HISTORISCHE GESELLSCHAFT WÄDENSWIL

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2009 von Dorothee Gysi

KLEINMUSEUM UNTERWEGS

«Museum heimatlos – heute hier, morgen wo?» stand auf der Wandervitrine der HGW, die an sieben verschiedenen Standorten in Wädenswil und in der Au in den Monaten Mai bis Oktober 2009 zu sehen war. Jung und alt sollte das Kleinmuseum ansprechen, auch Personen, die nicht oft ein Museum oder eine Ausstellung besuchen. Vorstandsmitglieder sowie engagierte Mitglieder der Historischen Gesellschaft waren für die verschiedenen Präsentationen verantwortlich. Die ausgesuchten Exponate stammten alle aus dem historischen Fundus und hatten einen Bezug zum jeweiligen Standort. So ergaben sich überraschende Sichtweisen auf historische Gegenstände, den Ausstellungsort und die Geschichte Wädenswils. An einer Pressekonferenz wurde das Projekt vorgestellt, was dann auch in den lokalen Medien positiven Niederschlag fand. Die Bevölkerung von Wädenswil wurde in der Tageszeitung über jeden einzelnen Standort informiert.
Zu Beginn stand die Vitrine in der alten Fabrik. Durch Gucklöcher waren Luxusgüter aus dem 20. Jahrhundert zu betrachten: Ein kunstvoll geschmückter Damenhut lag neben einem grauen Zylinder, und eine mit Perlen bestickte Handtasche ergänzte die einstigen Accessoires. Für die Kinder gab es historische Spielsachen zu entdecken. Durch diese kleine Ausstellung ergab sich ein spannender Kontrast zum heutigen Kaufangebot, das in nächster Nähe ausgestellt war.
Weiter zog das Kleinmuseum in die Schulhäuser Glärnisch und Ort (Au), wo auch die Jubiläen zum 100-jährigen Bestehen gefeiert wurden. Diese Präsentation war speziell für die Schulkinder gedacht. Zu sehen gab es Gegenstände, die vor 100 Jahren in der Schule gebraucht wurden. Alte Schulhefte und Schulbücher, die illustre «Zürcher Fibel», die damals als fortschrittliches Lesebuch galt, Federhalter mit kratzigen Federn, mit denen das Schreiben mühsam erlernt werden musste. Die Ausstellung war mit einem Wettbewerb kombiniert: Fünf «neuartige» Gegenstände galt es ausfindig zu machen, wie zum Beispiel Computerstecker oder Tintenkiller.
Der nächste Standort war der Landgasthof Halbinsel Au. Passend zum Standort zeigte das Kleinmuseum Objekte zur Tischkultur des 18. und 19. Jahrhunderts. Aus der Porzellanmanufaktur Schooren war feines Geschirr zu sehen. Eine originelle Cafetière aus Messing zeugte davon, wie nobel es damals bei Kaffeevisiten zu und her ging. Auch das gesellige Trinken aus kunstvoll geschliffenen Gläsern konnte man sich lebhaft vorstellen. Die Speisekarte einer Hochzeitsgesellschaft aus dem 19. Jahrhundert deutete auf die langjährige traditionelle Tischkultur hin.
Im Kranken- und Altersheim Frohmatt, ein weiterer Standort der Wandervitrine, war der Lebenszyklus dargestellt. Eine 100-jährige Lithografie, die in Zehnjahresabschnitte eingeteilt ist, ordnete jedem Lebensabschnitt Gegenstände zu, die eine besondere Bedeutung hatten: angefangen bei einem Taufzettel, über Objekte aus der Arbeitswelt bis hin zu einem schmucken Nähzeug für die Frau. Ein Liebesbrief aus dem 18. Jahrhundert fehlte ebenfalls nicht – so viel hat sich wohl doch nicht verändert.
Das Kleinmuseum reiste ins reformierte Kirchgemeindehaus Rosenmatt weiter. Ganz zum Standort passend, wurde hier das religiöse Leben vorwiegend aus dem 18. und 19. Jahrhundert mit den entsprechenden historischen Objekten veranschaulicht. Damit der Obolus für den Opferstock auch ja nicht vergessen ging, war auf dem Deckel des Kirchengesangbuches auch gleich das Portemonnaie integriert. Ein ganz besonderes Schmuckstück war das biblische Figurenbuch aus dem Jahr 1569 mit Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testament.
«Querbeet» war das Thema der letzten Station des Kleinmuseums im Hallenbad. Zu sehen gab es Objekte zu Freizeit und Sport, so wie sie in der Zeit unserer Eltern und Grosseltern benutzt wurden. Vom Bedürfnis nach Bewegung zeugten die alten Wanderschuhe und die Schlittschuhe. Die historischen Fotos zeigten Badeszenen: Herrlich muss das Sonnenbaden und Schwimmen in der damaligen Bretterbadi am See gewesen sein.
Nach dieser ausgiebigen Wanderung durch Wädenswil und die Au kehrte die Vitrine mit den ausgestellten historischen Objekten wieder in den Lagerraum «Bin Rääbe» zurück. Mit dieser Aktivität konnte die Historische Gesellschaft Präsenz markieren und ihr Anliegen nach einem historischen Museum erneut darlegen. Die Wandervitrine sollte aber auch historisches Wissen vermitteln und auf den wertvollen Fundus aufmerksam machen.

KUNST IM FREIEN IN WÄDENSWIL

Am Freitag, 19. Juni 2009, lud die Historische Gesellschaft zu einem Rundgang «Kunst im öffentlichen Raum» ein. Anna-Maria Papadopoulos, Kunsthistorikerin und Vorstandsmitglied der HGW, führte leider in strömendem Regen eine beachtliche Gruppe von Kunstinteressierten durch Wädenswil. Die erste Station war die Eisenplastik von Heinz Misteli im Rosenmattpark, es folgten acht weitere Kunstwerke bei Schulhäusern und Plätzen, und zum Schluss wurde dann der Brunnen auf dem Seeplatz mit Hans Markwalders «Seebub mit Fisch» besichtigt. «Nun sehe ich die Kunstwerke, an denen ich täglich vorbeigehe, mit anderen Augen», war die Aussage eines Teilnehmers am Rundgang. Anna-Maria Papadopoulos verstand es ausgezeichnet, die zehn Kunstwerke aus kunsthistorischer Sicht wie auch im lokalen Kontext zu erklären und so den Teilnehmenden näher zu bringen.

SPIELEN WIE IN ALTEN ZEITEN

Können wir die heutigen Kinder noch mit «Spielen wie in alten Zeiten» begeistern? Der Ferienpass, ein Angebot für Wädenswiler Schulkinder während der Sommerferien, gab Antwort auf diese Frage.
Am Montag, 10. August 2009, trafen sich 25 Kinder in der Schulanlage Ort in der Au und beschäftigten sich unter Anleitung von acht Betreuerinnen und Betreuern der Historischen Gesellschaft mit historischen Spielen. Auf dem Schulhausplatz ging es laut und vergnügt zu und her. Da wurde mit Sackhüpfen, Stockschiessen, mit Reif und Seil um die Wette geeifert. Drinnen vergnügten sich die Kinder mit dem Fadenspiel, mit Falten von Papierflugzeugen, Himmel und Hölle und kleinen Fröschen. Auch das traditionelle Leiterlispiel und Domino fanden Anklang. Zum Zvieri wurden originell belegte Brötchen vorbereitet und mit grossem Appetit verspeist.
Ja, das «Spielen wie in alten Zeiten» gefällt auch den Kindern von heute noch.



Dorothee Gysi
Präsidentin Historische Gesellschaft Wädenswil