Aus meiner Malstube

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1979 von Kirsten Friedli

De föift Geburtstag

Wie immer am Mittwochvormittag, malen Claudia, Doris, Rahel und Thomas an ihren Bildern oder formen an ihren Töpfen. Doch letzte Woche kam Claudias Mutter mit einem Gugelhopf, geschmückt mit fünf Kerzen, in unser Atelier. Claudia hatte Geburtstag. Im Nu verwandelten sich unsere farbbedeckten Stühle in papierüberzogene weisse Sessel. Auf dem ältesten Tabourettli stand der feine Kuchen: Eine festliche Stimmung. Doch bald meinte Thomas: «Ich will lieber mit Lehm go chnäte.»

Das grosse Geheimnis

Kneten, Malen, Zeichnen und Kleben sind eine Wohltat für die Kinder. Bei mir dürfen sie ihre eigene Fantasie entwickeln und walten lassen, ohne Kritik und Wertung, völlig für sich alleine. Ich möchte auch nie, dass sich die Eltern in diese schöne Arbeit einmischen. Für Aussenstehende ist es schwierig zu verstehen, was eigentlich gemalt wird, wie ein Bild entsteht. Unsere 3- bis 5-Jährigen schwatzen, lachen, singen und erzählen während der «Arbeit». Bei den Kleinsten wissen wir nie woran sie denken oder was sie darstellen wollen; es bleibt wohl das schönste Geheimnis.

Material

Ich stelle den Kindern Pinsel, Farbe, Papier, Lehm, Leim, Stoffresten usw. zur Verfügung. Selbstverständlich wählt sich jedes seine Farben selber aus. Der Papierrand wird meistens überschritten, unsere Wände, Stühle, der Boden, ja selbst die Gesichter sprechen davon. Was für Farben wählen die Kleinen? Der Quantität nach: Gelb, Weiss, Orange, Rot, Türkisblau, Hellgrün, Rosa, aber auch oft dunkle Töne, wie Braun, Preussischblau und Schwarz. Die höchste Freude sind zur Weihnachtszeit Gold und Silber. Schwarz: Oft hört man Eigenartiges über diese Farbe. Die Kinder nehmen oft zuviel davon aus der Tube und verwenden eben Schwarz, bis es aufgebraucht ist. Wir betreiben keine «Tests», wir sind auch keine Psychologen. Wir möchten, dass die Kinder sich glücklich und befreit fühlen.

Kosten

Was kostet der Besuch der Malstube? Wir erheben für jedes Kind einen Beitrag von Fr. 5.- pro Stunde für Farbe, Papier, Pinsel, Heizung und Hausmiete. Kein Geschäft, dafür glückliche Kinder!




Kirsten Friedli