Die Jugendkommission Wädenswil

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2011 von Loretta Seglias
Plakate für den Tag der Kinderrechte am 20. November 2010.
 
«Ein offenes Ohr für junge Bedürfnisse» hiess der erste Artikel zur Jugendkommission im Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2002. Unter demselben Motto stand die bis jetzt letzte Veranstaltung dieses Gremiums am Tag der Kinderrechte vom 20. November 2010.
Als beratende Kommission des Stadtrates wurde die Jugendkommission im Jahr 1994 eingesetzt. Ziel war und ist es, anstehende Herausforderungen und Bedürfnisse der Wädenswiler Jugend zu thematisieren und gegebenenfalls konkrete Vorschläge zuhanden des Stadtrates auszuarbeiten.
Die Jugendkommission besteht aus maximal neun Mitgliedern. Aktuell (September 2011) setzt sie sich wie folgt zusammen: Johannes Zollinger (Stadtrat Schule und Jugend), Michael Bänninger (Jugendkoordinator), Urs Aellig (Oberstufenschule), Sarah Mantel (Einwohnerin), Loretta Seglias (Einwohnerin), Ursula Disteli (katholische Kirche). Vakant sind das Präsidium sowie die Vertretung der reformierten Kirche und der IG Wädenswiler Sportvereine.
Neben der beratenden Funktion hat die Jugendkommission bis 2008 auch operative Aufgaben übernommen, so beispielsweise die Vergabe von Bandräumen, die Mitarbeit beim Aufbau des Clubs Industrie oder die Organisation einer Fachtagung zum Thema «Jugend und Gewalt» im Jahr 2002.
Im Folgenden sollen einige Beispiele beschrieben werden, welche die Jugendkommission initiierte, begleitete oder unterstützte. Sie sollen Einblick geben in die Arbeit der Jugendkommission sowie deren Veränderung in den vergangenen knapp 10 Jahren.
 

VON «MITENAND» ZUR ARBEITSGRUPPE PRÄVENTION

Auf Wunsch des Stadtrates ergänzte die JUKO ihre Jahresziele für 2002 und 2003 mit dem Schwerpunkt der Gewaltprävention. Mit der Halbinsel-Au-Tagung vom 20. November 2002 wurden Vertreterinnen und Vertreter aller Jugendgruppierungen zur Diskussion und Zusammenarbeit unter dem Motto: «Jugend und Gewalt» zu einer ganztägigen Fachtagung eingeladen. Begleitet wurde diese durch externe Expertinnen und Experten. Der Einladung folgten 42 Personen. Die rege Teilnahme führte zur Gründung einer sogenannten Steuergruppe, die in der Folge mit verschiedenen Projekten auf sich aufmerksam machte, so zum Beispiel mit einem Plakatwettbewerb für Schülerinnen und Schüler. Weitere Aktionen folgten zum Tag des Kindes oder anlässlich der Projektwoche im Schulhaus Stocken.
Die Steuergruppe gab sich, auf Anregung der Jugendkommission, den Namen «mitenand».
In den folgenden Jahren entstanden aus dieser Gruppe heraus verschiedene Projekte, so beispielsweise die Alkoholprävention «flash» zum Jugendschutz an Festanlässen oder das Midnight Basketball, die 2005 erstmals durchgeführt wurden. Im selben Jahr wurde für Lehrkräfte, Jugendarbeit und Polizei zudem ein Mediationskurs angeboten, an dem 16 Personen teilnahmen.
Unter dem Namen «Arbeitsgruppe Prävention» wird die hier begonnene Arbeit bis heute fortgesetzt. Die Gruppe wurde personell erweitert, so nehmen heute beispielsweise auch Vertreter der Stadtpolizei an den Sitzungen teil. Auch die Jugendkommission ist weiterhin in dieser Arbeitsgruppe vertreten.
Neben der personellen Erweiterung fand in den vergangenen Jahren eine Ausdehnung des Aufgabenbereiches statt. Weiterhin liegt der Fokus in der Arbeitsgruppe Prävention bei den Jugendlichen, doch auch weitergehende Themen, welche die gesamte Bevölkerung betreffen, werden unter dem Überbegriff «Prävention» thematisiert. Aktuell sei hier der Projektwettbewerb «Sauberei – wägrüere aber richtig!», ein Ideenwettbewerb zum Thema Littering erwähnt, mit dem sich die Stadt Wädenswil an die gesamte Bevölkerung richtet und der aus der Arbeitsgruppe Prävention, wiederum mit Beteiligung der Jugendkommission, entstanden ist.
 

VON DER «SKATE UNIT» ZUM GÜTERSCHUPPEN

Ein Wunschprojekt von Philipp Kutter, damaliger Präsident der Jugendkommission und heutiger Stadtpräsident, war gemäss seinem Artikel von 2002 die Erstellung einer festen Skateanlage. Bereits seit einigen Jahren wurde versucht, einen Standort dafür zu finden. In der Folge konnten einzelne Skateelemente, beispielsweise auf dem Schulhausareal Untermosen, aufgebaut werden, jedoch immer zeitlich begrenzt. Auch der Versuch, in der Rietliau eine feste Skateanlage einzurichten, scheiterte 2002 am Widerstand der Anwohner.
Seit 2009 besteht eine Indoor-Skateanlage im ehemaligen Güterschuppen des SBB, direkt am Bahnhof und in nächster Nähe zum Jugendkulturhaus Sust. Zuvor waren in den Jahren dazwischen verschiedene Alternativstandorte geprüft worden, doch ohne Erfolg. Um die Skateanlage im Güterschuppen realisieren zu können, war die Mitarbeit und Unterstützung vieler erforderlich. Mitglieder des Jugendparlamentes sammelten Unterschriften und reichten eine entsprechende Petition ein, verschiedene Personen aus Politik und Jugendarbeit setzten sich aktiv bei der Besitzerin für die Bewilligung eines solchen Projektes ein, so dass der lang gehegte Traum einer solchen Anlage an einem zentralen Ort schliesslich möglich wurde. Den Ausbau der Anlage übernahm die Jugendarbeit zusammen mit Jugendlichen und weiteren freiwilligen Helferinnen und Helfern. Der Güterschuppen wird heute erfolgreich von einem Verein betrieben, dessen Gründungsversammlung am 20. Mai 2010 im Jugendkulturhaus Sust stattfand. Die Stadt ist im Vorstand mit Michael Bänninger, dem Jugendkoordinator, vertreten. Der ehemalige Präsident der Jugendkommission und Alt-Gemeinderat Aurel Greter vertrat die Jugendkommission in der Strukturgruppe bis nach der Probephase im August 2010.
 

VON DER OFFENEN JUGENDARBEIT IM JUGENDHAUS «ADLERBURG» ZUR NEUEN NUTZUNG

Neben der privaten, organisierten sowie der städtisch finanzierten, offenen Jugendarbeit hat die Stadt Wädenswil die offene Jugendarbeit im Jugendhaus Adlerburg über viele Jahre hinweg finanziell unterstützt und eine kostengünstige städtische Immobilie zur Verfügung gestellt.
Das Jugendhaus Adlerburg geht auf eine private Initiative des Cevi Wädenswil-Au zurück, welche Jugendlichen «grösstmögliche Freiräume für Experimente und Ideen» bieten wollte. Nach der Eröffnung im Jahr 1990 wurden hier zahlreiche und unterschiedliche Projekte, von Konzerten über Discos und Filme bis hin zu Wohnwochen durchgeführt. Aktiv mitarbeitende Personen des Jugendhauses Adlerburg haben sich zudem in einem eigenen Verein zusammengeschlossen, der alljährlich das Open-Air Festival Arx-en-ciel organisiert.
In den vergangenen Jahren hat ein Generationenwechsel stattgefunden, der sich auch in einer geringeren Nutzung dieses Angebotes, bzw. des Vorhandenseins eines solchen, bemerkbar gemacht hat. Der Stadtrat hat deshalb die Jugendkommission gebeten, die aktuelle Nutzung auszuwerten sowie alternative Konzepte zu erarbeiten. Diese Aufgabe wurde dem Jugendkoordinator, Michael Bänninger, übertragen. Dabei vertrat die Jugendkommission die Meinung, dass die Cevi, die bis dahin Räume in der Adlerburg genutzt hatte, dies auch weiterhin tun kann, aber auch, dass das Haus weiterhin der Jugend zur Verfügung stehen soll. Mit der Sitzung vom 3. August 2011 hat der Stadtrat beschlossen, die Adlerburg einer neuen Nutzung zuzuführen: «Neben der Cevi/Verbandsjugendarbeit wird neu auch das Kindermusical, die Jugendarbeit sowie die Musikschule im Jugendhaus Adlerburg Räume benutzen». Neben der Verbandsjugendarbeit soll auch die offene Jugendarbeit in der Adlerburg weiterhin ihren Platz finden.
 

VOM BEDÜRFNIS NACH KOORDINATION ZUM JUGENDKOORDINATOR

Neben den oben aufgeführten Beispielen offener Jugendarbeit und Projekten mit privaten Initiantinnen und Initianten engagieren sich in Wädenswil weitere Institutionen in der organisierten Jugendarbeit, in Vereinen sowie kirchlichen Jugendangeboten.
Die Koordination der gesamten Jugendarbeit wurde deshalb 2006 auch ein politisches Anliegen. Mit dem Postulat von Giuseppina Spescha (CVP) und Meike Nau Lüber (SP) vom 3. Juli 2006, das eine Koordination der Angebote für Kinder und Jugendliche einschliesslich der familienergänzenden Betreuungsangebote forderte, wurde die Diskussion um ein mögliches neues Gesamtkonzept geführt. Die dazu erstellte externe Expertise erkannte, dass die traditionellen Sozialisationsinstanzen Familie, Schule, Kirche und Vereine durch ein neues Feld erweitert worden waren. Stichworte waren die zunehmende Individualisierung und das Aufbrechen enger Normenrahmen, in denen sich Kinder und Jugendliche bewegten. Neue Erziehungsformen, aber auch das sich wieder verändernde Erwerbsverhalten der Eltern in Anbetracht einer kulturell zunehmend gemischten Gesellschaft sowie der zunehmende Einfluss von Massenmedien, Werbung und Konsumangeboten werden in diesem Bericht besonders hervorgehoben. Sie verlangen nach neuen Angeboten für Kinder und Jugendliche ausserhalb der oben genannten traditionellen Sozialisationsinstanzen.
Dieser Veränderung hatte die Stadt Wädenswil bis dahin bereits Rechnung getragen. Das Team der offenen städtischen Jugendarbeit erhielt mehr Stellenprozente und ein Jugendtreff in der Au wurde schon in den Jahren davor als nötig erkannt und umgesetzt.
Neu sollten nun die verschieden gewachsenen, teils mit unterschiedlichen Motivationen, doch ähnlichen Zielsetzungen vorhandenen Jugendangebote koordiniert werden.
Das diesbezügliche Angebot in der Stadt Wädenswil (2006) umfasst:
Städtische Jugendarbeit, Schulsozialarbeit (Primar- und Oberstufenschule), familienergänzende Angebote (Horte, Mittagstische, Krippen), kirchliche Freizeitangebote, Jugendangebote der Sportvereine und weiterer Verbände.
Die Stadt Wädenswil entschied sich, den Empfehlungen der Expertise nicht zu folgen und keine zentrale Stelle «Kind und Jugend» zu schaffen. Die familienergänzenden Betreuungsangebote werden weiterhin nach Primar- und Oberstufenschule getrennt geführt, dies nicht zuletzt auch, weil die Zusammenführung der beiden Schulen vom Stimmvolk abgelehnt worden war. Eine engere Zusammenarbeit im Bereich der Schulsozialarbeit wurde beschlossen und schliesslich auch die Schaffung der Stelle Leitung Jugend/Jugendkoordination auf den 1. Juli 2008 , der Abteilung Schule und Jugend unterstellt.
Aufgabe des Jugendkoordinators (Stelleninhaber ist Michael Bänninger, der 2010 auf Ivica Petrušić folgte) ist die Koordination der Jugendangebote der Stadt Wädenswil. Neben der Vernetzung von Verwaltung und Politik ist dieser Ansprechperson für weitere Organisationen, die Jugendarbeit in Wädenswil betreiben.
Der Jugendkoordinator koordiniert konkrete Projekte und unterstützt die Jugendkommission administrativ. Auch wenn keine übergreifende Koordinationsstelle wie von den Postulantinnen gefordert, umgesetzt wurde, so ist mit der Schaffung des Jugendkoordinators doch ein wichtiges Mandat zur Koordination und Vernetzung in Verwaltung und Politik entstanden. Der Jugendkoordinator arbeitet zudem weiterhin in der Jugendarbeit und garantiert so den Kontakt zur Basis und deren Anliegen. Die Jugendarbeiterinnen und Jugendarbeiter im Gegenzug können sich durch die Schaffung dieser Stelle ganz auf ihre Arbeit in der offenen Jugendarbeit der Stadt Wädenswil konzentrieren.
In den vergangenen Jahren wuchsen die Qualität der Jugendarbeit sowie das Bewusstsein der Stadt um die Wichtigkeit der Jugendarbeit in Wädenswil.
Für die Jugendkommission brachte diese Neuorganisation eine Entlastung im operativen Bereich. Viele organisatorische und administrative Aufgaben werden nun durch den Jugendkoordinator ausgeführt. Dieser wiederum hat die Möglichkeit, für die Jugendarbeit wichtige Themen in die Jugendkommission zu tragen. Hier kann die Jugendkommission Themen bündeln, Prioritäten setzen und ihre Aufgabe als beratendes Gremium des Stadtrates wahrnehmen.
 

LEITBILD

Im Jahr 2001 verfasste die Jugendkommission ein jugendpolitisches Leitbild zur offenen Jugendarbeit. Dieses wurde 2010 erneut in der Jugendkommission diskutiert, den heutigen Herausforderungen und Bedürfnissen angepasst und vom Stadtrat am 8. November 2010 genehmigt.
Mit dem aktuellen jugendpolitischen Leitbild bekennt sich die Stadt Wädenswil zu einer aktiven Jugendpolitik:
 
Jugendpolitisches Leitbild der Stadt Wädenswil
Jugendliche sind auf ihrem Weg zum erwachsen Werden. Innerhalb dieses Prozesses lernen sie, sich in der Gesellschaft zu orientieren, Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
In Wädenswil leben Jugendliche ganz unterschiedlicher kultureller und sozialer Herkunft. Zunächst bedeutet dies einen menschlichen Reichtum und stellt gleichzeitig eine Herausforderung dar.
Die Stadt Wädenswil anerkennt Jugendliche als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft und nimmt ihre spezifischen Bedürfnisse ernst.
Die Stadt Wädenswil bietet Jugendlichen verschiedene Hilfestellungen, die sie in ihrer jeweiligen Lebenslage nützen können.
Die Stadt Wädenswil fördert Beziehungen unter Jugendlichen verschiedener Herkunft und sozialer Schichten.
Die Stadt Wädenswil engagiert sich für die Gesundheitsförderung und die Sicherheit der Jugendlichen.
Die Stadt Wädenswil gibt den Jugendlichen Gelegenheit, auch in der Freizeit Neues zu schaffen und selber zu gestalten.
Die Stadt Wädenswil schafft Raum für Jugendliche, in welchem sie Kultur schaffen, sich zu Hause fühlen können und wo Teile ihrer eigenen Ideen Gestalt annehmen.
Die Stadt Wädenswil bietet den Jugendlichen die Möglichkeit, ihre Bedürfnisse und Anliegen öffentlich zur Sprache zu bringen und sich an den gesellschaftlichen und politischen Prozessen zu beteiligen.
 
Anlässlich der Veranstaltung zum 20. Jahrestag der Kinderrechte am 20. November 2010 präsentierte die Jugendkommission das neue Leitbild auf dem Gelände des Eidmattschulhauses der Bevölkerung Wädenswils. Unter dem Motto «ein offenes Ohr» wurden Anliegen gesammelt und das Gespräch mit der Bevölkerung gesucht, um so die Arbeit der Jugendkommission sichtbarer zu machen.
Jugendkommission 2011. Von links nach rechts: Loretta Seglias (Einwohnerin), Johannes Zollinger (Stadtrat Schule und Jugend), Michael Bänninger (Jugendkoordinator), Urs Aellig (Oberstufenschule), Heinz Kernwein (reformierte Kirche bis 2011), Ursula Disteli (katholische Kirche) und Sarah Mantel (Einwohnerin).
 
Philipp Kutter äusserte in seinem Artikel: «Ein offenes Ohr für junge Bedürfnisse» im Jahr 2002 drei Hoffnungen für die Jugendarbeit der Zukunft. Es sind dies die Hoffnung auf mehr Gehör für die Anliegen jener Jugendlichen, die nicht in Vereinen oder anderen jugendorientierten Freizeitangeboten organisiert sind (Beispiel Skateanlage), die bessere Vernetzung im Jugendbereich sowie die Berücksichtigung der zunehmenden Mobilität der Jugendlichen.
In allen drei Anliegen sind bis heute grosse Fortschritte erfolgt. Einige Projekte sind umgesetzt; die Sensibilität in Bevölkerung, Politik und Verwaltung für die Anliegen und Bedürfnisse der Jugend sind gestärkt worden. Die Wichtigkeit der Jugendarbeit und aller darin Mitwirkenden für unsere Gesellschaft muss weiterhin Ansporn für einen guten Austausch und eine kooperative Zusammenarbeit aller Beteiligter sein.

Präsidentinnen und Präsidenten der Jugendkommission:
 
1995–1998:   Felicitas Taddei
1998–2005:   Philipp Kutter
2006–2007:   Simon Kägi
2007–2011:   Aurel Greter





Loretta Seglias


Quellen:

Protokolle der Jugendkommission 2000 bis 2011
Aus den Verhandlungen des Stadtrates 2011
Persönliche Auskunft von Felicitas Taddei (Stadträtin Soziales), Michael Bänninger (Jugendkoordinator), Johannes Zollinger (Stadtrat Schule und Jugend), Aurel Greter (ehem. Präsident der Jugendkommission und Alt-Gemeinderat)
Herzlichen Dank an Felicitas Taddei, Michael Bänninger, Johannes Zollinger und Aurel Greter für die spannenden Gespräche, die erhellenden Hinweise und die wichtigen Informationen, die sich in Protokollen nicht finden.