SIEDLUNGEN UND HÖFE IN DER AU

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2005 von Peter Ziegler

Im Jahrbuch 1999 wurde die Entwicklung des Weilers Stocken im Hinterberg Wädenswil dargestellt, und im Jahrbuch 2001 galt eine historische Untersuchung den Flurnamen und Höfen im Vorderberg, der einstigen Schulsektion Langrüti. Dieser Beitrag befasst sich mit den älteren Siedlungen und Höfen in der Au, der früheren Schulgemeinde Ort. Ausgangslage ist das Wädenswiler Bevölkerungsverzeichnis von 16341, das «Im Ort» folgende Höfe verzeichnet: Naglikon, Opflisau, In der Au, Im Steinacker, Am Schoren, Gebisholz, Obergwad und Hattenmoos. Dazu kamen noch Hangenmoos, Rüti, Holzmoosrüti, Büelen und Seefahrt, die heute nicht mehr dem Ortsteil Au zugerechnet werden.

NAGLIKON – DAS SPÄTERE UNTERORT

Als ältester überlieferter Name im Gebiet der heutigen Au gilt Naglikon. Schon die Endung dieses Namens, -ikon, ist auffällig. Sie steht in der gleichen Reihe wie Bendlikon, Rüschlikon, Zollikon oder Uetikon, die heute als alemannische Gründungen des 8. Jahrhunderts angesehen werden. Gebildet sind sie alle nach dem gleichen Muster: An einen Personennamen fügte man die Endungen -ing und -hofen (althochdeutsch -hovun) an, was soviel hiess wie bei den Höfen der Sippschaft oder Nachkommen der im ersten Glied genannten Person. Für Naglikon dürfte ein «Nagalo» in Frage kommen.2
Eine mit 1130 datierte Urkunde, die heute aber als spätere Fälschung gilt, nennt «Werin de Naglinchoven».3 Ein Ritter Arnold von Naglikon wirkte 1188 im Gefolge der Freiherren Eberhard und Rudolf von Wädenswil als Zeuge bei einem Vergleich über die Kirche Niederhasli mit.4 Und ein Diethelmus erscheint 1194 als Zeuge für das Kloster Einsiedeln. Er dürfte Benediktiner gewesen sein, da er in der Zeugenreihe unmittelbar hinter dem Kaplan des Abtes und vor den Leutpriestern der Ufnau und von Schübelbach sowie vor den weltlichen ritterlichen Zeugen aufgeführt ist.5 Im Jahre 1231 wird eine «A. matrona de Naglinchon» erwähnt.6 Sie ist die Schwester des damals schon verstorbenen Ritters Arnold von Naglikon und die Gattin des Zürcher Ritters Hugo Brun. Mit Jutzi von Naglikon, welche 1358 am Rennweg in Zürich wohnte, scheint das Geschlecht ausgestorben zu sein.7
Das in den verschiedenen Urkunden erwähnte Naglikon ist nicht identisch mit der heutigen, direkt am See gelegenen Häusergruppe. Das ursprüngliche «Nagelinchoven» lag an der alten Landstrasse Horgen-Wädenswil, beim jetzigen Weiler Unterort, der diesen Namen erst seit Ende des 17. Jahrhunderts trägt.8 Die Zürcher Karte von Hans Conrad Gyger aus dem Jahre 1667 zeigt diese Situation deutlich.
Der Chronist Johann Heinrich Bluntschli vermerkte 1741 in seinen «Memorabilia Tigurina», dass es in Naglikon früher einen «Burgstahl und Adel» gegeben habe.9 Auch Hans Jacob Leu erwähnt in seinem Schweizerischen Lexikon von 1758 den Weiler Naglikon. Er sei «ein Hof in der Pfarr und Zürcherischen Landvogtey Wädenschweil, alda ehemals eine Burg gestanden und Edle darvon sich geschrieben ... ».10 Der Standort der Burg Naglikon – wohl nur eines Wohnturms – ist bis heute nicht sicher bekannt. Am ehesten käme der nordwestlich der Häuser im Steinacher gelegene, steinige «Sandbüel» in Frage. Hier sollen gemäss Aufzeichnungen von Arnold Nüscheler ums Jahr 1800 viele Steine und ein silberner Sporn ausgegraben worden sein.11 Bodenforschungen auf dem Sandbüel sind bis jetzt unterblieben. Sie könnten aber unter Umständen wichtige Aufschlüsse über die Geschichte der Herren von Naglikon geben.
 
Das noch locker überbaute Gebiet in der Au auf der Gemeindekarte von 1903.

Wie stand es um die Verteilung des Grundbesitzes in Naglikon? Nirgends im Gebiet der Herrschaft Wädenswil hat Grund und Boden im Mittelalter so häufig die Hand gewechselt wie bei diesem Gut. Neben den Herren von Naglikon war hier im 12. Jahrhundert auch das Kloster St. Martin auf dem Zürichberg begütert. So bestätigten zwischen 1153 und 1155 Bischof Hermann von Konstanz und am 8. Februar 1158 Kaiser Friedrich 1. dem Kloster St. Martin auf dem Zürichberg Besitztum zu «Nagelinchoven».12 Aus dem Eigentum dieses kleinen geistlichen Stiftes ging vermutlich Land an das Prämonstratenser-Kloster Rüti über: Am 8. Juni 1250 bestätigte Papst lnnozenz IV. dem Kloster Rüti und unter anderem Besitz zu «Naglinchon».13 Auch das Zisterzienserkloster Wettingen war dort begütert. Jene Grundstücke gelangten später an die Fraumünsterabtei Zürich und durch sie im Jahre 1296 als Erblehen an das Johanniterhaus Bubikon.14 Die Johanniter zu Bubikon hatten bekanntlich schon im Juli 1287 die zwischen Meilibach und Mülibach und zwischen Zürichsee und Sihl gelegene Herrschaft Wädenswil samt allen Rechten und Pflichten erworben15 und waren jetzt darauf bedacht, den Grundbesitz in jenem Gebiet nach Möglichkeit zu erweitern und abzurunden.
Was geschah nach dem Aussterben des ritterlichen Geschlechts von Naglikon mit dessen Land? Am 9. September 1231 übertrug die Alleinerbin «A. matrona de Naglinchon» ihre väterlichen Erbgüter zu Naglikon der Fraumünsterabtei Zürich. Dies tat sie unter der Bedingung, dass die Grundstücke ihrem Gatten, dem Ritter Hugo Brun, und dessen Nachkommen um einen jährlichen Zins zu Erblehen überlassen werde.16 Noch 1439 wird ein Hof zu Naglikon als Erbe der Abtei Zürich erwähnt.17 Er wurde damals von Hans Pfister bewirtschaftet; Zinsbezugsrechte standen dem Zürcher alt Bürgermeister Rudolf Stüssi zu. Diesem gehörte seit 1434 bereits ein anderer Hof zu Naglikon, der damals an «die Meyeri, verpachtet war.18
Der Steuerrodel von 1455 macht mit den zu Naglikon wohnhaften Leuten der Johanniterkomturei Wädenswil bekannt. Der Weiler setzte sich aus neun Haushaltungen zusammen und war von etwa dreissig bis vierzig Personen bewohnt.19
Im Verlaufe des 18. Jahrhunderts setzte sich für den alten Weiler Naglikon die heutige Bezeichnung Unterort durch. Nur ein verhältnismässig kleiner Teil des ursprünglich weiträumigen Gebietes, das sich einst vom Meilibach bis gegen Opfisau und vom Zürichsee bis zum Hof Steinacher erstreckte, führte die traditionelle Namengebung weiter. Es sind dies die am Seeufer gelegenen Parzellen westlich der Halbinsel Au, welche zu Ende des 17. Jahrhunderts dem Schiffmann Heinrich Streuli und dessen Bruder, dem Fähnrich Hans Jakob Streuli, gehörten. Dieses Heimwesen «im Orth zu Naglicken in Wädeschwyl» – mit dem Wohnhaus Ass.-Nr. 1710 – ist 1682 in den Grundprotokollen erstmals erwähnt.20 1691 wird die zum Haus gehörende Schiffhütte genannt. Um 1750 entstand östlich des Altbaus am See ein zweites Gebäude (Ass.-Nr. 1708). 1908 gehörte dieses der Besitzerin des Schlosses Au, Fanny Moser-Sulzer, die es dem Gärtner Albert Hesse verkaufte.
Den Namenwandel zum heutigen Naglikon verdeutlichen folgende Belege: 1158 Nagelinchoven, 1188 Nagelinchon, 1194 Nagilinchon, 1296 Naglinkon, 1555 Naglikenn, 1667 Naglicken, ab 1758 Naglikon.21

OPFISAU – DER SPÄTERE BRUNNENHOF IM MITTELORT

Ebenfalls aus dem Mittelalter datiert der zweite wichtige Hof im Gebiet der Au: das gegenüber der Halbinsel beim heutigen Brunnenhof im Mittelort gelegene Opfisau. Auch hier verfügten im 13. und 14. Jahrhundert nebst Privaten eine Reihe von geistlichen Stiften über Grundbesitz: die Fraumünsterabtei Zürich, das Zisterzienserkloster Wettingen und das Johanniterhaus Wädenswil. Erstmals genannt wird «Ophangesowa» in einem Rodel der Abtei Zürich vom Jahre 1256.22 Damals gaben «H. Fuscus» und seine Frau ihr vom Fraumünster empfangenes Zinsgut in Ophangesowa auf, und die Abtei verlieh die Besitzungen um einen jährlichen Zins den Brüdern des Leutpriesters Rudolf von Wädenswil: Ulrich, Heinrich und Walther. Zu deuten ist der Hofname wohl als «Au», also Land am Wasser, das einem «Ophango» oder ähnlich gehörte.
Dem Wettinger Zinsurbar von zirka 1270 ist zu entnehmen, dass auch das Kloster Wettingen zu «Opphanxowe» begütert war.23 Am 5. November 1342 nahm Johannes Scherer von Wädenswil, der auf Lehengütern des Fraumünsters hauste, «die man nennet des Brunen Guot ze Opfensowe», vom Zürcher Dominikanerinnenkloster Ötenbach eine Hypothek auf und verpflichtete sich, dafür jährlich zwei Mütt Kernengeld zu entrichten. Im folgenden Jahr lud Scherer seinem Hof eine weitere Zinslast von einem Mütt Kernen (54 kg) auf.24 Seine prekären Verhältnisse stellen keinen Sonderfall dar: Hartmann Kryenbuel, ein Nachbar Scherers zu Opfisau, hatte soviel Schulden, dass er 1344 zu Gunsten seines Gläubigers, des Johanniterhauses Wädenswil, auf sein Gut verzichten musste.25 Auf dem Gut zu Opfisau des Johanniterordens lassen sich 1432 die Erblehenbauern Heini Keller und Ullmann Tollinger nachweisen. Sie mussten ausser dem jährlichen Zins respektable Mengen von Zürichseefischen abliefern. Andererseits hatten sie das Recht, in den zum Hof gehörenden Wäldern sämtliches Holz für ihren Eigenbedarf zu schlagen.26
Die Geschicke der Höfe zu Opfisau lassen sich über Jahrhunderte verfolgen. Um 1530 hatte ein Hans Bachmann den Hof zu Opfisau gepachtet.27 1555 erscheint der «oplisauwer haff» im Wädenswiler Frühmessurbar.28 1634 waren die Familien Rudolf Hottinger-Baumann sowie Rudolf Haab-Schäppi zu «Opflisau» sesshaft.29 Der Kartograph Hans Conrad Gyger hielt die Lage der Liegenschaft «Opflinsauw» in seiner zwischen 1664 und 1667 gezeichneten Zürcher Karte fest. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts befand sich das Heimwesen im Besitz von Heinrich Hottinger «im Ohrt» und umfasste das Wohnhaus, eine Trotte, eine Scheune, einen Schopf sowie zwei Jucharten Reben.30 Die Bezeichnung «Opfinsau» erscheint letztmals auf der Wädenswiler Quartierkarte von Johann Felix Vogler aus dem Jahre 1748.31 Dafür begann sich der Name «Brunnenhof» durchzusetzen. Möglicherweise knüpfte man an eine Tradition an, die nicht mehr verstanden wurde: Das «Brunen Guot» von 1342 wurde zum Brunnenhof.

Weiler Brunnenhof (oben rechts) - ehemals Opfisau - um 1970.

VOM HOF IN DER AU ZUM SCHLOSS AU

Die erste urkundliche Erwähnung der «Owe» – was Aue, Land am Wasser, bedeutet – datiert vom 16. März 1316.32 Der zu jener Zeit noch grösstenteils bewaldete Hügel war Eigentum des Johanniterordens, der in der Unteren oder Hinteren Au ein landwirtschaftliches Gut besass, welches Arnold Rebmann zu Lehen hatte. 1484 kam dieser Hof – er umfasste Haus, Hofstatt, Scheune, Baumgarten, Ackerland, Wiesen, Reben und den «Seewadel» (Ausee) – als Erblehen an Hans in der Au.33 Der Lehenmann war zugleich Aufseher über die Auwaldungen. Von den Nachkommen ging die Liegenschaft 1569 an Heinrich Scheller über34, dessen Erben das Gut noch 1591 innehatten. Zwischen 1591 und 1594 erwarb es Hans Ammann. Nach dessen Tod kam die Untere Au 1617 an den Sohn Ulrich, später an dessen Bruder Hans Rudolf Ammann (1581–1654), der sie 1651 dem Wädenswiler Bauern Streuli veräusserte. Dieser verkaufte das Gut noch im gleichen Jahr dem Zürcher Obersten Johann Rudolf Werdmüller (1614–1677), der 1650 verärgert aus venezianischen Diensten zurückgekehrt war und nun einen Landsitz suchte, wo er sich seinen Liebhabereien widmen konnte.35

Die für Oberst Johann Rudolf Werdmüller 1651 erbaute Villa auf der Hinteren Au um 1794.

Oberst Werdmüller – der spätere General – liess sich durch seinen Bruder, den Architekten Hans Georg Werdmüller, auf der Nordwestseite der Halbinsel Au eine Villa in venezianischem Stil erstellen, zu der Nebengebäude sowie ein Umgelände mit Reben, Ackerboden, Wiesland und Wald gehörte. Nach Werdmüllers Tod (1677) kam die Untere Au an den Sohn Hans Rudolf. Dieser verkaufte das Gut am 13. Dezember 1678 seinem Schwager, Junker Heinrich Bräm-Werdmüller. In dessen Familie vererbte es sich bis 1777. Dann machte die Zürcher Obrigkeit von einem Vorkaufsrecht Gebrauch, zog die Liegenschaft an sich und setzte Franz Heinrich Tobler (1748–1828) als Lehenmann ein. Dieser konnte das Landgut Au im Jahre 1790 zu Eigentum erwerben und 1816 dem jüngsten Sohn David Tobler (1790–1892) übertragen.36 Von ihm kam es 1856 an Major Karl Hartmann, 1881 an den Engländer Robert Drumond, 1887 an Fanny Moser-Sulzer und 1917 an Oberst Hans von Schulthess-Bodmer. Dieser liess 1928 das aus der Zeit des Generals Werdmüller stammende Hauptgebäude abbrechen und an seiner Stelle durch den bekannten Architekten Johann Albert Freytag (1880–1945) aus Thalwil die neubarocke Villa Schloss Au erstellen. Im August 1989 verkauften die Erben des Eric Alex von Schulthess-Rechberg das Schloss Au samt 26 Hektaren Umschwung und dem Ausee dem Kanton Zürich. Heute wird es von der Pädagogischen Hochschule Zürich genutzt.

IM STEINACHER

Zu den alten Hofsiedlungen in der Au zählt auch der Steinacher. Namengebend war hier entweder ein grosser Findling oder eher steiniger Untergrund. Der älteste Beleg findet sich in den Zürcher Steuerbüchern von 1402 mit «Uolrich Meijer am Steinaker».37 Im Jahre 1805 wurden auf dem Hof lastende Hypotheken gelöscht, welche 1508, 1511 und 1564 aufgenommen worden waren.38 Diese belegen ebenfalls ein hohes Alter der Siedlung. Erwähnt wird der Hof sodann 1534 als Besitz eines «Heini am Steinacher»39 und 1555 im Frühmessurbar der Kirche Wädenswil.40

Doppelbauernhaus Steinacher, erbaut 1730. Aufnahme von 1999.

Am Ende des 17. Jahrhunderts gehörte das Bauernheimwesen den Familien Hottinger und Eschmann. 1730 erstellten die Eschmann das heutige Doppelwohnhaus Vers.-Nrn. 1597/1598.41 Ein älteres, hölzernes Gebäude war 1782 im Besitz von Jakob und Johannes Eschmann. Es wurde nach 1804 abgebrochen.42 Bis 1819 blieb der Hof im alleinigen Eigentum der Eschmann. Dann wurde der Besitz geteilt. Der untere Hausteil kam an den Schwager Conrad Wälti in Enge, 1825 an Johannes und Heinrich Bürkli von Obermeilen, 1834 an Caspar Blattmann an der Leigass in Wädenswil, 1838 an Conrad Bär von Hütten, 1867 an David Treuberg von Bern, 1896 an Theophil Leuthold und dann an den Schwiegersohn Gottlieb Treichler-Leuthold von Schönenberg und 1922 an dessen Tochtermann Jakob Albert Hauser-Treichler, Landwirt im Feld Wädenswil. Er ist heute noch im Eigentum der Familie Hauser.
Der obere Hausteil gehörte bis 1853 der Familie Eschmann. Dann ging dieser Besitz an Heinrich und Gottlieb Haab aus dem Burstel über. 1867 wurde Gottlieb Haab-Eschmann Alleineigentümer des oberen halben Hauses, das seit 1889 dem Sohn Gottlieb Haab-Stocker gehörte. Seine Nachkommen bewirtschaften den Hof noch heute.

AM SCHOREN

Die Zürcher Steuerbücher von 1402 nennen einen «Hans Scharrer in der Ouw», bzw. einen «Johannes Schorer uss der Ouw».43 Sie dürften den Hof Schoren bewohnt haben, der 1484 als «am Schoren» erstmals nachgewiesen werden kann. Er stiess unten an den Zürichsee, im Südosten an den Hof zu Gebisholz, im Nordwesten an das Gut auf der Halbinsel Au.44 Damit lässt er sich in der Gegend des heutigen Oberorts und des Hofes Scheller lokalisieren, was auch die Karte des Zürcher Gebiets von Hans Conrad Gyger aus dem Jahre 1667 belegt. Der Begriff Schoren leitet sich vom mittelhochdeutschen «scharren» ab, was ragen, hervorragen bedeutet. Gemeint ist wohl damit das Delta des Schorenbaches, wie der Ortbach früher hiess.45 Die Karte des Wädenswiler Quartiers von Felix Vogler aus dem Jahre 1748 vermerkt Ober Ort/Schären und belegt damit den beginnenden Namenwechsel. Heute ist der Hof- und Flurname Schoren ausgestorben.

HOF GEBISHOLZ, NACHMALS OBERORT UND ZOPF

In der Gegend des heutigen Oberorts und des Weilers Zopf dehnte sich im Mittelalter das Gebisholz aus. Im Jahre 1270 gehörte die Waldung dem Kloster Wettingen.46 Noch bevor sie gegen Ende des 13. Jahrhunderts mit andern Wettingergütern in den Besitz des Johanniterordens überging, wurde ein Teil des Forstes gerodet. Auf diesem Neuland entstand die gleichnamige Hofsiedlung, die in den Steuerbüchern des 15. Jahrhunderts bezeugt ist. Ein «Heini von Gebisholtz» wird 1402 und 1404 erwähnt.47 1455 war ein «Cläwi Blattmann» zu «Gebisholtz» sesshaft, 1468 zu «Gäblissholtz» dessen Sohn Ueli Blattmann.48 1467 ist sodann ein «Ueli Vorster von Gebisholz» bezeugt, Vormund der Kinder des verstorbenen Junkers Hans Walter von Seengen, der dort eine Wiese, eine Weide und Holz besessen hatte.49 Der Bauernhof trug noch den Namen Gebisholz, als der Wald, der ihm einst den Namen gegeben hatte, längst vollständig gerodet war. Aber bereits 1654 verwendete man die Doppelbezeichnung «im Orth gnant Gäbis holtz».50 1767 findet sich die Nennung «im Gebisholz» wohl zum letzten Mal.51 Die verständlichere Neuschöpfung «Oberort bzw. «Zopf» hatte die alte, sinnentleerte Bezeichnung verdrängt.

Doppelbauernhaus Zopf – ehemals Gebisholz. Aufnahme von 1995.

Ein Eintrag im Grundprotokoll Wädenswil von 1710 erlaubt es, nebst dem Hof der Brändli im späteren Oberort noch einen zweiten Hof im Gebisholz zu lokalisieren: Heinrich Pfister besass damals einen Hausteil «im Zopf oder zu Gäbisholltz» genannt.52 Dazu gehörte die hintere Weide genannt «Appenthall». So hiess gemäss ältestem bekanntem Beleg damals das heutige Appital. 1733 bestand die Liegenschaft des Rudolf Pfister, nun Zopfmatt geheissen, aus einem Haus, Scheune und Trotte und aus Umgelände an Garten, Hanfland, Matten, Weide, Reben und Wald. Das Gut grenzte unten an die Landstrasse und oben an den Winterberg.53 1830 werden im «Zopf» auch eine Sennhütte, eine Trotte und Reben erwähnt.54 Zwischen 1751 und 1822 lautete der Name für das Heimwesen der Pfister durchwegs «Zopfmatt». Nach 1826 verwendete man den heutigen Kurznamen «Zopf».55 Er steht für einen Hof am Ende eines langgestreckten Grundstücks. Die Bauten des Weilers Zopf – das Doppelwohnhaus Vers.-Nr. 1572 stammt aus dem 17. Jahrhundert, die Scheune von 1819 und das Brennhaus von 1887 – erheben sich am Hangfuss der Mulde des Zapfbachs. Das einst zum Hof gehörende Trottwerk wurde 1853 geschlissen, eine Scheune 1885 und die Sennhütte 1886 abgetragen.56 Das heutige Erscheinungsbild des Wohnhauses Vers.-Nr. 1572 geht auf einem Umbau von 1864 zurück; das vorher verputzte Fachwerk wurde 1981 freigelegt.

GWAD

Der Reiseschriftsteller Markus Lutz berichtet 1827, das «Gwad» sei ein im Ortwacht-Bezirk der zürcherischen Gemeinde Wädenswil gelegener kleiner Weiler von fünf Wohnhäusern und zehn Nebengebäuden. Er zähle 61 Einwohner, die schöne Rebgüter besässen.57
Im südöstlich des Gebisholzes gelegenen Gwad waren im ausgehenden Mittelalter die Herren von Heidegg begütert58, 1454 ihre Rechtsnachfolger, die Herren von Seengen.59 Der Name «Gwatt» oder «Gewatt», wie das Gebiet 1484 genannt wurde, weist auf die Bodenverhältnisse hin: auf Sumpfgebiet und Riedland in Seenähe und entlang des Gwadbaches, des heutigen Zopfbachs.60 Das Terrain war lange Zeit siedlungsfeindlich. Die ältesten Bauten lehnten sich daher an den Hang, wie das aus dem 18. Jahrhundert stammende Bauernwohnhaus im Gwad 13. Das Untere Gwad wurde vorerst als Streuland und nach erfolgter Drainage landwirtschaftlich genutzt. Daran erinnert noch die 1879 gebaute Sennhütte der Senntengenossenschaft Gwad.61 Zu starker Bevölkerungszunahme im Gwad führte 1943 der Bau von 28 Häusern durch die Siedlungsgenossenschaft Gwad, nach Plänen der Architekten Hans Fischli und Oskar Stock.62

OBER GWAD UND STOFFEL

Zwischen Stoffel und Gwad liegt im abfallenden Gelände der alte Hof Ober Gwad. 1634 wohnte hier die Familie des Jagli Trinkler. Seine Nachkommen besassen die seit 1737 geteilte Liegenschaft bis 1805. Später kamen die Familien Oetiker, Welti, Pfister, Eschmann und Streuli ins bisweilen in Viertelanteile unterschlagene Haus. Erst die Familie Schneider konnte das ganze Gebäude wieder in ihren Besitz bringen. Das Wohnhaus Vers.-Nrn. 1556/1557 mit Erweiterung von 1795 dürfte noch aus dem 17. Jahrhundert stammen, das Keller- sowie das ökonomiegebäude mit einstiger Trotte aus dem 18. Jahrhundert. Die weiter entfernt stehende Scheune wurde 1877 gebaut.
Am Rand einer ausgedehnten Geländeterrasse oberhalb dem Gwad liegt der Hof Stoffel. Im Jahre 1689 gehörte er dem Jakob Schnyder. Als Lagebezeichnung wurde damals angegeben: «in dem Oberen Gwad oder Stoffel».63 Teil dieses Hofes war damals auch die Hottenmoos- oder Stoffelweid. Der Name Stoffel, der die hier geltende ältere Bezeichnung Ober Gwad zu verdrängen vermochte, geht möglicherweise auf jenen «Stoffel» Strickler-Trinkler zurück, den das Bevölkerungsverzeichnis von 1634 im «Hattenmaas» erwähnt. 1726 nahm Johannes Schnyder im Stoffel Geld auf für «ein nöüw gebauwen Hus mit der Schür und Bestallung daran».64 Dies dürfte das Baujahr des heutigen Wohnhauses Vers.-Nr. 1568 sein. Das angebaute Trotthaus wurde 1904 abgetragen. Die freistehende Scheune von 1879 ersetzte einen Vorgängerbau.
 

ORT UND AU

Im Bevölkerungsverzeichnis von 1634 taucht erstmals der Begriff «das Ort» auf. Er galt für das ganze Gebiet zwischen dem Meilibach und dem Krähbach, welcher das eigentliche Dorfgebiet im Westen begrenzte. Innerhalb dieses Raumes galten die an den Grundstücken haftenden, zum Teil Jahrhunderte alten Flurnamen. «Ort» bezeichnete sodann die spätestens 1711 gegründete und Ende 1925 aufgehobene selbständige Schulsektion. Der Begriff «Ort» lebte in Vereinsnamen weiter: Lesegesellschaft Ort, Männerchor Ort, Frauen- und Töchterchor Ort. Der Name Au wurde ursprünglich nur für die Halbinsel, die Bahnstation und den Postkreis verwendet und war zur Hauptsache ein administrativer Begriff, der im Fahrplan, im Telefonbuch und im Adressverzeichnis erschien. Die seit 1960 vermehrt zuziehende Bevölkerung hatte von den Nuancen zwischen «Au» und «Ort» keine Kenntnis und hielt sich an den administrativen Begriff, der mehr und mehr überhand nahm. Man wohnte nicht mehr im «Ort», sondern in der Au. Auch Vereine übernahmen die neue Version, so der Quartierverein Au oder die Schützengesellschaft Au.65
Die weitere Unterteilung in Oberort für Gebisholz, Mittelort für Opfisau und Unterort für das ursprüngliche Naglikon erfolgte ab Ende des 17. Jahrhunderts. Unterort und Oberort lassen sich seit 1698 nachweisen, Mittelort erst seit dem beginnenden 19. Jahrhundert.66

OBERORT

Als alte Einzelhofsiedlungen im heutigen Oberort sind das Bauernwohnhaus Apfelmatte von 1670, das Doppelwohnhaus Oberortweg 6 von 1685/ 1687, das 1786 in Fachwerkbauweise erstellte Bauernhaus an der Alten Landstrasse 29 und das aus dem 18. Jahrhundert stammende Wohnhaus Seestrasse 249 zu erwähnen. Wichtigster Grundbesitzer im Oberort war die Familie Brändli. Andreas Brändli – damals zu Gebisholz – besass 1654 zwei Häuser, eine Trotte, drei Scheunen, einen Speicher, eine Sennhütte und Umschwung an Wies- und Mattland, der 15 Kühen Sommer- und Winterfutter lieferte.67 Auch der Hof Apfelmatte war bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Besitz der Brändli. Und im Haus Vers.-Nr. 1614 an der Seestrasse 249 betrieb Hans Caspar Brändli um die Mitte des 18. Jahrhunderts eine Gerberei.68
 
Bauernhaus Ober Ort, erbaut 1786. Aufnahme von 1983.

Bauernhaus Apfelmatte, erbaut 1770. Aufnahme von 1995.

Doppelwohnhaus Oberortweg 6, erbaut 1685/87. Aufnahme von 1963.

GRUNDSTEIN

Im September 1778 verkaufte Hans Brändli «am Ort» dem Caspar Höhn aus der Rüti drei Jucharten Weide und drei Vierling Reben zu beiden Seiten der Landstrasse im «Ohrt». Auf diesem Grundstück wurde 1784 eine Scheune und 1786 ein Wohnhaus gebaut.69 Später erweiterte der Eigentümer seine Behausung um einen Anbau mit Presslokal. Die Bezeichnung «Grundstein» kam erst in den 1880er-Jahren in Gebrauch. Während drei Generationen, von 1786 bis 1877, blieb der Bauernhof im Besitz der Familie Höhn. Dann wurde er an Jakob Suter verkauft und ein Jahr später an den Landwirt Heinrich Stocker aus der Gisenrüti. Am 14. April 1882 brannte Stockers Haus im Mittelort bis auf den Grund nieder, und am 23. März 1887 wurde auch die Scheune ein Raub der Flammen.70 Heinrich Stocker baute das Wohnhaus wieder auf und betrieb darin eine Metzgerei mit Wirtschaft, die er «Zum Grundstein» nannte. Bald machte Stocker Konkurs, und das Heimwesen kam am 6. März 1890 auf die Gant. Der neue Eigentümer, Heinrich Hofmann von Pfäffikon SZ, hielt sich auch nicht lange. Schon im Sommer 1892 verkaufte er den «Grundstein» an Jakob Aebli. Der neue Wirt gliederte seiner Schenke ein grosses Tanzsaalgebäude mit Kegelbahn an, das am Neujahrstag 1893 eröffnet werden konnte. Nach Aeblis Tod im Herbst 1900 gab es wieder häufig Wirtewechsel auf dem «Grundstein». 1912 wurde die Wirtschaft aufgehoben; im Tanzsaalgebäude richtete man Wohnungen ein.
 

OB DER AU UND SCHELLER

Gegenüber der Rietliau liegt zwischen Seestrasse und Alter Landstrasse ein weiterer alter Hof, der einst Seeanstoss hatte. Er hiess ursprünglich «Ob der Au» und trägt heute den Namen Scheller bzw. Obstgarten. Ein Heini Scheller war schon 1569 in der Au sesshaft.71 Der Name geht auf «schellen, ertönen» zurück und bezeichnete einen lauten Menschen oder – in Wädenswil weniger wahrscheinlich – einen Ausscheller behördlicher Anordnungen.

Das Bauernwohnhaus Obstgarten (Vers.-Nrn. 1636/1637) im östlichen Teil des Weilers, das Stammhaus der Wädenswiler Familie Scheller, wurde laut Datierung im Kellertürsturz im Jahre 1669 gebaut. 1688 war Jakob Scheller «ob der Ouw» Eigentümer der Liegenschaft.72 Diese umfasste damals Haus, Scheune und Schweinestall, dazu Hanfland, Weide, Reben und Ried sowie Wald im Fuchsenbüel. Das Haus sei unlängst neu erbaut worden, wird weiter mitgeteilt und sei jetzt dem First nach geteilt. 1720 wohnten hier die Brüder Jakob und Caspar Scheller.73 Caspar Schellers Sohn Jakob betätigte sich 1771 als Schiffmann.74 Bis zum heutigen Tag, während mehr als 330 Jahren, ist die Liegenschaft «Ob der Au», wie sie noch die Wädenswiler Karte von 1903 benennt, im Eigentum der Familie Scheller geblieben. Ein seltener Beleg für Besitzes-Tradition. Der Name «Obstgarten» ist neueren Datums.
 
Bauernwohnhaus Obstgarten, erbaut 1669. Aufnahme von 1983.
Zum Weiler «Ob der Au» gehörte noch ein zweiter Althof. Hier wohnte ursprünglich die Familie Streuli. Das stattliche ehemalige Bauernhaus (Vers.-Nr. 1645) – heute Altersheim der Gemeinschaft Evangelisch-Taufgesinnter – wurde 1642 erstellt. Das Baujahr findet sich über dem Haupteingang und auf dem südlichen Kellerportal eingemeisselt. Der Landsitz – ein traufbetonter verputzter Massivbau unter Satteldach – zeigt mit seinem Gehabe, dass sein Erbauer der begüterten ländlichen Wädenswiler Oberschicht angehört haben muss. Die Initialen «CST BH» im Sturz der Rundbogentüre in der Hauptfassade geben Hinweise auf den Bauherrn und dessen Frau. Das Bevölkerungsverzeichnis von 1637 vermerkt «am Schoren» die Familie von Caspar Streuli und Barbe! Hänslerin mit den Kindern Verena (*1621), Barbeli (*1624), Susann (*1626), Caspar (*1630) und Hans (*1636).75
Bauernhaus Scheller, erbaut 1642. Aufnahme von 1983.

1749 liess Hans Heinrich Streuli nordwestlich des Hauptgebäudes ein Wasch- und Brennhaus erstellen. 1893 wurde es zum Wohnhaus (Vers.-Nr. 1647) umfunktioniert und präsentiert sich seit der Renovation von 1981 als stattlicher zweigeschossiger Satteldachbau mit einem Vollgeschoss über dem Kellergeschoss. Zum Hof gehörten sodann eine Sennhütte (1832 durch einen Neubau ersetzt) und eine Trotte, abgetragen 1893.
1826 war Johann Tobler von Zürich Eigentümer der Liegenschaft, die sich 1853 auf den Sohn Franz Tobler vererbte und nach zwei weiteren Besitzerwechseln 1893 von der Gemeinschaft Evangelisch Taufgesinnter erworben wurde. Diese nutzt das in den Jahren 1769, 1806 und letztmals 1860/70 umgebaute Wohnhaus als Altersheim. Neu entstand ein Versammlungsgebäude und 1906 als seeseitiger Hausteil ein Asylgebäude, das man 1914 durch einen Terrassenbau mit dem ehemaligen Bauernwohnhaus verband. 1978 konnte das moderne Gemeinschaftshaus im Westteil der Liegenschaft eingeweiht werden.

Ehemaliges Waschhaus Scheller von 1749. Aufnahme von 1983.

HALDENHOF

Einen Bauernhof Mittelort gab es nie. Siedlungskern war hier der alte Hof Opfisau und sein Nachfolger, der Brunnenhof. Ebenfalls im Mittelort, auf der ersten Geländeterrasse oberhalb das Bahnhofs Au, liegt der Haldenhof. Bevor in den 1830er-Jahren die Seestrasse gebaut wurde, führte hier die Landstrasse durch, die Hauptverbindung längs des linken Ufers. Die von der Strasse zurückgesetzten Bauten gruppieren sich am Fuss einer steil ansteigenden Halde, welche dem Gehöft den Namen gab. Gemäss Jahreszahl im Rundbogen des südlichen Kellereingangs wurde dass Bauernwohnhaus Haldenhof (Vers.-Nr. 1666) im Jahre 1679 gebaut. Allianzwappen und Initialen HH S AE weisen auf den Bauherrn Hans Heinrich Suter-Aeschmann hin. 1695 umfasste sein Hof folgende Bauten und Grundstücke: Haus, Trotte, Holzschopf, Schweinestall, zwei Scheunen; Garten, Hanfland, Weiden und Reben, Riedland am Fuss des Auhügels sowie Holz in der Schlieregg und in der Riedwies Horgen.76 Nach dem Tod des Armenpflegers Hans Caspar Suter wurden die vier Töchter und der Sohn Heinrich 1782 und 1786 vom Erbe ausgekauft, und die Söhne Rudolf und Jakob teilten das väterliche Heimwesen.77 1830 war ein Jakob Suter Eigentümer der Liegenschaft «im mittleren Ort», 1864 ein Heinrich Suter. Heute ist der Haldenhof im Besitz der Familie Hauser. Zur Hofgruppe gehören Nebenbauten: die Scheune von 1871 mit Pferdestall von 1914, der Schopf von 1924 und die seit 1895 als Waschhaus und Keller genutzte ehemalige Sennhütte.78
 
Bauernhaus Haldenhof, erbaut 1679. Aufnahme von 1999.
 

UNTERORT

Im Unterort, dem einstigen Naglikon, sind verschiedene ältere Bauten erhalten. Das älteste Bauernhaus (Vers.-Nr. 1735), seeseits der Landstrasse, wurde gemäss eingekerbter Jahreszahl am Tenntorsturz im Jahre 1625 erstellt. Laut Bevölkerungsverzeichnis von 1634 wohnten damals drei Familien Streuli in Naglikon. Als Erbauer und Eigentümer kommt Hans Streuli in Frage. Genealogisch lässt sich dann folgende Besitzerabfolge erschliessen79: 1654 Leutnant Heinrich Streuli, 1682 Fähnrich Hans Jacob Streuli und 1715 Schulmeister Heinrich Streuli. Letzterer stellte seine Stube in der Ostecke des Erdgeschosses als Schulraum zur Verfügung. Seit 1729 sind die Hauseigentümer im Grundbuch eindeutig zu ermitteln. 1729 ging die Liegenschaft an Wachtmeister Hans Heinrich Streuli über, den Sohn des Schulmeisters. 1750 und 1775 wechselte das Haus durch Kauf die Hand, blieb aber im Besitz der Familie Streuli bis 1861. Dann trat Johannes Bär-Streuli als Käufer auf, 1877 Caspar Höhn und 1898 Jakob Gattiker, ein Vorfahre des heutigen Eigentümers.

Bauernhaus Unterort, erbaut 1625. Aufnahme von 1997.

Die übrigen Wohn- und Ökonomiegebäude, welche den Weiler Unterort bilden, stammen aus dem 18. Jahrhundert. Das Doppelhaus Vers.-Nr. 1740/1741 wurde 1702 erstellt, das Bauernhaus Vers.-Nr. 1747 im Jahre 1709, das Bauernhaus Vers.-Nr. 1737 im Jahre 1710. Ebenfalls im 18. Jahrhundert dürften die Bauernhäuser Vers.-Nrn. 1722 und 1727 errichtet worden sein. Das zum Wohnhaus umgebaute ehemalige Waschhaus Vers.-Nr. 1749 datiert von 1730, die einstige Sennhütte Vers.-Nr. 1742 von 1762, der Speicher Vers.-Nr. 1739 aus dem 18. Jahrhundert und das frühere Trottgebäude Vers.-Nr. 1739 aus dem Jahre 1845.

Zum Wohnhaus umgebautes Waschhaus von 1730 im Weiler Unterort. Aufnahme von 1963.

Bauernhäuser aus dem frühen 18. Jahrhundert im Weiler Unterort. Aufnahme von 1963.

Durch den Weiler Unterort führte einst die Hauptstrasse Zürich-Chur.
 

MEILIBACH

Der Meilibach, der Unterlauf des Aabachs, bildet im nordwestlichen Teil der Gemeinde Wädenswil die Grenze zu Horgen.80 Erstmals erwähnt wird er 1331 als «Melbach». Damit hat der Name kaum etwas mit dem ennet dem See gelegenen Meilen zu tun, sondern geht eher auf einen Personennamen Mel, eine Abkürzung von Emanuel, zurück.81 Seit alter Zeit war der Meilibach gleichzeitig Territorial-, Hochgerichts- und Pfarreigrenze. Die Schreibweise des Namens änderte im laufe der Zeit verschiedentlich. 1366 war vom «Meilibach» die Rede und 1421 vom Meylembach.82 Meyers Ortsnamensammlung von 1849 führte ihn als Meilenbach auf.83 Die heutige offizielle Bezeichnung lautet Meilibach.
1879 übernahm Adalrich Schönbächler den Namen, der ursprünglich nur das Gewässer bezeichnete, für seine kurz zuvor eröffnete Wirtschaft.84 Nach der Lage in Bachnähe wurde in jüngster Zeit das neue Quartier «im Meilibachdörfli» im nordwestlichen Zipfel von Wädenswil benannt.




Peter Ziegler


ANMERKUNGEN

AAZ Allgemeiner Anzeiger vom Zürichsee DOZ Dokumentationsstelle Oberer Zürichsee StAW Stadtarchiv Wädenswil

1 StAZ, E 11 700.116.
2 Kläui Hans/Schobinger Viktor. Zürcher Ortnamen, Zürcher Kantonalbank, Zürich 1989.
3 Urkundenbuch der Stadt und Landschaft Zürich (ZUB), Bd. l, Zürich 1888, Nr. 279. - Zur Fälschung: Arnet Helene. Das Kloster Fahr im Mittelalter, Mittei­lungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. 62, Zürich 1995, S. 8ff.
4 ZUB l, Nr. 347.
5 Quellenwerk zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. l.l., Aarau 1933, S. 94.
6 ZUB l, Nr. 469.
7 Die Steuerbücher von Stadt und Landschaft Zürich, Bd. l, Zürich 1918, S. 91.
8 Pfister Jakob. Die Ortsnamen der Pfarrei Wädenswil, Wädenswil 1924, S. 39. - Vogel Friedrich. Memorabilia Tigurina, Zürich 1845, S. 438.
9 Bluntschli Hans Heinrich. Memorabilia Tigurina, Zürich 1741, S. 299.
10 Leu Hans Jacob. Schweizerisches Lexikon, 14. Teil, Zürich 1758, S. 11.
11 Zentralbibliothek Zürich, Nachlass Nüscheler, Ms. R 353, S. 68-72.
12 ZUB 1, Nr. 303, 312.
13 ZUB 2, Nr. 783.
14 ZUB 6, Nr. 2381.
15 ZUB 5, Nr. 1999.
16 ZUB 1, Nr. 469.
17 StAZ, F lla 456, BI. 138/139. - Urkundenregesten des Staatsarchivs des Kantons Zürich (URStAZ), Bd. 6, Zürich 2005, Nr. 8462.
18 StAZ, C II 14, Nr. 54. - URStAZ, Bd. 6, Nr. 7723.
19 Die Steuerbücher von Stadt und Landschaft Zürich, Bd. 3, Zürich 1941, S. 144.
20 StAZ, B XI Wädenswil 2, S 321 a.
21 Hess Daniel. Eine alte Namenlandschaft. Am Beispiel der Pfarrei Wädenswil. Ungedruckte Lizentiatsarbeit der Philosophischen Fakultät I der Universität Zürich, August 2002, S. 129.
22 Keller Albert. Aus der Geschichte der Herrschaft Wädenswil, 1. Teil, Neujahrsblatt der Lesegesellschaft Wädenswil für 1930, S. 29.
23 Staatsarchiv Aarau, Urbar Wettingen, S. 59/60.
24 StAZ, C II 11, Nr. 332, 344. - URStAZ, Bd. 1, Zürich 1987, Nr. 341, 412.
25 StAZ, C II 14, Nr. 18.
26 StAZ, C II 15, Nr. 83.
27 StAZ, C II 11, Nr. 1022.
28 StAZ, F llc 86, S. 5.
29 StAZ, E II 700.116, Bevölkerungsverzeichnis 1634.
30 StAZ, B XI Wädenswil 4, S. 344a.
31 StAZ, Plan O 73. - Ebenso 1738 als «Opflisau»: StAZ, E III 132.3, S. 645.
32 ZUB 12, Nr. 3399a.
33 StAZ, C II 14, Nr. 97, 100.
34 StAZ, F lla 428, S. 358/359.
35 Ziegler Peter. Die Au gestern - heute, Wädenswil 1990, s. 9 ff.
36 Auf der Maur Josef. Georg von Tscharner als Lehrling auf der Halbinsel Au, in: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1997, S. 81 ff. - StAZ, B XI Wädenswil 19.
37 Die Zürcher Steuerbücher, Bd. 2, Zürich 1939, s. 106.
38 StAZ, B XI Wädenswil 16, S. 450/451.
39 StAZ, C II 15, Nr. 81.
40 StAZ, F llc 86, S. 5.
41 Ziegler Peter. Häuser und Höfe im Wädenswilerberg. Kleine Schriften zur Zürcher Denkmalpflege, Heft 2, Zürich 1999, S. 71/72.
42 StAZ, B XI Wädenswil 16, S. 450/541.
43 Zürcher Steuerbücher Bd. 2, S 40, 105.
44 StAZ, F llc 88, Jahrzeiturbar 1555, S. 4.
45 Hess Daniel. Eine alte Namenlandschaft, S. 165. -Pfister. Ortsnamen, S. 15.
46 Staatsarchiv Aarau, Urbar Wettingen.
47 StAZ, C II 14, Nr. 39. - Zürcher Steuerbücher, Bd. 2, S. 105.
48 Zürcher Steuerbücher Bd. 3, S. 145; StAZ, B XI Wädenswil 5, S. 330.
49 StAZ, C III 1, Nr. 56.
50 StAZ, B XI Wädenswil 1, S. 70a.
51 StAZ, E III 132.9, S. 94.
52 StAZ, B XI Wädenswil 4, S. 456.
53 StAZ, B XI Wädenswil 5, S. 298.
54 StAZ, B XI Wädenswil 21, S. 97.
55 StAZ, B XI Wädenswil 19, S. 432; B XI Wädenswil 22, s. 73.
56 Stadtarchiv Wädenswil, IV B 59.6, Lagerbuch der Brandassekuranz, S. 989/990.
57 Lutz Markus. Beschreibung des Schweizerlandes, Bd. 2, Aarau 1827, S. 107.
58 König Albert. Zur Wirtschaftsgeschichte von Wädenswil im ausgehenden Mittelalter. Neujahrsblatt der Lesegesellschaft Wädenswil für 1945, S. 62.
59 StAZ, C III 1, Nr. 54, 56 (1467).
60 StAZ, C II 14, Nr. 97.
61 StAZ, B XI Wädenswil 318, S. 16-28.
62 Ziegler Peter. 50 Jahre Siedlung Gwad, in: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1993, S. 12-16.
63 StAZ, B XI Wädenswil 3, S. 218.
64 StAZ, B XI Wädenswil 5, S. 197.
65 Ziegler Peter. Geschichte der Au, Au 1966, S. 35/36.
66 Pfister. Ortsnamen, S. 96.
67 StAZ, B XI Wädenswil 1, S. 70.
68 StAZ, B XI Wädenswil 6, S. 263b.
69 StAZ, B XI Wädenswil 10, S. 463; B XI Wädenswil 12, S. 461.
70 StAZ, B XI Wädenswil 20, S 521; B XI Wädenswil 21, s. 173.
71 StAZ, C II 14, Nr. 543.
72 StAZ, B XI Wädenswil 3, S. 175.
73 StAZ, B XI Wädenswil 5, S. 111 a, 131 a, 260.
74 StAZ, B XI Wädenswil 8, S. 425; B XI Wädenswil 9, S. 296.
75 StAZ, E II 700.116. - Ziegler Peter. Allianzwappen an Wädenswiler Häusern, in: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2002, S. 91/92.
76 StAZ, B XI Wädenswil 4, S. 15c.
77 StAZ, B XI Wädenswil 17, S. 554/555.
78 Ziegler Peter. Häuser und Höfe, S. 47/48.
79 Ziegler Peter, Häuser und Höfe, S. 21/22.
80 Quellenwerk zur Entstehung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. 1.1., S. 194.
81 Hess Daniel. Eine alte Namenlandschaft, S. 50.
82 StAZ, C 1 2817; C II 14, Nr. 45.
83 Meyer Heinrich. Die Ortsnamen des Kantons Zürich, Zürich 1849.
84 StAZ, B XI Wädenswil 318, S. 552.