Die Halbinsel Au

Quelle: Die Au gestern - heute, Publikation 1984 von Peter Ziegler

Der Hof in der Unteren Au

Die Halbinsel Au wird in einer Urkunde aus dem Jahre 1316 als «Owe» erstmals genannt. Der zu jener Zeit noch grösstenteils bewaldete Hügel war Eigentum des Johanniterordens, der in der Unteren Au ein landwirtschaftliches Gut besass, welches Arnold Rebmann zu Lehen hatte. 1484 kam dieser Hof – er umfasste Haus, Hofstatt, Scheune, Baumgarten, Ackerland, Wiesen, Reben und den «Seewadel» (Ausee) – als Erblehen an Hans in der Au. Von den Nachkommen ging die Liegenschaft 1569 an Heinrich Scheller über, dessen Erben das Gut noch 1591 innehatten. Zwischen 1591 und 1594 erwarb es Hans Ammann. Nach dessen Tod kam die Liegenschaft in der Unteren Au 1617 an den Sohn Ulrich, später an dessen Bruder Hans Rudolf Ammann (1581−1654), der sie 1651 dem Wädenswiler Bauern und Grosskäser Hauptmann Streuli veräusserte. Dieser verkaufte das Gut noch im gleichen Jahr dem Zürcher Obersten Johann Rudolf Werdmüller, der 1650 verärgert aus venetianischen Diensten zurückgekehrt war und nun einen Landsitz suchte, auf dem er sich seinen Liebhabereien widmen konnte.

General Johann Rudolf Werdmüller (1614−1677) auf der Au

Johann Rudolf Werdmüller, an den die General-Werdmüller-Strasse in der Au erinnert, wurde im Jahre 1614 im Seidenhof in Zürich geboren und genoss als Sohn eines reichen und angesehenen Kaufmanns eine sorgfältige Erziehung. Der Dreizehnjährige besuchte mit seinem Bruder Hans Georg die Akademie in Genf und setzte dann seine kaufmännische, wissenschaftliche und militärische Ausbildung in Lyon fort.
1633 kehrte Johann Rudolf nach Zürich zurück, verheiratete sich mit Anna Reinhard und übernahm des väterliche Seidengeschäft. Doch der Hang zum Kriegsdienst war stärker als alles andere. Werdmüller trat – während des Dreissigjährigen Krieges – in schwedische Dienste ein und stieg dort zum Obersten auf. Die Zürcher Regierung rief den tüchtigen Kriegsmann in die Heimat zurück und übertrug ihm das Kommando über ein für Venedig nach Dalmatien entsandtes Regiment aus Zürchern und Bernern. Als der Oberst wegen brutaler Strenge gegenüber seinen Truppen vom Zürcher Rat zur Rede gestellt wurde, trat er für einige Jahre ins Privatlegen zurück, kaufte die Untere Au und liess sich dort ein Landhaus bauen.

6 General Johann Rudolf Werdmüller, Kreidezeichnung von Matthäus Merian, 1676.
7 Blick auf Auhügel und Au-Gebiet. Ausschnitt aus einem Aquarell über Bleistift- und Federzeichnung von Heinrich Füssli, 1792.

Nachdem Werdmüller am Kampf gegen den Bauernaufstand teilgenommen hatte, spielte er im Ersten Villmergerkrieg von 1655/56, mit fast unbeschränkten Vollmachten ausgerüstet, eine entscheidende Rolle. Er besetzt die Rheinübergänge, den Thurgau und die Grenze bei Kappel. Dass es ihm aber nicht gelang Rapperswil einzunehmen, schadete ihm sehr. Man machte ihm den Prozess wegen Landesverrat und Gottesleugnerei, und der in der Ratswürde eingestellte Oberst hatte der Stadt Zürich eine hohe Busse zu zahlen.
Nach dieser Demütigung durch die Obrigkeit zog sich Werdmüller von allen vaterländischen Angelegenheiten zurück und suchte im Ausland eine seinen Wünschen entsprechende Stellung. Von 1659 bis 1663 finden wir ihn im Dienste Ludwigs XIV. von Frankreich, von 1663 bis 1671 als Generalleutnant unter den Fahnen Venedigs im Kampf gegen die Türken. Zum Ärger der Zwinglistadt trat Werdmüller zum Katholizismus über, und so wurde er Feldmarschall-Leutnant in der Armee Kaiser Leopolds I. von Oesterreich. Im Kriege gegen Frankreich tat sich Wermüller wiederholt ruhmreich hervor, so bei der Belagerung von Bonn (1673), bei der Einnahme der Festung Philippsburg bei Mannheim (1676) und bei der Eroberung von Saarbrücken im Frühjahr 1677. Im Winter 1677/78 sollte er die Pässe des Schwarzwaldes sichern. Er zog daher mit seiner Truppe in Villingen Quartier. Dort starb er am 16. Dezember 1677 und wurde in der Nicolai-Kirche begraben.

1650 kehrte Johann Rudolf Werdmüller verärgert aus venetianischem Kriegsdienst zurück. Im Seidenhof dauernd zu wohnen, behagte ihm nicht. Er suchte sich daher einen Landsitz, wo er sich seinen Liebhabereien widmen und seine Gäste empfangen konnte, und wo er auch seinen in Venedig zurückgelassenen orientalisch-üppigen Haushalt mit luxuriösem Hausrat und zwei türkischen Sklaven, einem Leibburschen und einer jungen Sklavin, unterbringen konnte. Durch Vermittlung seines Schwagers, des Wädenswiler Landvogt Johann Konrad Grebel, konnte er vom Grossvater Streuli die Untere Au kaufen, die damals «eine wüste Einöde und Viehweide» war.
Auf der Nordwestseite der Halbinsel baute Werdmüller eine Villa im venetianischem Stil mit grossen Geschäftsräumen. Zum Herrenhaus gehörten eine Reihe Oekonomiegebäuden und ein aus Weinreben, Ackerland, Wiesland und Wald bestehendes Umgelände. Das Hauptgebäude enthielt auf der Südseite eine hohe, geräumige Halle, welche die ganze Breite der Hauptfassade einnahm. Der über der Halle gelegene obere Teil des Hauses ruhte auf sechs Backsteinsäulen, welche mit einer Marmorimitation verkleidet waren.
8 Älteste Ansicht des Landhauses von General Werdmüller auf der Au. Aquarell, signiert AE, datiert 1673.
 
Die Inneneinrichtung des Hauses verriet ebenfalls fremdländischen Geschmack. Auf dem Platz vor der Villa stand ein schöner, wasserreicher Springbrunnen. Das abfliessende Wasser sammelte sich in einem mit eisernem Gitterwerk gedeckten Bassin, das als Fischbehälter diente. An die Villa stiess ein Garten mit ausländischen Pflanzen und Bäumen. Er war von einer starken Mauer umschlossen und rings vom Wasser umflossen. So weit sich die Gebäude längs des Sees erstreckten, war das Ufer mit einem festen, aus Steinen gemauerten Damm gegen den Wellenschlag geschützt. In die Halbinsel hinein zog sich ein zirka 18 Jucharten grosser Teich, welcher durch einen engen, von Werdmüller hergerichteten Kanal mit dem Zürichsee in Verbindung stand.
Während die Bauarbeiten auf der Au fleissig fortgeführt wurden – als Architekt amtete der Bruder des Generals, Hans Georg Werdmüller -, reiste der Oberst Ende Juli 1651 wieder nach Venedig, um seinen Sold zu fordern. Er löste seinen türkischen Haushalt auf und kehrte mit Hausrat, Dienern und Sklaven an den Zürichsee zurück, wo er sich in seinem neuen Sitz auf der Au fürstlich einrichtete. Mit besonderer Liebe widmete er sich hier dem Gartenbau und der Landwirtschaft. Er richtete in seiner Villa einen grossen heizbaren Wintergarten und ein Treibhaus ein und hegte darin Zitronen- und Orangenbäume und andere Tropenpflanzen.
Neben seiner ländlichen Beschäftigung betrieb Hans Rudolf Werdmüller mit grosser Leidenschaft mechanische Künste. Zu diesem Zweck hatte er sich neben seinem Landhaus auf der Au eine mechanische Werkstätte mit Schmiede eingerichtet. Mancher Schlosser- und Schmiedegeselle fand hier oft für längere Zeit Arbeit und Lohn, indem er dem Hausbesitzer half, welcher im Schurzfell selber am Amboss stand, den schweren Hammer schwang oder am Schraubstock feilte. In seiner Schmiede auf der Au stellte Werdmüller «zum Nutzen und Vergnügen» allerlei Gerätschaften für Haus und Feld, starkes Gitterwerk, Tore, Wagenbestandteile, Hufeisen, Wildfallen und Instrumente her, ja sogar Fahrzeuge und primitive Automaten. Aus dieser Werkstatt ging auch eine lange, schmale Gondel nach dalmatischem Vorbild hervor. Sie war eigentümlich und ungewohnt gebaut, dass man sie für ein Teufelswerk hielt. Fünf bis sechs Ruderer bewegten das Boot und bewirkten, dass die Gondel «Gischt erzeugend mit so grosser Geschwindigkeit die Fläche des Sees durchschnitt, dass darob Zuschauer und Ruderer ein Grausen empfanden». Ein Zeitgenosse Werdmüllers äusserte sich, der General fahre in seinem Schiff auf dem Zürichsee herum wie der Teufel im Buche Hiob und erschreckte die Leute vom Lande solchermassen, dass sie darob fast sturm würden.
Mit grossem Eifer betrieb der Oberst auch Jagd und Fischerei. Im benachbarten Staatswald, wohin er Hirsche und Rehe aus dem Sihlwald versetzt hatte, übte er das Jagdrecht aus. Auf seinen Pirschgängen wurde Werdmüller häufig von seinem jungen Vetter Heinrich, dem Theologen, begleitet. Im Winter stellten die beiden leidenschaftlich den jungen Enten nach, welche sich scharenweise auf dem Ausee sammelten. Werdmüller züchtete ganze Vogelherden und fing in seinem Garn nach italienischem Vorbild gefiederte Leckerbissen. Für die Fischerei war die Au besonders günstig. Werdmüller liess den grossen Teich austiefen und durch einen engen Kanal mit breiter Mündung so mit dem Zürichsee verbinden, dass auch grössere Fische durch den Kanal in den Teich schwimmen, den Weg zurück aber nicht mehr finden konnten: In dieses Gewässer setzte er eine Reuse.
Das Leben und Treiben Werdmüllers auf der Au wich von den Sitten der angestammten Bevölkerung krass ab. Gar manche Sonderheit konnte sich das Landvolk nicht erklären, und es fürchtete daher den Obersten als Zauberer und Schwarzkünstler. Selbst Gelehrte hatten ihn in Verdacht, er stünde mit dem Teufel im Bund. Werdmüller machte sich einen Spass daraus, seine abergläubischen Zeitgenossen ihrem Glauben zu bestärken. Mit Vorliebe arbeitete er nachts in seiner Schmiede. Weithin dröhnten von der Au her die Hammerschläge, und vorbeifahrende Schiffer sahen – im Schauer der Geisterstunde – wie es feurig aus der Esse aufglühte.
Zu Werdmüllers Hexerstreichen gesellten sich unvorsichtige Äusserungen über die Kirche. Mit aller Entschiedenheit wandte sich der freidenkerische Kriegsmann gegen den engherzigen Geist, welcher damals in Zürich herrschte und in einer in Satzungen und Vorschriften befangenen Kirche seinen Rückhalt fand. Darob bezichtigte man den General des Unglaubens, was er aber bestritt. Er äusserte sich zwar dann und wann gar spöttisch; aber sein Spott galt nie der Religion an sich, sondern den Menschen, welche daraus ein Zerrbild machten.
Die unkonventionellen Äusserungen wurden dem Obersten von seinen Widersachern schwer angekreidet. Man klagte ihn als Gottesleugner, Zauberer und Verbündeten des Teufels ein. Der Rat ordnete eine Untersuchung an.
Am 3. Februar 1659 eröffnete man dem Angeklagten eine umfangreiche Klageschrift. Man warf ihm beispielsweise vor, er sei in seinem Schiff «so schnell gefahren, dass es einem, so auch darinnen gewesen, schier gegrauset». Und man beschuldigte den Obersten, er habe behauptet, ein Mann dürfe zu gleicher Zeit zwei Frauen haben. Diesen Vorwurf wies Werdmüller mit aller Schärfe zurück. Er habe in dieser Form gewiss nie geredet. «Wenn einer jetzt eine Frau habe, so habe er daran so genug, dass er, wenn man ihm noch eine geben wollte, Recht vorschlüge und vor die Eigenossen appellieren werde.» Am 27. April 1659 fällte der Rat das Urteil. Johann Rudolf Werdmüller wurde seines Amtes als Mitglied des Kleinen Rates enthoben und hatte überdies eine gesalzene Busse zu bezahlen, «alles mit dem heiteren Anhang, dass es ime eine Warnung syn sölle». Über den Ausgang des Prozesses verärgert, verliess der Oberst die Au und leistete für den Rest seines Lebens unter fremden Fahnen Dienst.

Das Landgut zur Unteren Au nach 1678

Nach dem Tode des Generals Johann Rudolf Werdmüller (1677) gehörte die Untere Au seinem Sohn Hans Rudolf. Dieser verkaufte das Gut schon am 13. Dezember 1678 einem Schwager Junker Heinrich Bräm-Werdmüller. Die Familie Bräm gesass das Au-Gut während etwa sechzig Jahren, bewohnte es jedoch nur im Sommer. Nach dem Tode des Landschreibers und Stadtrichters Heinrich Bräm (1741) übernahm dessen Schwiegersohn, Heinrich Lavater-Bräm, Landvogt zu Wädenswil, das Landhaus in der Unteren Au. Sein Sohn Hans Kaspar behielt das Gut nur wenige Jahre. Nachdem er schon 1772 einen Teil seines Besitzes dem damaligen Lehenmann Heinrich Treichler von Stäfa verkauft hatte, schrieb er 1777 auch den Rest seiner Liegenschaft zum Kauf aus; das Wohnhaus mit Speicher, die Schmiede, das Lehenhaus samt Scheune und Trotte, ferner Garten, Matten, Acker-, Reb- und Riedland sowie den Ausee mit Fischereigerechtigkeit, das Holz- und Weiderecht im Auwald, die ganze Fahrhabe und einen Heuzehnten. Als Käufer meldete sich der reiche Wädenswiler Müller und Säckelmeister Blattmann. Die Zürcher Obrigkeit sah dies nicht gern. Sie machte daher von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch, zog das Gut an sich und setzte über das Handlehen einen Lehenmann, den Stiftskämmerer Franz Heinrich Tobler.
Der 1748 geborene Tobler entstammte einer alten Züricher Familie und studierte wie sein Vater Theologie. Aber vor Beendigung seiner akademischen Laufbahn folgte der Junge seiner Neigung für den Landbau und betätigte sich auf dem Gute eines Freundes als praktischer Landwirt. Dann diente er einige Jahre als Wirtschaftsverwalter auf verschiedenen Landgütern, weshalb er die Benennung Stiftskämmerer erhielt. 1778 wurde er dann Au-Pächter des Staates, und 1790 kaufte er von der Zürcher Regierung das 17 Jucharten grosse Landgut zur Unteren Au nebst acht bis zehn Jucharten Wald. Durch unverdrossene Arbeit machte Tobler die verwahrlosten Güter wieder nutzbar.
Im Jahre 1816 ging das Heimwesen in der Unteren Au an David, den jüngsten Sohn Toblers, über, der ebenfalls ein angesehener Mann war. Im März 1838 wählte man ihn in den Grossen Rat. Auch nach dem Züriputsch von 1839, welcher der konservativen Regierung wieder zur Macht verhalf, konnte Hauptmann Tobler im Rate bleiben, da er die Sache der Glaubenspartei verfocht. David Tobler verkaufte das Au-Gut im Jahre 1856 dem Major Karl Hartmann, welcher die Liegenschaft 1881 dem Engländer Robert Drumond veräusserte. Drumond hatte vorerst jahrzehntelang in den Tropen geweilt und während 25 Jahren als Sekretär des englischen Vizekönigs von Indien geamtet. Obschon der Engländer eine hohe Jahrespension bezog, lebte er einfach und sparsam. Sein Hang zum Fremdländischen zeigte sich auch darin, dass er auf dem Ausee zusammenlegbare Schiffchen aus Kautschuk fahren liess.
9 Ehemaliges Werdmüller-Haus auf der Au, zweite Hälfte 18. Jahrhundert (Ausschnitt).

Nach Drumonds Tod verkaufen seine Erben das Landgut zu Ende des Jahres 1887 an Frau Fanny Moser (1848−1925), Freiin von Sulzer-Wart, die zweite Gattin des 1874 verstorbenen, um 44 Jahre älteren Schaffhauser Grosskaufmann Heinrich Moser. Frau Moser war eine grosszügige, unabhängige, aber auch extravagante und eigenwillige Dame. Sie verstand es aber, ihren Sitz am Zürichsee zu einem gesellschaftlichen Zentrum zu machen, in welchem Dichter, Philosophen und Wissenschafter, aber auch Persönlichkeiten aus Handel und Industrie verkehrten. Im Gästebuch, welches in der Stadtbibliothek Schaffhausen aufbewahrt wird, finden sich die Namen von Meinrad Lienert, Emil Ludwig, Hermann Müller-Thurgau, Ludwig Klages und anderen mehr. Aber auch der Geologe Albert Heim, Sigmund Freud und Heinrich Angst, der erste Direktor des Schweizerischen Landesmuseums, waren auf der Au zu Gast.
Die letzte Freiin von Sulzer-Wart – Erbauerin des Turmes «Gugger» auf der Au – starb 1925 in Kilchberg. Fünf Jahre vorher hatte Frau Moser ihr schönes Landgut auf der Unteren Au an Oberst Hans von Schulthess-Bodmer verkauft. Der neue Eigentümer der Liegenschaft liess im Sommer 1928 die aus der Zeit des Generals Werdmüller stammenden Gebäulichkeiten abbrechen und an ihrer Stelle das Schloss Au bauen, welche bis auf den heutigen Tag im Besitz der Familie von Schulthess geblieben ist.

Der Auwald

Auhügel mit Eichenwald und Rebbergen. Ausschnitt aus dem Zehntenplan IV von Rudolf Diezinger, 1830.

Noch der Wädenswiler Zehntenplan des Geometers Rudolf Diezinger aus dem Jahre 1830 zeigt den Auhügel zum grössten Teil mit Wald bedeckt. Das Auholz, ein stämmiger Eichenwald, zog sich einst über hundert Jucharten gross aus dem Gelände nach der Höhe des Hügels. Sorgsam wurde der Holzreichtum von den Besitzern gehütet. Schon im ältesten Hofrodel der Herrschaft Wädenswil, datiert vom 28. Februar 1409, wurde den Leuten im Gebiet der Johanniterkomturei Wädenswil, im Auwald, welcher damals Besitz der Johanniter war, Holz zu schlagen. Ähnliche Bestimmungen musste 1484 der Lehenmann Hans in der Au eingehen, als er aus den Händen des Johanniterkomturs Rudolf von Werdenberg die Güter in der Unteren Au zu Erblehen empfing. Man überband dem Lehenmann die Pflicht, das Holz in der Au getreu zu hüten, damit niemand darin frevle und Schaden anrichte. Sämtliche Vergehen sollten dem Grundherrn gemeldet werden. Als Entgelt für die Aufsicht durfte der Lehenmann im Auwald Fallholz zu seinem Gebrauch sammeln und so viel grünes Holz fällen, als er zur Umzäunung des Gutes benötigte. Dagegen war ihm untersagt, Holz zu verkaufen. Bei jeder Erneuerung des Lehens musste der neue Inhaber geloben, das Auholz «getreulich zu gaumen».
Im Jahre 1550 ging die Johanniterherrschaft Wädenswil durch Kauf an die Stadt Zürich über. Zürich erhielt damit auch die Au, und der grosse Auwald wurde nun zürcherischer Staatswald. 1584 war der Auwald «nur ein Laubholz». Würde man 1500 Eichen stehen lassen und den Rest fällen, so wurde damals vermerkt, ergäbe es «in die 15 000 Klaffter schyter».
Der Staatswald auf der Halbinsel Au lieferte der Zürcher Regierung während Jahrhunderten vorzügliches Eichenholz für allerhand Bauwerke in der Stadt Zürich und in der Landvogtei Wädenswil. Schon in den 1550er Jahren wurden hier Bäume gefällt für den Bau des neuen Landvogteischlosses Wädenswil. Man schlug hier aber auch Eichen für einzelne Schiffe der Zürichseeflotte, für Hochwachtstuden und für Palisaden und Festungswerke, für Trottbäume in die Wädenswiler Zehntentrotte und für Reparatur der Kirchen, Pfarr- und Schulhäuser n der Umgebung.
Noch 1705 umfasste der Staatswald auf der Halbinsel Au hundert Jucharten. In den folgenden Jahren aber wurde der Bestand stark dezimiert. 1725 mussten, um den Eichenholzbedarf der Stadt Zürich zu decken, 15 Jucharten Holz in der Au geopfert werden. 1725/26 führte der Obervogt von Horgen Dutzende von Fuhren für den Bau der neuen Horgener Stust- und Hafenanlage weg, und 1740 liess die Familie Bräm Eichen für einen neuen Stall schlagen. 1785 wurden 19 Jucharten fast vollständig ausgeholzt, fällte man doch 678 Eichen für Palisaden an der neuen Schifflände in Zürich. 1786 bis 1788 schlug man auf dem Auhügel weitere 17 Jucharten Holz. Der Inselwald hatte damit noch ein Ausmass von rund 75 Jucharten. Nun setzte in der obrigkeitlichen Waldung auf der Au die künstliche Nachzucht ein. 1790 besäte man 23 Jucharten mit Föhren- und Lärchensamen, dazu pflanzte man Eichensetzlinge.
Seit dem 16. Jahrhundert rissen die Klagen über Frevel im Auwald nie ab. Zu den unverbesserlichen Holzdieben gehörte der Horgener Hans Baumann, welcher anfangs 1652 aufgegriffen und bestraft wurde. Nicht weniger als 29 junge Eichen hatte er auf dem Gewissen. Dafür verschrieben ihm die Richter zwei Monate Haft im Zürcher Oetenbach. Dem Landvogt aber und den Förstern wurde aufgetragen, noch fleissigere Aufsicht über die Hölzer zu halten.
Allein, es währte nicht lange, so wurden neue Klagen über Waldfrevel laut. 1686 beauftragte der Zürcher Rat den Wädenswiler Landvogt Schwerzenbach, eine Reihe von Holzdieben mit Busse zu belegen. Samuel Wild, der sich weigerte, das Geld zu geben, büsste im Gefängnis im Oetenbach. Anfangs 1708 brachte man wieder zwei Frevler, Jakob Wieland von Thalwil und seinen Tochtermann, nach Zürich. Nach ihrer Freilassung mussten die beiden Schelme alle Kosten begleichen. Und am folgenden Sonntag hatten sie überdies nach dem Gottesdienst an die Kirchentüren des Fraumünsters zu stehen, jeder mit einem Eichenbäumchen auf der Achsel. Die Kirchgänger massen sie dort mit verächtlichen Blicken, Gott dankend, dass sie besser waren.
Aber auch solche exemplarische Bestrafung der Frevler hielt andere nicht davon ab, dem Auwald unberufene Besuche zu machen. Da es bisher an der richtigen Aufsicht gefehlt hatte, beschloss der Rat am 29. Mail 1713, für das Auholz einen eigenen Bannwart anzustellen. Und durch ein Mandat wurde in allen Gemeinden am See in Erinnerung gerufen, dass Frevel im Auwald bei Strafe am Leib und Gut verboten seien.
Im Jahre 1821 unterbreitetet ein Mitglied der Domänen-Verwaltung der Finanzkommission den Vorschlag, etwa 25 bis 30 Jucharten mit kleinen Eichen, Buchen und mit Gestrüpp bewachsenes Land am Südhang der Halbinsel Au roden zu lassen und dieses Gebiet in einen Weinberg umzuwandeln. Die Behörden waren dem Plan der Umwandlung von Waldboden in Rebland günstig gesinnt, und bald erfolgten Rodungen. Bis 1823 waren sieben Jucharten geschlagen. 1824 opferte man dem Rebbau nochmals 8 ½ Jucharten Wald.
Die 1830 eingesetzte radikal gesinnte Zürcher Regierung war bestrebt, Staatsdomänen abzubauen. Sie schrieb auch die Halbinsel Au samt den 46 Jucharten grossen Wald und dem Rebberg zum Kauf aus. Umsonst wurde der Regierung nahegelegt, den prächtigen Eichenwald nicht zu veräussern: am 23. Juni 1835 ging das Gut auf der zweiten Gant an Konrad Stünzi von Horgen über, welcher noch im selben Jahr einen Heinrich Leuthold von Oberrieden als Teilhaber aufnahm. Die beiden neuen Besitzer der Au begannen sogleich mit dem Fällen der alten Eichen und leiteten so einen schwungvollen und gewinnbringenden Handel in die Wege. Der Eichenwald wurde bis auf einen kläglichen Stummel gerodet. Mit Bedauern stellte ein Zeitgenosse, der Historiker Gerold Meyer von Knonau, im Jahre 1846 fest, die schöne Halbinsel Au sei dadurch «in einen geschorenen Pudel» verwandelt worden.
 

Der Rebberg

Am Südwesthang der Halbinsel Au wurde schon im 15. Jahrhundert Rebbau getrieben. Zum Lehenhof der Johanniter in der Unteren Au – dem nachmaligen Landgut des Generals Johann Rudolf Werdmüller – gehörten laut Lehenbrief von 1484 auch zwei Jucharten Reben. Die Rebfläche blieb bis ins 18. Jahrhundert hinein unverändert, denn im staatlichen Eichenwald durfte nicht für eine andere Nutzung gerodet werden. Noch 1732 lehnte die Zürcher Regierung ein diesbezügliches Gesuch des Freihauptmanns Lavater ab. 1739 jedoch erklärte sie sich mit der Rodung eines Waldstückes zur Vergrösserung des Rebberges einverstanden. Einem Bericht von 1783 ist zu entnehmen, dass der damalige Lehenmann, Franz Heinrich Tobler, welcher das Landgut auf der Unteren Au seit 1778 bewirtschaftete, über drei Jucharten gutes über eine halbe Jucharte mittleres Rebland verfügen konnte. 1794 wurde eine weitere Vergrösserung des beim Herrschaftshaus gelegenen Weinbergs bewilligt. Er ist auf dem um diese Zeit entstandenen Kupferstich von Heinrich Brupbacher abgebildet. Heinrich Tobler war ein geschickter Rebbauer. Anerkennend wurde 1796 im «Helvetischen Kalender» geschrieben, der am mittägigen Abhang des Auhügels gelegene Weinberg sei ein wahres Kleinod und produziere einen der besten Weine am Zürichsee, den rühmlich bekannten «Au-Wein».
11 Rebberg am Südwesthand des Auhügels. Ausschnitt aus einem Kupferstich von H. Brupbacher, 1793.

1821 wurde ein schon in den 1780er Jahren zur Sprache gekommenes Projekt, auch auf der Südseite der Halbinsel Au einen Rebberg anzulegen, wieder aufgenommen. Zwischen 1822 und 1824 rodete man 15 ½ Jucharten Holz und pflanzte den Waldboden mit Reben, die man dem Bannwart Konrad Hottinger in der Au zur Bearbeitung überliess. Zusammen mit dem Wald gingen 1833 auch die Au-Reben in Privatbesitz über. Nach 1900 gab man den unrentablen Rebbau auf der Halbinsel Au auf. 1912 liess das Au-Konsortium den letzten Rest des vernachlässigten Rebbergs roden.
12/13 Auhügel ohne Rebberg, um 1930, und mit Reben, 1984.
Im Jahre 1950 wurde der damaligen Schweizerischen Obst- und Weinfachschule Wädenswil eine Weinabteilung angegliedert. Für die Ausbildung in weinbaulichen Belangen war die Weinfachschule auf einen eigenen Rebberg und einen eigenen Keller angewiesen. Dank dem Entgegenkommen des Au-Konsortiums und dem Abschluss eines langjährigen Pachtvertrages konnte der eigene Weinberg verwirklicht werden. Unter Mitwirkung des kantonalen Meliorationsamtes legte man 1951 links und rechts der Treppe zum Hotel Au die ersten vier Rebparzellen an, und zwar im damals noch modernen Stickelbau. 1952 verpachtete der Inhaber des Au-Gutes, Dr. Boller-Bar seinen ganzen Betrieb der Obst- und Weinfachschule. In der Folge konnten im Gebäude des heutigen Weinbaumuseums zweckmässige Keller- und Kelterräume eingerichtet werden. Bis 1963 wurde der Hof viehwirtschaftlich genutzt. Dann gab man den Viehbestand zugunsten der schulischen Belange im Obst- und Weinbau auf. Bis 1973 wurde der Au-Rebberg schrittweise auf die heutige Fläche von 4,4 Hektaren erweitert, die einem rebbaulichen Familienbetrieb in der Ostschweiz entspricht. Neben Blauburgunder – am Zürichsee Klevner genannt – und Riesling x Silvaner wird heute auch Gewürztraminer und Pinot gris – früher als Tokayer bezeichnet – angebaut. In Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt in Wädenswil haben auch Neuzüchtungen aus Deutschland Eingang gefunden, so der Kerner, der Nobling, der Bacchus und der Ortega. Forschungsanstalt und Ingenieurschule für Obst-, Wein- und Gartenbau haben auf der Au sodann ein Rebsortiment mit gegen 150 Sorten aufgebaut. Es umfasst Kelter- und Tafeltraubensorten, Wild- und Urreben aus Jugoslawien und dem Wallis sowie alle wichtigen Unterlagsreben zum Pfropfen.
1971 liess auch der Besitzer des Schlossgutes Au, Eric von Schulthess, wieder einen Rebberg anlegen, und zwar an der sonnigen Lage über dem Ausee. Diese Rebfläche – in der Gegend des ersten Au-Rebberges des 15. Jahrhunderts – wurde 1974 auf 85 Aren erweitert.

Weinbaumuseum am Zürichsee

Mit dem 1978 eröffneten, von einer Gesellschaft getragenen Weinbaumuseum am Zürichsee verfügt die Halbinsel Au über eine einmalige Attraktion. Der Rundgang durch das in einer alten Scheune eingerichtete Museum beginnt in einer Gaststube, wie sie am Zürichsee überall zu finden waren. Dann wird in frei begehbaren Kojen das Jahr der Rebe und des Winzers veranschaulicht: Rebenvermehrung und Pflanzung, Winter- und Frühjahrs-, Sommer- und Herbstarbeiten.
Weitere Ausstellungen gelten den Bereichen Kelterei und Keller, Abfüllerei, Weinhandel und Küferei. Im Parterre des Museums bildet die Rorbaser Trotte von 1761 den Mittelpunkt. Pressen und Traubenmühlen, ein kleiner Fasspark, ein Sauserfuhrwerk und eine fahrbare Hafenbrennerei runden die Schau ab. Hinter dem Museum liegt ein historischer Rebberg mit rund einem Dutzend alten Weiss- und Rotweinsorten. In einem Original-Wetterhäuschen aus Erlenbach ist eine betriebsbereits Hagelkanone aufgestellt.
14 Sauserfuhrwerk, unterwegs zum Weinbaumuseum auf der Au, 1976.

Natur- und Landschaftschutz

1911 geriet der Eigentümer des Gasthauses auf der Halbinsel Au in Zahlungsschwierigkeiten. Haus und Hof sollten auf öffentlicher Gant versteigert werden. Es fehlte nicht an zahlungskräftigen Interessenten, und es drohte die Gefahr der spekulativen Parzellierung und Überbauung des Auhügels. Innerhalb von bloss 48 Stunden musste über das Schicksal der Halbinsel entschieden werden. Auf Initiative von Fritz Weber-Lehnert bildete sich das Au-Konsortium, welches den mittleren Teil des Auhügels – zirka 115 Hektaren Land samt Gasthaus und Schiffsteg – erwarb und einem gemeinnützigen Zweck zuführte. In den Statuten wurde nämlich festgelegt, dass der Öffentlichkeit das Grundstück unüberbaut erhalten bleiben solle. Was diese heimatschützerische Tat für die Bevölkerung und das Landschaftsbild am Zürichsee bedeutet hat, wird man sich erst heute so recht bewusst, angesichts der massiven Überbauung der gegenüberliegenden Terrassen und Hänge vom Oberort bis zum Unterort.
Das für neue Ideen aufgeschlossene Au-Konsortium – seine Mitglieder sind überwiegend Privatpersonen aus Wädenswil, Horgen und Zürich – setzt sich aus aller Publikumsoffenheit dafür ein, dass die Schönheit und Stille der Au-Halbinsel bewahrt bleibt. Der 1950 angelegte Rebberg am Südhang, der gut in die Landschaft eingepasste neue Gasthof von 1959, Kinderspielplatz und Tiergarten zeugen von diesen Bestrebungen. Die Freileitung wurden verkabelt, den unschönen Parkplatz besetzte man mit Bäumen, entlang der Krete pflanzte man im Jahre 1961 wieder junge Eichen. Auf zwei Massnahmen, die auch im Dienste des Naturschutzes stehen, sei besonders hingewiesen: auf den Bauerngarten und auf das Vergandungsexperiment am Nordhang. Vor dem alten Bauernhaus auf der Au, wurde im Frühling 1976 nach der Konzeption von Prof. Dr. Albert Hauser ein Bauerngarten eingerichtet. Er entspricht in der Einteilung (Wegnetz), der Einzäumung (Scheienhag) und der Bepflanzung dem traditionellen Bauerngarten mit Heil- und Gewürzpflanzen, Blumen und Gemüse.
15 Weinbaumuseum am Zürichsee auf der Au.

16 Bauerngarten auf der Au.

Nördlich des Bauernhauses auf der Au fällt ein unbewaldeter Hang auf etwa 200 Metern Länge mit einer Neigung von 60 Prozent gegen den Zürichsee ab. Um die Aussicht auf den See zu bewahren und den Weg möglichst trocken zu halten, entschloss sich das Au-Konsortium, auf diesem Hang eine Brachland-Phasen darzustellen, das heisst den Übergang vom offenen landwirtschaftlich genutzten Boden zum Wald. Gezeigt werden vier typische Phasen der Brachlegung: Grasphase (Gras einmal jährlich geschnitten und aus der Fläche entfernt), Staudenphase (hier werden nur Waldbäume entfernt), Strauchphase, Baumphase.
17 Vergandungsexperiment am Nordhang des Auhügels.

Bei Naglikon, im Tälchen zwischen Auhügel und Bahnlinie sowie bei der Vorderen Au haben sich Riedflächen erhalten, die als wertvolle Nassstandorte unter kantonalen Schutz gestellt werden sollen.
Das Naglikoner Ried mit vorgelagertem Schilfröhricht ist ein Rest des natürlichen Zürichseeufers mit Streuland. Es besteht aus Pfeifengraswiesen, Steifseggenried und Hochstaudenflächen. Hier wachsen Gelbe und Sibirische Schwertlilien, Orchideen und Gilbweiderich. Hier halten sich Haubentaucher, Teichhuhn, Blässhuhn, Sumpf- und Teichrohrsänger und Rohrammer auf.
18 Seeufer bei Naglikon.

19 Auried.

 

Auch das seit langem brach liegende, von Hochstauden und Schilf überwucherte Auried, ein Grossseggenried mit Zwischenmoorcharakter, ist botansich sehr bemerkenswert. Neben Seggenarten finden sich hier rundblättriger Sonnentau, Farne und Torfmoose. Im Auried hausen Sumpfrohrsänger, Teichrohrsänger und Rohrammer.
Das Seeried bei der Vorderen Au ist ein Rest von Verlandungszone am Zürichsee, mit schwach verschilftem Kopfbinsenbestand und Schilfröhricht neben Hochstaudenflächen. Hier wachsen Sibirische Schwertlilien, Orchideen, Wiesenknopf und Knotenbinse; hier halten sich Haubentaucher, Zwergtaucher, Teichhuhn, Blässhuhn, Sumpfrohrsänger, Teichrohrsänger und Rohrammer auf und als Gast die Kolbenente.

«Simongut», Schulungszentrum «Vordere Au»

1840 verkaufte der Finanzrat des Kantons Zürich dem Bauern Caspar Blattman im Steinacher 6 Jucharten Staatsland in der Vorderen Au. Hier wurden in der Folge zwei Wohnhäuser und eine Scheune erstellt, die der damalige Eigentümer, Landwirt Rudolf Streuli, im Jahre 1893 dem Zürcher Arzt Theodor Egli-Sinclair veräusserte. In der Wädenswiler Gemeindekarte von 1900 sind die nun nicht mehr landwirtschaftlich genutzten Bauten eingezeichnet. Die Bezeichnung «Villa» weist auf neue Verwendungszwecke hin. Von 1912 bis 1914 gehörte die Vordere Au Frau Luisa Zadra-Nabholz. Sie veräusserte den Besitz 1914 dem Juristen Charles Simon. Dieser liess die alten Bauten abbrechen und während des Ersten Weltkrieges nach den Plänen des Basler Architekten Emil Faesch (1865−1915) eine Villa mit Parkanlagen erstellen, das «Simongut».
Dr. Charles Simon (1862−1942), Präsident der Schweizerischen Rückversicherungs-Gesellschaft in Zürich, war ein bedeutender Stendhal-Forscher. Im «Simongut» auf der Au waren immer wieder Persönlichkeiten aus dem kulturellen Leben zu Gast,
«Simongut».
so Carl J. Burckhardt, Franz W. Beidler, der Enkel Richard Wagners, oder Thomas Mann, der am 31. August 1935 in sein Tagebuch schrieb: «Mittags per Wagen zum Bellevue, wo wir Beidlers aufnahmen, und mit ihnen an die andere Seite des Sees, gegenüber Stäfa zum Besuch des Präsidenten Simon und seiner Tochter fuhren. Prächtige Besitzung, reiches Haus. Déjeuner und Aufenthalt im Garten am See …»
Von den Erben Simons kam das Landgut 1950 durch Kauf an Eric von Schulthess Rechberg und 1973 an den Kanton Zürich. Dieser eröffnete hier 1977 ein kantonales Schulungszentrum. Während das Gebäude nach aussen in seiner durch Schlichtheit ausgezeichneten Form erhalten blieb, passte Architekt Marcel Thönen aus Zürich das Innere geschickt und zeitgemäss den neuen Verwendungszwecken an. Im geschmackvoll eingerichteten und mit Werken bedeutender Künstler aus dem Kanton Zürich ausgestatteten Gebäude finden seit 1977 Kurse im Rahmen der internen Personalschulung der kantonalen Verwaltung Zürich statt. Die Finanzdirektion des Kantons Zürich vermietet das ruhig gelegene Haus aber auch als Tagungszentrum an Drittorganisationen.
Bereits im Sommer 1978 wurde nach Wegen gesucht, wie der Landsitz «Vordere Au» auch einem weiteren Publikum zugänglich gemacht werden könnte. Der Gedanke führte zur Gründung des Vereins «Au-Studio». Zu bescheidenem Eintrittspreis – Wädenswil und der Kanton Zürich gewähren finanzielle Unterstützung – werden im ehemaligen «Simongut» alljährlich mehrere Konzerte mit hochstehendem Programm veranstaltet, die sich grosser Beliebtheit erfreuen.
21/22 Alte und neue Bauten auf dem Auhügel. Auschnitte aus den Wädenswiler Gemeindekarten von 1900 und 1925.
 




Peter Ziegler