Schreibungen von Flur- und Strassennamen in Wädenswil
Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2009 von Martin Schlatter
Prominenter Wegweiser als Orientierungshilfe mitten in der Stadt Wädenswil.
Flur- und Strassennamen in Wädenswil
Ein bedeutendes Kulturgut fährt im Ortsbus mit
In der Stadt Wädenswil benennen über 400 Flur- sowie über 300 Strassennamen zahlreiche Örtlichkeiten und erleichtern als populäres Koordinatensystem die Verständigung und Orientierung. Wem ist in Wädenswil nicht schon der neue Bildschirm mit der Fahrgastinformation im Ortsbus aufgefallen, wo Flur- und Strassennamen die Namengeber für Haltestellen sind?
Geografische Namen tragen als wichtiges Kulturgut eine grosse Bedeutung. In Wädenswil wurden einige dieser Namen z.T. schon seit dem 13. Jahrhundert schriftlich aufgezeichnet. Diese Namen erlauben kulturgeschichtliche Rückschlüsse auf die damaligen Lebensgewohnheiten und die Bearbeitung des
Neue Fahrgastinformation im Ortsbus Wädenswil mit Flur- und Strassennamen als Bezeichnung von Haltestellen.
Kulturlandes. «Kalchtharen», heute mundartlich «Chalchtaren» geschrieben, existierte z.B. schon im 15. Jahrhundert und weist auf das Brennen und Trocknen von Kalk hin (vgl. Publikation von Prof. Dr. Ziegler im Jahrbuch 2006.1
Flurnamen für Gebäudeadressen
In der Schweiz legen Bevölkerung und Behörden grossen Wert darauf, dass Flurnamen in der Gebäudeadresse erhalten bleiben, was jedoch aus verschiedenen Gründen nicht immer umsetzbar ist. Bei den jüngsten Gebäudeadressierungen hat die Stadt Wädenswil versucht, soweit möglich diesem Anliegen Rechnung zu tragen. Einwohnerinnen und Einwohner, deren Adresse ein Flurname (z.B. «Hangenmoos») enthielt und durch eine Strassenbezeichnung (z.B. «Zugerstrasse») ersetzt wurde, können falls ein besonderes Bedürfnis dafür besteht, den Flurnamen2 auf der drittuntersten Zeile nach folgendem Beispiel weiterhin führen:
Vorname Name
Hangenmoos
Zugerstrasse Hausnummer
8820 Wädenswil
Schreibweise von Flur- und Strassennamen
Vorliegender Beitrag behandelt einen Detailaspekt von Flur- und Strassennamen, nämlich deren Schreibweise. Normierte3 Schreibungen spielen für die Suche in schweizweiten Adressverzeichnissen und in Navigationsgeräten sowie für den elektronischen Datenaustausch eine grosse Rolle. Das Thema ist hauptsächlich für Behörden relevant, welche die Schreibweise festlegen; die breite Bevölkerung reagiert höchstens, wenn eine neue Schreibweise unverständlich ist.
Es geht hier um die Schreibweisen von geografischen Namen, welche seit 2008 in der eidgenössischen Verordnung über geografische Namen neu geregelt sind.
Als Grundsatz gilt Art. 4:
1. Geografische Namen sind einfach schreib- und lesbar und werden allgemein akzeptiert. 2. Sie werden, soweit möglich und sinnvoll, in Anlehnung an die Standardsprache (Schriftsprache) der Sprachregion formuliert. 3. Geografische Namen und ihre Schreibweise dürfen nur aus öffentlichem Interesse geändert werden.
Schreibregeln gelten grundsätzlich für neue Namen. Die Schreibweise von Flur- oder Strassennamen soll nicht geändert werden, auch wenn sie Schreibregeln nicht entsprechen. In der Praxis zeigt sich, dass nach Änderungen der Anpassungsaufwand sehr gross ist und über Jahrzehnte unterschiedliche Schreibungen in der Landeskarte, in der amtlichen Vermessung sowie bei Strassen- und Stationsnamen resultieren.
In diesem Beitrag wird gezeigt, dass die Strassennamen in der Stadt Wädenswil einwandfrei geschrieben sind; dabei wird versucht Licht in die nicht immer ganz verständliche Schreibweise der Flur- und davon abgeleiteten Strassennamen zu bringen: z.B. «Pfannenstilstrasse» ohne -ie-.
Schreibweise von Strassennamen
Schreibregeln
Die Zuständigkeit für die Vergabe von Strassennamen und deren Schreibweise liegt bei der Stadt Wädenswil. Strassennamen werden in formeller Hinsicht entsprechend einer schweizweiten Schreibtradition resp. entsprechenden Regeln des Dudens geschrieben.
Für die Gemeinden in der Schweiz ist die von der eidgenössischen Vermessungsdirektion publizierte und von mir verfasste «Empfehlung Gebäudeadressierung und Schreibweise von Strassennamen»4, welche die Baudirektion des Kantons Zürich 2004 herausgegeben hat, eine geschätzte Hilfe. In der Empfehlung werden Beispiele und Abbildungen aus der in dieser Hinsicht mustergültigen Stadt Wädenswil verwendet.
In den folgenden Abschnitten werden die wichtigsten Schreibregeln für Strassennamen vorgestellt, wie sie von der Stadt Wädenswil auch konsequent angewendet werden.
Gross- und Kleinschreibung
Das erste Wort eines Strassennamens sowie die Substantive werden gross, alle übrigen Wörter dagegen gewöhnlich klein geschrieben.5
Obere Weidstrasse (nicht obere Weidstrasse).
Im unteren Baumgarten (nicht Im Unteren Baumgarten).
Nach den heutigen Schreibregeln im Duden müsste das Adjektiv in Strassennamen gross geschrieben werden, also «Im Unteren Baumgarten». Da in der Schweiz jedoch die Adjektive in Eigen- und Strassennamen in der Regel klein geschrieben werden, wird auf meine Anregung hin in der nächsten Dudenausgabe auf diese spezielle schweizerische Schreibpraxis hingewiesen werden.
Zusammen- und Getrenntschreibung
Zusammengesetzte Strassennamen schreibt man zusammen.
Oberdorfstrasse (nicht Oberdorf Strasse).
Friedberg - Str. als spezielle, traditionelle Schreibweise für Strassenschilder (heute Friedbergstrasse).
Bis Ende des 20. Jh. war es in der Schweiz üblich, in Strassenbeschriftungen auf Strassenschildern und in Plänen wegen der besseren Lesbarkeit das Bestimmungswort (z.B. «Friedberg») vom Grundwort «Str.», «Weg» resp. «Platz» mit einem Bindestrich zu trennen.
In der ganzen Schweiz hat sich heute durchgesetzt, die Strassenbezeichnungen auf Strassentafeln ohne diese Hilfs-Bindestriche zu schreiben und wo möglich auch «-strasse» auszuschreiben. Dieser neue Standard wir konsequent auf den modernen Multifunktions-Strassentafeln in Wädenswil angewendet.
Multifunktions-Strassentafel.
In der Schweiz werden Strassennamen, die die Ableitung eines geografischen Namens auf «-er» enthalten, gewöhnlich zusammen geschrieben.
Zugerstrasse (nicht Zuger Strasse).
Bis zur 22. Ausgabe des Dudens stand die in Wädenswil gebräuchliche Schreibweise «Zugerstrasse» im Widerspruch zur Regel des Dudens, wonach Strassennamen, die die Ableitung eines geografischen Namens auf «er» enthalten, getrennt geschrieben werden.
Seit der 23. Ausgabe enthält der Duden infolge meiner Anregung oben aufgeführte schweizerische Sonderregelung. In der Schweiz sind damit bestehende Namen wie «Zugerstrasse», «Aargauerstrasse» und «Winterthurerstrasse» einheitlich gemäss Duden geschrieben und auch bei der Vergabe von neuen Namen bleibt eine schweizweit einheitliche Schreibung erhalten.
Bindestriche
Strassennamen, die mit mehrteiligen Namen zusammengesetzt sind, schreibt man mit Bindestrichen.
Johannes-Hirt-Strasse (nicht Johannes Hirt-Strasse).
Moserstrasse (nicht Moser-Strasse).
Umlaute von A, O, U am Wortanfang von Strassennamen
Umlaute von A, O, U am Anfang von Strassennamen werden in den meisten Gemeinden als Ae, Oe, Ue geschrieben, innerhalb der Strassennamen immer ä, ö, ü.
Oedischwändstrasse (nicht Ödischwändstrasse).
Mundartschreibung
Auch bei Mundartschreibung soll immer «-strasse» resp. «-weg» geschrieben werden.
Töbeliweg (nicht Töbeliwäg), da auch beim Mundartnamen immer «-strasse» resp. «-weg» geschrieben werden soll.
Wenn auch bei Mundartschreibung auf die Grundwörter «-strass» und «-wäg» verzichtet werden soll, bereichern hingegen mundartliche Bezeichnungen von Gassen wie Türgass und Riselgässli die Welt der Wädenswiler Strassennamen.
Schreibweise von Flurnamen
Weisungen 1948
Die Flurnamen in den alten Wild-, Dufour- und Siegfriedkarten des 19. Jahrhunderts waren meist in enger Anlehnung an die Standardsprache (Hochsprache) geschrieben, z.B. «Kalchtharen», «Steinacker» usw. Nach dem zweiten Weltkrieg kam zur Stärkung der schweizerischen Identität der Wunsch auf, im Übergang von der alten Siegfriedkarte zu der neuen Landeskarte die Schreibungen der Flurnamen im Rahmen einer Harmonisierung zu revidieren.
Die Schreibung bestehender Namen mit geringer, lokaler Bedeutung sollte grundsätzlich in eine mundartliche Schreibweise geändert werden. Im langen Streit verschiedener Experten, wie lautnah und phonetisch mundartliche Namen denn geschrieben werden dürfen, konnte der ETH Professor für Kartografie Eduard Imhof mit den Schreibregeln Weisungen 1948 einen Kompromiss herbeiführen. Man einigte sich auf eine speziell für Karten ausgelegte, gemässigte mundartnahe Schreibweise, welche für ihren allgemeinen Verwendungszweck bewusst nicht so mundartgetreu ausgelegt ist wie z.B. eine in Mundart geschriebene Geschichte, ein Gedicht oder ein Lied. Reine mundartliche Schreibungen waren bereits 1948 bekannt und wurden wegen dem speziellen Verwendungszweck nicht verwendet.
Eduard Imhof (1895–1986), ETH Professor für Kartografie.
Eduard Imhof, weltweit bekannt für sein Flair für ästhetisch schöne Karten, erkannte zu Recht, dass in der deutschsprachigen Schweiz ein Nebeneinander von standardsprachlich und mundartlich ausgerichteten Namen nicht zu vermeiden ist. Ebenfalls musste auf die normalen Kartenbenutzer Rücksicht genommen werden, welche keine Mundartspezialisten und mit dem an die Standardsprache anlehnenden Schriftbild vertraut sind.
Gemäss Weisungen 1948 wird das für das Schweizerdeutsche charakteristische -ch- (standardsprachlich -k-), soweit -ch- gesprochen wird, auch als -ch- geschrieben: aus einem «Steinacker» wurde ein «Steinacher». Ein «Bühl» wurde daneben als «Büel», eine «Mühle» als «Müli» und ein «Haus» als «Hus» geschrieben.
Da man mundartlich geschriebene Namen eher als einzelne Buchstaben liest, wurde aus einem «Wies» ein «Wis» und aus einem «Stiel» ein «Stil», obschon Eduard Imhof vorgeschlagen hatte, die Schreibweisen «Wies», «Stiel» usw. unverändert zu belassen.
Siegfriedkarte ca. 1930 mit Steinacker.
Aktuelle Landeskarte mit Steinacher: aus -k- wurde nach 1948 ein -ch-. Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA091368).
Regeln zur Mundartschreibung
Zwei wichtige Regeln der Weisungen1948 zur Mundartschreibung lauten:
Allgemein vertraute, häufig vorkommende Namenwörter, die in gleicher Form auch schweizerdeutsch sind, z.B. Berg, Feld, Weg, Grat sind der schriftsprachlichen Form in der Regel zu belassen (nicht Bärg, Fäld, Wäg, Grot).
Das in der herkömmlichen Schreibweise, die unbetonte Endsilbe deckende, meist nicht gesprochene -n wird geschrieben in Wörtern wie Stalden, Schachen, Boden, Graben, Halten, Schmitten, Gummen, Luegeten, Studen, Rütenen, Bärenboden, Rotenberg, Schönengrund und Altenburg.
Etwa 40% aller Gemeinde-, Strassen-, Orts- und Flurnamen beinhalten als traditionelle Schreibweise das in obiger Regel erwähnte nicht gesprochene -n. Ein «en» sprechen wir in Mundart automatisch als Laut zwischen einem «e» und einem «ä» aus (so genanntes «Schwa» [ə]). Isoliert betrachtet mag dieses -n als mundartliche Schreibweise allenfalls etwas unverständlich erscheinen, entspricht jedoch dem vertrauten Schriftbild und wird in der Regel in Flur-, Strassen- und Haltestellennamen geschrieben.
Beispiele von mundartlichen Flurnamen in Wädenswil, welche dieses nicht gesprochene -n enthalten:
- Bachgaden
- Halden
- Beichlen
- Hangenmoos
- Chalchtaren
- Hottenmoos
- Chotten
- Lätten
- Dächenwis
- Muggeren
- Felsenmatt
- Luggenbüel
- Fuchsenbüel
- Rötiboden
- Gerenholz
- Steinacher
- Gisenrüti
- Stocken
- Gulmen
- Untermosen
Auch «Staubenweidli» und «Im Boden» sind berechtigte Mundartschreibweisen.
Siegfriedkarte ca. 1930 mit Kalchtharen, Luggenbühl, Stocken, Neubühl und Ödischwend.
Aktuelle Landeskarte 2008 mit Chalchtaren, Luggenbüel, Stocken, Neubühl und Ödischwend (die letzten beiden Ortsbezeichnungen werden heute leider uneinheitlich geschrieben). Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA091368).
Anwendung der Weisungen 1948
Die Zuständigkeit für die Festlegung der Orts- und Flurnamen und deren Schreibweise liegt bei der kantonalen Nomenklaturkommission, welche eng mit den Gemeindebehörden zusammen arbeitet. Im Kanton Zürich werden die Namen konsequent gemäss den Weisungen 1948 geschrieben und es wurden dabei recht gute Erfahrungen gemacht. Die Schreibung von Flurnamen in gemässigter Mundart stösst bei der Bevölkerung und bei den Gemeinden auf allgemeine Akzeptanz.
Die Weisungen 1948 haben sich in verschiedenen Kantonen bis heute dank der gemässigten, kartengerechten Mundartschreibung als bewährte Regeln für eine einfach schreib- und lesbare sowie universell verwendbare Schreibweise für Flurnamen ausgezeichnet. Nach Weisungen 1948 geschriebene Flurnamen eignen sich meist auch für die Schreibung als Strassen- und Haltestellennamen.
Gemässigt geschriebene Mundartnamen sind heute allgemein akzeptiert. Di alt Fabrik gehört heute als Eigenname zu einer allgemein vertrauten Mundartschreibweise in Wädenswil.
Mundartlich geschriebene Flurnamen sind in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer schweizerischen Tradition geworden.
Die meisten Probleme bei der Schreibung von Flur- und Strassennamen sind auf die generelle Problematik der Schreibung von Mundart zurückzuführen, verbunden mit der Kostenproblematik und mangelnder Koordination beim meist unerwünschten Ändern der Schreibweise.
Der kulturelle Wert von Flur- und Strassennamen hängt nicht von der gewählten Schreibweise ab. Auch wenn das Erkennen der Bedeutung eines Flur- oder Strassennamens nicht im Vordergrund steht, kommt diese mit einer Schreibweise mit einer möglichst grossen Anlehnung an das vertraute Schriftbild der Standardsprache sogar besser zum Ausdruck, als bei einer ausgeprägt lautnahen phonetischen Schreibweise.
Dank der Anwendung der Weisungen 1948 können die Flurnamen in Wädenswil in den meisten Fällen auch für Strassen- und Haltestellenbezeichnungen unverändert verwendet werden.
Rietwis als Schreibweise für Flur- und Strassenname.
Dächenwis als Schreibweise für Flur- und Strassenname.
Übereinstimmung der Schreibweisen verschiedener geografischer Namen
Im vorhergehenden Kapitel wurde hervorgehoben, dass Flurnamen nach Schreibweise Weisungen 1948 in der Regel auch für Strassen- und Haltestellennamen übernommen werden können. Die Gemeinden plädieren dafür, dass für eine bestimme Örtlichkeit eine einzige Schreibweise existiert, da sonst Unsicherheiten bestehen und Probleme bei der Beschriftung auf Karten und Plänen auftreten.
Die Übereinstimmung der Schreibweise von Flur- und Strassennamen ist nicht in allen Fällen möglich, da Flurnamen grundsätzlich eher mundartlich, Strassen- und Stationsnamen eher standardsprachlich ausgerichtet sind.
Nur in wenigen Fällen muss in der Stadt Wädenswil auf die Übereinstimmung der Schreiweise der Flur- und Strassennamen verzichtet werden.
Anstelle Chliweidweg wird als Strassenbezeichnung die Schreibweise Kleinweidweg verwendet.
Die Schreibrevision von 1948 war ein recht grosser Eingriff in die Schreibung der Orts- und Flurnamen, da die Schreibweise zahlreicher Namen geändert wurde. Besonders grosse Probleme traten bei bedeutenden Namen auf, deren Schreibweisen etabliert war wie z.B.:
Stadt Zürich:
Pfaffhausen/Pfaffhusen
Entlisberg/Äntlisberg6 *
Gemeinde Meilen:
Pfannenstiel/Pfannenstil
Stadt Wädenswil:
Neubühl/Neubüel *
Oedischwend/Oedischwänd/
Ödischwend *
Fett: etablierte Schreibweisen
* heute mehrere Schreibweisen
Meist wurde bei Änderungen der Schreibweise der grosse Anpassungsaufwand sowie auch die fehlende Akzeptanz von Bevölkerung und Behörden für neue Schreibweisen unterschätzt.
Im Kanton Zürich wurde zwischen ca. 1960 und 1980 die Schreibweise einiger Orts- und Flurnamen wegen mangelnder Akzeptanz wieder rückmutiert, z.T. unkoordiniert entweder nur in der Landeskarte oder nur in der amtlichen Vermessung. Unterschiedliche Schreibweisen in der Landeskarte und der amtlichen Vermessung sind auch heute noch leider viel zu oft anzutreffen (z.B. Neubühl/Neubüel).
Übersicht über die Schreibweisen einiger geografischer Namen in Wädenswil
vor 1948
Landeskarte
Amtliche Vermessung
Strassenbezeichnungen
Haltestellennamen
Appithal
Appital
Appital
Appitalstrasse Appitalweg
Appital
Beichlen
Beichlen
Beichlen
Beichlen
Beichlen
Eichmühle
Eichmüli
Eichmüli
Eichmüli Eichmüliweg
-
Fuhr
(Fuur/Fuhr)
Fuhrstrasse Fuhrweg
-
Himmelreich
Himmeri
Himmeri
Himmeri Himmeriweg
-
Kalchtharen
Chalchtaren
Chalchtaren
Chalchtarenstrasse
Chalchtaren
Kleinweidli
Chleiweid
Chliweid
Kleinweidweg
-
Krähbach
(Chrääbach)
-
Krähbach
Langwies
-
Langwis
Langwisweg
Letten
(Lätten)
(Lätten)
Lättenweg
Lätten
Mühlebach
(Mülibach)
(Mülibach)
Mühlebach-strasse, -weg
Mühlebach
Neubühl
Neubühl
Neubüel
Neubüelweg
Neubühl
Neuhausrain
Neuhusrain
Neuhusrain
-
-
Oedischwend
Ödischwend
Oedischwänd
Oedischwänd-strassse
Oedischwend
Röthiboden
Rötiboden
Rötiboden
Rötiboden-strasse
Rötiboden
Steinacker
Steinacher
Steinacher
Steinacherstrasse
Linke Spalte:
Historische Schreibweisen vor 1948
Übrige Spalten:
Aktuelle Schreibweisen Unterschiedliche aktuelle Schreibweisen sind kursiv
Namen in Klammern:
werden heute nicht mehr kartiert
Problemfälle
Wie zu Beginn erwähnt finden wir in Wädenswil eine einwandfreie Schreibung der Strassennamen vor. Probleme existieren einzig bei der Übereinstimmung der Schreibweisen von geografischen Namen.
Büelenweg oder Buelenweg?
Buelenweg ist die einzige mir bekannte Wädenswiler Strassentafel, bei der die Schreibweise nicht mit der offiziellen Schreibweise (Büelenweg) übereinstimmt.
Pfannenstilstrasse oder Pfannenstielstrasse?
Pfannenstilstrasse (nicht Pfannenstielstrasse), da um das Jahr 1970, als die Pfannenstilstrasse nach der Bergkette oberhalb von Meilen benannt wurde, deren Schreibweise auf der Landeskarte Pfannenstil lautete.
Landeskarte 1955–1970 mit Pfannenstil. Die traditionelle Schreibweise Pfannenstiel hätte nicht in Pfannenstil geändert werden dürfen, da es sich um einen Namen mit grosser Bedeutung handelt.
Nach 1970 wurde der Pfannenstiel wieder mit -ie- geschrieben. Eine Umbenennung der Pfannenstilstrasse auf Pfannenstielstrasse in Wädenswil empfiehlt sich wegen den hohen Umstellungskosten nicht. Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA091368).
Neubüel oder Neubühl?
Die mundartliche Schreibweise «Büel» für «Bühl» ist heute allgemein akzeptiert und verbreitet.
«Neubüel» ist die mundartliche Schreibweise in der amtlichen Vermessung sowie für den «Neubüelweg», den Werkhof, das Restaurant, den Tennisclub und für die Gewerbeausstellungen.
Die traditionelle Schreibweise «Neubühl» wird dagegen auf der Landeskarte, der Haltestelle sowie auf Wanderwegbeschriftungen verwendet.
Flurname Neubüel und Neubüelweg auf dem Stadtplan im Internet7.
Werkhof Neubüel
Restaurant Neubüel.
Neubühl in der Landeskarte. Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA091368).
Zirka 1955 wurde die traditionelle Schreibweise Neubühl sowohl in der amtlichen Vermessung als auch auf der Landeskarte in Neubüel geändert. Nach 1970 wurde die Schreibweise Neubüel auf der Landeskarte wieder in Neubühl zurückmutiert.
Haltestellenname Neubühl.
Die Änderung der Schreibweise des Haltestellennamens steht aus finanziellen Gründen nicht zur Diskussion, da zudem auch die Schreibweise mit derjenigen der Landeskarte übereinstimmt.
Neubühl als Ortsbezeichnung auf dem Wanderwegweiser (grundsätzlich wird die Schreibweise der Landeskarte übernommen).
Neubühl auf dem Wanderwegweiser.
Dieses Beispiel zeigt, wie weit ein geografischer Name verbreitet sein kann und dass Änderungen der Schreibweisen von geografischen Namen in der Praxis zu grossen Problemen führen.
Die unterschiedlichen Schreibweisen «Neubühl»/«Neubüel» sowie «Oedischwend»/«Oedischwänd»/ «Ödischwend» sind in Wädenswil Relikte von Änderungen der Schreibweisen von Flurnamen. Bei diesen Unschönheiten handelt es sich glücklicherweise nur um Einzelfälle, mit denen Wädenswil bis jetzt leben konnte.
Schreibweise des Ortsnamens Au
Der Ortsname «Au» wird auf der Landeskarte als «Au» kartiert und erscheint als «Au» oder «Au (Wädenswil)» auf Ortsschildern.
Schreibweise des Ortsnamens Au auf Ortsschildern an Nebenstrassen.
Schreibweise des Ortsnamens Au (Wädenswil) auf Ortsschildern an Hauptstrassen.
Dieser Wegweiser würde besser mit Au (Wädenswil) als Au - Wädenswil beschriftet.
Poststelle und postalische Ortschaft 8804 Au ZH als Schreibweise für Adressen.
Bahnstation Au ZH (Schreibweise identisch mit postalischer Ortschaft).
Au (ZH) ist eine nicht mehr verwendete Schreibweise der Bahnstation Au ZH.
Künftige Schreibung der Namen in Wädenswil
Wie die geografischen Namen in Wädenswil in ein paar Jahrhunderten geschrieben werden, wissen wir nicht. In der Vergangenheit wurde die Schreibweise des Ortsnamens Wädenswil oft geändert8:
1130 Wadinswilere = Weiler des Wado oder Wadine
1150 Wadinswilare
1224 Wediswile
1263 Wediswil
1415 Wedenschwil
1420 Wedeswil
1494 Wediswyl
1522 Waedenschwyl
1576 Waedenschweil
1632 Waedischweil
1667 Wädischwyl 1780 Wätteschweil
1850 Wädensweil (Wildkarte)
1903 Wädenswil
Wädensweil auf der Wildkarte ca. 1850.
Eduard Imhof betonte, dass wir zwei Sprachrealitäten vorfinden: eine geschriebene Sprache («Wädenswil») und eine gesprochene Sprache («Wättischwil», «Wädischwil» oder einfach «Wädi»). Die gesprochene Sprache ändert sich heute wesentlich schneller als die geschriebene, welche in Zukunft vermutlich viel stabiler sein wird als in der Vergangenheit. Eine exakte Übereinstimmung zwischen gesprochener und geschriebener Sprache wird es auch bei Flurnamen nicht geben, auch wenn diese grundsätzlich in der ortsüblichen Sprechweise geschrieben werden; schon gar nicht bei den Ortsnamen, sonst müsste auch die Schreibweise von «Wädenswil» auf «Wädischwil» geändert werden.
Die Orts-, Flur- und Strassennamen in Wädenswil überdauern viele Generationen. Freuen wir uns an diesem wichtigen Kulturgut auf der Karte, auf Schildern und im Ortsbus und belassen wir die Schreibweisen wie sie sind.
Martin Schlatter
Quellen- und Literaturnachweis
1 Peter Ziegler, Von Flur-, Haus- und Strassennamen, in: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2006 2 Der Flurname ist nicht Bestandteil der Gebäudeadresse 3 Normierte Schreibungen betreffen bei Strassennamen vor allem formelle Regeln wie z.B. Gross- und Kleinschreibung, während bei Flurnamen sich die Normierung auf gewisse Regeln für die Schreibung von mundartlichen Namen konzentriert. Unter Normierung wird nicht verstanden, dass ein Name in der ganzen Schweiz immer einheitlich geschrieben werden müsste (horizontale Harmonie). Grundsätzlich wird jedoch eine einheitliche Schreibung einer bestimmten Örtlichkeit angestrebt (vertikale Harmonie).