150 Jahre Handwerker- und Gewerbeverein Wädenswil
Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2005 von Peter Ziegler
Handwerk und Gewerbe haben in Wädenswil eine grosse Bedeutung und eine lange Tradition. Ende Mai 2005 feierte der Handwerker- und Gewerbeverein Wädenswil sein 150-jähriges Bestehen; Anlass, der wechselreichen Geschichte nachzugehen.
1856
Der Verein gründet eine «Handwerkschule», die im Dorfschulhaus in der Eidmatt (heute Eidmatt I) unter der Leitung von Primarlehrer Lutz mit 13 Schülern eröffnet wird.
1859
Der Staat subventioniert fortan die «Handwerkschule» (später Gewerbeschule). Die Schüler, die ein Schulgeld zu bezahlen haben, werden am Sonntag von 6 bis 8 Uhr früh unterrichtet. Im Winter findet der Unterricht am Dienstag von 6 bis 8 Uhr und am Sonntag von 9 bis 11.30 Uhr statt.
Arnold Rüegg (1814-1892), Initiant des Handwerker- und Gewerbevereins.
1865
In fünf Zimmern des Eidmatt-Schulhauses findet die erste Gewerbeausstellung statt, die im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» als eindrückliche lokale Leistungsschau gewürdigt wird.
1868
Der anfängliche Schwung ist erlahmt. An der Generalversammlung nehmen ausser dem Vorstand nur noch zwei Mitglieder teil. Auch die Vorträge sind schlecht besucht.
1873
Mit der Gründung des Einwohnervereins Wädenswil wird ein Vorschlag des Handwerkervereins verwirklicht.
1883
Der Verein beteiligt sich kollektiv an der Landesausstellung in Bern und zeigt dort ein vollständig eingerichtetes Zimmer.
1893
Der Verein hat einen Tiefststand erreicht. Zur Generalversammlung erscheint lediglich der Vorstand, und auch er unvollzählig.
1895
Der Sonntagunterricht an der Gewerbeschule wird eingestellt, 1902 aber wieder eingeführt.
1903
Der Verein bittet seine Mitglieder, nach aussen solidarisch zu handeln.
1905
Das Jubiläum des 50-jährigen Bestehens wird mit einer grossen Gewerbeausstellung auf dem Eidmatt-Areal gefeiert, verbunden mit Sonderveranstaltungen und Viehschauen. Vertreten sind 135 Aussteller aus Wädenswil. Als Festwirtschaft dient das von Zimmermeister August Dunkel originalgetreu rekonstruierte ehemalige Gemeindehaus bei der reformierten Kirche, abgebrochen im Jahre 1821 für den Bau des Gasthofs Sonne.
Jubiläum 50 Jahre Handwerker- und Gewerbeverein, Oktober 1905. Als Festwirtschaft ist auf dem Eidmatt-Areal das 1821 abgebrochene Gemeindehaus - Vorläufer des Hauses "Sonne" - rekonstruiert worden.
1907
Der Verein befasst sich mit einer Gemeinde-Bauordnung und erneut mit der Frage der Arbeitsvergaben.
1910
Der Verein steckt in der Krise. Einzelne Gruppen haben versucht, «engherzige, egoistische Vorteile» zu erlangen, ja bei Arbeitsvergaben sogar Druck auf Private und Behörden ausgeübt.
1911
An der Generalversammlung führt der Präsident aus: «Es ist nicht unsere Pflicht, Gemeindepolitik zu machen und uns mit den Gemeindevereinen herumzuschlagen.» Vor allem der Vorstand will künftig nach aussen vorsichtiger operieren.
1912
Die Krise ist überwunden, man registriert wieder positive Leistungen: In der Freischule wird eine Lese- und Schreibstube eingerichtet, und der Verein gründet eine Vermittlungsstelle für Adressen von Kost- und Logishäusern für neu zugereiste Arbeiter.
1917
An der Generalversammlung lässt der abtretende Präsident Julius Herdener durchblicken, der Vorstand sei nicht mehr gewillt, «die Vereinsangelegenheiten dieses seiner Auflösung entgegensehenden Vereins zu führen».
1918
Es kommt nicht zur Auflösung, aber zu einer Reorganisation des Vereins. Unter anderem führt man die Gliederung in Aktiv- und Passivmitglieder ein, und ein neu gewählter Vorstand setzt die Arbeit fort.
1921
Auf Anregung des Handwerker- und Gewerbevereins wird der Rabattverein Wädenswil gegründet.
1922
Der Ladenschluss wird an allen Werktagen auf 19 Uhr festgesetzt.
1926
Der kantonale Gewerbetag in Wädenswil wird zum grossen Erfolg. Die Zahl der Vereinsmitglieder erreicht die Rekordhöhe von 128.
1930
Der Verein, der jetzt 160 Mitglieder zählt, feiert das 75-jährige Bestehen. Unter dem Patronat des Gewerbeverbandes am Zürichsee findet eine grosse Gewerbeausstellung statt. Sie steht unter dem Motto «Arbeit und Fortschritt». Es beteiligen sich 175 Aussteller aus Wädenswil und anderen Seegemeinden. Die Ausstellung wird von rund 40 000 Personen besucht.
Gewerbeausstellung 1930: Gartenanlage und Ausstellungszelte in der Eidmatt.
1934
Die aus der «Handwerkschule» hervorgegangene Gewerbliche Berufsschule bezieht das
Haus Sust. Zehn Lehrer unterrichten 108 Schüler.
1935/36
Die Wirtschaftskrise macht sich bemerkbar. Die Aufträge bleiben aus, die Preise sind gedrückt, Liquidationen und Konkurse bald an der Tagesordnung. Die Mitgliederzahl ist auf 101 gesunken. 1940 wird man nur noch 83 Mitglieder und 1943 lediglich deren 78 zählen.
1939–1945
Der Zweite Weltkrieg bringt neue Lasten und Aktivdienst für die meisten Mitglieder. Dennoch führt der Vorstand die Geschäfte unverdrossen weiter.
1948
Die Gemeinde Wädenswil übernimmt die bisher vom Handwerker- und Gewerbeverein getragene Gewerbliche Berufsschule.
Gewerbeausstellung 1930: Brunnen vor dem Schulhaus Eidmatt II.
Gewerbeausstellung 1930: Ehrendamen in Weiss, mit damals modernen Bubikopf.
1954
Zusammen mit der Kaufmännischen Berufsschule zieht die Gewerbliche Berufsschule ins frei gewordene Sekundarschulhaus bei der «Sonne» um.
1955
Die Nachkriegsjahre bringen eine Hochkonjunktur. Der Verein feiert das 100-jährige Bestehen und gibt die von
Albert Hauser verfasste Festschrift «100 Jahre Handwerker- und Gewerbeverein Wädenswil» heraus.
1971
Die Gewerbliche Berufsschule Wädenswil wird aufgehoben. In Pfäffikon SZ und Horgen stehen neue Berufsschulen zur Verfügung.
1975
Präsident Paul Kleb zieht im «
Jahrbuch der Stadt Wädenswil» Bilanz: «Die bis anhin gültigen Ziele, wie Umsatzsteigerung, Erhöhung des Marktanteils sowie Macht- und Prestige-Investitionen, müssen umgesteckt und die Schwergewichte auf Liquiditätserhaltung und Produktivitätssteigerung gelegt werden. ... Das Gewerbe von Wädenswil hat schon mehrfach bewiesen, dass es flexibel ist, um Schwankungen in der Wirtschaft zu überstehen.»
1980
Zum 125-jährigen Bestehen präsentiert der Verein in der Sport- und Freizeitanlage Untermosen mit 60 Ausstellern eine Leistungsschau des einheimischen Gewerbes.
1987
In drei Turnhallen und einem Zelt auf dem Eidmatt-Areal findet eine grosse, vom Verein organisierte Gewerbeausstellung statt, als Eckpfeiler zum zehn Tage dauernden «Wädi-Fäscht 1987», das mit vielfältigen Veranstaltungen daran erinnert, dass der letzte Freiherr Rudolf von Wädenswil vor 700 Jahren seine Burg und Herrschaft an den Johanniterorden verkauft hat. Rund 100 Aussteller geben einen breit gefächerten Querschnitt durch alle Branchen des Wädenswiler Handwerks und Gewerbes sowie Einblick in das vielseitige Angebot an Dienstleistungen.
1994
In sechs weitgehend rollstuhlgängigen Hallen auf dem Eidmatt-Areal präsentiert der Verein die Gewerbeausstellung Gewa 94: eine eindrückliche Leistungsschau von 157 Handwerks-, Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben.
GEWA 1994. Unterhaltungsabend im Festzelt.
2000
An der Gewa 2000 geben in vier grossen Ausstellungshallen über 150 ortsansässige Betriebe wiederum Einblick in ihre Arbeit. Der Verein zählt über 250 Mitglieder, die insgesamt 1690 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beschäftigen, jährlich 230 Lehrlinge ausbilden und pro Jahr ein Brutto-Lohntotal von 35 Millionen Franken auszahlen.
Als Ausstellungsgelände für die GEWA 2000 diente erneute die Sportanlage Eidmatt.
2005
Der Handwerker- und Gewerbeverein feiert das 150-Jahr-Jubiläum mit Generalversammlung und Gala-Night für Mitglieder und am 28. Mai mit der öffentlichen Party-Night «Spicy».
Eine ausführliche Darstellung der 150-jährigen Vereingeschichte findet sich in den linksufrigen Ausgaben der «Zürichsee-Zeitung» vom 18. und 19. März 2005 sowie in der Sonderbeilage «Spicy».