Die Musikschule

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1975 von Felix Schudel
 
Seit Schuljahrbeginn 1972 besteht in Wädenswil eine Musikschule. In den Städten Winterthur und Zürich blicken solche Institutionen bereits auf eine jahrzehntelange Tradition zurück, die schon im letzten Jahrhundert wurzelt. In diesen zwei Zentren des Kantons sind denn die Musikschulen auch in besonders für solche Zwecke eingerichteten Gebäuden untergebracht. Unsere Musikschule geniesst in verschiedenen öffentlichen Gebäuden Gastrecht. Sie ist ja auch noch sehr jung, wie praktisch alle Musikschulen der Zürcher Landschaft. Wer weiss, ob wir dereinst auch ein eigenes Musik-Schulhaus beziehen dürfen, Wädenswil soll ja eine Stadt geworden sein.
Die Musikschule stellt sich zur Aufgabe, der Jugend bis zum zurückgelegten 20. Altersjahr unter finanziell günstigen Bedingungen eine sorgfältige musikalische Ausbildung zu vermitteln.
Unsere Musikschule ist als Verein organisiert, der Betrieb wird durch die öffentliche Hand (vor allem Primar- und Oberstufenschule Wädenswil, Kanton Zürich) subventioniert. Neben den Wädenswiler Schulen sind die meisten Musikvereine Wädenswil sowie die Primarschule Schönenberg Kollektivmitglieder.
Die Vereine unterstützen uns vor allem ideell und bezahlen jährlich im Sinne der Solidarität mit unseren Zielen ihren Beitrag. Dank der Subventionen ist es uns möglich, die Schulgelder vergleichsweise niedrig zu halten, auch wenn wir die Teuerung berücksichtigen müssen. Man bezahlt rund zwei Drittel der Minimal-Ansätze, die ein diplomierter Musiker üblicherweise für Privatunterricht fordert. Es sei hier auch festgehalten, dass bei gewissen Musikschulen des Kantons 50 Prozent höhere Ansätze gelten. Man gestatte mir einen Seitenblick: Unser Unterricht kostet nur rund 50 Prozent einer Autofahrstunde.
Heute unterrichten bereits 30 Lehrer; der Start im Jahre 1972 geschah mit 20, die 190 Schüler im Instrumentalspiel unterwiesen. Langsam nähern wir uns einer Schülerzahl von 500. Die gewaltige Zunahme lässt sich einerseits auf die Einführung des musikalischen Grundschulunterrichtes und die Eröffnung der Singschule zurückführen, andererseits setzt sich in der Bevölkerung auch die Erkenntnis durch, dass die Beschäftigung mit Musik der allgemeinen Entwicklung eines Kindes nur förderlich ist. Fest steht, dass die abendländische Musik eine der grossen Errungenschaften unserer Kulturgeschichte ist. Die Kinder der heutigen Zeit haben deshalb ein Recht darauf, möglichst vieles von dieser Entwicklung zu erfahren. Es ist sehr erfreulich, dass eine ständig wachsende Zahl Eltern dieser Verpflichtung den Kindern gegenüber wahrnimmt.
Neu erschien im Frühling 1975 die Singschule im Unterrichtsangebot. Gerade in den Schulen fristet das Fach Singen nicht das gewünschte Dasein. Liegt es am Können, an der Ausbildung, am Engagement des Lehrers? Treten die Schüler negativ beeinflusst an die Sache heran? Jedenfalls ist es offensichtlich, dass richtig verstandenes Singen äusserst befreiend auf Gemüt und Seele wirken kann und besondere Erlebnisse vermittelt. Das gepflegte Chorsingen ist darum neben der Vermittlung der allgemeinen Tonsprache eines der Hauptanliegen der Singschule.
Die meisten unserer Musiklehrer sind diplomierte Musiker oder befinden sich in der Ausbildung. Ziemlich genau die Hälfte wohnt auswärts und benötigt deshalb ein Unterrichtslokal. Über 100 Stunden pro Woche müssen somit in öffentlichen Gebäuden erteilt werden können. Aufgrund einer vertraglichen Regelung stehen uns in den verschiedenen Schulhäusern Räume zur Verfügung. Wegen des Schulbetriebs sind sie jedoch meistens erst ab 16 bis 17 Uhr für uns frei. Dies ergibt für manches Kind unsinnig spät angesetzte Musikstunden. Zum Glück brachte man uns im Kirchgemeindehaus Rosenmatt ausserordentlich viel Verständnis entgegen, und die Musikschule hat nun dort sämtliche verfügbaren Räume belegt. Für die Unterbringung von auswärtigen Lehrern ist das eine denkbar glückliche Lösung, da wir nun in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Räume bereit haben, die auch während des Tages benützbar sind. Langfristig tendiere ich darauf, im Zentrum ganztätig benützbare eigene Räumlichkeiten zu finden. Nicht nur die Organisation des Unterrichts würde enorm erleichtert, auch der Kontakt unter der Musiklehrerschaft ergäbe sich viel selbstverständlicher. Gerade im Erzieherberuf ist ein ständiger Gedankenaustausch sehr wichtig. Es ist wünschbar und stände Wädenswil gut an, wenn die Aktivitäten der Musikschule in einem Gebäude zusammengefasst werden könnten. Hoffen wir, dass in einem späteren Jahrbuch von einer blühenden städtischen Musikschule im eigenen Haus berichtet werden kann!





Felix Schudel, Schulleiter


Tägliches Üben gehört zum Erfolg. Beim Zusammenspiel lernt man einander kennen, das Taktgefühl wird gefördert.