Schulhaus Eidmatt II

Quelle: «Zürichsee-Zeitung», 12. März 1998 von Peter Ziegler

Umbau und Aussenrenovation des Schulhauses Eidmatt II sind abgeschlossen. Das Schulhaus Eidmatt II war in den letzten Jahren keine Zierde mehr. Man erwog gar den Abbruch. Seit der kürzlich abgeschlossenen Aussenrenovation steht das Gebäude wieder tadellos an der Seite des 1995 eingeweihten Neubaus Eidmatt III.
Das 1889/90 gebaute Schulhaus Eidmatt II ist ein kommunales Denkmalschutzobjekt mit bedeutendem Eigen- und Situationswert. Ein Abbruch kam deshalb für die Behörden nicht in Frage; eine umfassende Sanierung des 1962/63 letztmals renovierten Gebäudes drängte sich indessen auf. Die Sandsteingewände waren brüchig, Verputz und Anstrich erneuerungsbedürftig, Installationen und Einrichtungen mussten teilweise ersetzt werden.
Schulhaus Eidmatt II nach der Renovation 1997/98.

Eine geglückte Renovation

Zu Beginn der Sommerferien 1997 wurde der geräumige Dachstock entrümpelt, die Fassaden verschwanden hinter Gerüsten und Abspannungen: der sanfte Umbau im Innern und die fachgerechte Restaurierung des Äusseren im Sinne der Denkmalpflege begannen. Mit der Reinigung des Granitsockels während der Sportferien 1998 kamen die Bauarbeiten zum Abschluss.
Jetzt erstrahlt der klassizistische Bau mit seinen weissen Fassaden, den wiederhergestellten Gewänden und Gurtgesimsen, mit gesprossten Fenstern und erneuerter Ziegeleindeckung des flachen Walmdachs wieder in ursprünglicher Eleganz. Wädenswil darf auf ein weiteres Baudenkmal stolz sein.
 

Das Schulhaus – ein klassizistisches Baudenkmal

Die fortschreitende Industrialisierung liess Wädenswils Bevölkerung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kontinuierlich anwachsen: von 5094 Einwohnerinnen und Einwohnern im Jahre 1836 auf 6338 im Jahre 1888. Auch die Schülerzahlen stiegen. Im Oktober 1887 bewilligte daher die Dorfschul-Gemeindeversammlung den Bau eines dreistöckigen Primarschulhauses mit sechs Klassenzimmern nach den Plänen des einheimischen Architekten Karl Schweizer (1843–1912). Dieser hatte einen Massivbau über T-förmigem Grundriss entworfen, typisch für die Zeit vor der letzten Jahrhundertwende. Mit seinen reichen klassizistischen Stilelementen – griechischer Giebel über dem Eingang im als Risalit ausgestalteten Mittelteil der Nordostfassade, Stichbogenfenster im Keller- und Erdgeschoss, hochrechteckige Fenster im zweiten und dritten Geschoss, Eckquader im Sockelbereich, profilierte Gesimse und Fensteraufsätze, mit Balkenköpfen (Attrappen) und Kassettenmustern verzierte Dachuntersicht – dokumentierte es die zeitgenössische Auffassung bezüglich Dominanz von öffentlichen Bauten. Diese kommt nach der Restaurierung von 1997/98 wieder voll zur Geltung. Ebenso ist manch handwerkliches Detail erneut zu erkennen. Hingewiesen sei besonders auf den Schlussstein im Scheitel des hohen, mit Rundbogen geschlossenen Eingangs in der streng symmetrisch gegliederten seeseitigen Hauptfassade. Hier prangt als bemalte Steinhauerarbeit das alte Wädenswiler Gemeindewappen – die aufrecht stehende Schnalle mit Querstift – und darunter das Baujahr 1889.

1890: Einweihung mit Jugendfest

Das Schulhaus Eidmatt II – bis zum Bau des Schulhauses Eidmatt III in den Jahren 1994/95 bekannt unter der Bezeichnung «Neues Eidmattschulhaus» – wurde am Dienstag, 9. September 1890 mit kirchlicher Feier, Jugendumzug und Jugendfest eingeweiht. Dem im «Allgemeinen Anzeiger vom Zürichsee» vom 11. September 1890 publizierten Bericht über den Anlass, zu dem rund 2000 Leute erschienen waren, ist zu entnehmen, dass im Oberlicht des Haupteingangs ursprünglich das Bild Pestalozzis prangte. Erziehungsrat E. Schönenberger nahm in seiner Festrede darauf Bezug: «... Der Geist ist es, der lebendig macht! Und dieser Geist muss sein licht und rein. Wenn ich kurz sagen soll, wie ich das meine, möchte ich am liebsten hindeuten auf das Bild, das über dem Portal des neuen Schulhauses steht und in den letzten Tagen schon die Blicke vieler fesselte. Dort weilt Vater Pestalozzi unter seinen lieben Kindern. Dem einen hat er liebend die Hand aufs Haupt gelegt, und freundlich neigt er sich einem andern zu, das sein Anliegen vor ihn bringt. ... Möge auch in unserem neuen Schulhause diese Liebe walten, die ein herzliches Interesse nimmt am körperlichen, am ganzen geistigen Wohl des Kindes, mit ganzer Seele sich ihm widmet. Möge der Geist Gottes das Haus licht und rein halten!»
Der Tag der Schulhaus-Einweihung war – nach verregneter Chilbi und jetzt herrlichem Wetter - ein Festtag für ganz Wädenswil. Um fünf Uhr morgens marschierte die Harmoniemusik, einen Marsch blasend, strammen Schrittes durch die Dorfstrassen. Punkt sechs Uhr zeigten 22 Kanonenschüsse an, dass das Fest stattfinde. Im mit Fahnen und Flaggen dekorierten Dorf standen verschiedene Triumphbogen mit Sinnsprüchen: beim «Trauben» an der Seestrasse, beim «Schwanen» an der Zugerstrasse, an der Türgass beim «Höfli» und natürlich beim Schulhaus in der Eidmatt. Vor neun Uhr läuteten die Glocken zur Feier in der reformierten Kirche. Um 10 Uhr 15 folgten Kindergesangs-Aufführungen beim neuen Schulhaus. Nach einem Festumzug mit 16 kostümierten Gruppen am Nachmittag erhielten die Schulkinder einen Zvieri und konnten sich dann auf 32 Spielplätzen vergnügen. Die Erwachsenen kamen abends sieben Uhr im «Engel»-Saal zusammen, um den denkwürdigen Tag bei Speise und Trank, Reden und Toasts, Tanz, Musik- und Liedervorträgen ausklingen zu lassen.




Peter Ziegler