DAS REGIONALE AUSBILDUNGSZENTRUM RAU

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1999 von Daniel Ruoss

INNOVATION IN DER BERUFSBILDUNG

Im Februar 1998 wurde der Verein Regionales Ausbildungszentrum Au, nach. folgend RAU genannt, von verschiedener Unternehmungen und Institutionen aus der Region gegründet. Eine von der Firma Alcatel Schweiz AG ausgelöste intensive Projektarbeit ging der Gründung voraus. Veränderungen im wirtschaftlichen Umfeld der Alcatel Schweiz AG haben unter anderem auch die Lehrlingsausbildung am Standort Au massiv gefährdet. So hat denn auch, unter dem Schatten eines sich abzeichnenden Mangels an Ausbildungsplätzen für Jugendliche, eine Projektgruppe mit Unterstützung der Alcatel und dem Projektleiter Rolf Kurath von der Firma GfA GmbH, Wädenswil die Idee Regionales Ausbildungszentrum aufgenommen, weiterentwickelt und mit der Gründung des Vereins im Februar 1998 realisiert.
Eine beispiellose Kooperation zwischen den Firmen, den Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden, Gewerbeverbänden sowie die Unterstützung aller Gemeinden des Bezirks Horgen, der Politiker aller Ebenen der Kantone Zürich und Schwyz hat zum erfolgreichen Start des Betriebsjahres, mit Beginn am 1. August 1998 geführt. Ein überregionales Patronatskomitee hat mit seinen Vernetzungen ebenfalls sehr zum Gelingen des Projektes beigetragen. Dies ist eine grossartige Leistung dieser Region! Ein ähnliches Projekt scheiterte nämlich im Frühjahr 1997 im Zürcher Oberland mangels Abstützung durch mögliche Träger.

DAS RAU-PATRONATSKOMITEE

Renée Anderhub Mittelschul- und Berufsbildungsamt des Kantons Zürich
Nationalrat Walter Bosshard Gemeindepräsident Horgen
Thomas Daum Direktor ASM
Ueli Fausch Stadtpräsident Wädenswil
Robert E. Gubler Präsident Gewerbeverband Bezirk Horgen
Hubert Helbling Vorsteher KIGA Kanton Schwyz
Jörg M. Müller Präsident Arbeitgeberverband Horgen und unterer Zürichsee
Dr. Fritz Störi
Präsident Industrie-Arbeitgeberverein Wädenswil und oberer Zürichsee
Rainer Titze
Ehem. Leiter Human Resources Alcatel Schweiz AG, Bereich Telecom
   

VEREINSMITGLIEDER

19 Unternehmen:
- Alcatel Schweiz AG, Bereich Telecom, Zürich
- AUPARC AG, Au
- AXICOM AG, Au
- Feller AG, Horgen
- HSR Hochschule Rapperswil
- KESO AG, Richterswil
- Max Müller Schweisstechnik, Horgen
- Philips AG, Horgen
- Samuel Vollenweider AG, Horgen
- SSM Schärer Schweiter Mettler AG, Horgen
- Stäubli AG, Horgen
- Swissphone Telecom, Samstagern
- Hans Oetiker AG, Horgen
- Grob Horgen AG, Horgen
- Phonak AG, Stäfa
- Dr. von Ballmoos AG, Horgen
- K.R. Pfiffner AG, Thalwil
- WEKA AG, Apparatebau. Bäretswil
- Steinel AG, Einsiedeln




5 Arbeitgeber-, Arbeitnehmer- und Wirtschaftsorganisationen:
- Arbeitgebervereinigung Horgen und unterer Zürichsee
- ASM Arbeitgeberverband Schweizer Maschinenindustrie, Region Zürich
- Gewerbeverband des Bezirks Horgen
- Gewerkschaft SMUV Region Zürich
 
Weitere
- Gemeinden Richterswil, Altendorf SZ, Kilchberg
- div. Handwerker- und Gewerbevereine (4)
- Firmen (3), Institutionen (3) und Einzelpersonen (14)
- Verein Berufsschule Horgen
- Berufsschule Rüti
- Gewerblich-Industrielle Berufsschule Horgen

GESCHÄFTSIDEE / VISION

Die nachfolgende Geschäftsidee umschreibt den Betriebszweck des Vereins RAU gemäss der Definition an der Gründungsversammlung vom 12. Februar 1998:

- In der Region Zürichsee sind wir führend in der praxisbezogenen Berufsbildung für Industrie und Gewerbe.
- Wir sind eine nicht gewinnorientierte Organisation, die mit einer hohen, bedarfsgerechten Ausbildungsqualität auf dem Markt erfolgreich ist.
- Im Rahmen einer engen, langfristigen Zusammenarbeit mit unseren Partnern fördern wir neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze.
- Unser Angebot umfasst breite, polyvalente, schlüsselqualifizierende Bildungsmodule und weitere Dienstleistungen rund um die Ausbildung.
Vom Februar 1998 bis Mitte August 1998 wurde eine Aufbau- und Ablauforganisation aufgebaut und das Ausbildungskonzept ausgearbeitet. Mit den vier vollamtlichen Ausbildern resp. einer Ausbildnerin Sandra Schindler, Hansjürg Baur, Rolf Kosarnig und einer befristeten Aufbauhilfe von Christian Kampfer startete das RAU am 17. August unter der Leitung von Geschäftsführer Daniel Ruoss mit 46 Lehrlingen zur Grundausbildung im ersten Lehrjahr. Insgesamt wurden Kurse mit rund 140 Lehrlingen im vergangenen Betriebsjahr durchgeführt. Mit 77 Lehrlingen im 1. Lehrjahr und rund 180 Lehrlingen insgesamt, steigert sich die Nachfrage im 2. Betriebsjahr bereits rasant. Nachfolgende Berufe/Berufsfelder werden im RAU ausgebildet:
Mechanik --> Polymechaniker/in
  --> Mechapraktiker
Mechatronik --> Automatiker
Konstruktion --> Konstrukteur/in
Elektronik --> Elektroniker/in
  --> Audio-Video-Elektroniker/in
Informatik --> Informatiker/in
  Systemtechnik, Applikationsentwicklung
  --> Modellversuch
  Basislehrjahr
Administration --> Kaufmännische Berufe
 
In folgenden Bereichen ist das RAU ebenfalls tätig:
- Betriebspraktika Studierende etc.
- Erwachsenenbildung z.B. Erwerbslose
- Bildungsmanagement Lehrlinge, Betriebe

BETRIEBS- UND AUSBILDUNGSKONZEPT

Für die oben erwähnten Lehrberufe wurden Ausbildungsmodule erstellt, welche die Ausbildungsziele nach den Berufsreglementen und Modelllehrgängen bis hin zur Lehrabschlussprüfung abdecken. Der gesamte Aufbau ist modular und berufsübergreifend. So wird z.B. das Ausbildungsmodul Word 1 für alle Lehrlinge berufsübergreifend durchgeführt. Aufgrund des modularen Aufbaus kann die Lehrfirma eine individuelle Ausbildung für ihre Lehrlinge zusammenstellen. Für die Berufsfelder Administration, Informatik, Mechanik, Konstruktion und Elektronik sind rund 90 Ausbildungsmodule definiert, welche zwecks einfacher Handhabung für jeden Beruf in Ausbildungsvarianten zusammengefasst sind.

ANZAHL ABSOLVIERTE AUSBILDUNGSWOCHEN 17.8. BIS 31.7.1999

46 Lehrlinge im 1. Lehrjahr besuchten die Ausbildungsvariante small oder medium (30 bis 35 Wochen). Sie sorgten für die Hauptauslastung mit rund 68.5% der verkauften Ausbildungswochen. Im Betriebsjahr 1998/99 haben insgesamt 139 Lehrlinge und 4 Privatpersonen einen Kurs oder eine Ausbildung im RAU absolviert.
Die verkauften Ausbildungswochen sind denn auch die wirtschaftliche Kenngrösse. Der Preis für eine Ausbildungswoche hat die Mitgliederversammlung auf Fr. 500.-/ Woche pro Lehrling festgelegt.
Dies ergab einen Ertrag im ersten Betriebsjahr von rund 1.1 Mio. Fr. Das Budget hat dem gegenüber einen Aufwand von rund 1.25 Mio. Fr. vorgesehen. Die Hauptkostenträger im Aufwand bestehen aus den Personal-, den Gebäudemiet- und den Material- und Unterhaltskosten. Ein Teil der Alcatel-Infrastruktur konnte das RAU übernehmen, jedoch mussten einige Maschinen und Einrichtungen überholt, resp. ersetzt werden.

GANZHEITLICHE AUSBILDUNG

Bei der beruflichen Grundausbildung handelt es sich um eine praxisbezogene Einführung in das berufliche Grundwissen in Ergänzung zum theoretischen Unterricht an der Berufsschule. Neben Fachausbildung hat sich das RAU aber vor allem zum Ziel gesetzt, eine ganzheitliche Ausbildung zu betreiben, um die Handlungskompetenz der zukünftigen Berufsleute zu entwickeln.

FINANZEN

In der Geschäftsidee wurde definiert, dass das RAU ein nicht gewinnorientiertes Unternehmen sei. Um die betriebswirtschaftlichen Einflüsse allerdings zu beherrschen, haben wir eine unternehmerisch geführte Buchhaltung mit entsprechendem Controlling und Reportinginstrument aufgebaut. Das Ziel, innert drei Jahren eine selbsttragende Unternehmung aufzubauen, ist wohl ehrgeizig, scheint aber durchaus realistisch, wie nachfolgende Planerfolgsrechnung aufzeigt:

DIE RAU-KUNDEN

- Phonak AG, Stäfa
- Philips AG, Zürich
- Hans Oetiker AG, Horgen
- SSM AG, Horgen
- Grob Horgen AG, Horgen
- Dr. von Ballmoos AG, Horgen
- Feiler AG, Horgen
- Samuel Vollenweider AG, Horgen
- Stäubli AG, Horgen
- Axiom AG, Au
- Auparc AG, Au
- Alcatel AG, Zürich
- Pfiffner AG, Zürich
- Swissphone Telecom, Samstagern
- Akim AG, Lachen
- MAVAG AG, Altendorf
- Cablecom Holding AG, Zürich
- Steinel AG, Einsiedeln
- Origin Schweiz AG, Zürich

- Bircher AG, Beringen
- Murr Elektronik AG, Beringen
- Siemens Building Technologies AG
- Cerberus Division AG, Männedorf
- Graphia AG, Horgen
- Häny & Cie. AG, Meilen
- Siemens Building Technologies AG
- Landis & Stäfa, Division, Stäfa
- Transfer SIG Pack AG, Altendorf
- Huser & Peyer AG, Wollerau
- Keso AG, Richterswil
- Reichle & De Massari AG, Wetzikon
- Tecan AG, Hombrechtikon
- WEKA AG, Bäretswil
- HSR Hochschule Rapperswil
- Leuthold Mechanik AG, Samstagern
- Pamasol Willi Mäder AG, Pfäffikon SZ
- Sibos AG, Einsiedeln
- Diverse Privatpersonen
Firmen aus dem Kanton Schwyz, dem Norden des Kantons Zürich und dem Kanton St. Gallen geben dem RAU einen kantonsübergreifenden Charakter. Dies ist einerseits zwar sehr interessant, anderseits sind hier aufwendige Koordinationsarbeiten notwendig, da gerade das Bildungswesen in unseren Kantonen sehr föderalistisch verankert ist.

RAU – TRÄGER EINES ZUKUNFTSORIENTIERTEN BUNDESPROJEKTES, MODELL-VERSUCH BASISLEHRJAHR

Im Frühjahr 1998 brachte das Bundesamt für Berufsbildung und Technologien (BBT) die Idee eines Basislehrjahrs zur Diskussion und lud interessierte Kreise ein, entsprechende Projekte einzureichen. RAU wurde aufgefordert, ein Projekt einzureichen, welches dann im November 1998 auch vom Bund bewilligt wurde. Als Träger dieses Projektes Basislehrjahr für Informatiker/innen hat das RAU wesentlich mit finanzieller Beteiligung von Bund und Kantonen eine einjährige Grundausbildung für Informatiker/innen durchgeführt. Ab dem 2. Lehrjahr arbeiten die Lehrlinge in einem noch zu findenden Lehrbetrieb, oder sie leisten Teileinsätze in Praktikumsfirmen. Entsprechend interessierte Informatik-Betriebe ab August 2000 werden noch gesucht.

Die Elektronikerlehrlinge besprechen die Prüfung über das Thema Löten.
 
Aufmerksame Eltern beobachten den Bohrvorgang ihres Sohnes.
 
Informatiker-Lehrlinge mit ihren selber gebauten Computern.
 
Ein Konstrukteur zeigt interessierten Schülern seine erste Konstruktionsarbeit.
 

AUSBLICK, DIE WEITERE ENTWICKLUNG DES RAU

Nachdem bereits im ersten Betriebsjahr die gesteckten Umsatzziele um rund 10% übertroffen wurden, ist mit rund 2700 bestellten Ausbildungswochen für 1999/2000 eine weitere Steigerung in Sicht. Zusätzliche Räume mussten bereitgestellt, die Infrastruktur angepasst und weitere Mitarbeiter/innen eingestellt werden. Eine überaus erfreuliche Entwicklung. Die Nachfrage, insbesondere im Bereich Informatik, ist stark zunehmend, so dass 2000/2001 wohl ein weiterer Ausbau notwendig wird.
Im Bereich Administration werden wir das Angebot ausdehnen und eine vertiefte Ausbildung im 2. Lehrjahr sowie Standort-Bestimmungen und Prüfungsvorbereitung aufbauen.
Die Bereiche Mechanik, Konstruktion und Elektronik haben ein hohes Niveau an verkauften Ausbildungswochen erreicht. Hier gilt es bestehende Kontakte auszubauen und die Ausbildungsqualität auf hohem Niveau zu halten.
Im Rahmen der zukünftigen Bildungspolitik werden Ausbildungsverbünde und Ausbildungszentren, wie das RAU, eine wichtige Rolle einnehmen. Sie werden Betriebe entlasten und durch Synergien eine effiziente und qualitativ ansprechende berufliche Grundausbildung anbieten. Bereits sind denn auch weitere Ausbildungsverbünde und Zentren im Entstehen. Das RAU hat hier als «Pilotmodell» Vorbildcharakter angenommen.




Daniel Ruoss

VORSTAND VEREIN REGIONALES AUSBILDUNGS-ZENTRUM AU

Dr. Markus Graf, Feller AG, Präsident
Ursula Thiess, Alcatel Schweiz AG
Ueli Fausch, Stadtpräsident Wädenswil
Robert E. Gubler, Präsident Gewerbeverein des Bezirks Horgen
Marcel Treina, Swissphone Telecom
 
KontrollsteIle
Robert Schuhmacher, Swissphone Telecom
 
Geschäftsführer
Daniel Ruoss
 
Kontaktadresse
Seestrasse 295 CH-8804 Au-ZH
Telefon: 01/7826888
Fax: 01/7826889
Email: daniel.ruoss@r-au.ch