Zur Geologie der Halbinsel Au

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 1985 von Ulrich Aeberli

Halbinseln sind auch in der an Seen reichen Schweiz eine Seltenheit. Kein Wunder also, wenn die Halbinsel Au die Aufmerksamkeit nicht nur von Natur- und Weinliebhabern, sondern auch von Geologen auf sich zieht.
Das geologische Querprofil zeigt etwas schematisch, was wir über den inneren Aufbau der Au wissen. Daraus können wir die Entstehungsgeschichte herleiten.
Der Felsuntergrund, welcher in unserem Gebiet aus den Mergel- und Sandsteinschichten der Oberen Süsswassermolasse besteht, fällt vom Steinacher gegen das Au-Seeli ab, wo sich eine Fels-Terrasse gegen den See hin bildet, zu der weiter östlich auch die Untiefe des Stierensteins gehört. Am Südrand der Au fällt die Felsoberfläche dann steil gegen den See ab. Das Relief der Felsoberfläche und der Trog des Zürichsees wurden während der grössten, der «Riss II»-Eiszeit, geformt. Dies war die zweitletzte Eiszeit in unserem Lande.
Über der Felsoberfläche liegt Gehängelehm, entstanden aus der Verwitterung der Molassegesteine, und eine dünne Moränenschicht, die Ablagerung eines Gletschers. Über der Moräne am Rande der FeIsterrasse gegen den See finden wir nun die über 100 m mächtigen Au-Schotter. Das Vorkommen ist praktisch auf den Au-Hügel beschränkt. Es handelt sich um hart gelagerten, sandigen Kies, durchsetzt von einzelnen Sandschichten. Die Kieskörner sind schlecht gerundet und auch schlecht sortiert. An vielen Stellen sind die Schotter durch Kalkausscheidungen zu Nagelfluh zementiert. Besonders schön ist dies bei den Höhlen am Seeufer, westlich der Schiffstation, zu sehen. Über dem Au-Schotter finden wir fast überall eine dünne Moränenschicht.
Der Auhügel von Westen.

Die Au-Schotter müssen also nach der grössten Vereisung durch einen Fluss geschüttet worden sein. Die schlechte Rundung und Sortierung der Gerölle weisen auf einen kurzen Transportweg im fliessenden Wasser hin. Sie werden deshalb als «Vorstoss-Schotter» gedeutet, als Kieselablagerungen durch Schmelzwässer im Vorfeld eines heranrückenden Linth-Gletschers. Der Gletscher muss dann über die Au hinweg gegen Zürich vorgestossen sein und somit seine eigenen Ablagerungen überflossen haben. Darauf deutet sowohl die Moräne über dem Au-Schotter als auch die langgestreckte, rundliche Form des Au-Hügels hin, welcher deshalb als Drumlin bezeichnet wird. Es wird darum angenommen, dass die Au-Schotter zu Beginn der letzten Eiszeit, der Würmeiszeit, geschüttet worden sind.
Nach dem endgültigen Rückschmelzen des Eises der letzten Eiszeit vor gut 12‘000 Jahren war der Au-Hügel zunächst eine echte Insel im Zürichsee. Ein schmaler Seearm, welcher durch Ablagerung von Seebodenlehm, Seekreide und schliesslich Torf langsam verlandete, trennte ihn vom Gebiet des heutigen Bahnhofes ab. Von diesem Seearm zeugt heute nur noch das kleine Au-Seeli.
Die Au-Schotter enthalten nutzbares Grundwasser, welches bis vor kurzem in zwei Pumpwerken gefördert wurde. Es wird einerseits von den direkt einsickernden Niederschlägen, andererseits durch infiltrierendes Seewasser gespeist. Das verstärkte Nachströmen von qualitativ etwas schlechterem Seewasser führte zur Aufgabe des einen Pumpwerks.
Damit wäre zwar in grossen Zügen die Entstehung der Halbinsel Au nachgezeichnet. Vieles ist jedoch noch ungeklärt, beispielsweise das Alter der unter dem Au-Schotter gelegenen Moräne, welche aus der Riss-Eiszeit oder von einem frühen Vorstoss der Würmeiszeit stammen könnte. Aufgrund dieser Unsicherheit lässt sich aber auch das Alter der Au-Schotter nur ungenau angeben. Sie dürften etwas älter sein als die Reidbach-Schotter in Wädenswil, welche älter als 40‘000 Jahre sein sollen. Für die Schüttung der Au-Schotter kommt daher am ehesten ein Zeitpunkt zwischen 70‘000 bis 40‘000 Jahren vor heute in Frage. Ungeklärt ist auch die Frage, warum die Au-Schotter vom würmeiszeitlichen Linthgletscher nur geformt und nicht abgetragen wurden, lagen sie doch bei der grössten Ausdehnung der Gletscher unter einer langsam fliessenden Eismasse von etwa 500 m Dicke. Darüber gibt es nur Spekulationen.
Der landschaftlich so reizvolle Au-Hügel mit seinen Höhlen ist also auch für den Geologen noch immer interessant und geheimnisvoll.



Dr. Ulrich Aeberli