Alte Wädenswiler Familien und ihre Namen

Quelle: Gewerbezeitung Dienstag, 10. September 2019 von Peter Ziegler

In mehreren Folgen sollen einige alteingesessene Familien von Wädenswil, Schönenberg und Hütten gewürdigt werden. Es interessieren vor allem die erste Erwähnung, die Verbreitung und die Stellung der Familie in der Gesellschaft sowie die Deutung des Namens und, falls vorhanden, die Beschreibung des Wappens.

Haab
Der Familienname Haab geht auf einen Wohnsitz an der Haabe, dem Schiffshafen, zurück. 1625 verheiratete sich Georg Haab in Wädenswil mit Barbara Lindinner von Meilen. Gemäss Verzeichnis von 1646 lebte damals Hans Haab im Dorf und Rudi Haab im Wädenswiler Berg. 1690 bezog die Familie Haab, deren Familienwappen an einem Fenstersturz angebracht wurde, die Hälfte des Bauernhauses Burstel, wo heute noch Haab wohnen. Jakob Haab betätigte sich 1655 als Schuhmacher, Georg Haab 1688 als Schmied. 1740 wird Hutmacher und Brotträger Haab erwähnt und 1759 Gerber Rudolf Haab, der in jenem Jahr in Konkurs geriet. Schlosser Rudolf Haab lieferte 1822 für das Haus Zur Sonne das Wirtshausschild, das 1987/88 restauriert worden ist. Von 1809 bis 1863 wirtete die Familie Haab auf dem Gasthof Hirschen. 1842 erwarb Kaspar Haab im Burstel die zwei Jahre zuvor eröffnete Aamüli. Bäuerliche Zweige der Familie Haab lebten auf den Höfen Burstel, Herrlisberg, Hessen und Steinacher (seit 1859). Wohl bekanntester Vertreter des Geschlechts ist Bundesrat Robert Haab (1865–1939), an den die Büste im Rosenmattpark erinnert. Das Familienwappen zeigt in Gold einen blauen Schrägbalken, belegt mit drei roten Habichtsköpfen.
Haab.

Hauser
«hausen» bedeutet wohnen und der hier Wohnende ist der Hauser. Der Name erscheint in Wädenswil im Jahre 1408, als sich «Althuser und sin wib» von der Leibeigenschaft loskauften. Der Steuerrodel von 1461 nennt Hans Huser, jener von 1470 Cueny Huser. Eine Urkunde von 1516 erwähnt Hans Huser auf Herrlisberg. Um 1550 wohnten Bauernfamilien Hauser auf den Höfen
Feld, Furthof, Herrlisberg, Mülibach und Rutenen. Das Bevölkerungsverzeichnis von 1634 belegt Hauser-Familien auf der Gisenrüti, der Holzmoosrüti, im Herrlisberg und im Waggital. 1646 lebten zwölf Familien Hauser in Wädenswil: vier im Dorf, eine im Ort und sieben im Wädenswiler Berg. In den 1650er Jahren siedelten sich weitere Familienangehörige im Äentzital (Hänsital), auf Luggenbüel und in der Beichlen an. Hans Jakob Hauser-Eschmann liess 1679 das stattliche Wohnhaus Rötiboden erbauen und Hans Rudolf Hauser-Hottinger 1709 das Strasshuus. Im 18. Jahrhundert kam der Bauernhof Grossgaden in den Besitz der Familie Hauser. Ab 1694 bestand im heutigen Haus Talgarten die Gerbei Hauser. In Schönenberg lebten Familien Hauser auf den Höfen Mühlestalden (1706), Laubegg (1710), Rechberg (1746) und Chülpen (1785). Eine weitere Familie bewirtschaftete den Hof Vorder Schönau/Hütten. Jakob Hauser baute 1748 die Strumpfwirkerei im Bachgaden. Im Dorf zeugten im 18. Jahrhundert stattliche Wohnhäuser vom Ansehen der Familie: das Haus Zur Treu und Liegenschaften bei der Kirche (1765), an der Leigass, auf dem Buck, auf der Vorderen Fuhr (1784) und im Büelen. Dazu kamen der «Alte Engel», der «Talgarten» und der «Friedberg» von 1811. Wie die Familien Blattmann und Diezinger bekleideten auch die Hauser verschiedene Ämter. Hans Jakob Hauser in der Gisenrüti war 1673 Säckelmeister, Jakob Hauser 1680 Batzenvogt, Hans Jakob Hauser (1744–1814) im Rötiboden amtete von 1788 bis 1798 als letzter Untervogt der Landvogtei Wädenswil. Durch Heirat von Elisabeth Hauser mit dem Arzt Dr. Heinrich Zuppinger von Männedorf kam der Hof Rötiboden 1818 an die Familie Zuppinger. Die Familie Hauser betrieb nicht nur Landwirtschaft, sondern war auch im Gewerbe tätig. Belegt sind 1646 Andreas Hauser als Bäcker, 1692 Hans Jakob Hauser an der Leigass als Schlosser und Büchsenschmied, 1708 Hans Jakob Hauser als Metzger und Gesellenwirt, 1768 Konrad Hauser als Schärer. Gerber Johannes Hauser liess 1813 das Haus zur Gerbe erbauen; sein Betrieb zählte zu den grössten in der Schweiz. Die Brüder Hans Kaspar und Heinrich Hauser waren Auftraggeber für das 1835 eingeweihte Hotel Engel. Die Brüder August und Alphons Hauser eröffneten 1856 im Neubau Seidenhof eine Seidenbandfabrik. Zu den bekannten Vertretern verschiedener Familien Hauser zählt die Hotelierfamilie Hauser vom Engel mit ihren Hotels Schweizerhof in Bern und Luzern, Gurnigel, Giessbach und Rigi-Scheidegg. Julius Hauser (1834–1897) war sozial tätig. Zu erinnern ist ferner an Bundesrat Walter Hauser (1837–1902), den Archäologen Otto Hauser (1874–1932) und den Historiker Prof. Dr. Albert Hauser (1914–2013). Das eine Familienwappen zeigt in Rot über grünem Dreiberg ein rechts gewendeter, stehender, goldener Halbmond, ein zweites in Blau ein goldenes Hauszeichen.
Hauser.


Helbling
Die Familie von Helwic, später Helbling, trug ihren Namen vermutlich nach dem Hof Helblingen in der Pfarrei Uznach. 1427 wird in Wädenswil ein Hans von Hellwig als Zeuge erwähnt und 1494 ein Ruotsch von Helblingen auf dem Hof «uff Lein». Jost von Helbling erscheint zwischen 1505 und 1510 in den Quellen häufig als Richter im Namen der Johanniterkomturei. Hans Helbling
lieferte im Jahre 1514 Butter ins Spital Zürich. 1530 wird Peter Helblings Rötiboden erwähnt. Das Haus von Hans Helbling grenzte 1555 an die Kirchmatte und an die schon 1550 erwähnte Badestube von Lienhart Schinz am Plätzli. 1634 wohnte Heinrich Helbling auf der Hinteren Fuhr. Ein anderer Heinrich im Rothuus und 1660 der Küfermeister «Hans von Helpling» nahe der Säge am Sagenrain. Wachtmeister Hans Jakob Helbling verkaufte 1702 seine Behausung samt der Öltrotte im Luft an Heinrich Eschmann. Von 1552 bis 1569 amtete Hans von Helbling als erster Landschreiber der neu gebildeten Landvogtei Wädenswil. In der Zürcher Miliz dienten verschiedene Angehörige der Familie als Wachtmeister. Auf den Kirchenörtern in der reformierten Kirche Wädenswil von 1767 ist «Jj von Helwic » mit seinem Wappen vertreten.
Helbling.

Herdener
Als Herdener bezeichnete man früher den Hirten, der eine Herde beaufsichtigte. 1404 wird in Wädenswil Ruedi Herdiner genannt, 1408 Heini Härdinger. Hans Herdiner erhielt 1434 vom Johanniterorden den Hof Rotenblatt zu Erblehen. Der Steuerrodel von 1455 nennt Hans und Welty Herdinger, je mit «husfrow». 1634 wohnten Herdener im Dorf, in der Rüti und im Ort. Ein Jakob Herdener im Dorf betätigte sich 1654 als Weber. Hans Herdener diente im französischen Schweizerregiment Lochmann und starb 1775 in Haguenau. Rudolf Herdener kaufte 1791 von Heinrich Rebmann die Tabakstampfe am Reidbach. In Schönenberg war im 18. Jahrhundert der Hof an der Egg das Zentrum der Familie Herdener.
 
Hermann
Der Familienname, auch Herrmann geschrieben, dürfte vom Vornamen Hermann abgeleitet worden sein. Hans Hermann, genannt Pantly, besass 1555 im Dorf Wädenswil ein Haus, dessen Hofstatt an den Kirchbrunnen grenzte. 1634 wohnten Familien Hermann auf der Hinteren Fuhr und bei der Schmiede. Küfermeister Felix Hermann besass im Jahre 1654 Reben im äusseren Letten, in der Gegend der heutigen Alterssiedlung «Bin Rääbe». «Heinrich Herman» liess 1767 einen Stuhl in der reformierten Kirche Wädenswil mit seinem Familienwappen zeichnen. Dieses zeigt auf blauem Grund über grünem Dreiberg eine rote Blume.
Hermann.


Hiestand
Ein Heini Hiestand wohnte 1401 am Hüttnersee, der damals noch Bibetsee hiess. Ueli Hiestand erhielt 1448 von den Johannitern den Hof «Benckli » (Beichlen) und das Gut «Himelrich» (Himmeri) zu Lehen. Jakob und Gilg Hiestand hausten 1555 auf Herrlisberg, Kleinhans Hiestand bewirtschaftete den Hof Blegi und Ueli Hiestand besass die in Hütten gelegene Twärhalde. Um 1600 wohnten Hiestand im Dorf Wädenswil und in Hütten am Schafrain sowie ab 1605 in der Schönau. 1639 wurde Conrad Hiestand Besitzer des Hofes Chneus. 1656 ist die Familie Hiestand als in der Dächenwis Wädenswil ansässig belegt. Besonders verbreitet war das Geschlecht in Richterswil, wo es auch allmendgenössig war. 1749 erscheint es zudem auf dem Hof Chülpen im Wädenswiler Berg. Der Familienname hängt wohl mit dem Wort «Stand» zusammen und wird auch etwa gedeutet als «hie stand».
 
Höhn
1439 wird «Petter Hoenn» als Zeuge erwähnt, und 1530 Egolf Höhn als Lehenbauer auf dem Hof Luggenbüel. Richter Egolf Höhn in Stocken, vielleicht sein Sohn, siegelte zwischen 1530 und 1546 viele Urkunden und bekleidete auch das Amt des Untervogts der Herrschaft Wädenswil. Eigentliches Zentrum der Familie Höhn ist der Weiler Stocken. 1464 war Peter Höhn Besitzer des Stocken-Hofs. Für das Jahr 1550 lässt sich Richter Egolf Höhn als Eigentümer nachweisen; 1555 bewirtschafteten Hans und Jakob Höhn je einen Hof in Stocken. Das Geschlecht verbreitete sich auf die Höfe Herrlisberg, Chotten, Waggital, Burstel, Bachgaden, Strasshuus, Rechberg, Schwarzenbach und Zweierhof, ins Sennhuus und auf den Furthof. Eine Urkunde von 1656 erwähnt Richter Hans Heinrich Höhn im Burstel. Noch heute wird das 1690 erstellte Bauernhaus von der Familie Höhn bewohnt. Meister Hans Höhn im Chüefer kaufte 1694 den Hof Schründlen. Ab 1702 besass die Familie auch den benachbarten Hof Bachgaden, ab 1739 den Meierhof in Wädenswil und ab 1803 den Hof Gisibach. Die Familie bekleidete wichtige Ämter im Dorf und in der Landvogtei; Angehörige wirkten – ausser dem erwähnen Richter und Untervogt – auch als Kirchmeier, Säckelmeister und Bannwart. Batzenvogt Hans Heinrich Höhn liess 1729 im Luftquartier das Haus Gambrinus erbauen. Der Familienname ist vom althochdeutschen Wort «huno» abgeleitet und bedeutet Hüne, Riese.
Höhn.




Peter Ziegler