Kaffeehausgeschichten

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2015 von Ingrid Eva Liedtke

Wenn ich an Kaffeehäuser denke, beginne ich zu träumen. Bilder vergangener Zeiten steigen in mir hoch. Bohémiens, die sich treffen zum Austausch im Wiener «Central», im legendären Pariser «Les Deux Magots» und auch im Zürcher «Odeon». Viele dieser Orte haben eine imposante Kulturgeschichte zu erzählen, andere sind Zeugen kleiner, alltäglicher Dramen und Geschichten.
Die kleine Stadt Wädenswil hat eine stolze Anzahl Cafés. Gleich drei neue Lokale haben im letzten Jahr eröffnet und alle haben ihre gute Kundschaft gefunden mit ihrem eigenen Stil und individuellen Angebot. Ob man sich im «Café City» trifft zum Mittagessen oder zur Lesestunde im «Kafisatz», zum Tee und zu selbstgemachtem Süssen im «Glettise», im «Brühnett» bei der ausgebildeten Barista, im «Café Brändli» beim Bahnhof oder auch im Gartenkafi «Giardino», das während der warmen Jahreszeit von der Stiftung Bühl betrieben wird, überall kommen Menschen zusammen.
In den Kaffeehäusern von Wädenswil spielen sich menschliche Geschichten ab, und deren Besitzer hätten vieles zu erzählen. Ich habe ein paar von ihnen besucht und musste erfahren, dass manche Geheimnisse bei ihnen wohlgehütet sind.

Café City

Seit 27 Jahren gibt es das «Café City» im Stadtzentrum von Wädenswil. An diesem wirklich heissen Sommermorgen, um halb elf, sind die meisten Aussentische besetzt. Das Ehepaar Strickler ist, wie immer, mit dieser Mischung aus Professionalität und südlicher Leichtigkeit im Einsatz. Die Chefin, die immer ein Lachen in ihrem hübschen Gesicht hat, nimmt die Bestellung auf und ein Hauch von Italianita weht über der Szenerie. Stammgäste kommen und gehen genauso wie Passanten, die sich nach ihren Einkäufen eine Erfrischung genehmigen. Man schätzt die äusserst freundliche und professionelle Bedienung eines gut eingespielten Teams und das marktfrische und reichhaltige Angebot. Von bis zu acht Mittagsmenus und à la Carte-Leckereien, über hausgemachte Kuchen und einer Premium Tee- und Kaffeeauswahl bis zu den üblichen Erfrischungen gibt es alles zu vernünftigen Preisen.
Dahinter steht eine jahrelange Erfahrung und vor allem ein Menschenbild, das jeden Gast als gleichwertig akzeptiert. «Wir sind offen allen Menschen gegenüber. Schlussendlich sitzen wir alle im selben Boot. Verständlich auch, dass so mancher sein Gläschen Wein lieber bei uns trinkt als alleine zuhause.»
Das« City» ist ein Ort, wo man die Seele baumeln lassen kann. «Hier spielt sich Leben ab. Wir könnten Bücher darüber schreiben», meint Herr Strickler mit vielsagendem Lächeln und die Leidenschaft für Beruf und Leute ist spürbar.
«Café-City», Zugerstrasse 23, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 07.00–19.00, Samstag: 07.00–17.00, Sonntag: 09.00–17.00 Uhr. Wechselnde Kunstausstellungen.

Kafisatz

Weil mich Bücher magisch anziehen, ist das «Kafisatz» eines meiner Lieblingskaffees. Es ist Kaffeebar und Buchhandlung in einem und ein wenig Bibliothek, denn es liegen immer Ansichtsexemplare zum Lesen bereit. Yvonne Flüeler und Claudia Rota sind alteingesessene Wädenswilerinnen, kennen Gott und die Welt und sind seit 25 Jahren befreundet. Ihre persönlichen Leidenschaften und ihr Können haben sie im «Kafisatz» vereint. Die gelernte Papeteristin und erfahrene Gastronomin und die Buchhändlerin haben sofort zugepackt, als ihnen das Lokal der ehemaligen Buchhandlung Ramensperger angeboten wurde.
Ein Kaffee mit Büchern, diese Verbindung fanden die beiden überzeugend als neues Konzept für diesen einmaligen Ort. Der Erfolg gibt ihnen Recht. Viele Wädenswiler treffen sich im «Kafisatz». Die Klientel ist multikulturell, das Bücherangebot auf dem beschränkten Raum ebenso. Vertreten sind Schweizer Autoren, Aktuelles, Living Style, Jugend- und Kinderbücher und Biographien. Alles andere kann bestellt werden. Das selber gestaltete Interieur ist gemütlich, hell, jung und frisch. Zauberhafte kleine Fensternischen mit gemütlichen Kissen laden zum Verweilen und Lesen ein. Mittags ist es immer voll. Man trifft sich zum Imbiss. Das Angebot ist klein und fein gehalten. Das passt zu diesem Ort, einem Ort der Begegnung, wo sich Kleinstadtleben abspielt und viel gelacht wird, wo sich schon einige Interessensgemeinschaften bilden konnten und Geschäftsbeziehungen geknüpft werden, wo Lesungen stattfinden, wo man mit den Wirtinnen die neusten Neuigkeiten austauscht oder sich in ein Buch vertiefen kann. Man fühlt sich wohl, ein bisschen wie zuhause.
«Kafisatz», Schönenbergstrasse 1, Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 08.30–18.00, Samstag: 08.00–16.00 Uhr.

Kafi Glettise

Hat man Lust auf Hausgemachtes, geht man ein paar Meter weiter zum «Kafi Glettise», das seinen Namen der Form des Hauses verdankt, in dem es sich befindet. Alles Essbare, salzig oder süss und auch einige Getränke werden von Karina Ortmayr selbst gemacht. Sie hat sich mit diesem Café einen Traum verwirklicht, der sie seit ihrer Ausbildung zur Köchin nicht mehr losliess. In ihrer Küche im Souterrain tüftelt sie an neuen Rezepten für Cremen, Kuchen und Getränke. 15 handgepflückte Teesorten, hausgemachter Eistee, Limonaden, Eiskaffee und Chai Tee begleiten das Angebot.
An Markttagen sind das Lokal und auch der Aussenbereich «pumpenvoll», liegt das «Glettise» doch direkt an der Gerbestrasse und nah am Marktgeschehen. Auch an der Chilbi hat das «Glettise» verlängerte Öffnungszeiten, so dass, wer dem grossen Gewimmel entflohen ist, sich hier noch einen Absacker genehmigen kann.
Das mit warmen Braunnuancen ausgestaltete Lokal ist ein Ort der feinen Töne des Lebens. Man steckt die Köpfe zusammen, um neue Projekte zu lancieren, Freundschaften werden geschlossen, Geschichten erzählt; man trifft sich zum Sonntagsfrühstück oder man bleibt alleine und beobachtet die Menschen, welche ein und aus gehen.
«Kafi Glettise», Gerbestrasse 10, Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag: 08.30–18.00, Samstag: 08.00–17.00, Sonntag: 09.30–16.00 Uhr. Geschlossene Anlässe auf Anfrage.

Brühnette Café

Gelüstet es einen nach einem wirklich guten Kaffee, geht man am besten noch ein paar Meter Richtung Bahnhof ins «Brühnett Café». Es ist schon ab sieben Uhr morgens geöffnet, sodass die frühen Vögel ihren Kaffee über die Gasse bekommen. Die Idee zum «to go»-Angebot mit biologisch verwertbarem Becher gründet natürlich auf der Nähe des «Brühnetts»zum Bahnhof.
Während ich auf Janine Landolt warte, führe ich mir einen ersten Cappuccino zu Gemüte. Er ist schön sahnig mit einem wunderbar cremigen Milchschäumchen. Die gelernte Barista weiss, worauf es beim Kaffeebrühen ankommt. In ihrem Lokal dreht sich alles um das braune Gold. Dieses Wissen, das sie sich in zahlreichen Kursen angeeignet und an Meisterschaften vervollkommnet hat, gibt sie auch gerne in Kursen weiter. «Kaffee ist ein ebenso spannendes Produkt wie Wein, Bier oder Olivenöl.» Ich erfahre, dass Kaffee eigentlich eine Frucht ist und 800 bis 1000 Aromen in einer Bohnenart stecken.
Während eines Auslandaufenthaltes in Australien und in Anbetracht der dortigen tollen Cafés kam Janine Landolt die Idee, selber ein Café zu eröffnen.
Im Oktober letzten Jahres war es dann so weit.
Das «Brühnett» strahlt mit seinem industrial Chic eine junge Coolness aus und profitiert auch von Landolts jugendlichem Netzwerk. Man unterstützt sich gegenseitig. So hat sich schon ein kleiner gemischter Stammkundenkreis gebildet. Auch im Brühnett trifft sich Jung und Alt, Mutter mit Kind, Studenten, Schüler und Banker, um beim exzellenten Kaffee oder einem kühlen Minzen-Sirup ein wenig innezuhalten und runter zu fahren. Auch hier gibt es den Mittagssnack, auch Glacé und einen Apéro nach der Arbeit. Einige auserlesene Kaffeeprodukte und auch der erwähnte Sirup sind im Wiederverkauf zu haben.
«Brühnett Café» (für den Best of Swiss Gastro Award nominiert) Gerbestrasse 2, Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag: 07.00–18.00, Samstag: 09.00–16.00 Uhr, Events mit Lifemusik (News auf facebook oder waedi.ch).

Café Brändli

Das «Café Brändli» am Bahnhof, oberhalb der Bäckerei/Confiserie, muss ich niemandem mehr vorstellen. Mit seiner 102 Jahre alten Familiengeschichte ist es jedem in Wädenswil ein Begriff.
«Café Brändli», Bahnhofstrasse 8, Montag bis Freitag: 07.00–18.30, Samstag: 07.00–19.30 Uhr.

Giardino

Das «Giardino» wird von der Stiftung Bühl betrieben und ist nur während der warmen Jahreszeit offen. Man sitzt draussen unter Bäumen und Sonnenschirmen und holt sich Getränk und Imbiss am Kiosk. Es werden biologische Produkte verwendet, viele davon aus den eigenen Betrieben der Stiftung Bühl.
Mit einer Konsumation leisten wir einen Beitrag zur Integration von jungen Menschen mit besonderen Lernbedürfnissen. Spielt das Wetter oder die Zeit nicht mit, wird man auch im Take-Away bedient.
«Giardino», Schönenbergstrasse 5, April bis Oktober, Dienstag bis Freitag: 09.00–18.30, Samstag: 09.00–16.00 Uhr.




Ingrid Eva Liedtke