Die im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» veröffentlichten Jahresberichte geben vielseitige Einblicke in den Alltag in der Kinderkrippe Wädenswil. Sie erwähnen Säuglingspflege und Betreuung der älteren Kinder, Spaziergänge im Wald oder am See, das Spiel im Haus, auf der Veranda oder im geräumigen Garten. Man liest von der Verpflegung mit Suppe, Brei, Gemüse und Obst, weiter von lebhaftem Treiben oder eindrücklichen Weihnachtsfeiern. Aber auch Epidemien und Krankheiten - Masern, Grippe, Scharlach, Keuchhusten, Diphtherie - suchten die Kinderkrippe heim, bedingten zeitweise gar deren Schliessung und nötigten hernach zu aufwendiger Desinfizierung der Räume.
Wie froh waren Leiterin und Personal, in solch turbulenten Zeiten auf ärztliche Hilfe zählen zu können: bis 1931 auf
Dr. med. Florian Felix, dann bis 1968 auf Dr. med. Helene Wyssling und von 1969 bis 1981 auf Dr. med. Ernst Howald.
Im Stil der damaligen Zeit ist in den Berichten die Rede von Heim, Institutsbetrieb oder Frequenz der Anstalt, von kleinen Insassen und Zöglingen, von nachmittäglicher Liegekur, von «rationeller Behandlung der Kinder» oder von Krippenkleidchen, mit denen alle «ordonnanzmässig ausgerüstet» sind. Solche Formulierungen empfindet man heute als stossend. Sie stehen aber kaum für den Geist, der in der Kinderkrippe herrschte. Viele Kinder hatten es besser als zu Hause, wurden beaufsichtigt und gefördert. Die auf Verdienst angewiesenen Mütter konnten beruhigt ihrer Arbeit nachgehen, und verschiedenen Industriebetrieben standen weibliche Arbeitskräfte zur Verfügung.
Die Zeiten des Ersten und Zweiten Weltkriegs brachten Vorstand und Personal mancherlei Probleme. 1915 nahm die Zahl der Kinder rasch ab, was den Betrieb verteuerte und 1922 erstmals zur Erhöhung des Pflegegeldes zwang. Aus finanziellen Gründen war man bei steigenden Preisen zu noch grösserer Sparsamkeit gezwungen; dazu kamen Einschränkungen durch die Rationierung der Lebensmittel und Brennstoffe.
Der Vorstand war stets darauf bedacht, den Krippenbetrieb auf modernem Stand zu halten und dem Personal die Betreuung der oft 60 bis 70 Kinder zu erleichtern. 1915 wurden ein neuer Gasherd und ein Boiler für das Bad angeschafft, 1922 eine Wasch- und Auswring-Maschine, 1932 ein Staubsauger, 1936 ein Kühlschrank.