Älteste Hof- und Flurnamen in Schönenberg

Quelle: Gewerbezeitung Dienstag, 27. November 2018 und 5. Februar 2019 von Peter Ziegler

Seit Neujahr 2019 wird Wädenswil nicht nur flächenmässig grösser und zählt mehr Leute; es kommen auch viele neue Hof- und Flurnamen dazu. Dem Alter jener Namen von Schönenberg und deren Erklärung gilt dieser Beitrag. Später werden die Namen von Hütten folgen. Als Quelle dienen die Lizentiatsarbeit «Eine alte Namenlandschaft» von Daniel Hess aus dem Jahre 2002 sowie eigene Forschungen.
Die aktuelle Karte von Schönenberg zeigt mit den Ziffern 1 bis 16 die Lage jener Höfe und Geländebezeichnungen, deren Namen unten gedeutet werden.

1 Aabach
Der bei Mülistalden entspringende, das Gemeindegebiet durchfliessende Aabach, der nach Allenwinden das Territorium von Horgen erreicht, wird 1459 als Aa erstmals erwähnt. 1555 ist vom Aatobel die Rede. Der Name bedeutet Wasser oder Bach. Der Aabach bildete für die Volkszählung von 1634 die Grenze zwischen der Bergwacht ob der Aa mit dem Haslauber- und Mülistaldenkreis und der Wacht unter der Aa mit dem Gisenrüti-und Herrlisbergerkreis.
 
2 Äsch
Der um 1250 im Wettinger Urbar erwähnte Hof «zi deme Esche» hiess 1396 Esch, 1555 Aeschhof, 1667 im Esch und 1748 im Aesch. Der Name hat nichts mit Esche oder Asche zu tun, sondern ist ein Begriff aus der Dreizelgenwirtschaft: Er bezeichnete das vom Weiderecht ausgeschlossene Saatfeld. Auf diesen Hof geht die Familie Eschmann zurück.
 
3 Au
Der 1555 erwähnte Hof in der Auw, ab 1843 Au geschrieben, bezieht sich auf einen einst sumpfigen, feuchten Untergrund in der Nähe.
 
4 Buechen
1646 wohnte Hans Staub «by der Buchen», 1667 lautete der auf den Baum hinweisende Hofname Buch.
 
5 Buebenwis
Der Name erscheint 1450 als «Buoben wyss», 1555 als Buebenwis und 1667 auf der Zürcher Landkarte von Hans Conrad Gyger als Bubenwis. Es ist unklar, ob sich der Name von Buobe, also Knabe, Diener, Knecht ableitet.
 
6 Chülpen
Die Ersterwähnung von 1409 lautet «Küllpen». Für 1494 ist «zun Küllpen» belegt. Der Name ist verwandt mit Gulmen und Kulm ist der Bedeutung von Kuppe, Hügel.
 
7 Egg
1382 ist ein Hermann ab Egg bezeugt. 1430 und 1555 ist die Rede vom Hof an der Egg. Der Name nimmt Bezug auf eine spitz vorstehende Anhöhe.
 
8 Fernegg
Der zwischen Zweierhof und Stollen gelegene Hof erscheint 1555 als «Ferneck» und auf der Karte von Gyger 1667 als« Feernegg». Fern im Sinne von weit als Deutung ist abzulehnen. Möglicherweise steckt, mit Namenwechsel von a zu e, der Name Farn dahinter.
 
9 Geissferen
Der grosse Hof Geissferen lag im Gebiet der heutigen reformierten Kirche und zählt zu den ältesten Siedlungen. 1342 hiess es hier «ze geisverrich», 1433 «uff geissfer», 1514 «geisserich» du 1644 «Geyssferen». Eine Ableitung vom Pflanzenname Geissfarn ist abzulehnen. «Verrich» bedeutet Pferch, Geissferen Gehege für Geissen.
 
10 Gisihegi
1555 erscheint urkundlich der Name «Gysihegi. Die Kantonskarten von Johannes Wild verzeichnet um 1850 «Gysenhegi». Hegi bedeutet umzäunter Ort. Gisi – eigentlich Geisel – , verwandt mit dem Personennamen Giso, benennt auch einen Bürgen, Zeugen oder Beamten.
 
11 Gschwend
«Geswend» taucht erstmals 1433 auf und heisst 1477 «Geschwend» und 1555 «Gschwennd». Gschwend ist ein Rodungsname. Durch das Schälen der Rinde liess man einen Baum schwinden, absterben.
 
12 Gubel
Der für 1555 belegte Gubel bezeichnet eine rundliche Erhöhung, die Anhöhe zwischen Sagen und Äsch.
 
13 Haslaub
1404 wird «Haselow» erwähnt, 1434 hiess es «in der Haslow», 1667 «im Haslaub». Der Name weist auf eine Au hin, auf der Haselsträucher wuchsen. Volksethymologisch wurde Haslaub später fälschlicherweise mit Laub in Verbindung gebracht.
 
14 Humbel
Der älteste Name von 1449 lautet «Humelsberg». Für 1554 ist «Humelperg», für 1696 «Humbelisperg» belegt. Die Wildkarte verzeichnet um 1850 «Humbel». Zu deuten ist der Name als Berg, wo viele Hummeln vorkommen.
 
15 Langwis
Der Weiler zwischen Laubegg und Gisihegi hiess 1504 «Langenwyss» und auf der Wädenswiler Quartierkarte von 1748 «Langwies». Der Name benennt eine Wiese in länglicher Form, analog zu Langacher.
 
16 Mülistalden
«Mulistalden» wird bereits in einer Urkunde von 1316 als Lehenhof der Johanniterkommende Wädenswil erwähnt. Vorher war er Besitz der Freien von Wädenswil. 1542 ist von Reben an Mülistalden die Rede. Ab dem Mittelalter wurde hier eine Getreidemühle betrieben. Stalden bedeutet ansteigende Stelle, steiler Abhang oder ansteigender Weg, also ein Ort, wo man gehemmt, gestellt wird.
Die aktuelle Karte von Schönenberg zeigt mit den Ziffern 17 bis 29 die Lage jener Höfe und Geländebezeichnungen, deren Namen unten gedeutet werden.

17 Nussbäumen
Der Wettinger Urbar nennt um 1250 «zi deme Nusbom». 1407 heisst es «ze Nussbomen», also bei den Nussbäumen.
 
18 Rechberg
Der älteste Name für den dem Kloster Wettingen gehörenden Hof lautet um 1250 «zi deme Rechberge». Für 1342 ist «Rechberg» nachgewiesen, für 1667 «Reechberg». Der Name ist den hier vorkommenden Rehen zu verdanken.
 
19 Rotenblatt
1414 ist «Rottenblatt» belegt, 1542 «Roten Blatt», 1667 «Rothblatt und 1843 «Rothenblatt». Der Name nimmt Bezug auf eine Geländestelle mit eisenhaltigem Erdreich.
 
20 Säubad/Neubad
Eine Häusergruppe an der Strasse von Geissferen nach Äsch hiess 1634 «Seubad» und 1689 «im Söubad». Der Name kommt von der Schweinezucht her, die hier betrieben wurde. Die freilaufenden Tiere «badeten», wälzten sich in Pfützen. Auf Gesuch der Bewohner änderte das Notariat anlässlich der Grundprotokollbereinigung den Hofnamen am 6. Januar 1906 in «Neubad».
 
21 Schwarzenbach
Der Sagenbach, der in Schönenberg in die Sihl mündet, hiess früher Schwarzenbach. Nach diesem Gewässer war ein abgegangener Hof für das heutige Hinter Teufenbach benannt. Bereits um 1250 hiess es hier «ze Swarzinbach» und 1514 «by dem schwartzen Bach. Der Name erscheint noch um 1850 auf der Wildkarte. Er geht zurück auf dunkles, schwärzliches, durch Moorgrund fliessendes Wasser.
 
22 Stollen
Der um 1250 erwähnte Hof «am Stollen» zählt zu den ältesten in Schönenberg. 1311 ist «Heinrich genannt ab Stolle» bezeugt. 1400 erscheint ein «Welti ab Stollen», 1450 ist vom «Stollen Hof» die Rede. Ab 1748 heisst es nur noch Stollen. Der Name bezieht sich auf eine rundliche, gut sichtbare Geländekuppe, an der sich die Liegenschaft Stollen befindet.
 
23 Täglischür
Die Kirchenurbare von 1555 überliefern den Namen «Täglischür». Da bereits 1450 von «Steglers Schür» die Rede ist, weist der Name der Scheune auf eine zugezogene Familie Stegler hin.
 
24 Tanne
1347 hiess der Hof «zur Tannen», 1448 «zuo der Tannen», 1667 «By der Tann». Der Bezug zur Tanne liegt nahe, führt aber wohl in die Irre. Denn seit Jahrhunderten wird überliefert, dass am Pilgerweg nach Einsiedeln, der an der Tanne vorbeiführte, ein Bildstöcklein der Sankt Anna gestanden habe. Aus dem mundartlichen Sanct Anne wurde die Form Tanne. Noch im Grundbuch Schönenberg von 1800 heisst es «Tannen» oder «bey St. Anna».
 
25 Teufenbach
Der am Frohberg entspringende und westlich Haslaub die Sihl erreichende Teufenbach hiess 1433 «Tüffenbach», 1477 «Töüffenbach» und 1549 «Tiefenbach». Der Name bezeichnet einen im räumlichen Sinne tief gelegenen Bach.
 
26 Wald
1555 ist die Rede von «weid und mattlin gnant der Wald». Wald bedeutete damals der Kultur nicht unterworfenes Land oder Wildnis. Der Hof westlich des Teufenbach Weihers findet sich auf der Gygerkarte von 1667.
 
27 Wihessli
Der kleine Hof Wihessli unterhalb Wolfbüel hiess 1555 «Wiehesslin» und 1696 «Wyhessli». Der Name hat keinen Bezug zu Wein, sondern geht zurück auf die Vogelbezeichnung Moswei für den hier vorkommenden Mäusebussard.
 
28 Wolfbüel
«Am Wolfbüle» ist auch einer der schon um 1250 bezeugten Rodungshöfe des Zisterzienserklosters Wettingen. 1342 hiess er «ze Wolfbül», 1555 «Wolffbiel» und 1678 «Wolfbüchel». Der Name erinnert an die Wölfe, die wiederholt an diesem Hügel gesichtet wurden.
 
29 Zweierhof
Der älteste Beleg stammt von 1449 und lautet «Zwyeren». 1514 wird der «Hof genannt Zwyer» erwähnt und 1555 der «Haff zun Zwigeren». Die Gygerkarte von 1667 verzeichnet den Namen «Zweyerhof». Früher wurde der Name als Hof eines Obstbauern gedeutet, der zweit, also Zweige aufpfropft. Daniel Hess schlägt in seiner Lizentiatsarbeit überzeugend eine andere Deutung vor. «zwi» im Sinne von doppelt könnte auf einen Hof hinweisen, der an einer Weggabelung liegt.




Peter Ziegler