Schule, Kirche und Soziales

Quelle: Die Au gestern - heute, Publikation 1984 von Peter Ziegler

Von der Schule Ort zur Schule Au

Die Sektion Ort war – wie Langrüti und Stocken – bis zum Jahre 1925 eine selbständige Schulgemeinde mit eigener Verwaltung und eigenem Vermögen. Durch Beschluss des Regierungsrates wurde sie dann mit der Dorfsektion zur Primarschulgemeinde Wädenswil verschmolzen, die sich 1944 mit der Politischen Gemeinde Wädenswil vereinigte.
Als Schullokal im Ort diente anfänglich eine Bauernstube, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts an der alten Landstrasse ein erstes Schulhaus (heute Haus Nr. 80) erstellt wurde, das man 1840 und 1890 erweiterte. Weil die stets wachsende Schülerzahl eine Aufgliederung der Achtklassenschule verlangte, wurde im Jahre 1908 im Rebland der Gebrüder Hauser zum Haldenhof nach den Plänen der Züricher Architekten Robert Bischoff und Hermann Weideli ein neues Schulhaus gebaut und im Frühling 1909 bezogen. Nun bildete man aus der Achtklassenschule zwei Vierklassenabteilungen, die man 1925, als die 7./8. Klasse zugunsten der Dorfschule aufgegeben wurde, in zwei Dreiklassenabteilungen umwandelte. 1953 ging man zum Zweiklassen und 1967 zum Einklassensystem über.
59 Einweihung des Schulhauses Ort, 1909.
 
Lehrer und Arbeitslehrerinnen blieben der Schule Ort oft über Jahrzehnte treu. Es unterrichteten von
1885 bis 1902 Peter Fehr
1902 bis 1930 Johannes Hirt
1909 bis 1930 Albert Walder
1930 bis 1975 Ernst Hiestand
1930 bis 1947 Hedy Böschenstein

An der Arbeitsschule von
1872 bis 1922 Luise Gattiker
1922 bis 1930 Rosa Weber-Vetterli
1930 bis 1965 Emma Hirt.
60 Johannes Hirt, Lehrer an der Schule Ort von 1902 bis 1930.
61 Ernst Hiestand, Lehrer an der Schule Ort von 1930 bis 1975.

Die sprunghafte Bevölkerungsentwicklung in der Au erforderte seit den 1950er Jahren neue Schulbauten. 1958/59 erstellte die Gemeinde Wädenswil nordwestlich des Altbaus im Ort ein von Architekt Heinrich Kübler entworfenen Schulhaus mit fünf Klassenzimmer und einem gedeckten Verbindungsgang zum Gebäude von 1909. 1966/67 wurde das Schulhaus Ort gegen die alte Landstrasse hin um drei Schulzimmer und den Singsaal erweitert; ein Jahr später folgte die Turnhalle. Nachdem Neubauprojekte in den 1970er Jahren verworfen oder zurückgezogen worden waren, machte die akute Raumnot 1978 die Aufstellung eines Doppelpavillons und 1980 den Anbau West mit weiteren drei Zimmern nötig.
62 Schulhäuser Ort von 1909, 1958/59, 1966/67.

64 Oberstufenschulhaus Steinacher, 1975.
Im Frühling 1975 wurde die von Architekt Jacques Ringger geplante Oberstufenanlage Steinacher eingeweiht. Im grosszügig konzipierten Schulhaus mit abgetreppten Baukörpern sind 15 Klassenzimmer untergebracht. Dazu kommen Spezialräume. Der dreigeschossige Sporttrakt enthält eine Turnhalle mit Geräteraum, eine Schwimmhalle mit verstellbarem Beckenboden sowie Duschen und Garderoben. In den Jahre 1982 bis 1984 wurde die Schulanlage Steinacher um sechs Klassenzimmer mit Nebenräumen sowie um eine Sporthalle erweitert.
Ab Frühling 1984 werden in der Au 20 Primar-, 6 Sekundar- und 6 Realklassen sowie eine Oberschule geführt. Dazu kommen zwei Tageshorte und fünf auf die verschiedenen Wohnquartier verteilte Kindergärten.
63 Schulhaus Ort mit Anbau West, 1980.

65 Primarschulanlage Steinacher im Bau, 1984.

Kirchenpavillon Au

Die angestammte Bevölkerung der Au fühlte sich durch Tradition, Gottesdienst und Amtshandlungen mit der Kirche Wädenswil verbunden. Den neu zugezogenen Bewohnern der Au fehlten diese Beziehungen. Seit den 1950er Jahren befassten sich daher die reformierte und katholische Kirchenpflege mit der Planung eigener kirchlicher Bauten in der Au. Die Katholiken wollten an der alten Landstrasse, die Reformierten unterhalb der Steinacherstrasse bauen. Diese Lösungen hätten aber ortsplanerische Nachteile gehabt. Die politischen Behörden schlug daher den Kirchenpflegen vor, zwischen Johannes-Hirt- und der General-Werdmüller-Strasse ein ökumenisches Kirchenzentrum zu erstellen.
Die Architekten Hans Steiner (Zürich) und Josef Riklin (Wädenswil) legten in der Folge ein Projekt vor, das die beiden Kirchenbauten symmetrisch auf einen gemeinsamen Platz mit gemeinsamem Turm bezog. Die Gemeindeversammlung der Römisch-katholischen Kirchgemeinde stimmte ihren Bauvorhaben am 16. September 1970 zu; das Projekt der Politischen Gemeinde – Glockenturm und Kirchenplatz – und jenes der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde – Kirche und Pfarrhaus mit Diensträumen – wurde dagegen in der Urnenabstimmung vom 27. September 1970 aus ästhetischen wie aus finanziellen Gründen abgelehnt.
Die Notwendigkeit eines kirchlichen Zentrums blieb aber unbestritten. Am 27. August 1972 konnte der einfache hölzerne Kirchgemeindepavillon Au eingeweiht werden, in dem seither regelmässig Gottesdienste beider Konfessionen stattfinden. 1978 wurden neben dem Pavillon ein hölzerner Glockenträger aufgestellt. Die bei Rüetschi in Aarau gegossenen drei Glocken tragen folgende Sprüche:

Kleine Glocke, Ton «fis», 110 kg: «Gott ist die Liebe» (Johannes 4,16)
Mittlere Glocke, Ton «e», 150 kg: «Der Herr ist mein Hirte» (Psalm 23,1)
68 Glockenträger von 1978 beim Kirchenpavillon Au.
Grosse Glocke, Ton «cis», 250 kg: «Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir!» (Jesaja 41,10).
66 Modell des 1970 abgelehnten Kirchenzentrums Au.
67 Kirchgemeindepavillon Au, erbaut 1972.

Altersheim Au

Die Gemeinschaft evangelische Taufgesinnter eröffnete im Jahre 1893 im Weiler «Scheller» ein Altersasyl. Zu diesem Zweck wurden ein Versammlungsgebäude und 1906 als seeseitiger Hausteil ein Asylgebäude erstellt, das man 1914 durch einen Terrassenbau mit dem ehemaligen Bauernwohnhaus verband. Heute leben im Altersheim Au an der Schellerstrasse immer rund zwanzig Betagte.
69 Altersheim Au an der Schellerstrasse.

Kinderheim Grünau

1934 eröffnete die am Kinderspital Zürich in allgemeiner Kinderpflege und an der Universität Wien in Heilpädagogik ausgebildete Alice Weber (1895 bis 1984) in der Liegenschaft «Grünau» oberhalb der Au ein privates Kinderheim, in dem 12 bis 15 Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren Aufnahme finden konnten. 1970 wandelte die Gründerin ihr persönliches Werk in die «Stiftung Kinderheim Grünau» um. 1984 wohnten in der «Grünau» 15 von zwei Ehepaaren betreute Kinder, die in die Primarschulklassen der Au integriert sind.


 
 


70 Kinderheim Grünau.




Peter Ziegler