Zwanzig Jahre Wädenswilerhaus, 1964–1984

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1984 von Ernst Wolfer

Baugeschichte

Im Februar 1962 führte die Sekundarschule Wädenswil in der Jugendherberge Miraniga/Obersaxen ein Skilager durch, das unter der Leitung der Lehrer Roger Burnand, Albert Meier und Ernst Wolfer stand. Hier tauchte erstmals der Gedanke auf: «In diesem prächtigen Skigebiet sollte man ein eigenes Skihaus haben.»
Tatsächlich ist Obersaxen ein Skigebiet, das seinesgleichen sucht: Die günstige Nordwestlage garantiert gute Schneeverhältnisse bis Ende April. Die Hänge am Mundaun und am Stein sind praktisch waldfrei und doch lawinensicher; somit fehlen die von Anfängern gefürchteten Waldschneisen vollständig. Im Sommer schätzt man das ausgedehnte Wandergebiet, und zu allen Jahreszeiten ist die sonnige, nebelfreie Lage willkommen. Trotz dieser Vorteile ist Obersaxen noch nicht vom Fremdenverkehr überlaufen.
Dr. Hans Grimm, Präsident der Sekundarschulgemeinde (und der späteren Oberstufenschulgemeinde) griff den Gedanken mit der ihm eigenen Initiative auf. Zweieinhalb Jahre später war das Skihaus fertig gebaut.

Hindernisse

Dabei war der Weg keineswegs frei von Hindernissen gewesen. Der erste Gedanke, uns in der Jugendherberge durch einen Beitrag à Fonds perdu einen festen Termin für unsere Schule zu erkaufen, konnte nicht verwirklicht werden, weil uns eine andere Gemeinde schon zuvorgekommen war.
Dann wollten wir ein bestehendes altes Haus kaufen und für unsere Zwecke umbauen. Zahlreiche Häuser, die teils seit hundert Jahren leerstanden, wurden besichtigt. Schliesslich schien sich eine Lösung anzubieten. Das Objekt in Misanenga wurde mit einem Architekten begutachtet, damit sich die Umbaukosten abschätzen liessen. In der letzten Verhandlung erhöhte die Verkäuferin den Preis jedoch weit über den bewilligten Kredit, so dass wir mit leeren Händen abziehen mussten.
Jetzt kamen wir, sozusagen gezwungenermassen, auf den Gedanken, selber zu bauen. Zuerst musste natürlich Land erworben werden. Durch Zufall gerieten wir an einen Einheimischen, der bereit war, uns am heutigen Standort eine Parzelle von 1500 Quadratmetern zu verkaufen. Natürlich genügte diese Fläche allein nicht. Das alte Walser Erbrecht (Obersaxen ist eine Walserkolonie) führt zu einer starken Zerstückelung des Grundbesitzes. Parzellen von kaum Arengrösse sind da durchaus möglich. So mussten wir insgesamt sieben Landstücke kaufen, um auf die heutige Fläche von 4000 Quadratmetern zu kommen. Das war aus verschiedenen Gründen nur nach und nach möglich, so dass die Stimmbürger von Wädenswil ziemlich strapaziert wurden mit dem immer wieder auftauchenden Traktandum:
«Landkauf in Obersaxen».
Das 1964 eingeweihte und 1970 vergrösserte Wädenswilerhaus in Miraniga/Obersaxen.

Eröffnung

Am 14./15. November 1964 wurde das Haus von Pflege und Lehrerschaft mit einer kleinen Feier eröffnet. Eine Skitour auf den Stein, unsern «Hausberg», war bereits möglich. Natürlich erfolgte der Aufstieg zu Fuss und per Fell, einen Sessellift gab es noch nicht. Bei der Abfahrt im Tiefschnee musste auch manch erfahrener Alpinist «tauchen» ...
Die offizielle Einweihung fand am 16./17. Oktober statt, zu der zahlreiche Behördenvertreter unter Führung von Gemeindepräsident Fritz Störi erschienen waren.

Anbau 1970

Das Haus bewährte sich in der praktischen Erfahrung gut, bis auf einen Punkt: Die Schallisolation war ungenügend. Besonders die Hauseltern litten unter dem Umstand, dass sich ihre Einzimmerwohnung direkt unter dem Knabenschlafraum befand, so dass ihre Nachtruhe immer wieder gestört wurde. Isolationsversuche behelfsmässiger Art brachten keine wesentliche Besserung. So kam man zum Schluss, dass nur ein Anbau eine befriedigende Lösung bringen könne. Der Südschenkel des L-förmigen Baus wurde um 5,7 Meter verlängert. Wer den alten und den neuen Zustand miteinander vergleichen konnte, der musste zugeben, dass das Haus durch den Anbau auch äusserlich gewonnen hatte.

Esszimmer im Wädenswilerhaus Mirangia.

Nach zwanzig Jahren

Dass nach zwanzig Jahren intensiver Benützung eine «Generalrevision» nötig wurde, ist wohl kaum verwunderlich. Erneuerung und Isolation des Dachs, neue Heizung, Umbau der Hauselternwohnung − das sind etwa die wichtigsten Stichworte des Renovationsprogramms, das 1984 abgeschlossen werden konnte.

Imposante Zahlen

Wenn man zusammenzählt, was sich in den zwanzig Jahren (genauer gesagt in den abgelaufenen vollen 19 Jahren) so getan hat, dann ergeben sich ganz beeindruckende Zahlen:
604 Wochen waren durch Lager (fast ausschliesslich Schullager) belegt. Privatgäste waren 67 Wochen im Haus. Sie machen von den total 671 Belegungswochen nur 10 Prozent aus. Es wurden insgesamt 110‘000 Logiernächte registriert. Dies bedeutet, dass rund 20‘000 Personen, grösstenteils Schüler, je eine Woche in unserem Haus verbracht haben.
Den Einnahmen von 2,6 Millionen Franken stehen Ausgaben von 2,3 Millionen gegenüber. Vom Bruttoüber-schuss von 300‘000 Franken musste für die Verzinsung eines Darlehens (das schon längst zurückgezahlt ist) ein Betrag von 50‘000 Franken aufgewendet werden. Somit bleibt total ein Betriebsgewinn von einer Viertelmillion Franken, eine respektable Summe.
 




Ernst Wolfer