Der Ausee

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2016 von Hans Oberhänsli

Stehendes Gewässer

Die Halbinsel Au ist ein Kleinod im Zürichsee. Ein etwa vierzig Meter hoher, rund modellierter Hügel aus Schotter gibt ihr das markante Gepräge. Dieser ist gegen Norden weitgehend bewaldet und gegen Süden durch Rebberge bestimmt. Am südlichen Fuss des Hügels liegen Riedgebiete von nationaler Bedeutung und die ausgedehnte Parkanlage rund um das Schlossgut Au. Teil der Parkanlage ist der Ausee.
Das stehende Gewässer hat eine Grösse von etwas mehr als drei Hektaren. Die grösste Tiefe beträgt rund drei Meter. Der Seespiegel wird durch eine einfache Staueinrichtung auf einem mehr oder weniger konstanten Niveau gehalten. Der Abfluss erfolgt über das Wehr Richtung Zürichsee.
Der Ausee ist ein windgeschütztes Gewässer ohne grossen Wellengang. Die Wasseroberfläche ist meist spiegelblank.
Ausee vor der Schaffung der bestehenden Parkanlage.
Charakteristisch sind deswegen die Spiegelbilder im Frühjahr und Herbst und die wechselnden Eindrücke während des Tagesverlaufes. Die Spiegelungen haben einen besonderen Reiz und bezaubern. Sie strahlen Ruhe aus.

Uferzone

Waldbäume und Sträucher säumen die Ufer und begrenzen den Blick. Die Bäume sind etwa achtzig Jahre alt. Diese sind wohl alle zur gleichen Zeit im Zusammenhang mit der Gestaltung der Parkanlage rund um das Schloss gepflanzt worden. Markante Bäume sterben seit längerem besonders entlang dem südlichen Ufer ab. Einzelne sind in den See gestürzt und bleiben liegen. Diese natürliche Veränderung beeinträchtigt den Charme des Park Sees nicht. Die Sträucher entlang dem Ufer verdecken nach wie vor den Bahnhof und die Gewerbebauten an der Seestrasse.

Morgendämmerung am Ausee.

See im Wandel der Jahreszeiten

Erwärmung und Abkühlung des Wassers bestimmen das Leben im See. Bei Temperaturen unter null Grad gefriert das Wasser schnell. Meistens schliesst sich die Eisdecke nicht, denn Methangas und Schwefel verhindern ihre Bildung. Diese entstehen, wenn sich die absterbende Unterwasservegetation unter Luftabschluss am Boden des Sees zersetzt und verfault. Der Austritt der Gase wird sichtbar durch die Löcher in der Eisdecke.
Nach dem Schmelzen des Eises erwärmt sich das Wasser des Ausees wieder ebenso schnell. Plankton bildet sich und färbt das Wasser grün. Das Wachstum der Unterwasservegetation beginnt. An der Wasseroberfläche drängen sich ab Ende Mai die 10 bis 30 Zentimeter langen Schwimmblätter der Teichrose (Nuphar pumila) bis weit in den See hinaus vor. Ihre Wurzeln festigen den schlammigen Boden. Die drei bis fünf Zentimeter langen, gelben Blüten und die Fruchtstände bestimmen bis Mitte September das Landschaftsbild. Ab Mitte Juli öffnen die Seerosen (Nymphaea alba) die weissen Blüten bei Sonnenschein. Diese schliessen sich beim Aufkommen von schattenwerfender Bewölkung augenblicklich wieder. Das Ährige Tausendblatt (Myriophyllum spicatum) wächst als weitere Art zwischen den Seerosen.
Das Wachstum dieser Pflanzen war in den letzten Jahren übermässig gross. Diese wucherten, bildeten dichte Bestände. Kaum eine Wasserfläche war nicht überwachsen. Diese Entwicklung war verbunden mit der Zunahme von Nährstoffen, die der Mittelortbach dem See zuführte.
Löcher in der Eisdecke, verursacht durch austretendes Methangas.

Gelbe Teichrosen durchsetzt mit Ährigem Tausendblatt.
Die Wasserpflanzen bauten die Überdüngung teilweise ab und verminderten die Belastung des Sees. In der zweiten Jahreshälfte bildeten sich diese Pflanzen bei sinkenden Wassertemperaturen zurück.
Aus dem Wasser ragender Blütenstand des Ährigen Tausendblattes samt Paarungsrad einer Kleinlibellenart.

Vögel als Gäste des Sees

Schilf wächst auf wenigen Plätzen im Wasser. Ein Teichrohrsängerpaar nutzt die sich bietenden Möglichkeiten Jahr für Jahr zum Erstellen eines Nestes. Die im Wasser liegenden Äste bilden Schlafplätze für überwinternde Entenarten. Mandarinenten, Krickenten und Löffelenten haben besonderen Gefallen an diesen Strukturen gefunden. Der Eisvogel zählt ebenso zu den regemässigen Wintergästen.

Fischreichtum

Die Pflanzen sichern das Gedeihen der Fische, die im See ausgesetzt werden und hier reichlich Nahrung finden. Der Fischbestand ist bemerkenswert. Das zeigt sich an Ringen, welche die dicht unter der Wasseroberfläche schwimmenden Fische verursachen. Ab und zu springt ein Hecht aus dem Wasser.
Vom Fischreichtum profitieren im Herbst die Gänsesäger, die zwischen dem Ausee und dem Zürichsee hin und her pendeln. Sie nächtigen auf den im Wasser liegenden Baumstämmen. Sie bevölkern nach der Eisschmelze den See nur noch bis zum Wegzug vom Zürichsee. Dagegen lockt der Reichtum an Fischen im Frühjahr regelmässig ein Haubentaucher-Paar an. Dieses baut auf einem untergetauchten Ast ein Nest und beansprucht den See als Revier.
Gelbe Teich- und weisse Seerosen.
Das Paar betreut üblicherweise anfangs Mai drei bzw. vier Junge. Ein Altvogel wärmt die Jungen unter seinen Flügeln, während der zweite Altvogel das Futter problemlos beschafft. Ab Mitte Juni steht die Haubentaucher-Familie wegen der sich ausbreitenden Schwimmblattgesellschaften vor veränderten Verhältnissen. Diese erschweren die Fortbewegung unter Wasser und bieten den Fischen Verstecke. Die Nahrungsbeschaffung wird aufwendig. Die Haubentaucher können nicht zum Zürichsee wechseln, da die Jungen nicht flugfähig sind.
Herbststimmung am Ausee.

Die Jungen teilen sich auf und folgen nur noch einem der beiden Elternteile. Das stärkste Junge beansprucht stets einen Elternteil für sich allein. Es folgt dem Beschützer schon bald beim Tauchen. Der Rufkontakt zwischen den beiden nimmt etwa ab der sechsten Woche laufend ab. Versiegt dieser ganz, gehen beide eigene Wege. Der Altvogel verlässt den See und das Junge verbleibt noch solange alleine, bis es die Flugfähigkeit erreicht. Dann zieht auch dieses weg.
Die vom anderen Elternteil betreuten Jungen sind hilfloser. Sie irren planlos auf dem See herum, wenn ihr Betreuer oder ihre Betreuerin nach Nahrung taucht. Sie verausgaben sich auf diese Weise sehr. Ihre Aufzucht zieht sich dahin. Je mehr die Jungen wachsen, desto stärker gerät der Altvogel an die Leistungsgrenze. Er taucht von früh bis spät und erscheint meist unverrichteter Dinge wieder auf der Wasseroberfläche. Die schwierig gewordenen Lebensbedingungen kann er nur mit dem Einsatz aller Kräfte meistern. Der Aufwand ist gross, das Ergebnis bescheiden. Der Altvogel schafft es meistens nicht, die Jungen erfolgreich aufzuziehen.




Hans Oberhänsli