Der Wädenswiler Handel von 1646

Quelle: Wädenswil Erster Band von Peter Ziegler

Hintergründe und Motive des Aufstandes

In den 1640er Jahren verschärfte sich die latente Spannung zwischen den Untertanen auf der Zürcher Landschaft und der städtischen Obrigkeit, da der Rat gerade in jener Zeit zu einer straffer geführten Regierungsweise überging und die Abschliessungstendenz stets weiter trieb. Die Ursachen der wachsenden Missstimmung sind – wie bei den schweizerischen Bauernunruhen überhaupt – in der allgemein veränderten Staatsauffassung, in der Zurücksetzung der Landschaft und in wirtschaftlichen Gründen zu suchen. Neben der Steuerunlust war eine Menge politisch-psychologischer Spannungen vorhanden.
Die Zurücksetzung der Landschaft äusserte sich in mannigfaltiger Form1. Die Volksanfragen. die im Kappeler Brief von 1532 urkundlich zugesichert worden waren, hatten aufgehört. Die Stadt trat der Landschaft gegenüber immer schroffer auf und steigerte ihre Vorrechte auf deren Kosten. Die Stadtbürger von Zürich, die bereits alle Regierungsämter in ihren Händen hatten, schlossen nun auch die Landleute von allen andern Stellen aus. Die Obervögte und Landvögte, viele Landschreiber, die höheren Offiziere in einheimischen und fremden Diensten und auch die Pfarrer mussten Städter sein. Grosshandel und Gewerbe mit Ausnahme der alltäglichsten Handwerksverrichtungen wurden alleiniges Vorrecht der Stadt.
Dazu kamen drückende Steuerlasten. Früher hatte man nur sporadisch Steuern erhoben, seit 1628 aber kamen die obligatorischen Steuern auf. 1634 wurde eine ausserordentliche Armensteuer erhoben, und wenig später erheischten Wehrmassnahmen wie das Fortifikationswerk der Stadt Zürich neue zusätzliche Aufwendungen. Und das alles in einer Zeit allgemeinen Geldmangels und drückender Fehljahre. Während des Dreissigjährigen Krieges (1618–1648) war die Landwirtschaft in eine Krise geraten, und die Preise für Güter und Bodenerzeugnisse sanken. Mancherlei unwillkommene Verordnungen, wie das Verbot des freien Handels mit landwirtschaftlichen Produkten, die Einführung des Salz- und Pulvermonopols oder die Schaffung einer Landjägertruppe in der Gestalt des Profossen, schürten die Missstimmung des Landvolks gegen die Obrigkeit.
Da und dort erhob sich empfindlicher Widerstand, am deutlichsten in der Herrschaft Wädenswil. Deren Einwohner beriefen sich nämlich auf altverbriefte Rechte: auf das Burgrecht, das die Johanniter im Jahre 1342 mit Zürich abgeschlossen hatten, auf den Schiedsspruch der Eidgenossen über den Wädenswiler Aufstand von 1467/68, auf den Waldmannschen Spruchbrief von 1489, auf einen Vertrag von 1543 bezüglich des Reislaufens und auf die Urkunde über den Verkauf der Johanniterherrschaft Wädenswil an Zürich vom Jahre 1549. In all diesen Briefen war festgehalten, dass die Wädenswiler «rechte Burgen» der Stadt seien. Die Untertanen wollten nun, dass Zürich diese Briefe wieder voll anerkenne und vor allem das Burgrecht von 1342, das im Jahre 1547 zum letzten Mal bestätigt worden war, wieder erneuere. Wieder rechte Burger von Zürich geworden, erhofften sich die Wädenswiler wirtschaftliche Vorteile, eventuell sogar Stimmrecht und Anteil an der Regierung. Auf keinen Fall ging es darum, die Steuerpflicht zu bestreiten, denn diese war in den selben Briefen auch geregelt. Die Steuerpflicht war lediglich Mittel zum Zweck: Man wollte erst steuern. wenn Zürich durch die Erneuerung des Burgrechtsbriefes vom Februar 1342 den Burgertitel wieder bekräftigt hatte.
Und gerade darauf wollte die Zürcher Obrigkeit nicht eintreten, denn dies widersprach ihren gegenwärtigen Regierungstendenzen. Und sie tat es umso weniger, als die Herrschaftsleute in Wädenswil die Briefe zu ihren Gunsten interpretierten und die Umstände ausseracht liessen, unter denen die Urkunden einst ausgestellt worden waren. Im Burgrecht von 1342 – das ein reines Schirmbündnis war – umfasste der Titel «rechte Burgen) nur das sogenannte Ausburgerrecht und damit weder Stimmrecht noch Anteil an der Regierung. Im Waldmannsehen Spruchbrief von 1489 war nur bezüglich des Gerichtswesens gesagt, dass die Bewohner der Herrschaft Wädenswil in Schuldsachen «wie eingesessene Burger» vor dem Zürcher Rat belangt werden sollten2.
Die Ausdrücke wurden von den Wädenswilern im Jahre 1646 dahin ausgelegt, die Herrschaftsleute sollten eigentlich, streng genommen, Stadtbürger sein. Damit standen sich zwei Ansichten gegenüber. Und da keine Partei nachgeben wollte, kam es zur Auseinandersetzung zwischen der ihren Herrschaftsanspruch verteidigenden Obrigkeit und den freiheitsliebenden Untertanen in Wädenswil.

Verlauf der Auseinandersetzung

21. März 1646
Der Zürcher Rat beschliesst, eine Steuer zu erheben. Sie betrifft einen Tausendstel des Wertes an Häusern, Gütern, Zinsen, Geld und Vorräten. Da Geldmangel herrscht und die Liegenschaftspreise schwanken, ist sie nirgends willkommen. Am stärksten regt sich die Abneigung in Wädenswil3.

27. April
Landvogt Hans Konrad Grebel von Wädenswil teilt dem Rat mit, seine Untergebenen hätten gebeten, mit Rücksicht auf die schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse, die Steuer nur für ein Jahr einzuziehen. Der Rat stimmt zu. Eine Ratsabordnung soll die Taxation vornehmen. Der Einzug wird auf den 7. Juli angesetzt.
 
5. Juli
Auf der Kanzel der Wädenswiler Kirche wird ein Pamphlet aufgefunden. Dieses richtet sich gegen den Landvogt und die Steuer. Vierzig Bauern drohen dem Landvogt Erschiessung an, wenn er nicht auf die Steuer verzichte.

7. Juli
Statt die Steuer zu entrichten, versammeln sich die Wädenswiler im Gesellenhaus und verlangen – auf den Rat von Weibel Gattiker – für den Einzug der Steuer eine Fristverlängerung von einem Monat. Inzwischen will man sich mit den Richterswilern besprechen.

8. Juli
Landvogt Grebel informiert den Zürcher Rat über das Vorgefallene und bekommt den Auftrag, energisch nach dem Verfasser der Schmähschrift zu fahnden und die Leute nochmals über den Zweck der Steuer aufzuklären.

11. Juli
Grebel beruft dreissig der angesehensten Männer aus Dorf und Berg zu sich ins Schloss. Er hofft, sie für die Sache gewinnen zu können, dann werde sich später auch die grosse Menge fügen. Aber nur Hauptmann Eschmann, Richter Pfister, Fähnrich Brupbacher und Weibel Wild sind zur Zahlung bereit. Die andern Abgeordneten bitten um Erlass der Steuer, heben die missliche Wirtschaftslage hervor und führen an, dass man sie entgegen den alten Briefen nicht als Burger anerkennen wolle.

13. Juli
Die Regierung erkundigt sich in den andern Vogteien über den dortigen Stand der Steuerangelegenheit. Mit Ausnahme des Knonauer Amtes erhält man von überall her guten Bericht. Landvogt Grebel befürwortet vor dem Rat den Vorschlag der Wädenswiler, man solle mit dem Steuereinzug warten bis die Ernte eingebracht sei. Inzwischen fassen die Herrschaftsleute den Entschluss, die verhasste Abgabe überhaupt zu verweigern. Man will sich auf das Burgrecht von 1342 berufen, das seit 1547 von Zürich nicht mehr erneuert worden ist, und vorerst verlangen, als «ingesessene Burger» behandelt zu werden.

2. August
Der Landvogt begibt sich nach Richterswil, um die dortigen Untertanen vom Anschluss an die Wädenswiler abzuhalten. Er verlangt eine Stellungnahme der Richterswiler. Die von Weibel Goldschmid aufgewiegelten Gemeindegenossen beschliessen, den Ausgang der Beratung mit Wädenswil abzuwarten, bevor sie bindende Versprechungen gäben.
 
4. August
Der Landvogt interpretiert den Herrschaftsleuten in der Kirche Wädenswil die umstrittenen Urkunden. Dann zieht sich die aufgeregte Menge auf die oberhalb des Friedhofs gelegene Wiese zurück, um zu beraten. Man trifft den Entscheid, man werde sich nicht fügen. Der Landvogt soll dem Rat diesen Beschluss schriftlich überbringen.

6. August
Landvogt Grebel rapportiert in Zürich über die Vorgänge und wird beauftragt, den Abgeordneten mitzuteilen, dass die Regierung nächstens schärfere Massnahmen ergreifen werde.

7. August
Die Abgeordneten mit den Weibeln Gattiker und Goldschmid an der Spitze werden nochmals ins Schloss zitiert, bleiben aber standhaft. Inzwischen pflegen die Herrschaftsangehörigen geheime Unterhandlungen mit den Schwyzern. Man will den sieben Orten den Waldmannschen Spruchbrief von 1489 zur Erläuterung vorlegen.

15. August
Achtzig Abgeordnete der bei den Gemeinden bringen vor dem Landvogt die Verhandlungen mit den Schwyzern zur Sprache und erklären, ohne das Einverständnis der ganzen Herrschaftsgemeinde könne man kein bindendes Versprechen bezüglich der Steuer geben.

19. August
Rund 500 Herrschaftsleute versammeln sich in Zollingers Wiese bei der Kirche Wädenswil zu neuen Beratungen. Mit kniend verrichtetem Unservater wird die Tagung eröffnet. Dann beschliesst man auf Antrag von Weibel Goldschmid, man wolle nur steuern, wenn man die burgerlichen Gerechtigkeiten wieder erlange. Die Herrschaftsleute sind sich darüber im Klaren, dass die Stadt Gewalt anwenden wird. Freunde aus dem Knonauer Amt sichern aber tatkräftige Unterstützung zu. Die Aufständischen beginnen, regierungstreue Wädenswiler zu beschimpfen und zu misshandeln. Bei Richter Pfister und Hauptmann Eschmann werden Fenster eingeschlagen. In der Folge lässt die Obrigkeit in den Gemeinden Wädenswil und Richterswil einen Aufruf von den Kanzeln verlesen, der jede weitere Belästigung bei strenger Strafe verbietet.

20. August
Bevor die Stadt gegen die Rebellen am Zürichsee vorgehen will, versichert sich die Regierung der Sympathie ihrer Untertanen in den Obervogteien und den Landvogteien.

22. August
Der Rat schickt den Seegemeinden ein Erläuterungsschreiben über den Handel mit Wädenswil. Damit soll verhindert werden, dass andere Untertanen die Wädenswiler unterstützen.

23. August
In der Kirchweihpredigt redet Pfarrer Vollenweider den Wädenswilern, mit dem göttlichen und dem obrigkeitlichen Zorne drohend, ins Gewissen; er wird aber nur verlacht. 150 Männer aus beiden Gemeinden versammeln sich in Richterswil. Sie vereinbaren, eine von Schulmeister Rudolf Tanner aufgesetzte Eingabe an die Regierung zu senden. Am gleichen Tag beschliesst der Rat, eine Gesandtschaft in die aufrührerische Landvogtei Wädenswil zu schicken. An ihrer Spitze steht Bürgermeister Salomon Hirzel persönlich.

25. August
Die Delegation trifft in Wädenswil ein und setzt auf den folgenden Tag eine Versammlung in der Kirche an.

26. August
Morgens zehn Uhr versammeln sich die Herrschaftsleute in der Kirche Wädenswil. Pfarrer Vollenweider predigt über 5. Mose 32, Vers 29: «Wären sie weise, so würden sie dies verstehen, würden merken, welches ihr Ende sein wird.» Hierauf versucht Bürgermeister Hirzel der Versammlung das Missverständnis bezüglich des Burgrechts klarzumachen. Er ermahnt die Untertanen allen Ernstes, zum schuldigen Gehorsam zurückzukehren. Namens der Gemeinde bittet Weibel Gattiker um Bedenkzeit, und das Volk begibt sich zur Beratung auf die benachbarte Wiese. Ausschüsse aus Dorf und Berg bringen um 16 Uhr den Bescheid der auf ihre vermeintlichen Rechte versessenen Menge aufs Schloss. Enttäuscht und entrüstet stellen die Zürcher Gesandten den Abgeordneten das Verhängnisvolle ihres Ungehorsams vor Augen. Trotzdem gestatten sie der Delegation, sich nochmals in einer Volksversammlung zu besprechen. Die definitive Antwort soll am folgenden Morgen überbracht werden.
 
27. August
Wegen Abwesenheit der einen, Trunkenheit der andern, kann die Versammlung aber nicht stattfinden. Man wünscht daher eine Fristerstreckung von acht Tagen. Darauf tritt aber die Gesandtschaft aus Zürich nicht ein. Sie verlangt einen endgültigen Bescheid bis zum 29. August.
Einer schriftlichen Eingabe der Vertreter von Wädenswil und Richterswil entsprechend, verlängert der Rat von Zürich die Frist bis zum 31. August. Er erwartet dann eine günstige Antwort. Andernfalls werden die Ungehorsamen strenge Strafe gewärtigen müssen.

30. August
Im Beisein des Landvogtes versammeln sich die Herrschaftsleute in Zollingers Matte bei der Kirche Wädenswil. Nach der Eröffnung durch stilles Gebet verliest Weibel Goldschmid das Schreiben des Rats. Nachdem die ebenfalls anwesenden Knonauer Freunde zur Steuerverweigerung geraten haben, beschliessen die Untertanen auf Antrag Goldschmids, bei der bisherigen Auffassung zu bleiben. Man wird die Steuer erst zahlen, wenn die Stadt das Burgrecht wieder anerkennt.

8. September
Zürich droht mit einer Markt- und Verkehrssperre, wenn man bis zum 10. September nicht einlenke.

10. September
Wädenswil bleibt unbeugsam. Deshalb wird die Sperre wirksam. Man kontrolliert in Zürich die einfahrenden Schiffe und weist jene aus Wädenswil zurück.

13. September
Auf Anordnung der Regierung findet zu Stadt und Land ein allgemeiner Bettag statt, damit Gott der Herr die verblendeten Rebellen in der Herrschaft Wädenswil erleuchte und bekehre. Zürich trifft erste militärische Anordnungen. Um sich die Zuneigung der andern Vogteien zu sichern, sistiert der Rat die Steuer für die ganze Landschaft, mit Ausnahme der Gemeinden Wädenswil und Richterswil. Dies erbittert die Wädenswiler erst recht.

15. September
Eine Delegation aus Uetikon, das auch zur Herrschaft Wädenswil gehört, erscheint vor der Zürcher Obrigkeit, bittet demütig um Gnade und verspricht, allen Pflichten nachzukommen.

16. September
Auch in Wädenswil bekommen es verschiedene Leute mit der Angst zu tun. Sieben Abgeordnete sollen am folgenden Tag mit den Ratsherren in Zürich verhandeln und die demütigende Unterwerfung der Landvogtei verhindern.

17. September
Zürich will aber nur verhandeln, wenn die Gesamtheit der Herrschaftsleute den Fehler einsieht und wenn die frühere Gesandtschaft erscheint, der 53 Personen angehört haben.

18. September
Bei strömendem Regen beraten die Herrschaftsleute neuerdings auf Zollingers Wiese. Jetzt, da es Ernst gilt und die verlangte Deputation zusammentreten soll, will keiner mehr für die vermeintlichen Rechte das Leben aufs Spiel setzen. Auf die dringende Bitte der Ältesten sagen die Pfarrer von Wädenswil, Richterswil und Hirzel ihre Begleitung zu. Der Landvogt legt schriftliche Fürsprache ein, in der Hoffnung, die Reue komme noch nicht zu spät.

19. September
Die Delegation aus der Herrschaft Wädenswil erscheint vor dem Rat. Die Überprüfung der Personalien ergibt, dass von 53 früheren Abgeordneten nur deren 23 erschienen sind. Die Fehlenden werden durch Eilboten nach Zürich zitiert. Inzwischen besetzt Statthalter Hirzel mit 140 Mann aus Bülach das Landvogteischloss Wädenswil.

20. September
Umsonst werden die zitierten Häupter der Bewegung in Zürich erwartet. Einige sind bereits zu den Schwyzern geflüchtet. Die Weibel Gattiker und Goldschmid, Hans Brupbacher und Leutnant Huber – im Begriffe das Gleiche zu tun – werden auf Befehl des Landvogts in Richterswil verhaftet und zu Schiff nach Zürich gebracht. Nachdem Zürich von der Obrigkeit von Schwyz die Zusicherung erhalten hat, sie werde den Wädenswilern weder Gehör noch Unterschlupf gewähren, beschliesst die Regierung, mit Waffengewalt gegen die rebellischen Untertanen vorzugehen.

21. September
Das zürcherische Besatzungskorps wird vereidigt und rückt gegen Mittag zu Wasser und zu Land gegen die Herrschaft Wädenswil vor. Während die Fusstruppen nur bis Horgen marschieren, erreicht die Flotte – über hundert Boote mit rund 2300 Soldaten und vier Kanonen – um fünf Uhr abends die Höhe von Wädenswil. Mit «weissen Stecklein» in den flehend ausgestreckten Händen stehen die Untertanen am Ufer. Ein Trommler überbringt ihnen den schriftlichen Befehl zur Kapitulation. Er wird angenommen. Hierauf begibt sich das Kriegsvolk an Land und bezieht in Wädenswil und Richterswil Quartier.

22. September
Pfarrer Vollenweider predigt in der Wädenswiler Kirche über den Busspsalm 51. Um die Mittagszeit stellt sich die Besatzungsmacht auf Zollingers Wiese zu einem Ring auf. In dessen Mitte versammeln sich rund 800 Herrschaftsleute: Männer, Weiber und Kinder. Die Unschuldigen und deren Familien stellt man neben die Offiziere und Beamten der Obrigkeit. Die Untertanen im Ring müssen alle Waffen niederlegen. Mit tief kränkenden Worten wettert Statthalter Leu die Zerknirschten an, sie hätten es eigentlich verdient, sofort niedergeschossen und zerhauen zu werden. Alle werfen sich händeringend auf die Knie, bekennen laut ihr Unrecht und geloben unbedingten Gehorsam. Die Hauptrebellen werden aufgefordert, sich zu stellen. Sie sind aber nicht anwesend. Zum Schluss nimmt man den entwaffneten Herrschaftsleuten den Untertaneneid ab. Am Abend werden doch noch einige der «Bösesten» gefangen, andere stellen sich freiwillig.
 
23. September
Im Haus des Weibels Goldschmid in Richterswil werden die umstrittenen Burgrechtsbriefe konfisziert. Werkleute brechen das Hochgericht der Herrschaft ob der Seferen ab und versenken den Galgen im See.
 
24. September
Die Flotte mit der Besatzungsmacht läuft wieder in Zürich ein. Man führt 13 Gefangene mit. Die Bülacher Kompanie harrt weiterhin als Schlossbesatzung in Wädenswil aus.
 
26. September
Zürich zieht die Schlossgarnison ab. Acht Gefangene werden aus der Haft entlassen.

27. September
In sämtlichen Stadtkirchen werden Dankgottesdienste gehalten.

5. Oktober
Das Malefizgericht der Stadt verurteilt die bei den Weibel Gattiker und Goldschmid als Anführer des «schandtlichen, meineydigen, rebellischen Bundes, Verletzer der obrigkeitlichen Majestet und Betrüber des vaterländischen Friedens» zum Tode. Das Urteil wird noch am gleichen Tage vollstreckt. Die treuen Anhänger der Regierung werden besonders geehrt. Dem Rittmeister Eschmann wird das Bürgerrecht der Stadt Zürich verliehen. Die Schuldigen werden hart angefasst: 165 Mitläufer werden mit Bussen von 600 bis 5000 Gulden bestraft.
 
5. November
Jakob Sutz und Jakob Huser, die inzwischen entdeckten Verfasser des Schmähgedichtes vom 5. Juli, werden ebenfalls zum Tode verurteilt.
Dank dem mutigen Eintreten des Pfarrers und des Landvogts können einige der drückendsten Massnahmen wieder aufgehoben werden, die Marktsperre schon am 7. Oktober 1646. Die schweren Bussen – insgesamt 22’850 Gulden bei einem geschätzten Gesamtvermögen von 330’000 Gulden – lasten aber fast ohne Ausnahme auf allen wirtschaftlich führenden Familien und haben eine nachhaltige Beeinträchtigung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens zur Folge4.




Peter Ziegler

Anmerkungen

StAZH = Staatsarchiv Zürich
 
1 Anton Largiader, Geschichte von Stadt und Landschaft Zürich, Bd. 1, Erlenbach 1945, S. 423/424.
2 StAZH, Urkunden Stadt und Land, Nr. 2833 und 3275. – Festgabe Hermann Escher, 1927, S. 109 ff.
3 Walter Glättli, Geschichte der Unruhen auf der Landschaft Zürich in den Jahren 1645 und 1646, Zürich 1898.
4 Albert Hauser, Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung eines Bauemdorfes zur Industriegemeinde. Neujahrsblatt der Lesegesellschaft Wädenswil für 1956, S. 46.