10 Jahre Filmnächte im Rosenmattpark
Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2000 von Clarie Linnekogel-Rometsch, Fotos Bernhard Fuchs, Langnau am Albis
Von links nach rechts: Martin, Urs und Ueli Burkhardt auf der Terrasse des Kirchgemeindehauses.
Die «IG Rosenmatt» suchte die Zusammenarbeit mit dem Theater Ticino, dem Kleintheater in Wädenswil, das seit dem Jahr 1985 existiert. In Ueli Burkhardt fanden sie einen erfahrenen Programmgestalter, in Martin Burkhardt einen professionellen Ton- und Beleuchtungsfachmann. Frau Bluette Geisser, die Besitzerin des örtlichen Schlosskinos, war ebenfalls zur Zusammenarbeit bereit. Sie kümmerte sich um die Filmrechte und stellte ihren Operateur zur Verfügung. Damit waren ideale Grundvoraussetzungen geschaffen.
Eine Pionierzeit begann. Was braucht es für eine Filmnacht? Filme, Projektor, Leinwand sind nicht genug. Stühle sind eine Selbstverständlichkeit und doch wurden sie zum Problem. Das Theater Ticino konnte einige wetterfeste Sitzgelegenheiten bereitstellen, das Jugi, Bekannte und Freunde der Veranstalter brachten einzelne Stühle mit. Sie wurden auf den Kiesplatz vor dem grossen Rasen gestellt, Noch wagte man es nicht, den Rasen zu betreten. 150 Sitzplätze warteten auf die Besucher. Der Projektor wurde in einem Bauarbeiterwagen installiert, die Leinwand stand gegen die reformierte Kirche. So erlebte der Besucher Kino hautnah, wie es sich die Veranstalter gewünscht hatten. Das Bild auf der Leinwand kam nicht aus dem Nichts, sondern wurde unter den Augen des Publikums gleichermassen immer wieder neu erfunden. Der Projektor machte leise Geräusche beim Abspielen des Films, Mücken tanzten im Lichtstrahl, von weitem hörte man die Autos von der Seestrasse, und alle Viertelstunden ertönte die Kirchturmuhr.
Im ersten Programm hiess das Organisations-Team die Besucher auf ein «sternenklares Wiedersehn im Mondschein herzlich willkommen». Und dann regnete es. Es regnete ohne Unterlass, so dass der erste Film nicht gezeigt werden konnte. Zum ersten, aber auch zum letzten Mal verhinderte das schlechte Wetter die Ausstrahlung. Seit diesem ersten Jahr werden die Filme bei jeder Witterung gezeigt. Die Filmbegeisterten haben gelernt, sich wetterfest zu kleiden. Am 6. August 1994 hagelte es so heftig, dass die Hagelkörner wie Schnee auf dem Rasen liegen blieben. So zogen die Besucher beim Film «Lawrence of Arabia» in Moonboots durch die Wüste.
Schon bei der verregneten Premiere liessen sich die Besucher nicht aus dem Rosenmattpark vertreiben. Viele zogen sich zurück zu Köbi Elsener in die Beiz. Im unteren Teil des Parks hatte er einige Tische aufgestellt, eine Plane aufgezogen, einen Grill angeheizt und einen Bierhahnen installiert. Wein und ein Eintopf vervollständigten das kulinarische Bild - und alle waren zufrieden. Es wurde gelacht, diskutiert, geflirtet, und von Zeit zu Zeit entleerte sich das Dach in die Kragen der Gäste. Der Rosenmattpark lebte – Urs Burkhardt betrachtete es mit einem Lächeln.
Viel zum Erfolg trägt auch die Beiz bei, die nach Köbi Elsener seit 1996 vom GMT-Party-Team unter der Leitung von Christine Muser und Andreas Koller geführt wird. Hier kann ab 18.00 Uhr international gespeist werden. Man trifft Freunde und Bekannte, die man lange nicht gesehen hat. Auch wer nicht jeden Abend vor der Leinwand sitzen will, geniesst in der Beiz einen entspannenden Apéro im Schatten der Kastanienbäume oder ein gemütliches Essen, während sich die Stars auf der Leinwand lieben und hassen, bekämpfen und versöhnen. In der Verschmelzung von Koch- und Filmkunst liegt eine der Attraktionen des Openairs und lässt es zum wichtigsten Ereignis für die Daheimgebliebenen in den Sommerferien werden. Es soll Leute geben, die ihre Reisetermine nach den Filmnächten in Wädenswil richten.
Natürlich bringen die Filmnächte auch eine gewisse Unruhe in den stillen Park. Die Veranstalter sind deshalb dankbar dafür, dass es die Kinder zulassen, dass ihr Spielplatz während dieser Zeit zur Spielwiese für Erwachsene umgestaltet wird. Auch die Nachbarn des Rosenmattparks haben sich inzwischen an die nächtlichen Geräusche gewöhnt. Dem Wunsch, die Filme nachmittags zu zeigen, um die Nachruhe nicht zu stören, konnte aus naheliegenden Gründen nicht nachgegeben werden. Die Veranstalter sind sich jedoch bewusst, dass sie in hohem Masse auf die Toleranz der Kinder und der Nachbarn angewiesen sind. Mit Freibilletten laden sie diese zum Mitfeiern ein.
AUS PIONIEREN WERDEN PROFIS
Schon zum zehnten Mal zeigte das Organisations-Team im Sommer 2000 Filme im Rosenmattpark. Seit der ersten Aufführung hat sich vieles in Richtung Perfektionierung und Professionalisierung getan. Dennoch haben die Filmnächte nichts von ihrem Charme eingebüsst. Noch immer haben die Veranstalter vor jeder Aufführung Lampenfieber, ob auch diese Nacht wieder zum filmischen Ereignis wird. In den zehn Jahren hat sich technisch und organisatorisch einiges verändert.
Frau Bluette Geisser hat sich zurückgezogen, so dass die Veranstalter sich selbst um die Filmrechte und Bewilligungen kümmern müssen, neuerdings auch um diejenige des Kantons.
Erfreulicher Anblick für die Veranstalter.
Martin Burkhardt hat die Aufgabe des Operateurs übernommen, der Projektor steht im grossen Saal des Kirchgemeinde-hauses, die Grossleinwand in Cinémascop-Format entsprechend dazu. Auf dem Rasen stehen über 500 Plätze zur Verfügung, bei Regen überdecken fünf Zelte 100 Sitzplätze.
Präzisionsarbeit des Filmoperateurs.
Nachdem der begeisterte Cinéast Bruno Rossi einige Jahre lang sein Wissen bei der Auswahl zur Verfügung gestellt hat, gestaltet Ueli Burkhardt das Programm mit der Beratung eines Filmjournalisten allein. Dabei lässt er sich einerseits durch das Lustprinzip leiten, andererseits aber stellt er einen Raster auf, in dem verschiedene Kategorien von Filmen Platz finden. Nicht ausschliesslich der gängige Hollywood-Mainstream soll gezeigt werden, sondern Filme die gefallen, aber dennoch einige Ansprüche an das Publikum stellen. Für das Programm sind inhaltliche, stilistische und atmosphärische Kriterien entscheidend. Dabei sollen die Zuschauer ihren Horizont erweitern können und sich mental auf Reisen begeben in fremde Länder und Kulturen, sich aber auch wiederfinden in den Charakteren der dargestellten Menschen und Schicksalen. Fahrzeug für diese Reisen sind die bewegten Bilder des gezeigten Films und die Stimmung im Park, die in Wädenswil einmalig ist.
Vollbesetztes Openair-Haus.
In verschiedenen Gemeinden am linken Ufer sind Film-Openairs entstanden. Dies stört die Veranstalter nicht, denn Konkurrenz belebt das Geschäft und regt zu Höchstleistungen an. Mit der «Dorfgemeinschaft Pfäffikon», die ebenfalls ein Film-Openair organisiert, findet ein reger Austausch von Erfahrungen und Material statt. Der Erfolg bestätigt den Aufwand, so dass der Beitrag der Stadt in den letzten Jahren nicht benötigt wurde. Es ist sogar möglich, den Beteiligten eine Entschädigung für ihre grosse Leistung und ihre dauernde Präsenz auszuzahlen. Gestützt werden die Finanzen vor allem durch die Sponsoren aus den Reihen der Wädenswiler Gewerbetreibenden. Dank dieser Mithilfe wird das Schlechtwetter-Risiko abgedeckt. Sie können am Anfang und am Ende des Films und in der Pause Werbedias ausstrahlen lassen oder einen Abend mieten und so ihre Kundschaft oder ihre Mitarbeiter überraschen. Auch private Feste werden in diesem originellen Rahmen gefeiert. Die Filmnächte sind zu einem wichtigen Bestandteil der Wädenswiler Kultur geworden, die vielseitig und ohne Gitter und Schranken genossen werden kann. Es ist zu hoffen, dass die Begeisterung und die Liebe zur Filmkunst die Veranstalter auch weitere Jahre für die aufwändige Arbeit motivieren können.
Claire Linnekogel-Rometsch