Haabe, Sust, «Seehof» und Güterschuppen

Im Jahre 1834 bewilligte die Zürcher Regierung der Gemeinde Wädenswil den Bau eines grossen Hafens und eines Sustgebäudes östlich des Schützenhauses am Plätzli. Im Frondienst wurde die Gemeindehaabe 1840 seeseits der neuen Seestrasse angelegt. Im gleichen Jahr kam das zweistöckige Lagerhaus mit Verladerampe und kranartiger Aufzugsvorrichtung, die Sust, unter Dach. 1890 wurde das Gebäude um ein Stockwerk erhöht. Heute dient es der Stadt Wädenswil als Jugendkulturhaus.

Gemeindehaabe um 1870, links Haus Sust, rechts Hotel Seehof.

Seehof

Schützenwirt Hans Heinrich Blattmann liess in den Jahren 1840/41 nordwestlich der Sust den Gasthof zum Seehof erstellen. Dank guter Führung wurde der «Seehof» bald weitherum bekannt. Hier soll sich 1844 auch jene Hochstapleraffäre abgespielt haben, die Gottfried Keller den Stoff für seine Novelle «Kleider machen Leute» lieferte. Auf eigene Kosten baute der «Seehof»-Wirt einen Landesteg, damit die Dampfboote hier anlegen konnten. Schiffspassagiere fanden im Gasthaus einen Warteraum. Erst als Blattmann 1862 sein Haus schloss, merkte die Öffentlichkeit, welchen Nutzen sie aus dem Werk eines Dritten gezogen hatte. Das Haus, jetzt Bär Sport und Mode, steht noch. Im ersten Geschoss weisen die hohen Fenster auf den ehemaligen Saal hin.
 

Bahnbau

1872 verpflichtete sich die Nordostahn-Gesellschaft zum Bau einer Eisenbahnlinie von Zürich nach Ziegelbrücke und Näfels. Für den Bau des Trassees mussten Häuser, Gärten, Uferplätze und Haaben erworben werden. Bereits 1872 ging der Hafen bei der Sust durch Kauf an die Nordostbahn-Gesellschaft über. Diese liess ihn 1873 mit Schutt auffüllen, damit hier die Geleise angelegt sowie der Bahnhof und ein Güterschuppen platziert werden konnten. Vier Stichstrassen, die heute in dieses Gebiet am See führen – Hechtweg, Gambrinusstrasse, Harmonieweg und Ankerweg – erinnern noch an die einstige Haabe.
Am 18. September 1875 konnte die Bahn eröffnet werden. Wädenswil verfügte nun über einen Bahnhof, der gleich aussah wie der heutige Bahnhof Richterswil. Er lag vor dem Hotel Du Lac anschliessend an den Güterschuppen, wurde 1932 durch das heutige Bahnhofgebäude ersetzt und 1934 abgebrochen.

Auffüllen der Haabe bei der Sust, 1873.

Plan des Bahnhofgebiets, 1911.

Güterschuppen

Von der ursprünglichen Bahnanlage ist nur der Güterschuppen aus den Jahren 1874/75 erhalten, der 1902 von den SBB übernommen wurde. Der lange, niedrige Giebelbau in Holzständerbauweise mit senkrechter Verschalung der Fassaden und einstigem Büro im eingeschossigen Anbau an der Nordseite weist beidseits parallel zur Traufe verlaufende Verladerampen auf, die von Vordächern überdeckt werden. Die eine ist zu den Geleisen, die andere zur Strasse ausgerichtet. Ausser dem Anbau von 1894 auf der Südseite und dem offenen Vordach in Stahlkonstruktion erfuhr der Schuppen keine Veränderungen. 2002 wurde er aus dem kommunalen Inventar der schutzwürdigen Bauten entlassen. Dies ermögliche eine neue Nutzung: den Einbau der MBX- und Skatehalle.

Bahnhof Wädenswil mit Güterschuppen, um 1880.

Bahnhof und Güterschuppen, um 1930.

Abbruch des alten Bahnhofs, 1934. Im Hintergrund der Güterschuppen.




Peter Ziegler