Renovation des alten Eidmattschulhauses

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1980 von Hans Scheidegger

Hausfassade des 1834/35 erbauten, 1979/80 renovierten Eidmattschulhauses.
 
 
Nach beinahe elf Monate dauernden Arbeiten konnte das alte Eidmattschulhaus am 21. April 1980 wieder bezogen werden. Es zeigt sich aussen und innen vollständig erneuert und dürfte wieder etliche Jahrzehnte den gegenüber früher stark veränderten Anforderungen der Schule genügen. Primarschulpflege, Schulbaukommission, Architekt und alle Benützer – Kinder sowie Lehrerschaft – freuen sich am gelungenen Werk, welches am Morgen des 21. Juni den Vertretern von Behörden und Verwaltung, am Nachmittag der interessierten Öffentlichkeit zur Besichtigung offen gestanden hat. – Kinder zeigten ihren Eltern «ihr» neues Zimmer, Erwachsene jeden Alters wollten sich überzeugen, ob gute Arbeit geleistet worden sei, und manche alten Wädenswilerinnen und Wädenswiler frischten Erinnerungen an ihre eigene Schulzeit in diesem Hause auf. Sie konnten wohl am ehesten ermessen, wie sehr seine Qualität durch die Renovation gestiegen ist: aus ehemals muffigen Räumen sind helle, fröhliche und zweckmässige Zimmer entstanden.

Aus der Geschichte des Gebäudes

1798 hatte man das alte Schulhaus, welches unterhalb der reformierten Kirche auf dem Land des heutigen Rosenhofes stand, aufgestockt. Weil es bald einmal zu klein war und nicht mehr genügte, musste es bereits 1819 abgebrochen werden; im folgenden Jahr wurde am selben Ort ein neues dreistöckiges erbaut, «dessen Grösse für eine lange Reihe von Jahren hinreichend erachtet wurde». – Doch keine zehn Jahre später hatte sich die Schulvorsteherschaft schon wieder mit Schulraumfragen zu befassen. Man überprüfte eine ganze Reihe von Möglichkeiten, darunter auch den Kauf des Spinnereigebäudes der Firma Blattmann, Diezinger & Co. An der Florhofstrasse, des «Freihofs» also, welcher heute Hauptsitz der Stadtverwaltung ist. Aber auch dieser Vorschlag vermochte nicht zu überzeugen, und bald einmal einigte man sich, ein neues Schulhaus zu bauen.
1833 konnte das Grundstück, auf welchem heute die Eidmattschulhäuser stehen, gekauft werden, und ein Jahr später begann man, das heutige alte Eidmattschulhaus zu bauen.
 
Blick vom Kirchturm auf das renovierte Schulhaus, 1980.
1835 konnte es eingeweiht werden. Es war zu seiner Zeit weit über die Kantonsgrenzen hinaus als Musterschulhaus berühmt: der «Pädagogische Beobachter» bezeichnete es als grossartiges Schulgebäude, dem im Kanton wohl keines gleichkomme.
Der stürmischen Entwicklung unserer Gemeinde in den beiden letzten Jahrzehnten entspricht jene des Dorfes zu Anfang des 19. Jahrhunderts: 1798 altes Schulhaus aufstocken, 1820 Bau eines neuen, 1835 Einweihung des Eidmattschulhauses. Der Grund dafür war, wie in den letzten 20 Jahren, ein unerwartet rasches Ansteigen der Einwohnerzahl: 1820 zählte die Gemeinde noch 4000 Bewohner, 1836 bereits 5096. (Wädenswil war damals nach Zürich die grösste Gemeinde im Kanton.)

Das Haus als Baudenkmal

Das Haus ist in einer – trotz all ihrer Mühen – glücklichen Zeit erbaut worden. Es ist einer der recht seltenen späten Zeugen der Aufklärung und einer noch unangefochtenen, ehrlichen Glaubens an die umfassenden Möglichkeiten der Volksschule zur Erziehung und Bildung des Menschen.

Dachuntersicht mit Zahnschnitt-
fries.

Freude und Stolz waren den auch bereits bei der Aufrichte gross; man feierte zwei Tage lang mit beinahe «Dürrenmattschen» Gelagen. – Dieser Stolz, der gar nichts Überhebliches an sich hat, scheint mir bereichtigt gewesen zu sein. Für mich ist das alte Eidmattschulhaus noch immer der geglückteste Schulbau unserer Gemeinde. Seine Proportionen stimmen bis ins Detail, nichts Protziges ist an ihm; es ruht in vornehmer, stiller Grösse ganz selbstverständlich in sich. Seine Erbauer haben es mit sicherem Gefühl in die Kirchenumgebung einzuordnen gewusst, mit einer Sicherheit, wie sie nur ein geschlossenes, intaktes Weltbild zu verleihen vermag.

Mir chöcheled im Chindergarte.

Die Renovation

Noch vor kaum 20 Jahren sah es ganz danach aus, als sollte dieses alte, graue Haus gelegentlich abgebrochen und durch ein neues ersetzt werden. Zum Glück ist es nicht dazu gekommen, denn auch der beste Neubau würde kaum gut zu Pfarrhaus und Kirche passen. Die Renovation eines schützenswerten Gebäudes ist nicht leicht durchzuführen, und ohne Kompromisse geht es schon gar nicht, stehen doch sehr verschiedenartige öffentliche Interessen miteinander im Widerstreit. In unserem Falle sind das die berechtigen Forderungen der Denkmalpflege, die ebenso sinnvollen zur Einsparung, von Energie und jene, die aus dem Betrieb der Schule ergeben. – Mir scheint, es sei gelungen, eine allseits annehmbare Lösung der Probleme zu finden. Ich möchte das am Bespiel der Aussenrenovation ganz knapp andeuten. Das Anliegen der Denkmalpflege – die Ehrfurcht vor dem Gebäude also – erheischte eigentlich eine vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, der dank einer äusserst genauen Zeichnung aus dem Jahre 1867 leicht auszumachen war. – Der Betrieb des Kinderhortes, der im Erdgeschoss untergebracht ist, verlangt aber Fenster mit einer vom Original abweichenden Sprossenteilung, wenn auch die Fenstersimse «hortgemäss» genutzt werden sollen. (Die Fenster sind bereits vor etwa 15 Jahren in Doppelverglasung eingebaut worden.) Am meisten Energie hätte eingespart werden können, wenn auch die Sandsteineinfassungen der Fenster überdeckt und dann auf die Isolationsschicht aufgemalt werden. Man hat aus ästhetischen Gründen auf eine Aussenisolation verzichtet, hat dafür aber die Fenster der Zimmer mit Isolierverglasung versehen, hat an den Heizkörpern Thermostatventile montiert und den Windenboden ausgeschäumt.

Handwerkskunst an der Haustüre.

Keines der drei Anliegen (Denkmalpflege, Energieeinsparung, Schulbetrieb) ist rein verwirklicht worden, aber dennoch jedes in einem Masse, das annehmbar ist. Zumindest in dieser Hinsicht könnte die Renovation des alten Eidmattschulhauses beispielhaft sein.




Hans Scheidegger