Die Kirchgemeinde Wädenswil verfügte schon vor der Abtrennung Schönenbergs über ein Vermögen, über das Armen- und Batzengut, aus dem vor allem Arme unterstützt wurden. Die Kirchgenossen im Wädenswiler Berg hatten daran Ansprüche zu stellen, denn es war ja vor der Neubildung der Kirchgemeinde Schönenberg auch ihr Besitz gewesen. Denn das Armengut hatte man aus einem Teil der Einbürgerungsgebühren neuer Bürger geäufnet, das Batzengut aus dem Ertrag der Kirchenkollekten.
Da man es bei der Bildung der neuen Kirchgemeinde Schönenberg im Jahre 1703 unterlassen hatte, das bisher gemeinsame Kirchengut aufzuteilen, entstand mit der Zeit Streit zwischen den Kirchgenossen von Wädenswil und jenen von Schönenberg wegen der Verpflegung und der Besorgung der Armen in Schönenberg. In Stillstandssitzungen (Stillstand = Kirchenpflege) und Kirchgemeindeversammlungen wurde nun der Wunsch geäussert, Wädenswil und Schönenberg sollten ihre bisher gemeinsam besessenen Kirchengüter aufteilen. Beide Kirchgemeinden ernannten daher im Einvernehmen mit dem Wädenswiler Landvogt Ausschüsse, welche unter dem Vorsitz des angesehenen Wädenswiler Untervogtes
Hans Caspar Blattmann tagen und zuhanden der Zürcher Regierung eine beiden Parteien genehme Regelung ausarbeiten sollten.
7
Bevollmächtigte aus Wädenswil waren neben Untervogt Blattmann die Landrichter Hauser auf Herrlisberg, Steffen an der Leigass, Theiler ob der Kirche und Streuli am Ort. Aus Schönenberg waren abgeordnet die Landrichter Pfister, Kleiner bei der Tanne, Pfister im Äsch sowie Kirchenpfleger Herdener an der Egg und Schützenmeister Staub in der Hüttmatt. Die beiden Ausschüsse trafen hinsichtlich des Auskaufs zwischen Wädenswil und Schönenberg folgende Abmachungen, die sie sich am 26. April 1784 in der Kanzlei der Landvogtei Wädenswil rechtsgültig bescheinigen liessen:
1. Das Wädenswiler Armen- und Batzengut beläuft sich auf einen Gesamtbetrag von 10‘278 Gulden und 24 Schillinge. Schönenbergs Anteil an diesem Vermögen beträgt 2250 Gulden.
2. Schönenberg erhält diesen Betrag bis Ende 1784 oder bis zur Rechnungsablage an Martini 1785 ausbezahlt.
3. Wädenswil zahlt Schönenberg ab Martini 1784 90 Gulden Zins, ebenso auf Martini 1785, falls die Summe nicht schon vorher ausbezahlt worden ist.
4. Schönenberg erhebt dann gegenüber Wädenswil keine weiteren Forderungen mehr. Die beiden Gemeinden sind fortan in kirchlichen Belangen völlig getrennt.
5. Das Wädenswiler Gemeindegut und das Gemeindehaus samt Inventar bleiben gemeinsames, unverteiltes Eigentum.
6. Jeder Kirchgenosse von Wädenswil darf sich in der Kirchgemeinde Schönenberg niederlassen, ohne dass er dafür Einzugsgebühren zu entrichten hat. Die gleiche Regelung gilt für Kirchgenossen aus Schönenberg, die nach Wädenswil ziehen.
7. Die in der «Batzenlade» (Archiv- und Geldtruhe) aufbewahrten silbernen Becher und Schalen gehören Wädenswil allein; die leere «Batzenlad» geht an die Kirchgemeinde Schönenberg über.
8. Jede Kirchgemeinde kommt für den Unterhalt und für die Verpflegung ihrer kirchgenössigen Armen selber auf. Wer von der einen in die andere Kirchgemeinde zieht, ohne dort Erb- oder Eigengut zu besitzen, wird im Verarmungsfall wieder der ursprünglichen Kirchgemeinde zugewiesen. Besitzt er dagegen in der neuen Gemeinde Erb- oder Eigengut, kann er dort auch als Armer bleiben, (da man nötigenfalls auf diesen Besitz zurückgreifen könnte). Verkauft jemand sein Eigentum und zieht dann in die andere Kirchgemeinde ohne dort wieder Güter zu erwerben, unterstützt ihn bei Armengenössigkeit jene Gemeinde, in der «seine Voreltern zuletzt Erb und Eigen hatten».
9. Vom Einzugsgeld der Fremden, die sich in die Bürgergemeinde Wädenswil einkaufen, fliessen drei Viertel dem Gemeindegut Wädenswil zu und ein Viertel kommt – je nach Wohnsitz – der Kirchgemeinde Wädenswil oder Schönenberg zu.
10. Die Brautkronen – eine Gebühr von Töchtern oder Witwen, die sich ausserhalb der Gemeinde zu verheiraten gedenken – werden weiterhin dem gemeinsamen Gemeindegut gutgeschrieben.
11. Das Braut- oder Bechergeld dagegen – eine Einheiratungsgebühr für fremde Bräute – kommt entweder Schönenberg oder Wädenswil zu, nämlich jener Kirchgemeinde, in der sich die Braut niederlässt.
12. Ab Martini 1783 kommt Schönenberg für folgende fixen Auslagen, die man bisher gemeinsam bestritten hat, allein auf: Abendmahlswein, Wartegeld der Hebamme, Läuterlohn für den Schulmeister, Spesenvergütung an den Pfarrer für das Abholen der für Bedürftige bestimmten Winterkleider in Zürich. Schönenberg zahlt ferner den vierten Teil der jährlichen Patrouillengelder für die Flur- und Nachtwache sowie einen Viertel der Kanzleikosten für die Abnahme der Rechnungen.
Die von den Abgeordneten der beiden Kirchgemeinden ausgehandelte Auskaufsregelung musste von der Zürcher Obrigkeit sanktioniert und ratifiziert werden. Dies, geschah in der Ratssitzung vom 26. Mai 1784. Der Stadtschreiber notierte darüber in der schwülstigen Amtssprache der Zeit:8 «Meine Gnädigen Herren haben das unter der klugen und sorgfältigen Anleitung Junker Ratsherrn und alt Landvogt Escher zwischen den beiden Pfarrgemeinden Wädensweil und Schönenberg errichtete Projekt, vermöge dessen letztere für ihren Anteil an den in 10‘278 Gulden 24 Schillingen bestehenden zwei Kirchengütern die Summe von 2250 Gulden zu beziehen haben, und vermittelst dessen gedachte beiden Pfarrgemeinden in Bezug auf Kirchen- und Armensachen völlig gegeneinander ausgeglichen sein sollen, einmütig ratifiziert und bestätigt.»
Mit der Überweisung des auf 2206 Gulden 36 Schillinge reduzierten Betrages an Schönenberg – das gemeinsame Armen- und Batzengut hatte in der Zwischenzeit abgenommen – wurde am 10. April 1786 die endgültige Lostrennung der beiden Kirchgemeinden vollzogen. Schönenberg führte nun eine eigene Armengut- und Batzengutrechnung. Über die Jahre 1786/87 legte der Rechnungsführer, Bannwart Eschmann, am 13. März 1788 vor dem Wädenswiler
Landvogt von Orell Rechenschaft ab.
9 Unter den Einnahmen finden sich ausser der erwähnten Ausrichtungssumme auch zwei Zinsposten im Gesamtbetrag von 179 Gulden 5 Schillingen 4 Hellern (gemäss Abmachung vom 26. April 1784), ferner Batzen- und Brautgelder von insgesamt 5 Gulden 8 Schillingen. Dem Abschied der Kanzlei Wädenswil ist zu entnehmen, dass der Landvogt Schönenbergs erste Armengut- und Batzengutrechnung in Ordnung befunden hatte.