Ernst Blattmann-Gautschi (1927–2018)

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2018 von Peter Ziegler
 
Am Berchtoldstag 2018 starb der altem Wädenswiler Geschlecht entstammende Fabrikant Ernst Blattmann im 91. Lebensjahr.
Der Sohn von Paul und Martha Blattmann-Stähli wurde am 2. August 1927 geboren. Zusammen mit seinen jüngeren Geschwistern Aurelia und Walter wuchs er im Haus «Zur Schönau» auf, das nahe der Spenglerei des Grossvaters und später des Vaters stand und 1969 für den Bau des Coop Centers abgebrochen wurde. Im elterlichen Haus am Floraweg lebte auch der Grossvater Paul Blattmann-Gehrig. In diesem Dreigenerationen-Haus verbrachte Ernst die ersten 15 Lebensjahre, war Comic-Fan und Mitglied im Globi-Club, lernte Saxofon spielen, besuchte Autorennen und Jazz-Festivals. Der Eintritt ins Wädenswiler Kadettenkorps verschaffte ihm Freundschaften, die lebenslang hielten. 1942 verliess die Familie Blattmann das Reblaube-Quartier und bezog das neu erbaute Haus Bürglistrasse 8.


Ernst Blattmann

Berufsausbildung

1935 übernahm Ernsts Vater zusammen mit dessen Bruder Willi Blattmann die Metallwarenfabrik Wädenswil vom Grossvater, nachdem die Geschäftslokalitäten vom Floraweg in einen Neubau an der Zugerstrasse verlegt worden waren. Hier machte Ernst Blattmann die Lehre als Mechaniker und schloss dieser Ausbildung ein Studium zum Dipl. Masch.-Ing HTL am Technikum Winterthur an. Dann verbrachte er einen vierjährigen Ausbildungsaufenthalt in der Spenglerei eines Onkels in New Orleans in den USA. Hier lernte er den Dixieland kennen, einen Musikstil, der ihm sehr wichtig wurde.
Zurück aus den Staaten arbeitete Ernst Blattmann ab 1954 in der Mewa, der Metallwarenfabrik seines Vaters und seines Onkels. Er trug die Verantwortung für den technischen Betrieb. Nachdem sich sein Vater 1966 aus dem Unternehmen zurückgezogen und seinen Anteil an der Firma an Ernst verkauft hatte, übernahm er die Geschäftsführung zusammen mit seinem Onkel Willi. Nunmehr Partner, sah er sich mit dem Problem konfrontiert, dass bewährte Materialien von neuen abgelöst wurden: Kunststoffe traten an die Stelle von Leichtmetall und Weissblech. Durch Konzentration auf die Blechverarbeitung und dank grosser Flexibilität gelang es, massive Umsatzverluste wettzumachen. Die konsequente Erneuerung des Maschinenparks ermöglichte die Herstellung von hochwertigen Metallfabrikaten – Stahlmöbel, Haushalt- und Bäckereiartikel – in kleinen wie in mittleren Serien. 1978 wurde die Metallwarenfabrik in eine Familien-Aktiengesellschaft umgewandelt. Nach dem Tod von Willi Blattmann, 1984, war Ernst Blattmann alleiniger Geschäftsführer. Bei seiner Mitarbeiterschaft war er respektiert und geschätzt.

Mewa-Werbung in den 1960er-Jahren: Die Grafikerin Rose-Marie Joray inszeniert das moderne Lebensgefühl des Wirtschaftswunders.
 

Familie

Durch seinen Schwager Hans Schaad lernte Ernst Blattmann eine junge Frau, Annelies Gautschi, im aargauischen Reinach kennen. 1960 hielten die beiden Hochzeit. Anfangs wohnte das Paar an der Sonnmattstrasse, dann in einer Wohnung über der Drogerie Süss. 1965 konnte dann das neue Haus im Hangenmoos-Quartier bezogen werden, ein Bau von Hans Fischli, des «Hofarchitekten» der Familie Blattmann. 1963 kam der Sohn Caspar zur Welt, 1966 die Tochter Sabine.

Einstellung des Betriebs und Neuanfang

Mit dem Vormarsch des Kunststoffs Plastik konnte die Mewa trotz grosser Anstrengungen nicht mehr rentabel produzieren. Ernst Blattmann stellte daher im Jahre 1998 die Fabrikhallen und Maschinen der Firma Mewa-Metalight AG zur Verfügung, welche die Weiterführung der Produktion und der Geschäfte sicherstellen sollte. Die «Nachfolgefirma» ging aber 2001 in Konkurs, was zur Einstellung der Produktion führte. Durch die Vermietung der Werkhallen an vielfältige Gewerbe gelang eine Umnutzung. Ab 2011 übergab Ernst Blattmann der jüngeren Generation mehr und mehr Verantwortung. Dies ermöglichte, neue Pläne für die Zukunft der Firma und des grossen Fabrikareals zu entwickeln. Geplant sind der Abbruch der meisten Gebäude und eine Neuüberbauung mit zeitgemässer Wohn- und Gewerbenutzung.
 
Hochwertige Metallfabrikate statt Massenwaren: die Stanzerei, 1983.

Vielseitig interessiert

Im öffentlichen Leben trat der hart arbeitende Ernst Blattmann wenig in Erscheinung. War er jedoch im Dorf oder auf dem Weg zur Fabrik unterwegs, sah man ihn immer sehr gut gekleidet: mit Krawatte, Mantel, Hut und Schirm – und oft auch mit einer Einkaufstasche. Viel bedeutete dem Fabrikanten die Mitgliedschaft im Rotary Club Au-Zürichsee, den sein Vater 1958 mitbegründete.
In den 1980er-Jahren hielten numerisch gesteuerte CNC-Stanzmaschinen Einzug in die Fabrik.

Ernst Blattmann war stets offen für Neues. Noch im Alter machte er sich mit dem Computer vertraut und war viel online. Aber auch die Geschichte interessierte ihn, besonders jene des eigenen Unternehmens. Dies zeigte sich unter anderem 1988 an der Jubiläumsfeier zum 150-jährigen Bestehen der Blattmann Metallwarenfabrik AG. Und er war Auftraggeber für eine Broschüre über den Landistuhl, die Adrian Scherrer im Jahre 2007 verfasste. Für Ernst Blattmann war klar, dass auch das 180-Jahr-Jubiläum gefeiert werden sollte. Das Fest hat im September 2018 stattgefunden. Leider ohne Ernst Blattmann. Er starb am 2. Januar dieses Jahres.
 




Peter Ziegler