Hundert Jahre H. J. Langendorf AG

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2008 von Peter Ziegler

10. Mai 2008. Auf dem Platz vor der ehemaligen Seifenfabrik Sträuli AG an der Einsiedlerstrasse 4 – dem Getränkelager der H. J. Langendorf AG – stehen Tische unter Zeltdächern. Auf den Bänken haben Leute aller Altersstufen Platz genommen: plaudernd, essend und trinkend, sich freuend. Duft gebratener Würste und Steaks liegt in der Luft. Der Jodelklub aus Siebnen trägt Lieder vor, und die Jungtambouren aus Wädenswil treten auf. Im Schatten entlang der Einsiedlerstrasse eine weitere Attraktion: ein Sechsspänner der Brauerei Feldschlösschen. Hier wird Gratis-Bier an die Gäste ausgeschenkt. Weshalb diese festliche Stimmung? Die Familien Langendorf feiern das 100-Jahr-Jubiläum ihrer Firma für Brennstoffe und Getränke.

LEBENSMITTEL- UND WARENPREISE IM JAHR 1900

Im Mai 1900 verheiratet sich Hans Julius Langendorf (1870–1935) mit Emma Blattmann (1875–1939), der Tochter des Wädenswiler Spenglermeisters Gottlieb Ernst Blattmann-Frick (1839–1905). Die Ehefrau führt nach der Hochzeit ein vorgedrucktes Haushaltbuch, mit Einträgen von Mai bis Dezember 1900. Es gibt Aufschluss über die damaligen Lebensmittel- und Warenpreise in Wädenswil:

1 Pfund Rindfleisch: 85 Rappen
1 Pfund Kalbfleisch: 1.30 Franken
1 Weggli: 5 Rappen
1 Brot: 66 Rappen
1 Stück Wähe: 30 Rappen
1 Kilo Kartoffeln: 10 Rappen
1 Pfund Nudeln: 35 Rappen
1 Pfund Reis: 35 Rappen
1 Pfund Mehl: 24 Rappen
1 Pfund Zucker: 30 Rappen
1 Liter Milch: 19 Rappen
1 Pfund Butter: 1.60 Franken
1 Ei: 9 Rappen
1 Kilo Bohnen: 40 Rappen

1 Kilo Äpfel: 15 Rappen
1 Kilo Rhabarber: 40 Rappen
1 Pfund Trauben: 40 Rappen
1 Kilo Kastanien: 50 Rappen
1 Pfund Olivenöl: 1.20 Franken
1 Flasche Bier: 20 Rappen
1 Liter Rotwein: 55 Rappen
1 Flasche Malaga: 75 Rappen
1 Ring Buchenholz: 90 Rappen
1 Ring Tannenholz: 70 Rappen
1 Liter Petrol: 30 Rappen
1 Liter Spiritus: 50 Rappen
1 Hochzeitskleid: 34 Franken

NEUBAUTEN IM OBERDORF

Im selben Mai 1900, da man Hochzeit hält, wird die neu angelegte Oberdorfstrasse im Abschnitt zwischen Rotweg und Zugerstrasse für den Verkehr freigegeben. In den Jahren 1901 und 1902 entstehen beidseits der Strasse neue Wohnhäuser. 1902 erstellt Zimmermeister Johannes Isler hier jenes Gebäude, das 1969 für den Bau des Hauses Oberdorfstrasse 21 mit Denner-Discount abgebrochen worden ist. Dieses Mehrfamilienhaus, unter der Nummer 1084 brandversichert, geht 1907 durch Kauf in den Besitz von Hans Julius Langendorf über.

Jean Langendorf-Blattmann (1870-1935).

Wohnhaus Langendorf, Oberdorfstrasse 21.

Liegenschaft Liebegg an der Zugerstrasse.

GESCHÄFTSGRÜNDUNG

Der Hauskauf ist nur eines von mehreren wichtigen Ereignissen in der jungen Familie Langendorf. 1901 ist der Sohn Hans (Jonny) geboren worden und 1905 Fritz, der später in Wädenswil ein Fotogeschäft führen wird. Werner, der dritte Sohn, wird 1919 zur Welt kommen. Und Hans Julius Langendorf, genannt Jean, steht vor beruflichen Veränderungen. Er gibt die Anstellung in der Hutfabrik Hochstrasser aus gesundheitlichen Gründen auf und orientiert sich neu. 1908 gründet er in Wädenswil die «Fuhrhalterei Langendorf». Er besitzt Ross und Wagen und führt Transporte für Dritte aus. Der Pferdestall liegt zwischen den Häusern «Rössli» und «Liebegg» an der Zugerstrasse, von wo aus das neue Geschäft betrieben wird.
Bald kommt der Handel mit Holz und Kohlen hinzu, und dies bedingt mehr Raum. Am 1. Mai 1910 kauft Jean Langendorf die ehemalige Liegenschaft Liebegg an der Zugerstrasse 31 beim «Rössli», umfassend ein Wohnhaus, ein Wohnhaus mit Saal, einen offenen Wagenschopf sowie Hofraum, Garten und einen laufenden Brunnen.
1892 geriet der letzte Wirt, Heinrich Huber, in Konkurs. Kupferschmied Johannes Brupbacher, Eigentümer der Liegenschaft seit 1896, liquidierte den Wirtschaftsbetrieb, liess im Jahr 1900 das Kegelbahngebäude abbrechen und durch einen offenen Wagenschopf ersetzen.
Hier betreibt nun Jean Langendorf seinen Handel mit Holz und Kohlen, für den er sogar mit einer Reklametafel an seinem Wohnhaus an der Oberdorfstrasse wirbt. Die Frau Emma und später auch die Söhne unterstützen ihn tatkräftig. Erhalten ist das Kopialbuch mit Briefkopien aus den Jahren 1915 bis 1924. Diese werfen etwas Licht auf die Geschäftstätigkeit.

AUS DEM KOPIALBUCH VON 1915 BIS 1924

Kunden
Bei den Kopien der Geschäftsbriefe, die mit Jean Langendorf oder J. Langendorf-Blattmann unterzeichnet sind, handelt es sich häufig um die Bestätigung von Bestellungen. Zu Langendorfs Kunden zählen die Brauerei der Gebrüder Weber, die Stärkefabrik Blattmann, der Bürstenfabrikant Erzinger, die Chemische Fabrik von Eduard Brun, das Baugeschäft Gebrüder Ferrari, die Dorfschulpflege und die Gemeindegutsverwaltung Wädenswil, das Krankenasyl, das Altersasyl, das Kinderheim Bühl, die Kinderkrippe, die Bank Wädenswil, das Warenhaus Leonhard Ascher, aber auch der Geometer Winkler, der Fotograf Emil Listenow, Jakob Baumann zum Florhof, die Bäckereien Paul Burri sowie Ernst Staub, die Konditorei Fritz Brändli, um nur einige zu nennen.
Bezogen werden gemäss Liefervertrag Ruhrkoks und Ruhrbrechkoks, Gaskoks, Belgischer Anthrazit, Steinkohle, Belgische Halbfettkohle, Flämische Kohle, Eso-Stück-Kohle, Union-Briketts, dazu Tannenholz und Buchenholz. Die Schmiede Landis, R. Kleiner, der Wagner Rusterholz und Schlosser Treib beziehen von Jean Langendorf Schmiedekohle. Geliefert werden die Brennmaterialen in Eisenbahnwagen auf die Station Wädenswil. Von dort wird die Kohle, in Säcke verpackt, mit dem Fuhrwerk den Kunden zugeführt. Die Lieferungen sind beträchtlich: 12½ Tonnen an die Gebrüder Weber (1915), 70 Tonnen an die Dorfschulpflege (1916), 9544 Kilo Eso-Stück-Kohle an Jacob Hauser zur «Krone» (1918).
 
Lieferanten
Wer sind die Lieferanten von Holz und Kohlen? Auch darüber gibt das Kopialbuch einige Aufschlüsse. J. Langendorf steht in Geschäftsverkehr mit der Schweizerischen Brikett-Import-Gesellschaft in Zürich, der Kohleagentur E. Boehm in Zollikon ZH, mit dem Kohlenhändler Rudolf Schnorf in Zürich, der Kohlenunion Seldner & Cie. in Basel, der Kohlenzentrale AG Basel, mit der Hausbrandzentrale Zürich und mit dem Gaswerk Wädenswil. Tannen- und Buchenholz am Ster oder per Ring bezieht Kohlenhändler Langendorf von A. Bosshardt in Einsiedeln, A. Tschümperlin in Alptal, H. Schiess in Basel, von Johann Schwyter in Siebnen, Josef Rennhaus in Rorschach und von H. Spetzmann & Cie. in St. Gallen.
 
Allerhand Ärger
Während des Weltkrieges 1914 bis 1918 stockt die Einfuhr von Kohle bisweilen, und es bedarf zusätzlicher Anstrengungen. Dazu belasten steigende Kohlepreise den Geschäftsgang. Vorgesetzte Stellen verlangen zudem immer wieder Rapporte. Im September 1917 zum Beispiel meldet Jean Langendorf der «Zentralstelle für die Kohlenversorgung der Schweiz» in Basel gemäss Rundschreiben Nummer 99 die Adressen jener Kunden, die im Jahr fünf Tonnen und mehr Kohle – vor allem Koks – beziehen.
Ärger und Bestürzung gibt’s bei der Firma Langendorf im Sommer 1918. Mit Schreiben vom 15. Juli teilt die Kohlenzentrale AG in Basel mit, Jean Langendorf sei die Konzession für den Handel mit deutschen Kohlen entzogen worden. Der Grund: Er habe auf die Rundschreiben Nr. 199 vom 30. Mai und Nr. 182 vom 12. Juni nicht geantwortet.
Am 16. Juli wehrt sich Jean Langendorf in einem Brief an die Kohlenzentrale in Basel. Er habe die vielen Formulare ausgefüllt und zur richtigen Zeit abgeschickt. Nur das Formular Nr. 132 sei wegen Krankheit liegen geblieben.
Am 29. Juli 1918 ersucht Jean Langendorf das «Amt für Brennstoffversorgung des Kantons Zürich» um Hilfe: «Ich möchte nun Sie an leitender Stelle des Kantons Zürich höflich ersuchen, mir behilflich zu sein, meine früheren Rechte wieder zu erlangen. Ich glaube kein Verbrechen begangen zu haben und bitte nochmals um gütige Entschuldigung. Seit Jahren habe ich mein Geschäft nur für den Kohlen- und Holzhandel mit eigenem Fuhrwerk eingerichtet, grosse Lagerräume erstellt, was mit viel Kosten verbunden war. Einen anderen Erwerbszweig habe ich nicht und würde mir bei dem Entzuge der Konzession sehr grossen Schaden erwachsen.»
Im August 1918 wird die Konzession wieder erteilt. Damit hat die Firma Langendorf im letzten Kriegsjahr eine Sorge weniger.

NEUORIENTIERUNG NACH DEM KRIEG

Im Stall der Holz- und Kohlenhandlung J. Langendorf stehen zwei Pferde, die mit hauseigenen Fuhren nicht immer ausgelastet sind. Die initiativen Geschäftsleute – auch Emma Langendorf-Blattmann packt wacker an – suchen nach neuen Aufgaben für den eingestellten Arbeiter und die Tiere. Wie in den Anfangszeiten des Betriebs führt man wieder Transporte für Dritte aus. So für die nahe gelegene Chemische Fabrik von Eduard Brun an der Oberdorfstrasse. Am 1. November 1918 holt ein Fuhrwerk in deren Auftrag Birnen und Kartoffeln in Käpfnach ab, was einen Arbeiter drei Stunden in Anspruch nimmt, verrechnet zum Stundenlohn von 80 Rappen. Die Chemische Fabrik ist auch 1919 ein guter Kunde. Bald folgen weitere Aufträge von Wädenswiler Firmen für Transporte mit Langendorfs Zweispänner: So 1921 für das Baugeschäft Wischendorf & Ringger und für Baumeister Alfred Dietliker. Im selben Jahr reicht Jean Langendorf der Gesundheitskommission Wädenswil eine Offerte ein zur Übernahme der Kehrichtabfuhr im Dorfrayon. Ob er den Zuschlag zum Jahrespreis von 7500 Franken ohne Bedienung und zu 10 200 Franken mit Bedienung je bekommen hat, geht aus der nur spärlich erhaltenen Geschäftskorrespondenz nicht hervor.
Im Jahre 1923 wird die Badanstalt durch den heutigen Neubau ersetzt. Dies gibt wieder Fuhraufträge für die Firma Langendorf. Baumeister Alfred Dietliker lässt mit Vorspann die Betonmaschine transportieren, das Baugeschäft Wischendorf & Ringger Ziegel in Richterswil abholen und Bauholz zur Badanstalt führen. Im selben Jahr lässt die Gärtnerei W. Schulthess durch den Transporteur Langendorf Mist führen und die Dorfschulpflege «3 Fuder Bänke auf den Schulhausplatz».
Bei so vielen Aufträgen genügen zwei Pferde nicht mehr. Im Sommer 1924 wird von H. Schäppi in Horgen ein weiteres Zugross gekauft. Da man im Stall beim «Liebegg» an der Zugerstrasse nur über Platz für zwei Pferde verfügt, gibt man das Tier «an Futtergeld nach Horgen».
In den 1920er Jahren schafft Jean Langendorf-Blattmann einen Lastwagen an. Natürlich muss diese Neuerung fotografisch festgehalten werden. «J. Langendorf, Wädenswil, Holz & Kohlen» verkündet die Firmenaufschrift auf dem modernen Fahrzeug. Und im Briefkopf wird fortan auch für den Autotransport geworben.

Jean Langendorf-Blattmann, stolzer Besitzer eines Lastwagens.

PÜNKTLICHE ZAHLUNGEN

Jean Langendorf ist darauf angewiesen, dass seine Kunden für die Lieferungen und Fuhren pünktlich bezahlen. Sind Kunden damit im Verzug, erhalten sie in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren den gedruckten Mahnbrief mit Kopf «Holz . Kohlen . Autotransporte. J. Langendorf Wädenswil. Telephon No. 166, Postcheck-Konto VIII 19437» und folgendem Text:

«Beim Durchgehen meiner Bücher zeigten sich auf Ihrem werten Conto nachstehende verfallene Posten, die Ihrer Aufmerksamkeit wahrscheinlich entgangen sein dürften. Ich erlaube mir, der Einfachheit halber deren Betrag von Fr. -------- sofern Sie es nicht vorziehen, denselben vorher auf mein Postcheck=Conto einzuzahlen, per Einzugsmandat am ------- laut untenstehender Aufstellung auf Sie abzugeben und bitte ich Sie, dasselbe bei Verfall zu schützen. Falls Sie mit meiner Disposition nicht einig gehen sollten, ersuche ich Sie um gefl. Mitteilung bis …..
Hochachtend J. Langendorf»

Immer wieder müssen Säumige gemahnt werden. So am 1. März 1920 auch Dr. Alexander Helphand im Gwad, der die Koksrechnung vom Dezember 1919 nicht beglichen hat. Ob er je bezahlt hat? Wegen kommunistischer Agitation, Steuerbetrug und Hochstapelei verlängerte die Eidgenössische Fremdenpolizei die Aufenthaltsbewilligung für den Deutschen nicht mehr. Bis zum 11. Februar 1920 hatte Dr. Helphand, bekannt unter dem Pseudonym Parvus, die Schweiz zu verlassen.
1923 erhalten unter anderem das Restaurant Edelweiss und die Landwirtschaftliche Genossenschaft Au Mahnungen wegen unbezahlten Rechnungen.

HANDEL MIT MINERALWASSER

Holz und Kohle werden vor allem im Winter gebraucht. Die Geschäftstätigkeit von Jean Langendorf ist daher saisonalen Schwankungen unterworfen. Vor allem im Sommer gibt es weniger zu tun, sind Kapazitäten frei. Und diese nutzt man seit 1930 für einen neuen Geschäftszweig: den Handel mit «Medizinal- und Tafelwasser». Verkauft wird die Marke «Arkina», bezogen aus Yverdon-les-Bains. 1921 gründete der amerikanische Zigaretten-Industrielle Puzant Masraff, der als Besucher der Thermalbäder in Yverdon weilte, die Firma Arkina, benannt nach einer Stadt in Armenien. Zweck der neuen Gesellschaft war die Führung des Thermalbades mit Hotel sowie die industrielle Abfüllung und der Vertrieb von Mineralwasser.

JONNY KEHRT HEIM

Der älteste Sohn des Ehepaars Langendorf-Blattmann, der 1901 geborene Hans Langendorf, gibt nach vierjähriger Tätigkeit seine Stelle als Elektriker bei den EKZ auf und geht 1920 nach New Orleans, wo sein Onkel Ernst Emil Blattmann-Müller, geb. 1884, als Spenglermeister tätig ist. Als sich die Wirtschaftskrise abzeichnet, schreiben die Eltern Langendorf ihrem Sohn nach Amerika, er solle nach Hause kommen und im Geschäft helfen. 1928 kehrt Hans Langendorf nach Wädenswil zurück. Da er in Amerika gewesen ist – damals keine Selbstverständlichkeit – nennt man Hans im heimatlichen Dorf fortan «Jonny».




Jonny Langendorf-Holder.

DIE ZWEITE GENERATION

Im Jahre 1935 erkrankt Jean Langendorf und stirbt im Alter von 65 Jahren. Nun führen die Witwe Emma Langendorf-Blattmann und der Sohn Jonny den Betrieb weiter. Nach dem Hinschied der Mutter wird Jonny Langendorf 1939 Eigentümer der Liegenschaft Liebegg und der Holz- und Kohlenhandlung. Im selben Jahr vermählt er sich mit Alice Holder (1916–2001), der Bäckers- und Wirtstochter aus dem benachbarten «Rössli». Bald nach der Heirat wird Jonny Langendorf schwer lungenkrank; längere Kuraufenthalte in Clavadel werden nötig. Trotz seiner Krankheit kann die Firma weitergeführt werden: dank grossem Einsatz der jungen, tapferen Alice, die in Doppelfunktion tätig ist – als Geschäftsfrau und als Wirtin im «Rössli» – und mit der Unterstützung eines treuen Mitarbeiters.

Alice Langendorf-Holder erledigt Büroarbeiten im Haus Liebegg.

Lieferanten
Die Kriegsjahre 1939 bis 1945 bringen der Firma Langendorf zusätzliche Schwierigkeiten und vermehrte Arbeit. Mit Bundesratsbeschluss vom 29. Juli 1941 wird die Warenumsatzsteuer eingeführt. Nun gilt es Grossistenerklärungen abzugeben. Die noch erhaltenen Formulare zeigen, mit welchen Firmen und Privaten die Kohlenhandlung von H. Langendorf in Wädenswil in Geschäftsbeziehungen steht. Zu den Lieferanten zählen unter anderem die Union Brikett-Importgesellschaft Zürich, Kox Kohlenimport Zürich, die Allgemeine Kohlenhandels AG Basel, die Kohlenimporteure Staub & Co., Kaelin AG sowie die Rudolf Schnorf AG in Zürich, die Vulkan Kohlenhandel AG Zürich und die «Braunkohlen Genossenschaft Horgen Gottshalden».
 
Kunden
Zur Zeit des Zweiten Weltkrieges zählen viele Wädenswiler Industrien, Betriebe und Geschäfte zu den Kunden der Kohlenhandlung Langendorf. Die Namen wecken Erinnerungen, sind doch die meisten der damals im Dorf belieferten Unternehmen seither verschwunden:
Metzgerei Willy Rusterholz zum Hirschen; Bäckerei Fritz Seitz; Färberei und Chemische Waschanstalt Wädenswil; Metallwarenfabrik P. u. W. Blattmann; Seifenfabrikant E. Huber-Weber; Vieh- und Pferdehändler Heinrich Styger; Metzgerei und Wursterei Emil Meier zum Schwanen; Hürlimann & Co., Skiwachse und Chemische Produkte; E. Staub, Konditorei; Buchdruckerei Stutz & Co.; Gas- und Wasserwerke Wädenswil; Fürst & Cie. AG, Mützenfabrik; Emil Kägi, Zentralheizungen und Sanitäre Anlagen; Gebrüder Ferrari & Co., Bauunternehmung; H. Lips, Restaurant Bahnhof, Bäckerei und Konditorei, Au; Heinrich Rusterholz AG, Speisefettwerk Wädenswil; Felber & Co. AG, Hut- und Mützenfabrik; Ehrsam Denzler & Co., Schlauchweberei, Feuerwehrgerätefabrik, Transportgerätefabrik; Arnold Schneebeli, Sanitäre Installationen; Hausmann & Co., Sägen- und Maschinenmesser-Fabrik; Franz Weber, Zentrum-Garage; Paul Burri, Bäckerei, Konditorei; Julius Theiler, Eisenbau-Werkstätte; G. Stadelmann, Metzgerei …

Werbung für den Kohlehandel.

1950ER JAHRE

Getränkehandel
Um 1930 ist mit dem Vertrieb von «Arkina» der Getränkehandel begonnen worden. Im November 1941 bezieht Jonny Langendorf von der Firma Sturzenegger Schiess AG in Zürich Mineralwasser für den Wiederverkauf. Nach dem Krieg wird diese Sparte stark ausgebaut. Nun figurieren Syphon und die neuen Mineralwasser wie Elmer Citro, Passugger und Vivi Cola im Sortiment.
 
Noch ist Kohle gefragt
Noch in den 1950er Jahren ist der Bedarf an Kohle in Wädenswil gross. Alle 14 Tage muss am Bahnhof ein Kohlenwagen entladen werden. Dies ist für die Arbeiter anstrengend, und sie kommen mit kohlenrabenschwarzen Köpfen zum Znüni. Ein Bestellformular aus dieser Zeit – die Firma ist nun unter der Nummer 95 61 66 telefonisch erreichbar – nennt das breite Angebot an Briketts und Kohlen: «Union Briquettes, Belgischer Antracith, Russischer Antracith, Belgische Würfelkohlen (für die Industrie), Saarkohlen, Ruhr-Schmiedekohlen, Holzkohlen, Gaskloks-Perl, Ruhr-Koks-Körnungen, Englischer Koks, Eiform Antracith, dazu Brennholz als Ring oder Ster.»
 
Handel mit Heizöl
Es ist absehbar, dass der Verkauf von Kohle, Briketts und Holz rückläufig wird und stark an Bedeutung einbüsst. Rechtzeitig nimmt die Firma Langendorf daher im Jahre 1952 den Handel mit Heizöl auf.

Restaurant Rössli mit vorgebautem ehemaligem Pferdestall, abgebrochen 1979.

DIE DRITTE GENERATION

Nach einander treten die Söhne des Ehepaars Jonny Langendorf-Holder ins elterliche Geschäft ein. Peter Langendorf, geb. 1943, unterstützt den Vater nach beendeter Schlosserlehre seit 1963. Ihn fasziniert vor allem der Heizölhandel. 1970 steigt auch der jüngere Sohn Max Langendorf, geb. 1944, in den Betrieb ein. Es ist das Jahr, da Max Treichler sein Kohlengeschäft in Wädenswil auflöst und die Firma Langendorf dessen Kunden zur Belieferung mit Brennstoffen übernimmt. Die Geschäftstätigkeit weitet sich aus und der Getränkehandel blüht. Moderne Lastwagen ersetzen längst die früheren Pferdefuhrwerke: 1952 wird für den Verkauf von Heizöl ein Chevrolet mit 3000-Liter-Tank angeschafft. Von 1964 bis 1976 ist ein Deford mit 5000-Liter Aluminiumtank im Einsatz. Abgelöst wird er 1976 von einem Tankfahrzeug Marke Steyr, das über einen 10’800-Liter-Stahltank verfügt, und 1990 von einem Saurer mit gleicher Kapazität.

Gründung der H.J. Langendorf AG
Im Juli 1977 wird die Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft überführt. Zusammen mit ihrem Vater gründen die Brüder Peter und Max Langendorf die «H. J. Langendorf AG». Diese übernimmt die Liegenschaft Liebegg an der Zugerstrasse 31 zu Eigentum. 1979 wird das einstige Pferdestall-Gebäude abgebrochen und durch einen eingeschossigen Neubau für das Büro ersetzt.
 

Der Handel mit Getränken - ein Geschäftszweig, der immer wichtiger wurde. In der Mitte vorn: Alice Langendorf-Holder, Geschäftsfrau und Wirtin im "Rössli".

Handel mit Brennstoffen
Ein wichtiger Bereich des Unternehmens bleibt der Handel mit Brennstoffen. Der Kohlehandel wird zwischen 1985 und 1995 eingestellt, dafür stehen bis heute neue Produkte zum Heizen und Feuern im Angebot: Heizöl, Holzkohle, Propan-Shell-Gas, Grill Briketts, Cheminéeholz und Lothar-Fackeln.
 
Getränkehandel und Festzubehör
Gegen Ende der 1970er Jahre baut die Langendorf AG den Getränkehandel weiter aus. Nebst Mineralwasser wird nun auch mit Süssgetränken, Frucht- und Obstsäften sowie Energy Drinks gehandelt. Und dazu kommen neu alkoholische Getränke: Biere, Weine, Champagner und Schaumweine, Aperitifs und Spirituosen.
Als Neuerung in der Abteilung Getränkehandel ist die um 1986 begonnene Vermietung von Festzubehör zu erwähnen. Die Langendorf AG liefert nun alles, was die Verpflegung an einem Fest erleichtert: Bar-Elemente und Buffets, Kühlschränke und Kühlwagen, Verkaufsstände, Tische, Stühle und Gläser.
 
Auf der Suche nach Lagerraum
Das erweiterte Sortiment bedingt zusätzlichen Lagerraum. Dieser wird 1986 vorerst an der Zugerstrasse im Winterberg gefunden, durch die Übernahme der Getränkefirma Hans Räber. Von 1987 bis 1995 beansprucht man neue Lagerkapazitäten im Ferrari-Areal an der Zugerstrasse und von 1995 bis 1997 im Tuwag-Areal gegenüber der Fabrikbeiz. 1997 wird der Getränke-Abholmarkt samt Lager in ein Gebäude der einstigen Brauerei Wädenswil an der Seestrasse verlegt. Als dessen Abbruch naht, zieht er im Mai 2002 an den heutigen Standort um: ins Gebäude der ehemaligen Steifenfabrik Sträuli AG an der Einsiedlerstrasse 4.

Renate, Max, Brigitte und Peter Langendorf mit Mitarbeitern der H.J. Langendorf AG vor dem Geschäftslokal an der Zugerstrasse.

Ein Familienunternehmen
Seit der Verheiratung wirken auch die Ehefrauen der beiden Geschäftsinhaber im Betrieb tatkräftig mit. Brigitte Langendorf, die Gattin von Peter, betreut die Kunden im Abholmarkt an der Einsiedlerstrasse 4. Renate Langendorf, die Gattin von Max, führt das Büro an der Zugerstrasse 27 und ist für den Hauslieferdienst zuständig. Am 1. April 2008 ist Frank Langendorf, der 1978 geborene Sohn von Max und Renate Langendorf, als Vertreter der vierten Generation ins Familienunternehmen eingestiegen: in einen Betrieb mit gegenwärtig 18 zum Teil langjährigen Mitarbeitern und einer treuen Kundschaft in Wädenswil und Umgebung.




Peter Ziegler


Quellennachweis

Firmenarchiv H.J. Langendorf AG:
Haushaltbuch 1900, Kopialbuch 1915–1924, Geschäftskorrespondenz, Internet www.langendorf.ch, mündliche Angaben.
Internet: www.arkina.ch
Staatsarchiv Zürich, RR I 260 h, S. 1173 (Haus Oberdorfstrasse)
Dorothea Gabelmann, In 3. Generation gegen den Durst. «Zürichsee-Zeitung» linkes Ufer, 8. Mai 2008.
Peter Ziegler, Von der Wirtschaft Liebegg und vom Bauernhof Hosli. «Allgemeiner Anzeiger vom Zürichsee», 18. Januar 1996.