Alte Wädenswiler Familien und ihre Namen

Quelle: Gewerbezeitung Dienstag, 23. Juni 2020 von Peter Ziegler

In mehreren Folgen sollen einige alteingesessene Familien von Wädenswil, Schönenberg und Hütten gewürdigt werden. Es interessieren vor allem die erste Erwähnung, die Verbreitung und die Stellung der Familie in der Gesellschaft sowie die Deutung des Namens und, falls vorhanden, die Beschreibung des Wappens.

Steffan
Die Familie Steffen oder Steffan war im Dorf Wädenswil sesshaft. Die Steuerbücher von 1455 bis 1470 erwähnen Ruedy Steffen. Jost Steffen wohnte 1555 im Oberen Meierhof, Jakob Stephen 1657 auf dem Buck. Weibel Hans Steffan kaufte 1684 die Schmiedstube; Untervogt Heinrich Steffan besass im Jahre 1689 Güter im Mülibach Der 1684 erwähnte Jakob Stäffen war Fischer, Rudolf Steffen 1727 Gerber im Rothuus. Dass die Familie Steffan wohlhabend und in Wädenswil angesehen war, belegt das ab 1913 «Wellingtonia» geheissene Haus Luftstrasse 34, das der Kirchenpfleger Heinrich Steffan im Jahre 1752 bauen liess und das bis 1825 in Familienbesitz blieb. Der oberhalb des Hauses gelegene Hang hiess noch im 20. Jahrhundert Steffansrai. Auch das stattliche Weinbauernhaus «Zur langen Stege» – ursprünglich bezeichnet als an der Leigass gelegen – geht auf die Familie Steffan zurück. Auftraggeber für das 1728 bezogene Haus war Säckelmeister Heinrich Steffen. Der Besitz vererbte sich in der Familie und wurde 1817 von alt Präsident Heinrich Steffan-Hauser an Säckelmeister Jakob Brändli aus dem Oberort verkauft. Bekannte Vertreter der Familie sind der 1815 in Wädenswil geborene Landschaftsmaler Johann Gottfried Steffan, der ab 1833 in München lebte, wo er 1905 starb, und Johann Jakob Steffan (1790–1859) einer der Redner am Ustertag von 1830. Coiffeur Johannes Steffen kaufte 1894 das Café Central und wirtete auch hier. Noch heute sind Familien Steffen in Wädenswil ansässig. Der Familienname geht auf den Vornamen Stefan zurück, dieser wiederum auf den Märtyrer Stephanus und bedeutet Kranz oder Krone. Das Familienwappen ist geteilt von Rot mit schwarzem Halbadler und Blau mit drei übereinander angeordneten, sechsstrahligen, goldenen Sternen.
Steffen.

Stocker
Der Stocker ist ein Mann, der gefällte Bäume ausstockt. Ob der Familienname auf den in Wädenswil ab 1408 nachgewiesenen Flurnamen Stocken zurückgeht, ist nicht geklärt. Die erste Nennung der Familie findet sich im Steuerbuch von 1451. Hensli Stocker lebte 1461 im Unterort, das damals Naglikon hiess. Ein Melchior Stocker war 1548 auf dem Bühlhof sesshaft, 1634 wohnte eine Familie Stocker in der Gisenrüti, auf jenem Hof, der später das eigentliche Zentrum des Geschlechts bildete. Ein anderes Zentrum wurde der Hof Himmeri, wo sich die Stocker ab 1661 nachweisen lassen. Jakob Stocker hauste 1682 auf Nidersaum. Auch der Hof Gisibach war von 1634 bis 1739 im Besitz der Stocker. Ausserdem lebten Angehörige der Familie im Luft (1687) und an der Türgass (1688). 1646 wird der Wagner Jakob Stocker erwähnt, 1655 der Schneider Hans Stocker im Dorf, 1686 Bannwart Hans Ruedi Stocker, 1687 Kappenmacher Heinrich Stocker im Luft, 1735 Metzger Hans Stocker im Luft, 1766 Tischmacher Hans Stocker, 1783 Schiffsmann Heinrich Stocker an der Hinteren Lände. In den Eheregistern des 18. Jahrhunderts sind aus Schönenberg Familien Stocker erwähnt, die auf folgenden Höfen lebten: Wolfbüel (1704), Unter Wisserlen (1705), Nussbäumen (1721), bei der Tanne (1743), beim Brunnen (1745), Rotenblatt (1751), im Moos (1764), Chaltenboden (1772) und Chülpen (1788). Das Familienwappen zeigt in Rot einen schwarzen Falken auf grünem Baumstrunk.
Stocker.


Streuli
Die Familie Streuli wird in Wädenswil ab 1573 in den Quellen fassbar. Damals war sie im Unterort sesshaft, das damals Naglikon hiess und das eigentliche Zentrum der Familie wurde. Das 1625 von der Familie erstellte Bauernhaus im Unterort gehörte 1715 dem Schulmeister Heinrich Streuli, der in seiner Stube Schule hielt. 1634 wohnten im Unterort vier Familien Streuli: Jakob «Ströüli»-Hotz, Hans Heinrich Streuli-Fierz, Hans Jagli Streuli-Pfister und Hans Streuli-Weber. Im Schoren war im selben Jahr Caspar Streuli-Schweizer ansässig, der 1642 das Bauernhaus Scheller erstellen liess, im Hangenmoos Heinrich Streuli-Hofmann. Mit Rudolf Streuli-Herdener in der Rüti wird zudem jene Familie fassbar, die 1654 das heutige Bauernhaus baute und den Hof bis 1917 bewirtschaftete. Die meisten Angehörigen der Familie waren Bauern. Heinrich Streuli übte 1650 den Beruf des Baders aus, Schiffmann Heinrich Streuli erstellte 1682 das Heimwesen in Naglikon am See, Richter Heinrich Streuli widmete sich 1771 dem Käsehandel. In der Landvogtei und im Dorf Wädenswil bekleidete die Familie wichtige Ämter. Caspar Streuli im Ort amtete 1646 als Säckelmeister. Von 1654 bis 1675 stellte die Familie mit Hauptmann Hans Jakob Streuli den Untervogt der Herrschaft Wädenswil. Hans Streuli war 1682 Richter, Heinrich Streuli 1771 Landrichter, Säckelmeister Felix Streuli war 1781 einer der grössten Käsehändler der Gegend. Auch militärisch traten die Streuli in Erscheinung: Hans Jakob Streuli 1646 als Fähnrich, Untervogt Streuli 1658 als Hauptmann, Heinrich Streuli 1692 als Wachtmeister. 1825 eröffnete Johann Jakob Sträuli aus Horgen im Haus «zum Sonnenberg» in der Seferen eine Kerzengiesserei und Seifensiederei. Daraus entstand später die Seifenfabrik Sträuli an der Einsiedlerstrasse, die ab 1886 produzierte, in den 1990er Jahren schrittweise liquidiert und 2011 abgebrochen wurde. Der Familienname leitet sich vom mittelhochdeutschen Wort «stro» für einen Bauern oder Strohschneider ab. Das Wappen zeigt in Gold einen schwarzen Schrägbalken, belegt mit einer goldenen Garbe.
Streuli.

Strickler
Die Strickler sind ein altes Geschlecht aus der Gemeinde Richterswil, erstmals nachgewiesen 1391 mit Wernli am Strik. Er bewirtschaftete den Hof Strick in Samstagern, der seinen Namen von einem langen, schmalen Grundstück erhalten hatte. Von dort aus verbreitete sich die Familie in den Richterswiler Berg, wo sie in Hütten die Höfe Chneus (1512), Hängerten (1528) und 1568 Ottensegel, heute Segel, bewirtschafteten. Im 16. Jahrhundert kamen die Strickler nach Wädenswil und ins Gebiet von Schönenberg. Hans Strickler hauste 1564 zu Opfisau. Hans, Wernly, Rudolf und Konrad Strickler lebten 1568 auf dem Erblehenhof Rotenblatt. Im Bevölkerungsverzeichnis von 1634 wurden Strickler im Schwarzenbach, in der Täglischür, im Hottenmoos und im Dorf Wädenswil beim «Engel» erfasst. 1646 werden weitere Strickler im Bubheini, Haslaub, Rechberg und Säubad erwähnt und mit Heinrich Strickler ist die Familie 1661 auch im Burstel nachgewiesen. Im Ort lebten im Jahre 1646 der Säckelmeister Jakob Strickler und der Schuhmacher Heinrich Strickler. Ein anderer Heinrich Strickler verkaufte 1660 die Badestube im Dorf, Rudolf Strickler war 1663 Schiffmann und Hans Jakob Strickler bei der Säge 1684 Zimmermann. Das in der reformierten Kirche Wädenswil nicht vertretene Familienwappen zeigt auf goldenem Grund über grünem Dreiberg drei rote Rosen.

Suter
Der Familienname Suter oder Sauter leitet sich vom lateinischen Wort «sutor» ab und bedeutet Schuhmacher. 1555 wird Klaus Suter auf Rechberg erwähnt und 1634 hausten Suter im Büelen und im Unterort. 1664 wird Jakob Suter auf dem Hof Luggenbüel genannt. Hans Jakob Sauter, vermutlich sein Sohn, liess dort 1692 das neue Doppelwohnhaus erstellen und einen Quaderstein mit der Inschrift «HI 16 S 94 S» kennzeichnen. Die Liegenschaften Luggenbüel und der 1679 von Hans Heinrich Suter-Aeschmann erbaute Haldenhof im Mittelort waren Zentren der Familie Suter. Der Schneider Jakob Suter wohnte 1677 im Meierhof, Hans Heinrich Suter 1685 an der Türgass, der Armenpfleger Suter um 1800 Ob der Au, der Glaser Jakob Suter 1842 bei der Hintere Lände. Ab 1840 stellte Johann Jakob Suter an der Hinteren Lände Honigtirggel her und legte den Grundstein für die 1958 nach Schönenberg gezogene Biscuits Suter AG. In Schönenberg war die Familie Suter schon 1735 in der Täglischür, 1782 im Rotenblatt und 1785 auf Stollen vertreten. Das an einem Stuhl in der reformierten Kirche 1767 aufgemalte Familienwappen zeigt in Rot über grünem Dreiberg einen halben, goldenen Adler und einen goldenen, sechsstrahligen Stern in der oberen linken und unteren rechte Ecke.
Sauter.


Tanner
Die Tanner, die bei den Tannen Wohnenden, sind ein Geschlecht der Gemeinde Richterswil, wo sie schon ab 1344 erwähnt werden. Von dort breiteten sie sich in der Herrschaft und Landvogtei Wädenswil aus. Der Steuerrodel von 1470 nennt Steffan Tanner im Wädenswiler Berg. 1568 wird der Hof von Wernli Tanner an der Egg genannt. In Hütten verheiratete sich Christian Tanner, wohnhaft am «Wybet Seeli» – so der ursprüngliche Name des Hüttner Sees – im Juni 1665 mit Elisabeth Stocker aus Wädenswil.




Peter Ziegler