1. Mai 1963 bis 30. Juni 1965

Quelle: Jahrbuch vom Zürichsee 1964/66, Seiten 380-404, Stäfa 1966 von Peter Ziegler

 

Ortsprospekt

Im Herbst 1965 hat der Verkehrsverein Wädenswil einen neuen Ortsprospekt herausgegeben. Darin wird Wädenswil dem Fremden so vorgestellt:
«Wädenswil bildet eine eigene Politische Gemeinde. An ihrer Spitze steht der Gemeinderat, der 13 Mitglieder umfasst. Legislatives Organ ist die Gemeindeversammlung. Auf kirchlichem Gebiet bestehen eine evangelisch-reformierte und eine katholische Kirchgemeinde. Die Volksschule ist aufgegliedert in die Primarschulgemeinde und die Oberstufenschulgemeinde, die ausser Wädenswil noch die Gemeinden Schönenberg und Hütten umfasst.
Wädenswil zählte am I. Juli 1965 14‘400 Einwohner, wovon 3200 ausländischer Nationalität. Die konfessionelle Zusammensetzung teigt 64 Prozent Protestanten und 36 Prozent Katholiken.
Für das kirchliche Gemeindeleben stehen der reformierten Kirche das Kirchgemeindehaus im Rosenmattpark und der katholischen Kirche der Gemeindesaal an der Etzelstrasse zur Verfügung.
Dem Unterricht auf der Primarschulstufe dienen folgende Schulhäuser: die Schulhausanlagen in der Eidmatt, das Glärnischschulhaus sowie die Quartierschulhäuser Ort (in der Au), Stocken und Langrüti. Das Schulhaus für die Oberstufe befindet sich an der Fuhrstrasse in unmittelbarer Nachbarschaft des Sekundarschulhauses.
In der Eidgenössischen Versuchsanstalt im Schloss besitzt Wädenswil die landwirtschaftliche Forschungsstätte des Bundes auf den Gebieten des Obst-, Wein- und Gartenbaus. Mit dieser weltbekannten wissenschaftlichen Institution arbeitet die Schweizerische Obst- und Weinfachschule zusammen, die in den obst- und weinfachlichen Berufen Techniker ausbildet.
Eine Reihe von Institutionen dienen den sozialen Bedürfnissen: das Krankenhaus für Innere Medizin und Chirurgie, das Altersheim, das Bürgerheim, das Kinderheim Bühl für körperlich und geistig behinderte Kinder, das Waisenhaus, die Kinderkrippe und der Kinderhort. Ferner sind in diesem Zusammenhang die Gemeindekrankenpflege und der Pestalozziverein zu erwähnen.
Das kulturelle Leben der Gemeinde verdankt seine wesentlichen Impulse der seit 1790 bestehenden Lesegesellschaft, der Volkshochschule, der Gesellschaft der Freunde des Volkstheaters und der Kulturfilmgemeinde.
In Bezug auf die Pflege der Musik und des Gesangs sind die privater Initiative zu verdankenden regelmässigen Abonnementskonzerte, der Evangelische Kirchenchor und der Jugendchor, der Gemischte Chor, der Frauen- und Töchterchor, der Männerchor Eintracht, der Musikverein Harmonie und der Handharmonikaklub hervorzuheben.
Im Dienste der sportlichen Betätigung stehen drei Schützenvereine und der Pistolenschiessverein, zwei Turnvereine, der Fussballklub, der Seeklub, der Sportfischerverein, der Tennisklub und der Kavallerieverein.»

Kulturelles Eigenleben

Auf eines wird im Prospekt mit Nachdruck hingewiesen: auf das kulturelle Eigenleben, das Wädenswil in weitem Masse bewahrt hat, trotzdem es ständig wächst. Träger sind zahlreiche und Vereine, welche zwischen dem 1. Mai 1963 und dem 30. Juni 1965 - der Zeit unserer Berichterstattung - wieder eine rege Tätigkeit entfaltet haben.
Die Lesegesellschaft Wädenswil, welche 1965 die 175-Jahr-Feier begehen konnte, gewährte verschiedene Einblicke in das literarische Schaffen. Hans Schuhmacher erzählte vom Werden seines Buches «Rost und Grünspan», Fridolin Tschudi erfreute mit der Plauderei «Aus meiner Versfabrik», und Mary Hottinger-Mackie liess die Hörer teilhaben an einer «Begegnung mit dem Übernatürlichen». In seinem «literarischen Tour d'horizon 1964» stellte Buchhändler Franz Arnold, Zürich, eine beträchtliche Zahl von neuen Romanen, Erzählungen, Anthologien, Werken der Literaturkritik, der Philosophie und der Kunstgeschichte vor. Zwei Veranstaltungen befassten sich mit lokalgeschichtlichen Themen. Dr. Adolf Stutz schilderte «Wädenswil um die Jahrhundertwende», und der Zürcher Linguist Dr. Jürg Rutishauser gab einen Überblick über die Wädenswiler Orts- und Flurnamen.
Im Frühling 1964 bezog die Lesegesellschaft ihre Bibliothekräume in der neuen Turnhalle Eidmatt II. Wie in einem Selbstbedienungsladen dürfen nun die Benützer die Bücher selber aus den Gestellen nehmen. Tische und bequeme Sessel laden zum Verweilen ein. Bilder, von einheimischen Künstlern leihweise zur Verfügung gestellt, schmücken den Hauptraum, welcher der Gesellschaft auch als Vortragssaal dient. Im Verlaufe des Jahres 1965 wird die Lesegesellschaft auch eine Bücherei für vorschulpflichtige Kinder einrichten und eine Jugendbibliothek eröffnen.
Zusammen mit dem Stadtorchester Winterthur und verschiedenen Solisten führte der verstärkte Kirchenchor unter der Leitung von Rudolf Sidler im November 1964 «Le Laudi » von Hermann Suter auf. Dieses Konzert des 75-jährigen Vereins bildete den Höhepunkt des musikalischen Lebens. Grosser Beliebtheit erfreuen sich aber auch die Abonnementskonzerte und die Abendmusik, welche Organist Sidler betreut. In der ersten Abendmusik-Veranstaltung des Jahres 1965 erklangen Werke von Johann Sebastian Bach, die textlich und inhaltlich auf die Auferstehung Christi ausgerichtet waren. Der zweite Abend machte mit Werken vom Hochbarock bis zur Gegenwart vertraut. Am dritten Abend waren Kompositionen aus der Frühzeit Ein Volkshochschul-Zyklus befasste sich mit Aspekten des modernen Dramas.
Auf dem reichhaltigen Programm der Kulturfilmgemeinde standen unter anderem die Kulturfilme «Meister der holländischen Malerei» und «Freiburg – junges Volk, altes Land», ferner die Spielfilme «Arsenik und alte Spitzen» und «Das Testament des Dr. Cordelier».
Die Freunde des Volkstheaters können ebenfalls auf zwei erfolgreiche Jahre zurückblicken. Am 21.  Juni I963 wurde ihr Spiel «Vogel friss oder stirb» im Radio Zürich gesendet. Am 15. Dezember des gleichen Jahres führten sie in der Kirche Wädenswil das Krippenspiel «Der Stern» von Max Bolliger auf. Mit dem Stück «Marie und Robert» von Paul Haller, das sie im Januar 1964 in Wädenswil gespielt hatten, traten die Freunde des Volkstheaters auch im Expo-Theater in Lausanne auf, ferner am Grossen Tag der Zürcher Landjugend in Zürich, im Zürcher Podium und an der Generalversammlung der Gesellschaft für schweizerisches Volkstheater in Wädenswil. Einen neuen Markstein im Schaffen der Freunde bedeutete die Uraufführung des Stückes «Anruf» von Hans Rudolf Hubler, welches zeigt, wie uns überall und zu jeder Stunde der Anruf des Todes erreichen kann.

Verschiedene Vereine

können ebenfalls auf erfolgreiche Tätigkeit zurückblicken. Im Juni I963 kam der Turnverein kranzgeschmückt vom Eidgenössischen Turnfest in Luzern zurück, und der Handharmonikaklub errang sich im gleichen Monat einen Lorbeer am Eidgenössischen Fest in St. Gallen. Vom 20. bis 28. Juli 1963 befand sich die Akkordeongruppe des Handharmonikaklubs auf Auslandtournee zwischen Genua und Nizza, In derselben Woche nahm der Musikverein Harmonie am Viertagemarsch im holländischen Nijmwegen teil. Im September 1963 endlich kehrten der Schützenverein, der Militärschiessverein und die Schützengesellschaft Au mit Goldlorbeer, die Pistolenschützen mit Silberlorbeer vom Eidgenössischen Schützenfest in Zürich heim.
 
Gemeindeschützengesellschaft
Mit einem Jubiläumsschiessen im Steinacher und einem Festakt im «Engel»-Saal beging die Gemeindeschützengesellschaft im September 1964 ihre 350-Jahrfeier. Schon bald nach den Kappeler Kriegen hatten sich die Schützen der Landvogtei Wädenswil zu einer Gesellschaft zusammengeschlossen, welche Ehrengabenschiessen und die militärischen Pflichtschiessen durchführte. Das älteste Protokollbuch der Gesellschaft enthält Einträge, die bis ins Jahr 1614 zurückreichen und die viele Einzelheiten über den Betrieb auf dem Schützenplatz im heutigen Bahnhofgebiet enthalten. 1855 beschloss die Gemeindeversammlung den Bau einer neuen Schiessanlage am Rotweg (Areal des heutigen Sekundarschulhauses). Diese diente bis 1894, dann wurde der jetzige Schiess stand im Steinacher eingeweiht. Nach der Gründung des Schützenvereins Wädenswil im Jahre 1901 führte die Gemeindeschützengesellschaft nur noch Ehrengabenschiessen durch. Der Erste Weltkrieg legte die Tätigkeit der Gesellschaft für einige Jahre still. Ab 1921I konnten die Gemeindeschiessen wieder regelmässig durchgeführt werden, und seither gehört diese Veranstaltung zum Dorfleben.
 
Rotkreuzsektion Wädenswil
1964 waren auch 75 Jahre verflossen seit der Gründung der Rotkreuzsektion Wädenswil. Der Anstoss zur Gründung dieses Vereins ging von der Lesegesellschaft aus, die auf den 8. Dezember 1889 zu einem sehr gut besuchten öffentlichen Vortrag im Sekundarschulhaus eingeladen hatte. Pfarrer Hirzel aus Zürich sprach über die Genfer Konvention vom Roten Kreuz. Im Anschluss an diesen Vortrag kamen viele Zuhörer im «Frohsinn» zusammen, wo die Gründung einer Rotkreuzsektion beschlossen und eine Kommission von sieben Mitgliedern unter dem Vorsitz von Pfarrer Jakob Pfister zur Ausarbeitung von Statuten und zur Mitgliederwerbung bestellt wurde. Die erste Generalversammlung, die am 16. März 1890 stattfand, genehmigte die ersten Statuten, welche unterzeichnet sind von Pfarrer Pfister als erstem Präsidenten und von Dr. Robert Haab, dem nachmaligen Bundesrat, als Aktuar. Dem Verein gehörten 133 Mitglieder an. Er stellte sich die Aufgabe, im Kriegsfall die freiwillige Hilfstätigkeit für den Sanitätsdienst zu organisieren, in Friedenszeiten Samariterkurse durchzuführen und ein Krankenutensilien- und Verbandmaterialdepot zu schaffen. Mehrere Jahre hindurch liessen die Wädenswiler dem Gründer des Roten Kreuzes, Henri Dunant, der damals unter dürftigen Verhältnissen lebte, Geldgeschenke zukommen. Im Mai 1915 vereinigte sich das Rote Kreuz Wädenswil mit dem Samariterverein Wädenswil, der im Vorjahr gegründet worden war. Im Grippejahr 1918, während der Diphtherie-Epidemie im November 1945 und beim Eisenbahnunglück am 22. Februar 1948 bestand der Verein seine Bewährungsprobe. Seit 1951 führt das Rote Kreuz Wädenswil alljährlich auch eine Blutspendeaktion durch.
Ebenfalls auf 75 jähriges Bestehen konnten 1963 der Kirchengesangverein, 1964 der Blaukreuzverein und 1965 der Velo-Club Wädenswil zurückblicken.
 
Ortsmuseum
Auf dem Gebiet der Heimatkunde und der Ortsgeschichte ist in Wädenswil verschiedenes geleistet worden. In erster Linie dürfen hier die Bestrebungen zur Gründung eines Ortsmuseums erwähnt werden. Die Anregung, eine ortsgeschichtliche Sammlung zu schaffen, ging in den Jahren 1941/42 von der Lesegesellschaft aus. Die Kriegsjahre, finanzielle Schwierigkeiten und der Mangel eines geeigneten Ausstellungsraumes brachten das Projekt wieder zum Scheitern. Im Herbst 1962 wurde die Idee eines Ortsmuseums in Wädenswil erneut aufgegriffen. Diesmal kam die Anregung vom Gemeinderat aus. Die Behörde ernannte eine Ortsmuseumskommission, welche sich am 23. November 1962 konstituierte und auf diesen Zeitpunkt von der Lesegesellschaft Akten und Ausstellungsgegenstände übernahm. Mit einem Teil der Rechnungsüberschüsse des Politischen Gemeindegutes der Jahre 1962 bis 1964 wurde ein Ortsmuseumsfonds geäufnet.
Die Gegenstände, welche von der Lesegesellschaft gesammelt worden waren, wurden katalogisiert und in einem Zimmer des Kirchgemeindehauses ausgestellt. Seit der Gründung der neuen Kommission ist die Sammlung um eine Reihe wertvoller Objekte bereichert worden. Aus der ehemaligen Wädenswiler Honigtirggelfabrik Suter konnten Model erworben werden, welche als Schmuck unter anderem Sprüche, Figuren, Berufsdarstellungen, Blumen, biblische und vaterländische Motive enthalten. Die ältesten dieser Holzmodel gehen auf das Jahr 1650 zurück. Als Leihgabe des Schweizerischen Landesmuseums gelangten eine mittelbronzezeitliche Nadel aus dem Unter Oedischwänd Wädenswil und ein Teil der Fundstücke, die 1962 bei der Ausgrabung auf dem Kirchhügel gehoben worden waren, an die Ortsmuseumskommission.
Vordringlich ist die Beschaffung geeigneter Ausstellungsräume. Der Gemeinderat beabsichtigt, das Ortsmuseum im gemeindeeigenen Riegelhaus «Holeneich» unterzubringen. Die Planungsarbeiten für den Umbau dieser Liegenschaft sind im Gange.
Die Sammlung soll für Wädenswil Typisches zeigen. Als Themen kommen beispielsweise in Frage: Burg Wädenswil, Landvogtei Wädenswil mit Schloss, Zweiter Villmergerkrieg (Rittmeister Eschmann, Schanzen an der Grenze Zürich/Schwyz). Auch die Eidgenössische Versuchsanstalt, das alte Gewerbe (zum Beispiel Graveure und Kupferstecher Brupbacher) und der Bauernstand sollen in der Ausstellung berücksichtigt werden. Schliesslich wird man eine Chronikstube einrichten und das Dorf betreffende Literatur, Fotos und Lichtbilder sammeln.
Im Jahre 1965 ist die Ortsmuseumskommission des Gemeinderates umbenannt worden in Kommission für ein Ortsmuseum und die
 
Denkmalpflege.
Dieses Gremium wird fortan auch mitsprechen bei Renovationen, Restaurationen und beim Schutze erhaltenswerter Bauten im Gemeindegebiet. Grundlage für die Entscheide wird das ausführliche Verzeichnis schützenswerter Objekte in der Gemeinde Wädenswil bilden, welches die kantonale Denkmalpflege in den Jahren 1963/64 erstellt hat. Diese Zusammenstellung zeigt sehr eindrücklich, wie viel schmucke Riegel- und Bürgerhäuser mit Malereien, Türstürzen, Jahrzahlen, Wappen, Brett- oder Fallläden zwischen See und Zimmerberg noch vorhanden sind. Dieses Gut zu erhalten wird auch Anliegen der Wädenswiler Kommission sein. Ein erster Schritt in dieser Hinsicht ist bereits unternommen worden. Aus dem Hause Türgass 6 konnte für das Ortsmuseum das Täfer eines Zimmers sichergestellt werden. Es zeigt einheimische barocke Dekorationsmalerei. Barocke Ornamente aus dem 18. Jahrhundert kamen im Herbst 1964 auch bei der Renovation der Wirtschaft Eichmühle ob Wädenswil zum Vorschein. Sie zieren in schwarzen, weissen, bläulichen und grauen Tönen eine Balkendecke, welche mit Beiträgen des Zürcher Heimatschutzes fachkundig restauriert worden ist.
 
Burgruine
Schon mehrere Male ist von Wädenswil aus die Initiative ergriffen woren für den Schutz erhaltenswerter Landschaften. 1911 ist von einem Konsortium unter dem Präsidium des Brauereibesitzers Fritz Weber-Lehnert ein erster Teil des Auhügels erworben worden. Im Winter 1962/63 erging von Wädenswil aus der Aufruf zum Schutze des Hoch-Etzels. Gegenwärtig - im Sommer 1965 - laufen zwischen den Gemeindebehörden von Wädenswil und Richterswil Verhandlungen über die Schaffung einer Schutzzone bei der Burgruine Alt-Wädenswil und über die entsprechenden finanziellen Konsequenzen für beide Gemeinden. Der Hügel, welcher die grösste Burgruine der Ostschweiz trägt, soll als Grünzone erhalten und mit Bauverbot belegt werden. Es ist zu hoffen, dass den Verhandlungen Erfolg beschieden sein wird und dass das älteste Wädenswiler Kulturdenkmal – das heute allerdings auf Richterswiler Boden liegt – in seiner ursprünglichen Landschaft erhalten werden kann. Die beiden Turmruinen und die Gräben sind Ende Mai 1964 von den Pfadfindern des Bezirkes Horgen anlässlich ihrer Landsgemeinde von Gestrüpp und Unrat gesäubert worden.

Aus dem Leben der Kirchgemeinden

Während eines heftigen Gewitters schlug der Blitz am 28. Mai 1963 in die reformierte Kirche. Er richtete an der Wand und an der mit Stuckaturen verzierten Decke Schäden an, zündete aber nicht. Am 7. Juli des gleichen Jahres wurde aus Wädenswil der protestantische Gottesdienst im Schweizer Fernsehen übertragen. Der Kirchengesangverein feierte am 25. August 1963 sein 75-jähriges Bestehen. Eine Woche später gedachte der Jugendchor (Leitung: Organist Rudolf Sidler) mit einer Abendmusik der vor zehn Jahren erfolgten Gründung. Pfarrer Samuel Schmid, der bisher in Wädenswil als Pfarrhelfer gewirkt hatte, wurde im September 1963 zum dritten Pfarrer des Dorfes gewählt. Um die gleiche Zeit ernannte das Pfarrkapitel Horgen Walter Angst, Pfarrer in Wädenswil, zum Dekan. Rund fünfzig Gemeindeglieder nahmen im Herbst 1963 am Evangelischen Kirchentag in Basel teil. Anschliessend wurden in Wädenswil gut besuchte Podiumsgespräche durchgeführt. Sie befassten sich mit unserer Zukunft in Familie und Erziehung, in Beruf und Gesellschaft sowie in Staat und Politik. Anfang Dezember fand in der reformierten Kirche ein Familiengottesdienst statt, an welchem der evangelische Jugendchor in der klassischen, die Predigt umrahmenden Kantatengruppierung die Weihnachtsgeschichte von Carl Orff zur Aufführung brachte. Neben dem Chor und den Sprechern beteiligte sich ein Orchester mit Blockflöten, Violen, Celli, Cembalo, Glockenspielen, Xylophonen und reich ausgestatteter Schlagzeuggruppe. Zum Adventsgottesdienst lud die Kirchenpflege alle Reformierten ein, welche sich in den letzten zwei Jahren in Wädenswil niedergelassen hatten. Dem Gottesdienst schloss sich eine Begrüssungszusammenkunft an.
Im Januar 1964 wurde der Projektwettbewerb für eine kirchliche Baute in der Au abgeschlossen. Professor H. Steiner (ETH) errang mit seinem Projekt «Vier Evangelisten» den ersten Preis. Den zweiten Rang belegte Benedikt Huber (Zürich), den dritten Rang Hans Hubacher (Zürich). Inzwischen hat sich gezeigt, dass das Raumprogramm für die kirchliche Baute in der Au viel zu grosszügig geplant wurde. Auf der Preisbasis 1964 ergaben sich bereits minimale Baukosten von rund vier Millionen Franken. Dies bewog die Kirchenpflege, das erstprämiierte Projekt fallen zu lassen und das Raumprogramm von Grund auf neu zu überarbeiten. In Form eines Projektauftrages soll dann eine neue Planung an die Hand genommen werden, welche vor allem an denjenigen Teilen der Bauten Abstriche zu machen hat, die dem kirchlichen Leben nicht oder nur teilweise und indirekt dienen.
An der Kirchgemeindeversammlung vom 14. Januar 1964 nahmen erstmals auch Frauen teil. Die Beteiligung war mit rund 200 über Erwarten gross. Die Versammlung beschloss unter anderem, es solle zwischen Kirche und Krankenasyl eine Leitung gebaut werden, damit die Predigten direkt ins Spital übertragen werden könnten. Im Zusammenhang mit der Neugestaltung der Kirchenumgebung, welche im Jahre 1964 abgeschlossen werden konnte, wurde das Pfarrhaus bei der Kirche einer Aussenrenovation unterzogen. Am Kirchengebäude, das vor zweihundert Jahren (1764 bis 1767) vom Teufener Baumeister Hans Ulrich Grubenmann erstellt worden ist, wurden die Treppen und die Vorzeichen (Überdachungen vor den Eingängen) restauriert. Im Gottesdienst vom 28. Juni 1964 führte man probeweise die neue Liturgie ein. Gleichzeitig hob die Kirchenpflege die von 1767 oder von noch früher stammende Sitzordnung mit Geschlechtertrennung (Frauen in der turmseitigen Hälfte des Schiffes, Männer in der kanzelseitigen Hälfte des Schiffes und auf den beiden Emporen) auf.
Am 24. November 1963 konstituierte sich die Versammlung der Römisch¬katholischen Kirchgemeinde Wädenswil. Das Pfarrblatt wurde als ihr amtliches Publikationsorgan bestimmt; wichtige Mitteilungen erscheinen aber auch in der Lokalpresse. Die Kirchgemeindeversammlung vom 1. Dezember 1963 genehmigte die Kirchgemeindeordnung und die Besoldungsverordnung. Im Jahre 1964 wurden an der katholischen Kirche das Turmuhrwerk, die Zifferblätter und die Zeiger erneuert.

Schulwesen

Das Wachstum des Dorfes spiegelt sich unter anderem auch in den Schülerzahlen. Mit 1135 Primarschülern und 417 Schülern der Oberstufe wurde auf 1. Mai 1965 ein neuer Höchststand erreicht. An der Primarschule unterrichteten 36 Lehrkräfte, an der Oberstufe 18 Lehrer.
Die steigende Zahl der Klassen machte den Bau neuer Schulräume nötig. Am 2. Februar 1964 bewilligten die Stimmberechtigten mit 1435 Ja gegen 549 Nein den Bau eines neuen Oberstufenschulhauses mit Turnhalle und Haushaltungstrakt an der Fuhrstrasse. Die neue Anlage, welche östlich des neuen Sekundarschulhauses erstellt wird, ist dieses Jahr unter Dach gekommen. Der Innenausbau soll so weit vorangetrieben werden, dass die Klassenzimmer auf den Beginn des Schuljahres 1966/67 bezugsbereit sind. Nicht nur die Oberstufe, auch die Primarschule und die von ihr betreuten Kindergärten bedürfen zusätzlicher Lokalitäten. Schon am 12. November 1963 ist daher ein Kreditbegehren gestellt worden für die Erlangung von Entwürfen für ein Quartierschulhaus im Gerberacher. In der Folge wurden acht Entwürfe eingereicht. O. Bitterli, dipl. Architekt BSA(SIA, Zürich, ging mit seinem Projekt «Terrasse» als Sieger hervor. Dieses Projekt gestaltet das nach Nordosten abfallende Gelände terrassenartig, führt den Gerberacherweg als Fussgängerverbindung harmonisch durch die aufgelockerte Anlage und setzt die Klassenzimmertrakte vorne auf die im Südosten über der Waisenhausstrasse gelegene Geländekante. Mit der Detailprojektierung der ersten Bauetappe, welche sechs Klassenzimmer samt Nebenräumen, Abwartswohnung, Turnhalle und Aussenanlagen umfasst, ist bereits begonnen worden. Da das Primarschulhaus Gerberacher einem ausgewiesenen Bedürfnis entspricht, werden Detailprojektierung und Verwirklichung der ersten Bauetappe möglichst beschleunigt.
Die Primarschulpflege hat aber auch das Detailprojekt für die Erweiterung des neuen Schulhauses Au samt Turnhalle in Auftrag gegeben.
Im Jahre 1963 wurde im Schulkreis Au eine zweite Kindergartenstelle errichtet. Die neue Abteilung konnte noch im dortigen Schulhaus untergebracht werden. Wie lange sie dort verbleiben kann, ist jedoch ungewiss und hängt von der baulichen Entwicklung, beziehungsweise vom Anwachsen der Schülerzahlen ab. Als Ausweichmöglichkeit realisiert daher die Schulpflege einen weiteren Kindergarten in der Überbauung Seegut der Baugenossenschaft Mobag. Sie mietet in einem der Wohnblöcke ein Kindergartenlokal und wählt damit eine Lösung, die schon dreimal mit besten Erfahrungen angewandt worden ist, nämlich bei den in Überbauungen eingemieteten Kindergärten Gulmenmatt, Eichweid und Fuhr. Nicht nur im aufstrebenden Dorf teil Au, auch in andern Aussenquartieren der Gemeinde und im Wädenswiler Berg sind zusätzliche Kindergärten nötig. So ist für das Schuljahr 1966/67 die Errichtung eines Kindergartens Langrüti vorgesehen. Eine weitere Vorlage, betreffend die Erstellung eines Doppelkindergartens samt Feuerwehrgerätelokal an der Untermosenstrasse, ist schon im Verlaufe des Jahres 1965 der Urnenabstimmung unterbreitet und bewilligt worden.
 
Schulzentrum Eidmatt
Am 3. September 1950 hiessen die Stimmberechtigten die Planung für das Schulzentrum Eidmatt gut. Im Jahre 1951 erfolgte der Bau der ersten Etappe mit der Turnhalle I und den Anpassungsarbeiten. Zehn Jahre später wurde die zweite Bauetappe in Angriff genommen. Diese Bauarbeiten wurden im Dezember 1963 beendigt, so dass die neue Doppelturnhalle im Januar 1964 bezogen und dem Betrieb übergeben werden konnte. Die offizielle Einweihungsfeier fand allerdings erst im Juni 1965 statt. Die neue Turnhalle Eidmatt II besitzt eine Hallenfläche von 14 x 25 Metern. Rechtwinklig zum neuen doppelgeschossigen Hauptbau sind in einem dreistöckigen Baukörper die Neben-räume angeordnet. Ohne dass die Räume für den Turnbetrieb geschmälert werden mussten, konnte hier auch ein zentral gelegenes Bibliothekzimmer für die Lesegesellschaft eingerichtet werden. Gleichzeitig mit dem Bau der Turnhalle Eidmatt II erfolgte auch die Neugestaltung der Freiluftanlagen für den Turn- und Sportbetrieb. Man erstellte eine Spielwiese im Ausmass von 45 x 90 Metern, zwei Hartplätze, einen Weichplatz, Hoch- und Weitsprunganlagen, eine 100-Meter-Laufbahn, sechs Reck-, vier Barren- und sechs Kletteranlagen. Die Anordnung der neuen Turnanlagen ermöglichte auch eine neue Platzgestaltung bei der protestantischen Kirche. Grünflächen lassen nun den markanten Kirchenbau als seltenes Wahrzeichen einer einmaligen Bauepoche zur Geltung kommen. Als letzte Etappe im Ausbau der Schulanlagen Eidmatt soll –allerdings in noch nicht bestimmter Zeit  -ein weiteres Schulhaus errichtet werden. Aus dem Eidmattgebiet ist sodann zu erwähnen, dass vor dem ältesten, aus dem Jahre 1835 stammenden Schulhaus der Pausenplatz und der Zugang von der Eidmattstrasse her neu gestaltet worden sind.
 
Ferienhaus in Obersaxen
In den letzten Jahren begegnete die Schule zunehmenden Schwierigkeiten, geeignete Quartiere für Skilager zu beschaffen. Die Oberstufenschulgemeinde Wädenswil-Schönenberg-Hütten entschloss sich daher im Sommer 1962 zum Bau eines eigenen Ferien- und Skihauses in der Walsersiedlung Obersaxen. Das in Holzkonstruktion erstellte Gebäude, das am 19. November 1964 eröffnet wurde, besteht aus zwei rechtwinklig angeordneten Trakten, zwischen denen ein gedeckter Sitzplatz liegt. Im eingeschossigen Westflügel befinden sich die Aufenthaltsräume, im zweigeschossigen Gebäudeteil, der senkrecht zum Hang steht, die Schlafräume.
 
Jugendhort
Mitte Juni 1965 bezogen die Kinder des Jugendhortes Wädenswil die geschmackvoll renovierten Lokale im alten Eidmattschulhaus. Verschwunden ist jetzt der freudlose, dunkle und unzweckmässig grosse Raum. Stattdessen gibt es drei helle, wohnliche Zimmer. Die Gliederung in Aufgabenzimmer, Bastelraum und Spielzimmer mit Kochnische ermöglicht einen ruhigeren und ausgeglicheneren Betrieb als bis anhin, wo die Kinder im selben Raum den verschiedensten Beschäftigungen nachgingen. Gleichzeitig mit der Einweihung der neuen Räume konnte der Jugendhort Wädenswil sein 50-jähriges Bestehen feiern. Der Gründer, alt Lehrer Ernst Walder, nachmals Waisenvater von Küsnacht, hat einen Rückblick verfasst, dem wir folgende Ausschnitte entnehmen:
«Schon in den ersten Jahren meiner Tätigkeit als Lehrer an der Klasse für schwachbegabte Schüler in Wädenswil sah ich, wie manchmal, besonders bei Regenwetter, einzelne Schüler vom Reidbach im Hausgang warteten und fröstelnd am Eingang zum Stimmlokal sassen. „Anneli, warum gehst du nicht heim?" fragte ich. „Oh, ich kann nicht in die Wohnung, die Mutter ist in der Fabrik, und ich habe keinen Schlüssel." - Dieses Häuflein Elend und Verlassenheit bewog mich, etwas zu unternehmen, um solchen Kindern zu helfen. So meldete ich mich für die Sommerferien 1914 für den Hortkurs, der vom Schweizerischen Lehrerverein in Schaffhausen organisiert wurde. Die nachfolgenden Ereignisse in unserer Heimat führten dann zwangsläufig dazu, das vorgesehene Werk eines Hortes zu beginnen. Wie viele Kinder waren plötzlich der elterlichen Aufsicht enthoben: der Vater an der Grenze zum Schutze der Heimat, die Mutter an der Fabrikarbeit zum Verdienst für den Lebensunterhalt. Auf eigene Verantwortung, wohl im Einverständnis mit der Schulpflege, sammelte ich die aufsichtsbedürftigen Kinder im Stimmlokal des alten Eidmattschulhauses. Die dortigen Tische auf primitiven Böckli und die wackeligen Bänke erlaubten, die Kinder für Spiel und Vorlesen zu sammeln. Ein Aufruf in der Zeitung mit der Bitte um Gaben erweckte gebefreudige Herzen. So konnte Brot für den Zvieri und etliches Werkzeug gekauft werden. Freundliche Bauern spendeten Obst. An die 40 Kinder kamen jeweils nach Unterrichtsschluss ins Hortlokal. Nun brauchte ich Hilfe zur Beaufsichtigung bei den Schulaufgaben und beim Spiel. Dazu liessen sich verschiedene Töchter aus guten Kreisen unseres Dorfes gewinnen. Später stellte sich Frau Rüegg an der Lehmgasse als Hortmutter zur Verfügung. Für ihre Arbeit konnte ich ihr, wie auch den Helferinnen, einen bescheidenen Lohn verabreichen. Und immer wieder flossen Gaben, mit denen Brot und Obst für den Zvieri gekauft werden konnten. Im Jahre 1920 übernahm dann die Schulpflege die Betreuung des Jugendhortes und damit auch die daraus erwachsenden Kosten.»

Verkehr

Seit 1963 ist der Ausbau der Seestrasse nicht mehr vorangetrieben worden. Dagegen ist der Nationalstrassenbau, welcher im Wädenswiler Berg grosse Veränderungen bewirkt hat, stark vorangeschritten. Ende Oktober 1963 konnte beim Neubüel die neue Brücke der Zugerstrasse über die Autobahn N 3 in Betrieb genommen werden.
Eine erfreuliche Entwicklung hat der
Ortsautobusbetrieb
durchgemacht. Auf Wunsch weiter Bevölkerungskreise wurde auf den 1. Oktober 1953 durch den Gemeinderat ein provisorischer Autobusbetrieb eingerichtet. 1954 und 1955 bewilligte die Gemeindeversammlung eine Verlängerung des Versuchsbetriebes bis Ende März 1955 bzw. Ende März 1957. Während dieser Jahre seines Bestehens hatte sich der Autobusbetrieb bei der Bevölkerung gut eingebürgert. Die Gemeindeversammlung stimmte daher am 19. Dezember 1956 der definitiven Einführung des Ortsautobusbetriebes auf den 1. April 1957 zu. In den vergangenen Jahren erfuhr der Busbetrieb in finanzieller und frequenzmässiger Hinsicht eine erfreuliche Entwicklung. Nach dem steten Rückgang der Betriebsdefizite ergab sich im Jahre 1963 erstmals ein Betriebsgewinn. Die rasch ansteigende Zahl der Fahrgäste rief der Ausweitung des Betriebes. 1965 ist ein drittes Fahrzeug in Dienst genommen worden. Erst jetzt ist es möglich, die zahlreichen Aussenquartiere der Gemeinde richtig zu bedienen. Jetzt kann man aber auch den immer wieder vorgebrachten Begehren um Einführung von Spätkursen Rechnung tragen. An Sonntagen werden neuerdings auch Kurse zur katholischen Kirche geführt, nachdem eine gleiche Einrichtung für Reformierte schon früher getroffen worden ist. Der ordentliche Linienverkehr erfuhr im Jahre 1965 eine weitere wesentliche Verdichtung.
Abschied vom Schiff «Wädenswil»
Am Samstag, 12. Juni 1965, lichtete das Salonboot Wädenswil die Anker zur letzten Fahrt. Mit Mitgliedern des Seeklubs Wädenswil und einer ansehnlichen Schar geladener Gäste an Bord kreuzte es noch einmal von Ufer zu Ufer. Bei der Halbinsel Au wurde ein erstes Mal angelegt. Unter den Zuschauern am Schiffsteg erkannte man bald eine seltsam schwarz gekleidete Gestalt. Das Misstrauen an Bord erwies sich bald genug als sehr begründet: Auf ein Zeichen belebte sich das Unterholz, und eine Horde buntgekleideter Piraten stürzte sich, wild schiessend, auf das Schiff. Vom Deck her wurde zwar das Feuer, so gut es ging, erwidert. Doch was half es! Die Seeräuber waren in der Übermacht. Die fremden Scharen nahmen die «Wädenswil» im Handstreich ein. Schon flatterte die schwarze Flagge mit dem Totenkopf am Bugmast. Die letzte Fahrt der «Wädenswil» stand in der Gewalt der letzten Piraten vom Zürichsee. Mit dem Schiff «Wädenswil», das im Herbst 1965 verschrottet werden soll, wird die letzte sichtbare Erinnerung an die frühere
 
Dampfbootgesellschaft Wädenswil
verschwinden. Und wie bewegt war einst die Geschichte dieses Unternehmens:
1877 hatte sich die Gemeinde an der Wädenswil-Einsiedeln-Bahn beteiligt, an einem Unternehmen, das nur rentieren konnte, wenn die Verbindung der Passagiere vom oberen Zürichsee nach der Hauptstadt und umgekehrt sicherstand. Doch eben dies wurde durch die Nordostbahngesellschaft, die den Schienen- und Schiffsverkehr rund um den oberen See seit 1875 beherrschte, aus Konkurrenzgründen beharrlich in Frage gestellt. Sie richtete ihr Hauptinteresse auf die Zugs- und Schiffsverbindungen am rechten Ufer. Ihre Schiffe legten nach der Inbetriebnahme der rechtsufrigen Bahnlinie in Wädenswil nicht mehr an, und die Zürcher Dampfbootgesellschaft, für den lokalen Schiffsverkehr im unteren Seebecken zuständig, fand sich ebenfalls nicht für die Bedienung des linken Ufers bereit. Die lebenswichtige Verbindung mit der Stadt musste auf anderem Wege hergestellt werden.
Am 17. Mai 1894 wurde darauf im Gasthof Engel in Wädenswil die Dampfboootgesellschaft Wädenswil gegründet. In drei Vereinbarungen war dabei das Recht zur unentgeltlichen Benützung der Landungsstege von Obermeilen, Herrliberg und Erlenbach gewährt. Der Verkehrsaufnahme stand, wenigsten aus rechtlichen und finanziellen Gründen, nichts mehr im Wege. Im Juli 1894 gab die Gesellschaft bei Escher Wyss ein Salonboot, das 300 Personen Platz bieten sollte, in Auftrag. Im Juni 1895 wurde der Dampfer, ausgerüstet mit zwei 150-PS-Compoundmotoren, abgeliefert und bald danach auf den Namen «Wädenswil» getauft. Das stolze, 38 Meter lange Schiff versah von da an täglich fünfmal den Kursverkehr von Zürich nach Wädenswil und zurück und sicherte den Anschluss an die Züge der SOB.
Aber schon in den ersten Jahren zeigte sich, dass das Schiff für den Alltagsverkehr zu gross und in seinem Betrieb zu teuer war. Die Rechnung der Dampfbootgesellschaft Wädenswil schloss im ersten Betriebsjahr mit einem Defizit von 9508 Franken ab, im zweiten gar mit einem Rückschlag von 18099 Franken. Man sah sich vor die Notwendigkeit gestellt, das Aktienkapital der Gesellschaft zu erhöhen und ein zweites, in Anschaffungs- und Unterhaltskosten bescheideneres Schiff in Betrieb zu nehmen. Im Juli 1898 lief die in ähnlichem Stil gebaute, jedoch nur 180 Personen Platz bietende «Speer» zu ihrer ersten Fahrt aus. Dies trug zwar zu einer wesentlichen Senkung der Rückschläge bei; von einer Rendite der Gesellschaft konnte indessen immer noch keine Rede sein. Die Wädenswiler hatten die Rolle, die ihre Schiffe im alltäglichen Verkehr dem linken Ufer entlang spielen sollten, überschätzt. Die Reisenden benützten dazu immer häufiger die weitaus schnelleren Züge der Nordostbahn. Nach zahlreichen ergebnislosen Anstrengungen und Subventionsgesuchen beim Bund und bei den Seegemeinden entschloss man sich im Jahre 1900 schliesslich zur Auflösung des tief in Schulden steckenden Unternehmens. Die beiden Schiffe «Speer» und «Wädenswi!» gingen zu weniger als einem Drittel ihres Ankaufspreises in den Besitz der Zürcher Dampfbootgesellschaft über. Was einst in verheissungsvoller Initiative begonnen hatte, endete bereits nach sechs Jahren mit der schmählichen Liquidation.
Die Zürcher Dampfbootgesellschaft setzte die aufwendige «Wädenswil» von Anfang an nur mehr als Vergnügungsdampfer ein. Die Sonntagsrundfahrten erfreuten sich denn auch eines regen Zuspruchs. Die Existenz des Dampfers erschien erneut gerechtfertigt und gesichert. Da nahm die Nordostbahngesellschaft im Sommer 1901 die neue «Helvetia» in Betrieb und setzte sich damit in den Besitz des grössten und komfortabelsten Schiffs auf dem Zürichsee. Der Stern der «Wädenswil» begann abermals zu sinken. Der Ertrag der Fahrten verringerte sich so sehr, dass man auf die Mitnahme der obligaten Musikkapelle verzichten musste. Bereits im Jahre 1902. aber fiel die Nordostbahngesellschaft der Verstaatlichung anheim, und die SBB beschränkten sich von nun an auf den Bahnverkehr. Die Zürcher Dampfbootgesellschaft war alleinige Schiffsbesitzerin geworden.
Für die «Wädenswil» brachte der Winter 1931/32 eine grundlegende Wende. Wegen des leck gewordenen Dampfkessels wurde eine rationeller arbeitende Dieselmotoranlage eingebaut. Die beiden 240-PS-Motoren ermöglichten dem Schiff jetzt, die noch heute als recht hoch geltende Maximalgeschwindigkeit von fast 30 Kilometern je Stunde zu erreichen.

Industrielle Entwicklung

Eine der wesentlichsten Voraussetzungen zur Wahrung der Eigenständigkeit ist die Erhaltung und Schaffung möglichst vieler Arbeitsplätze. Wer nicht am Wohnort arbeitet, sondern täglich mit der Eisenbahn oder dem Auto in die nahe Grossstadt fährt, verliert gerne den Kontakt mit dem Dorf. Seit Jahren bemühen sich deshalb die Wädenswiler Gemeindebehörden, zusätzliche Industrie nach Wädenswil zu bringen.
Der neue Zonenplan, welcher am 11. März 1964 von der Gemeindeversammlung genehmigt worden ist, sieht neben neuen Industriezonen längs der Seestrasse in der Au für die Ansiedlung von Industrie vor allem das Gebiet zwischen Winterbergholz und Hinterer Rüti vor. Diese Gegend an der Zugerstrasse liegt in nächster Nähe des Anschlussbauwerkes an die linksufrige Höhenstrasse N 3 und eignet sich für industrielle Betriebe sehr gut. Im Verlaufe des Jahres 1964 haben hier bereits drei Firmen ihre Neubauten bezogen. Die drei Fabrikbauten scheinen gegenwärtig allerdings noch lose in die Landschaft gesetzt. Es wird aber nicht mehr allzu lange dauern, bis hier ein modernes Industriequartier entstanden ist. Bereits haben sich zwei weitere Wädenswiler Firmen des Grossgewerbes in dieser Gegend Bauland gesichert. Auch ein angesehenes Horgener Unternehmen wird in dieses Quartier übersiedeln. Weitere Interessenten stehen in mehr oder weniger fortgeschrittenen Unterhandlungen. Die Gemeinde selbst plant in diesem Gebiet die Erstellung ihres Werkhofes für das Bauamt, die Gemeindewerke und den Autoregiebetrieb. Der Kredit für die Ausarbeitung des Bauprojektes ist im April 1965 von der Gemeindeversammlung bewilligt worden.
Die übrigen Wädenswiler Betriebe nahmen mit geringen Ausnahmen ebenfalls eine erfreuliche Entwicklung. Die Tuchfabrik Pfenninger konnte ihr nach dem Brand erneuertes Gebäude an der Seestrasse fertigstelIen. Die Stärkefabrik Blattmann und die Brauerei Wädenswil nahmen neue Wohlfahrtshäuser in Betrieb. Die Brauerei feierte im Herbst 1964 noch zwei weitere Ereignisse: den 70. Geburtstag des Seniorchefs Dr. Walter Weber und den Rekordausstoss von 200‘000 Hektolitern Bier im Geschäftsjahr 1963/64. Die Seidenweberei Gessner rüstet sich zur Feier des 125-Jahr-Jubiläums, welches im August 1966 begangen werden soll. Die Sparkasse Wädenswil, die älteste Landsparkasse der Ostschweiz, wird im Jahre 1966 sogar ihr 150-jähriges Bestehen feiern können. Ein anderes Kreditinstitut, die Bank Wädenswil, gedachte Anfang 1964 der vor hundert Jahren, am 22. November 1863, erfolgten Gründung. Zur Hundertjahrfeier erschien eine gediegene, reich bebilderte Festschrift aus der Feder von Dr. Hans Rudolf Schmid, Thalwil.
 

Volkskundliches

Aprilscherz
Auch in Wädenswil ist es noch Sitte, dass man sich in den April schickt. Der Lokalzeitung ist es jedoch am 1. April 1965 nicht gelungen, die Leser zu narren, denn der Aprilscherz – Gratisdegustation von Riesling x Silvaner 1964 am Seeplatz – wurde Wirklichkeit. Punkt 16 Uhr meldete sich das als Aprilscherz gemeinte Weinschiff mit drei Raketenschüssen vor dem Hafen. Es war schwer beladen mit Riesling x Silvaner 1964 für Erwachsene und mit Traubensaft für die Kinder. Gross und Klein jubelte dem Schiff der Obst- und Weinbaugenossenschaft Wädenswil zu. Und während man Flaschen entkorkte und den Trank ausschenkte, freute man sich, dass nun all diejenigen die Geprellten waren, welche aus Angst, in den April geschickt zu werden, nicht auf dem Seeplatz erschienen waren.
 
Chilbi
Über die Kirchweihtage 1964 wurde der Verkehr im Dorfgebiet umgeleitet. Diese Massnahme verärgerte einen Automobilisten, welcher in der Folge im «Touring» einen Leserbrief veröffentlichen liess und darin vorschlug, Wädenswil solle dieses überholte Volksfest abschaffen. Es entspreche sowieso nicht dem mehrheitlichen Volkswillen; vielmehr wollten altväterliche Behörden so und so viele Tausend Franken für Bewilligungsgebühren in den Gemeindehaushalt einkassieren. Der «Anzeiger vom Zürichsee» nahm zu diesen Aussagen Stellung und forderte die Wädenswiler auf, der Redaktion die Ansicht über das Beibehalten oder die Abschaffung der Kirchweih mitzuteilen. Die 967 eingegangenen Talons, welche Stellungnahmen von 1348 Personen enthielten, zeigten sehr eindrücklich, dass die Wädenswiler Bevölkerung am alten Brauchtum der Chilbi festhalten will. Nur zwei Talons bezeichneten sie als «alten Zopf». Die übrigen Einsender vertraten die Auffassung, dass die Wädenswiler Chilbi urwüchsiges, eigenständiges Brauchtum darstelle. «Jung und Alt, arm und reich kommen an diesen Tagen zusammen», bemerkte ein Leser, «und es entwickelt sich ein ungezwungenes, fröhliches Treiben. Solche, im Volk tief verwurzelte Bräuche gilt es zu erhalten, bilden sie doch ein durchaus wünschenswertes Gegengewicht zur allseitig um sich greifenden Vermassung und Verstädterung. Dass ein solches Fest ins Zentrum des Dorfes gehört, liegt im Charakter des Anlasses begründet. Die Chilbi aus dem Dorfkern verbannen, hiesse ihr das Grab schaufeln. Es ist deshalb von den Automobilisten nicht zuviel verlangt, wenn sie während einiger Stunden – die Umleitung dauerte nicht länger – das Dorf umfahren müssen.»
 
Chlausabend
Der in Wädenswil zur Tradition gewordene Chlausabend mit Umzug und anschliessender Kinderbescherung musste im Jahre 1963 ausfallen. Bis anhin wurde der Brauch von einer kleinen Gruppe Idealisten getragen. 1963 fand sich aber niemand mehr bereit, den Chlausabend zu organisieren. «Soweit haben wir es gebracht im Zeitalter des Autobahnrausches und Fernsehfimmels. Wir Erwachsene sind nicht einmal mehr bereit, einige Stunden im Jahr aufzubringen, um unserer Jugend eine Samichlausfreude zu machen», meinte ein Leser in seiner Zuschrift an die Lokalzeitung.

Landwirtschaft

Dass in der Industriegemeinde Wädenswil auch Landwirtschaft und Viehzucht noch eine Rolle spielen, wurde manchem Einwohner wieder stärker bewusst, als sich im Mai und Juni 1963 die Meldungen über die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche in Wädenswil und im Wädenswiler Berg häuften. Auf fünf Höfen musste der gesamte Viehbestand geschlachtet werden. Für andere Gehöfte wurden scharfe Sperrmassnahmen angeordnet. Sämtliche Landwirte erhielten Ätznatron zu Desinfektionszwecken. Auch mit den Impfungen wurde sofort begonnen. Von einem Lautsprecherwagen aus wurden die auf Samstag und Sonntag angesetzten Veranstaltungen in letzter Minute abgesagt. Das Eidgenössische Feldschiessen in Richterswil wurde vorzeitig abgebrochen, auf Langrüti und Stocken schloss man vorübergehend die Schulen; die Gemeindeversammlungen wurden bis auf Weiteres verschoben.
Dass Wädenswil weitherum als Zentrum der Forschung und Schulung in Fragen der Landwirtschaft bekannt ist, verdankt es zum grössten Teil der Eidgenössischen Versuchsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau. Dieses Institut empfing am 2. Juli 1963 den Gesamtbundesrat, den Bundeskanzler und den Vizebundeskanzler. Der Direktor der Versuchsanstalt, Dr. Robert Fritzsche, hiess die Gäste im Schlosshof willkommen und erläuterte die Entwicklung und Arbeitsweise der Anstalt:
«Die Versuchsanstalt Wädenswil wurde 1890 als Konkordat von 14 Deutschschweizer Kantonen gegründet und 1902 von der Eidgenossenschaft übernommen. Sie ist hier im ehemaligen Landvogteischloss, das 1550 erbaut worden ist, untergebracht. Das Areal umfasst etwa 14 ha, wobei nur 10 ha als Versuchsgelände in Frage kommen. Daneben besitzt die Versuchsanstalt 3,5 ha Rebfläche an der Sternenhalde Stäfa und für Versuche speziell im Steinobstbau den Breitenhof in Wintersingen mit 13,5 ha Kulturland …
Die Anstalt ist in folgende sieben Sektionen und damit Arbeitsgebiete unterteilt:

1. Physiologie und Züchtung
2. Pflanzenschutz
3. Obstbau
4. Weinbau
5. Gartenbau
6. Getränkechemie und –biologie
7. Obst- und Gemüseverwertung

Es stehen gegenwärtig 100 Arbeitskräfte, wovon 22 Akademiker, zur Verfügung. Dazu gesellen sich noch einige Praktikanten, die zur Weiterbildung bei uns weilen.»
Im Anschluss an dieses Referat begaben sich die Gäste auf einen Rundgang durch die Versuchsanlagen. Sie besichtigten zuerst Versuche über Düngung und Sortenzüchtung, und anschliessend nahmen sie Kenntnis von den Rationalisierungsbestrebungen im Gemüsebau. Nach der Führung besammelten sich die Bundesräte auf der Schlossterrasse, wo sie Weine degustierten. Nachdem die Gäste zweieinhalb Stunden im Schloss Wädenswil geweilt hatten, fuhr die von zwei Kantonspolizisten angeführte Wagenkolonne kurz vor halb acht Uhr abends nach Küssnacht am Rigi weiter.
 
Landwirtschaftliche Schule
Aus dem Sektor Landwirtschaft sind noch zwei weitere Ereignisse erwähnenswert:
Nach 51 Jahren musste die Landwirtschaftliche Schule in Wädenswil aufgehoben werden, da der erforderliche Schülerbestand nicht mehr erreicht wurde. Damit ist unser Dorf um ein Ausbildungszentrum ärmer geworden. Die Räumlichkeiten werden vermutlich von der Schweizerischen Obst- und Weinfachschule übernommen.
 
Viehzuchtgenossenschaft Wädenswil
Im Januar 1964 gedachte die Viehzuchtgenossenschaft Wädenswil ihres 75-jährigen Bestehens. Schon im 16. Jahrhundert hatte die Viehzucht am oberen linken Zürichseeufer eine bedeutende Rolle gespielt. Der Verkauf von Milchprodukten nach Zürich und von Vieh bis nach Italien und Deutschland hatte manchen Landwirt zu Wohlstand gebracht. Im Jahre 1883 fand in Wädenswil der erste Viehmarkt statt und 1878 die erste Prämierung von Kühen. Im Herbst 1888 schlossen sich neun Wädenswiler Landwirte mit Heinrich Blattmann als Präsident und Emil Rellstab als Aktuar zu einer Viehzuchtgenossenschaft zusammen, die am 2. März 1889 mit dem Erwerb des Zuchtstiers «Hektor» ihre Tätigkeit aufnahm. 1892 erwuchs der Genossenschaft Konkurrenz durch die neu gegründete Organisation des Landwirtschaftlichen Vereins Wädenswil, eine Konkurrenz, welche aber 1901 mit der Vereinigung der beiden Genossenschaften beseitigt werden konnte. 1912 kam der Zuchtstier «Goldi» in die Gemeinde. Er wurde schon bald mit höchsten Medaillen ausgezeichnet. Einen Markstein in der Geschichte der Viehzuchtgenossenschaft Wädenswil stellte das Jahr 1928 dar. Damals wurde die Alp Krummfluh bei Euthal erworben und einer besonderen Alpgenossenschaft zur Verwaltung übertragen.
 

Von öffentlichen und privaten Bauten

In Wädenswil sind gegenwärtig verschiedene öffentliche Bauten geplant, in Arbeit oder soeben abgeschlossen worden: die Turnhalle Eidmatt II, das im Rohbau vollendete Oberstufenschulhaus auf der Fuhr, der Werkhof im Winterberg. Im Februar 1965 hat man sodann auf dem Gelände zwischen Seestrasse und Alter Landstrasse in der Rietliau mit dem Bau der
 
Kläranlage
begonnen, womit endlich feststeht, dass die so dringend nötige Anlage, leider viele Jahre zu spät, verwirklicht wird. Das Werk, wofür in der Urnenabstimmung vom 17. Februar 1963 mit 1453 Ja gegen 148 Nein ein Bruttokredit von 6 ½ Millionen Franken bewilligt worden ist, wird folgende oberirdische Bauten umfassen: Gasometer, Pumpenhaus, Maschinenhäuser und Faulräume. Bevor die eigentlichen Bauarbeiten beginnen können, müssen rund 43‘000 Kubikmeter Aushub, davon etwa 7500 Kubikmeter Fels, weggeschafft werden. Für die Erstellung der Kläranlage Wädenswil, der Bau soll im Frühling 1967 in Betrieb genommen werden, wird man voraussichtlich 7000 Kubikmeter Konstruktionsbeton und etwa 450‘000 kg Eisen benötigen. Die Leitung, welche von der Kläranlage zum See hinunterführt, ist bereits im Januar 1965 erstellt worden. Sie wurde als Stollen unter den Eisenbahngeleisen durchgeführt und in die Seebucht Rietliau geleitet. Über der Leitung wurde die Bucht mit Aushubmaterial vom Kläranlageareal zugeschüttet. Auf der so entstandenen Landzunge soll eine öffentliche Anlage hergerichtet werden. Anstelle der alten Haabe wird man zudem eine neue Landemöglichkeit für Boote schaffen.
 
Neue Siedlungen
Trotz Konjunkturdämpfungsmassnahmen hatte Wädenswil eine rege private Bautätigkeit zu verzeichnen, wurden doch in den letzten Jahren mehrere grössere Überbauungen geplant. Es sei hier an die Siedlungen Eichweid, Gulmenmatt, Maiacher und Seegut erinnert und an die Bauten an der Tobelrai- und Wiesenbachstrasse. Neue Mehrfamilienhäuser entstanden beim Walfisch, bei der Kirche, an der Grünaustrasse und an der Seehalde in der Au. Häuser mit Eigentumswohnungen wurden an der Schönenbergstrasse im Untern Sandhof bezugsbereit. Insgesamt wurden in den letzten Jahren in Überbauungen 218 Gebäude mit 1831 Wohnungen geplant. 47 Häuser mit 509 Wohnungen waren am 1. Mai 1965 fertiggestellt oder im Bau. Noch nicht ausgeführt waren somit 171 Gebäude mit 1322 Wohnungen. Aber auch dieses Bauprogramm wird sicher noch realisiert. Demnächst wird die Schweizerische Rentenanstalt ihr Bauvorhaben im Mittelort Au verwirklichen, das für den Endausbau 95 Häuser mit 280 Wohnungen vorsieht. Daneben forciert die Baugenossenschaft des Industrie-Arbeitgeber-Vereins Wädenswil/Richterswil ihre Grossüberbauung im Hangenmoos. Erfreulicherweise gingen die Wädenswiler Industriellen in Bezug auf den Wohnungsbau seit jeher bahnbrechend voran. Sie erstellten seinerzeit die Siedlung Gwad, die eine der ersten ihrer Art war und in der Folge immer wieder kopiert wurde; sie bauten die Mehrfamilienhäuser an der Waisenhausstrasse und die grosszügige Wohnsiedlung Gulmenmatt, welche dem Dorf die ersten beiden Hochhäuser brachte. Bergseits der Zugerstrasse und seewärts des Riselgässlis sollen nun im Hangenmoos neuerdings 290 preisgünstige Wohnungen erstellt werden, nämlich 89 im sozialen, 39 im allgemeinen und 162 im freien Wohnungsbau. Es sollen sieben Häuser mit drei bis vier Geschossen entstehen, sieben Häuser mit drei bis vier Geschossen und drei Hochhäuser mit neun Stockwerken. Daneben sieht eins Bauvorhaben unterirdische Garagen für 150 Autos, 130 Abstellplätze sowie einen Kindergarten und Läden vor.

Soziales

Alterssiedlung «Bin Rääbe»
Nicht nur der soziale Wohnungsbau, auch andere soziale Einrichtungen werden in Wädenswil gefördert. Seit längerer Zeit befasst sich der Gemeinderat mit dem Bau einer Alterssiedlung. Die Firma J. Schnyder AG hat sich bereiterklärt, als Bauplatz den östlichen Teil ihres Grundstückes an der Etzelstrasse/ScbJossbergstrasse zur Verfügung zu stellen. Das Land kann nicht zu Eigentum gekauft werden. Die Firma Schnyder gestattet aber den Siedlungsbau im Rahmen eines auf achtzig Jahre zu begründenden Baurechts mit Verlängerungsmöglichkeit. Das Vorprojekt für die Alterssiedlung sieht 45 Zimmereinheiten mit 60 Betten vor, nämlich 30 Einerzimmer, 9 Zweierzimmer und 6 Zweizimmerwohnungen. Dazu kommen eine Abwartwohnung, eine Pflegerinnenwohnung, ein grösserer Aufenthaltsraum, die zentrale Bäderanlage, eine Bastelwerkstatt und Abstellräume. Die Baukosten werden die Summe von zwei Millionen Franken voraussichtlich übersteigen.
 
Spital
Von 1886 bis 1962 hat der Asylverein als Rechtsträger des Wädenswiler Krankenhauses alle Auslagen des Spitals bestritten, soweit diese nicht durch kantonale Subventionen gedeckt werden konnten. Bis Ende 1962 musste die Gemeinde Wädenswil keinerlei finanzielle Beihilfe leisten. Schon seit Jahren überstiegen aber die stetig wachsenden Betriebsdefizite die Mittel des Asylvereins so gewaltig, dass sich die Schaffung einer neuen finanziellen Grundlage aufdrängte. Der Asylverein sah sich gezwungen, die Gemeinde Wädenswil um ihre Mithilfe anzugehen. In der Urnenabstimmung vom 8. Dezember 1963 beschlossen die Stimmberechtigten mit gewaltigem Mehr, anstelle des Asylvereins ab 1963 den nach Abzug der Staatsbeiträge verbleibenden Defizitanteil von zehn Prozent zu übernehmen. Zur Führung des Krankenhauses gründete man die privatrechtliche «Stiftung Krankenhaus Wädenswil», welche im 1. August 1964 im Handelsregister eingetragen wurde. Der für die oberste Leitung des Krankenhauses verantwortliche Stiftungsrat hielt Ende April 1964 seine konstituierende Sitzung ab. Die Stiftung Krankenhaus Wädenswil, welche vom Asylverein entschädigungslos das Krankenhaus mit allen dazugehörenden Grundstücken und Gebäulichkeiten im Gesamtwert von mehr als drei Millionen Franken übernommen hat, untersteht der Aufsicht des Gemeinderates Wädenswil, welcher drei Vertreter in den Stiftungsrat abordnet.
 
Private Institutionen
Wie der Asylverein während 75 Jahren auf privater Basis Grosses geleistet hat, so wirken auch heute verschiedene private Institutionen zum Wohl der Mitmenschen. Es sei hier an den Pestalozziverein erinnert, welcher unter anderem die Ferienkolonie betreut; an die Stiftung Kinderheim Bühl zugunsten geistesschwacher Kinder; an die Kinderkrippe und an den Fürsorgeverein Wädenswil, welcher seit 1924 die freiwillige Fürsorge auf nichtamtlicher Basis pflegt.



Peter Ziegler