So war es früher zwischen Wädenswil und Schönenberg

Quelle: Gewerbezeitung Mittwoch, 2. Mai 2018 von Peter Ziegler

Voraussichtlich wird Schönenberg ab 2019 ein Teil von Wädenswil sein. Dann sind Verhältnisse wiederhergestellt, die schon früher einmal gegolten haben – zumindest zum Teil. Historiker Peter Ziegler ermöglicht uns einen Blick auf wechselseitige Beziehungen. Das heutige Gemeindegebiet von Schönenberg gehörte bezüglich Verwaltung und Gerichtsbarkeit bis 1287 zur Herrschaft der Freien von Wädenswil. Diese erstreckte sich vom Zürichsee bis zum Höhronen und vom Meilibach zwischen der Au und Horgen bis zum Mülibach zwischen Richterswil und Wollerau. Von 1287 bis 1549 war die Johanniterkomturei Wädenswil zuständig und von 1550 bis 1798 die Landvogtei Wädenswil als Teil des Stadtstaates Zürich.
Der Wädenswiler Berg mit Höfen im heutigen Schönenberg. Ausschnitt aus den Messtischblättern von Hans Conrad Gyger, 1667. Im Zentrum der Hof Geissferen.

Gemeindewappen

Die einstige Verbindung spiegelt sich im Gemeindewappen von Schönenberg, das in Rot über grünem Dreiberg eine ovale silberne Gürtelschnalle mit aufwärtsgerichtetem Dorn zeigt. Es ist abgeleitet von jenem der Gemeinde Wädenswil, die auf rotem Grund eine goldene Gürtelschnalle führt.

Kirche, Pfarrhaus und befestigter Friedhof Schönenberg. Zeichnung von Heinrich Meister um 1720.

Das Wappen der Gemeinde Schönenberg lehnt sich mit der Schnalle an jenes von Wädenswil an.

Teil des Wädenswiler Bergs

Der Name Schönenberg war vor 1702 unbekannt. Die Gegend zählte einfach zum Wädenswiler Berg, der bei der Volkszählung von 1634 in vier Zonen aufgeteilt war: in den Haslauber-, Mülistalden-, Gisenrüti- und Herrlisberger-Kreis. Der Kreis Haslaub erstreckte sich ganz, der Kreis Mülistalden zum grössten Teil über heutiges Gemeindegebiet von Schönenberg.

Älteste Höfe

Im Mittelalter entstanden auf gerodetem Land in höher gelegenen Abschnitten des Wädenswiler Berges erste Höfe. Zu verdanken war dies der Kolonisation durch das Zisterzienserkloster Wettingen, das ums Jahr 1250 die Güter Nussbäumen, Aesch, Schwarzenbach, Rechberg, Stollen und Wolfbüel zu Eigen hatte. 1291 ging der Wettinger Besitz durch Kauf an die Johanniterkomturei Bubikon Wädenswil über. 1316 konnten die Johanniter den Hof Mülistalden erwerben, und 134 schenkte Elisabeth Nägeli gegen eine Rente ihre geerbten Höfe Wolfbüel und Geissferen dem Spital in Zürich. Der Flurname Geissferen, abgeleitet von hier wachsendem Geissfarn, bezeichnete einst das weite Gebiet zwischen Wolfbüel und Stollen mit Zentrum bei der heutigen Kirche. 1347 kaufte die Johanniterkommende Güter bei der Tanne und im Moos; 1382 tauschte sie mit dem Spital in Zürich den Hof auf der Egg gegen einen Hof in Schlieren.

Kirchenbau und Dorfname

Die Bewohner der Höfe des Wädenswiler Bergs, dem heutigen Gemeindegebiet von Schönenberg, besuchten seit alters die Gottesdienste in der Dorfkirche Wädenswil. Der Kirchgang war weit und für ältere Leute beschwerlich. Hatte man sich durch Schnee und Wind gekämpft, fand man in der überfüllten Wädenswiler Kirche keinen Sitzplatz mehr. Nachdem es wiederholt zu Raufereien um Plätze gekommen war, forderten die Bewohner aus dem oberen Wädenswiler Berg im Jahre 1698 energisch Abhilfe. Sie verlangten den Bau einer eigenen Kirche.
Mit Unterstützung der Zürcher Regierung entstanden in den Jahren 1702/1703 auf dem Platz im Geissferen ein Kirchengebäude – noch ohne Glockenturm –, ein Pfarrhaus und ein mit Ringmauer umgebener Friedhof, der in Kriegszeiten zugleich als Befestigung diente. Bis 1702 wird in den Akten vom Kirchenbau im Wädenswiler Berg berichtet. Am 27. Dezember 1702 ist dann erstmals von «Schönenberg» die Rede und am 9. Januar 1703 von «Sonneberg». Wer diese Bezeichnung festgelegt hat, ist bis heute unklar. 1703 teilte der Zürcher Rat der neuen reformierten Kirchgemeinde Schönenberg 23 Höfe aus der Kirchgemeinde Wädenswil, 13 Höfe aus Richterswil und 6 Höfe aus der Kirchgemeinde Hirzel zu.

Pfarrhaus und Kirche vor dem Bau des Kirchturms. Zeichnung von Lilly Haffter, 1897.

Auskauf aus dem Wädenswiler Armen- und Batzengut

Da man es 1703 bei der Bildung der neuen Kirchgemeinde Schönenberg unterlassen hatte, das bisher gemeinsame Kirchengut aufzuteilen, entstand Streit. Erst 1784 kam es zur Aufteilung des Wädenswiler Armen- und Batzenguts Schönenberg erhielt 22 Prozent des Vermögens und war damit kirchlich von Wädenswil getrennt.

Auskauf aus dem Gemeindegut

Auch nach der Ausscheidung der Kirchengüter blieben die Kirchgenossen «auf dem Schönenberg» Bürger der Gemeinde Wädenswil und gehörten damit zur alten Bürger- und Nutzungsgemeinde. Diese hatte eigenen Besitz: Gemeindehaus mit Metzg, Musterplatz auf dem Geren und Schulhaus im Unteren Mittelberg.
Die Helvetik schuf 1798 eine neue Gemeindeorganisation. Schönenberg bildete nun eine politische Gemeinde mit eigener Behörde. 1811 fand der Gemeinderat, es sei jetzt an der Zeit, auch den Auskauf aus dem mit Wädenswil gemeinsamen Gemeindegut zu vollziehen und sich damit vollständig von Wädenswil zu trennen. Da Schönenberg für die Abgeltung aller früheren Besitzrechte am Gemeindegut Wädenswil 2000 Gulden verlangte, Wädenswil aber lediglich 1500 Gulden vergüten wollte, kam das strittige Geschäft im Februar 1812 vor die Administrations-Kommission in Zürich. Diese vermittelte einen Kompromiss: Wädenswil sollte Schönenberg mit einem Viertel des auf 7000 Gulden veranschlagten Gemeindegutes auszahlen, also mit 1750 Gulden.

Sekundarschule und Oberstufe

Zu einer erneuten Vereinigung der beiden Gemeinden kam es 1836. Damals wurde die Sekundarschule Wädenswil-Schönenberg gegründet. Mit der Oberstufenreorganisation von 1963 wurde diese zur Oberstufenschulgemeinde Wädenswil-Schönenberg-Hütten erweitert.

Von der Rösslipost zum Postauto

Nachdem ein Bote von Wädenswil 1844 die Post dreimal wöchentlich nach Schönenberg hinaufgetragen hatte, wurde 1845 in der Berggemeinde eine eigene Postablage eröffnet. Am 1. Juni 1871 verkehrte erstmals ein Postkutschenkurs zwischen Wädenswil und Schönenberg, der 1872 bis Hütten ausgedehnt wurde. Bis Ende November 1922 fuhr die von zwei Pferden gezogene Berline täglich zweimal in die Berggemeinden und zurück. Ab 1. Dezember 1922 stellte das Postauto die Verbindung zwischen Wädenswil und Schönenberg her.
Letzte Fahrt der Pferdepost Wädenswil - Schönenberg - Hütten am 30. November 1922. Halt vor dem Restaurant Schmiedstube in Wädenswil.

Maschinenhaus des 1895 eingeweihten Sihl-Kraftwerks in der Waldhalde Schönenberg.

Das Sihlkraftwerk Waldhalde

Im Jahre 1895 nahm das auf Schönenberger Boden gelegene Elektrizitätswerk an der Sihl in der Waldhalde als erste derartige Anlage im Kanton Zürich den Betrieb auf. Der Bau wurde von den Textilindustriellen Walter und Jakob Treichler in Wädenswil angeregt, vom Ingenieur und Pionier der Elektrizität, Professor Walter Wyssling (1862–1945), erbaut und durch eine Aktiengesellschaft finanziert. Als 1908 die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich gegründet wurden, übernahmen diese das Werk Waldhalde und passten es laufend der neuen technischen Entwicklung an.

Katholische Kirchgemeinde

Im Jahr 1900 wohnten in Schönenberg 129 Katholiken. Die 1901 geweihte katholische Kirche Wädenswil war auch ihr Gotteshaus. Schönenberg gehörte mit Hütten und Hirzel kirchlich zu Wädenswil. Nachdem 1922 in Schönenberg eine kleine Kirche erbaut worden war, erhielt die Gemeinde einen eigenen Pfarrer, der aber bis 1931, dem Bau eines Pfarrhauses, noch in Wädenswil wohnte. Am 1. Juli 1924 wurde Schönenberg eine selbständige Pfarrei zu der auch Hütten und Hirzel zählten. 1985 konnte die moderne katholische Kirche Schönenberg eingeweiht werden.




Peter Ziegler