zusammen, bauten neue Apfelsorten an, pflanzten im Längenberg auf dem Mergel, den die Grubenarbeiter seinerzeit aus dem Kohlebergwerk gekarrt hatten, an die hundert Pfirsichbäume und versuchten sich in verschiedenen neuen Anbaumethoden.
Vom Frühsommer bis in den Spätherbst hinein konnten sie stets eigene Früchte ernten: Kirschen, gelbe Pflaumen, Julibirnen, Pfirsiche, Zwetschgen und verschiedene Sorten Äpfel.
Schon als Dreissigjähriger leitete Wadi Höhn die Obstmesse in Wädenswil, an der die Bauern jedes Jahr ihre Früchte ausstellten und feil boten.
Wadis Vater liess am Wohnhaus im Unterort folgenden Spruch anbringen:
«Lasset uns am Alten, so es gut ist halten;
aber auf dem alten Grund, Neues wirken jede Stund.»
Diese Haltung und Einstellung prägte ihre Arbeit als Landwirte, kam aber auch im späteren vielseitigen Wirken von Wadi Höhn immer wieder zur Geltung.

MILITÄR UND KAVALLERIE

Im Winter 1947 trat Wadi Höhn in die Kavallerie-Rekrutenschule Aarau ein und erhielt am Ende den Vorschlag für die Unteroffiziersschule. Im Sommer desselben Jahres besuchte er die Unteroffiziersschule und verdiente seinen Grad als Korporal ab. Von März bis Juni 1948 war er in Thun in der Offiziersschule, um anschliessend seinen Leutnantsgrad in der Sommer- RS der Kavallerieschulen Aarau abzuverdienen. Ein Zug von dreissig jungen Kavalleristen wurde ihm und seinem Freund Adi Meier, dem späteren Oberst der Kavallerie, mit dem er in Aarau das Zimmer teilte, je anvertraut. Die beiden beschlossen, anständige und stramme Vorgesetzte zu sein, was ihnen auch gelungen ist. Wadi Höhn war ein begeisterter und fröhlicher Kavallerieoffizier, ein Draufgänger, der jedes Hindernis anritt. Dank seiner Fröhlichkeit, seiner Art, in jedem Menschen zuerst das Gute zu sehen, und dank seines gesunden Urteilsvermögens war er bei seinen Leuten sehr beliebt. Er gehörte zur Schwadron 24, die aus Kavalleristen vom linken Zürichseeufer, vom Knonaueramt, vom Kanton Schwyz, dem Luzerner Seetal sowie von Ob- und Nidwalden bestand und beschloss seinen Dienst als Oberleutnant.
Mit seinem Pferd «Celebes» bestritt Wadi Höhn auch internationale Concours in Zürich oder St. Moritz mit recht gutem Erfolg. Tödlich beleidigt aber war er, als ein welscher Kommandant seinen Eidgenoss einmal als «Güllenwagenpferd» bezeichnete.

Wadi Höhn auf «Celebes» an einer Springkonkurrenz.

Wadi Höhn wurde Mitglied des Kavallerievereins Wädenswil und trat der Offiziersgesellschaft bei, erteilte Reitkurse und nahm an mancher lokalen Springkonkurrenz teil. Auch seinen Bruder Heini führte er in die Kunst des Reitens ein. In einem schneereichen Winter habe sich Wadi auf sein Pferd geschwungen, seinem Bruder befohlen, die Skier anzuschnallen, ihm ein Seil in die Hand gedrückt und ihn im Galopp übers Feld gezogen, sodass die Schneeklumpen der Pferdehufe Heini nur so um die Ohren geflogen seien.

HEIRAT UND FAMILIE

Nachdem sich Wadi Höhn mit der Bauerstochter Susanne Hottinger aus dem Oedischwänd 1951 verlobt hatte, wurde die Hochzeit im kommenden Jahr am 29. April in der reformierten Kirche Wädenswil gefeiert. Diese Hochzeit war auch für die Bevölkerung Wädenswils ein überaus eindrückliches und unvergessliches Ereignis: Die Leute standen beidseits der Strasse Spalier, voraus ritt eine Gruppe Kavalleristen hoch zu Ross, es folgte die Hochzeitskutsche mit dem Brautpaar, gezogen von zwei prächtigen Schimmeln, anschliessend folgte eine Kutsche nach der andern, dazwischen Reiter.

Hochzeit von Susanne und Wadi Höhn-Hottinger am 29. April 1952.

Nach der Hochzeit zog das Paar in Wadis Elternhaus im Unterort. Der einzige Raum, in dem sie für sich allein sein konnten, war das Eheschlafzimmer. In der Küche führten Grossmutter Berta und Schwiegermutter Klärli das Szepter. Es war für die junge Braut nicht einfach, in diesem Haushalt ihren Platz finden zu können.
1953 wurde ihnen Sohn Walter geschenkt, ein Jahr später Tochter Susanne und 1961 stiess noch Tochter Monika zur Familie. Wadi und Susanne begleiteten ihre Kinder mit viel Liebe und Vertrauen auf ihrem Weg ins Leben, sodass alle drei zu selbständigen, lebenstüchtigen und frohmütigen Menschen heranwuchsen, eigene Familien gründeten und das, was sie an Gutem und Wertvollem aus ihrem Elternhaus mitbekamen, weitergeben konnten.

HEIMWESEN OEDISCHWÄND UND GULMENHOF

1961 ist der Bruder von Susanne, Jakob Emil Hottinger, der das elterliche Heimwesen im Oedischwänd bewirtschaftete, infolge eines Krebsgeschwürs am Herzen im Alter von nicht einmal dreissig Jahren gestorben. Er und seine Gattin hatten bereits ein Mädchen, mit einem zweiten Kind war seine Frau in Erwartung. Da das zweite Kind kein Knabe war, der das Heimwesen einmal hätte übernehmen und weiterführen können, entschied man sich, dass Susanne diesen Hof übernehme und zusammen mit Wadi betreue.
Das Heimwesen im Unterort war ohnehin zu klein, als dass es einer Familie auf längere Sicht eine sichere Existenz geboten hätte.
Anfangs der Sechzigerjahre wurde die Autobahn gebaut, die das Heimwesen Oedischwänd mitten entzwei schnitt. Wadi und Susanne entschieden sich, unterhalb der Autobahn ein neues Heimwesen zu erbauen, den Gulmenhof. Sie liessen an einem der schönsten Aussichtspunkte Wädenswils ein prächtiges Wohnhaus, einen modernen Stall und eine grosse Scheune errichten.
1965 zog die Familie Höhn im Gulmenhof ein und die Kinder, die bis anhin im Schulhaus Ort zur Schule gingen, besuchten von nun an den Unterricht im Schulhaus Stocken.
Auch auf dem Gulmenhof pflanzte Wadi Höhn eine Obstanlage. Daneben befasste er sich intensiv mit der Viehzucht, war Mitglied der Braunviehzuchtgenossenschaft und hielt eigene Stiere. Er war einer der ersten Landwirte Wädenswils, die Mais anpflanzten.
1966, nach der Prüfung als Meisterlandwirt und der Begutachtung seines Betriebes durch Experten, erhielt er die Bewilligung, auf seinem Hof Lehrlinge auszubilden. Mancher Jungbauer erhielt bei ihm das nötige Rüstzeug für seinen späteren Beruf. Die Burschen waren gerne im Gulmenhof, wurden sie doch herzlich aufgenommen und gehörten selbstverständlich zur Familie. Auch brachte ihnen Wadi jeweils draussen im Stallgang mit Hilfe eines Besenstils das Tanzen bei.

Wadi Höhn, der Obstbauer.

Überglücklich waren Wadi und Susanne Höhn, dass sich ihr Sohn Walter ebenfalls zum Meisterlandwirt ausbilden liess, Freude am Beruf zeigte und bereit war, das wundervolle Heimwesen weiterzuführen.

POLITISCHE TÄTIGKEIT

Schon in jungen Jahren ist Wadi Höhn der Bauern-, Gewerbe und Bürgerpartei (BGB), der Vorgängerin der heutigen SVP, beigetreten und hat verschiedene Funktionen wie auch das Präsidium übernommen.
1962 wurde er in die Rechnungsprüfungskommission der Gemeinde Wädenswil gewählt, vier Jahre später übernahm er das Präsidium. 1970 wurde er Mitglied des 5 Gemeinderates, der damaligen Exekutive, und betreute das Polizei- und Wehrwesen. 1974 wurde er Stadtrat und war zwölf Jahre als Bauvorstand tätig – in der Zeit des Baubooms eine oft mühsame und undankbare Aufgabe, die ihm manch schwierigen Entscheid abverlangte. Ab 1978 war er Vizepräsident des Stadtrates und 1986 erkoren ihn die Wädenswilerinnen und Wädenswiler zu ihrem Stadtpräsidenten. Zwei Amtsdauern bis 1994 versah er dieses Amt mit grossem Engagement und viel Freude.
Was man an Wadi Höhn’s Art zu schätzen wusste, war sein grosses Wohlwollen, das er einem entgegenbrachte. Man spürte: Er liebte die Menschen, hörte ihnen gerne zu, versuchte sie zu verstehen und konnte auch andere Meinungen als die seine gelten lassen. Streit war ihm zuwider. Er suchte das direkte Gespräch, konnte über Parteigrenzen hinweg vermitteln und setzte alles daran, Probleme einvernehmlich zu lösen.
In einem Interview des Jahres 1993 sagte er: «Ich bin ein Mann der Mitte. Das ist ganz wichtig, das ist fast eine Leidenschaft. Das Leben ist viel zu differenziert, als dass man einfach holzschnittartig Schwarz-Weiss-Malerei betreiben kann.» Auf die Frage des Journalisten: «Wollen Sie Konfrontationen ausweichen?», gab er zur Antwort: «Sicher nicht. Ich kann mich sehr hartnäckig für etwas einsetzen. Aber sehen Sie: Im Militär bei den Dragonern wurde ich zum „Mann der Mitte“ bestimmt. Auf den Pferden musste man sich nämlich nach der Mitte ausrichten. Und so ist es heute noch, das ist mir geblieben. Nochmals: Ich bin ein Mann der Mitte.»
So war es ihm ein Anliegen, als Stadtpräsident für alle ein offenes Ohr zu haben. Sich selber bezeichnete er einmal als Ombudsmann von Wädenswil. Dank seinem fröhlichen Gemüt und seiner Offenheit genoss er in der Bevölkerung grosses Vertrauen und in den Behörden, in denen er tätig war, rang man trotz verschiedener Parteizugehörigkeit um sachliche Entscheide und konnte dabei zu Freunden werden.

Wadi Höhn bei einem Interview anlässlich seiner Wahl zum Stadtpräsidenten, 1986.

Stadtpräsident Wadi Höhn in seinem Büro im Stadthaus.

ANDERE AUFGABEN

Seit 1977 war Wadi Höhn während zwanzig Jahren Präsident der Obst- und Weinbaugenossenschaft Wädenswil (OWG), die Obst und Trauben verwertete und die veredelten Produkte weiterverkaufte. Diese Genossenschaft erlebte Höhen und Tiefen, kam aber recht gut über die Runden, bis sie nach der Präsidialzeit von Wadi Höhn wegen zu riskanten Finanzgebahrens liquidiert werden musste. Dass viele Bauersleute und gute Freunde Wadis wegen der Solidarhaftung der einzelnen Mitglieder Geld verloren, setze ihm mehr zu als man ihm äusserlich anzumerken vermochte.
Auch für das «Wädibrauhaus», das in der Alten Fabrik gegründet und eingerichtet worden ist, wählte man Wadi Höhn als ersten Verwaltungsratspräsidenten.
In der Gemeindepräsidentenkonferenz des Bezirkes Horgen stellte er sich auch für besondere Aufgaben zur Verfügung. Ein eigentlicher Höhepunkt war das unvergessliche Fest «700 Jahre Eidgenossenschaft», das die Bezirksgemeinden gemeinsam auf der Halbinsel Au feierten. Wadi Höhn leitete die Vorbereitungen und Durchführung als umsichtiger und engagierter Präsident des Organisationskomitees.
Das bekannte Wort: «Im Rücken bedeutender Männern steht meistens eine starke Frau» trifft auch für Wadi Höhn zu. Susanne war ihm eine überaus wichtige Stütze, eine kluge und verständnisvolle Partnerin mit einem gesunden Urteil und einer grossen inneren Kraft. Auf sie konnte er sich jederzeit voll und ganz verlassen und Schwieriges mit ihr besprechen. Ihre Meinung und ihr Rat bedeuteten ihm viel.

BARBARAZUNFT, ROTARY CLUB UND MÄNNERTURNVEREIN

Im Nachgang zum Salutschiessen mit der 7,5 cm Feldkanone, die Schaaggi Bohli im Jahr zuvor anlässlich des Festes «700 Jahre Wädenswil» im Zeughaus Meiringen käuflich erworben hatte, wurde am 16. Juli 1988 in der Stube auf dem Gulmenhof die Barbarazunft gegründet. Seit der Gründung besammeln sich die Zünfter jedes Jahr am Barbaratag (4. Dezember) auf dem Gulmenhof zum Salutschiessen, geniessen den von der Familie Höhn spendierten Apéro und ziehen anschliessend in ihr Zunftlokal, zu einem «Spatz aus der Gamelle». Und dann wird musiziert und gesungen: «Die Nacht ist ohne Ende», «Die blauen Dragoner», «Hoch auf dem gelben Wagen» und natürlich das «Seebuebelied». Sinn und Zweck dieser Zunft ist die Pflege von Kameradschaft und Geselligkeit. Wie sehr war doch Wadi Höhn an diesen Zusammenkünften in seinem Element!
Seit dem Jahre 1971 gehörte Wadi Höhn als Vertreter der Landwirtschaft dem Rotary Club Au am Zürichsee an. Er schätzte den Gedankenaustausch mit Verantwortungsträgern aus den verschiedenen Berufsgattungen sehr und fand dort auch gute Freunde.
Als er nicht mehr so stark belastet und beansprucht war, trat Wadi Höhn dem Männerturnverein bei und wurde zum Kantonalen Turnveteranen ernannt.

Wadi Höhn, Divisionär Ulrico Hess und Christoph Blocher, anlässlich des SVP Schiessens auf der Beichlen, Herbst 1993.

REISEN UND ENKELKINDER

In der spärlichen Freizeit, die Wadi Höhn blieb, ging er gerne mit seiner Familie Skifahren oder zusammen mit seiner Frau Susanne und guten Freunden auf Reisen, so nach Schweden, Italien, Zypern, Kanada und in die Arktis. Dreimal besuchten sie ihre Tochter Monika und Familie in Amerika, das letzte Mal in Begleitung eines Enkelkindes.
Zu seinen Enkelkindern – zehn an der Zahl – hatte Wadi Höhn eine herzliche Beziehung. «Er hed eim eifach e soo gnaa, wie mer gsii isch». «Immer wider hed er gseid: Das isch guet, wie’s du machsch» oder: «Du bisch en guete Mäntsch.»
Solche Worte der Anerkennung und Aufmunterung zeigten ihnen, wie lieb sie ihm waren und taten ihnen wohl.

Susanne und Wadi Höhn.

BEHEIMATUNG IM CHRISTLICHEN GLAUBEN

Wadi Höhn wusste, wie wichtig und wertvoll Glaube und Vertrauen im Leben sind. Er hatte in unserer Kirche seinen Platz auf der Empore gegen die Schönenbergstrasse und nahm an manchem Gottesdienst teil. Es war ihm eine Freude, zu singen und Gott zu loben. Doch wehe dem Pfarrer, der nur neue und unbekannte Lieder ausgewählt hatte, die Wadi nicht kannte, der bekam nachher von ihm etwas zu hören!
Sein Glaube wurde auch gestärkt durch das tägliche Gebet. Einem Journalisten gegenüber bekannte er frei und offen, er bete jeden Tag. Adi Meier erzählte mir, wie Wadi und er, in der Zeit als sie in der Kaserne Aarau den Leutnant abverdienten und das Zimmer miteinander teilten, «auf verschiedenen Kanälen mit dem Herrgott verkehrt hätten»: Er ein treuer Katholik, Wadi ein überzeugter Protestant. Sie hätten jeweils über Gott und die Welt diskutiert, gesungen – auch Kirchenlieder – und hätten miteinander gebetet.

Wadi Höhn, Oberleutnant der Kavallerie, mit seinem Freund aus der Offiziersschule: Adi Meier; Oberst der Kavallerie (rechts).

Ich kann mich auch erinnern, wie Wadi Höhn mir nach einem Gottesdienst sagte: «Das isch ja ales schöön und rächt, was iir Pfäärer e so verzeled, aber s Wichtigschti im Läbe isch und bliibt halt d Liebi.»
An einer Jungbürgerfeier legte er den jungen Staatsbürgern das Vertrauen inständig ans Herz. Mehrmals sagte er: «Werfet das Vertrauen nicht weg, denn es trägt reichen Lohn in sich!»
Die Liebe und das Vertrauen zu Gott, zum Leben und zu den Mitmenschen waren wohl das innerste Geheimnis seines Wesens und die Quelle seines vielfältigen Wirkens.

ALTERN

Als ein Journalist Wadi Höhn im Jahre 1994 fragte: «Machen Sie sich manchmal Gedanken über das Altern?», gab er ihm zur Antwort: «Das Altern kann natürlich ein Problem werden, das habe ich bei meiner Mutter erleben müssen.»
Wer hätte damals gedacht, dass sein Leben einmal einen ähnlichen Verlauf nehmen könnte wie das seiner Mutter. Vor etwa sechs Jahren zeigten sich bei ihm erstmals gewisse Gedächtnislücken. Seine Jasskollegen mussten feststellen, dass Wadi, der ein überaus begeisterter und brillanter Jasser war, Fehler zu machen begann.
Er selbst merkte auch, dass mit ihm manchmal etwas nicht in Ordnung war und sagte einmal, er glaube, es gehe ihm wie seiner Mutter.
So begann ein jahrelanger Weg des Abschiednehmens und des allmählichen Verlöschens. Treu und regelmässig besuchte ihn seine Gattin Susanne im Altersheim Stollenweid in Schönenberg und im Krankenheim Frohmatt in Wädenswil und liess ihn spüren, wie lieb sie ihn hatte. Familienmitglieder und gute Freunde waren oft bei ihm und gaben ihm durch ihre Anwesenheit, durch einen Händedruck, ein gutes Wort oder mit einem Lied zu verstehen, dass er nicht allein sei und nach wie vor zu ihnen gehöre.
Am 3. August 2009 wurde Wadi Höhn im 83. Lebensjahr heimgerufen.

WADI HöHN – EIN TYPISCHER «SEEBUEB»

Wie Wadi Höhn mit voller Kraft im Leben stand, sich für die Gemeinschaft seiner Familie, zum Wohl der Stadt Wädenswil und darüber hinaus für viele Menschen eingesetzt und Gutes gewirkt hat, verdient unsere Anerkennung und unseren Dank.
In einem Interview sagte er einmal: «Ich bin ein typischer „Seebueb“. Die leben von Thalwil an aufwärts. „Seebuebe“ sind unternehmungslustige, etwas raue und volksverbundene Leute.»

Wadi Höhn und Ernst Hitz singen das «Seebuebe»-Lied.

Wer möchte diese Selbsteinschätzung von Wadi bezweifeln? Wer ihn je einmal gesehen hat, wie er auf einen Stuhl stieg, das «Seebuebe»- Lied anstimmte und mit seinen Fäusten dirigierte, der konnte nicht anders, als mit in dieses Lied einstimmen:
 
«Juhee, di luschtige Buebe sind do,
die Buebe vom Züri-See.
Gang s Ländli uuf, gang s Ländli ab,
so Kärli findsch nume am See.
Händ immer en gsunde und frooe Muet,
und wänn s grad Chatze hagle tuet.
Hali – halo: d Seebuebe sind doo.
Jä – soo!»



Peter Weiss