Gasthöfe im Molkenkurort Hütten

Quelle: Archiv Peter Ziegler

Ein Verzeichnis der Wirtschaften aus dem Jahre 1804 erwähnt in Hütten drei Tavernen, das heisst Gasthäuser, in denen man warme Speisen auftischte und wo Gäste übernachten konnten. Es waren dies die «Krone», der «Löwen» und der «Bären». Alle drei wurden damals von Angehörigen der seit Generationen in Hütten ansässigen Familie Bär geführt. Heute existiert von diesen Betrieben nur noch die «Krone».
Ansichtskarte Hotel Krone, Hütten.

Wirtshausschild Restaurant Krone, Hütten.

Die «Krone» ist der älteste und zugleich bekannteste Gasthof. Während des Zweiten Villmergerkrieges von 1712 fielen Plünderer trotz nahe gelegener Hüttner Schanze über das Haus her. Am 28. September 1797 kehrte Johann Wolfgang Goethe auf seiner dritten Schweizerreise hier zum Mittagessen ein. Zu den Kurgästen der «Krone» gehörte im August 1826 auch der Zürcher Schriftsteller und Zeichner David Hess (1770–1843).
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das im südlichsten Teil des Kantons Zürich auf rund 700 bis 750 Meter über Meer gelegene Bauerndorf Hütten ein bekannter Molkenkurort. Die ersten Kurgäste, meist aus der Stadt Zürich, fanden sich um 1810 ein. Sie genossen hier Kuhmilch, später auch Ziegenmolken. Beliebt waren Spaziergänge in frischer Landluft: zur Hüttner Schanze, nach Schindellegi oder auf den Rossberg.
Der aufblühende Tourismus lohnte Investitionen. 1830 erweiterte der «Kronen»-Wirt seinen Gasthof und stattete ihn mit einer Badeeinrichtung aus. Der «Löwen», 1812 im Besitz von Gemeinderat Conrad Bär, ging 1833 durch Kauf an Caspar Eschmann über. Als Erstes änderte dieser den Namen der am Pilgerweg nach Einsiedeln gelegenen Taverne: aus dem «Löwen» wurde das frommer wirkende «Kreuz».
Hotel Kreuz, Hütten, 1921.

Auch Heinrich Bär ging mit der Zeit. An exponierter Lage, auf einem talseitigen Geländersporn ob dem Hüttnersee, liess er 1833/34 ein neues Gasthaus Bären erstellen: einen Bau im ländlich klassizistischen Stil mit regelmässiger Fassadeneinteilung, Eckpilastern aus Putz und umlaufenden, die Geschosse trennenden Gesimsen. Der mit einer Girlande verzierte Sturz des Hauseingangs trägt die Initialen HHB des Bauherrn Hans Heinrich Bär und die den Bau datierende Jahreszahl 1833.

Postkarte Hotel Bären, Hütten.

Zimmer im Hotel Bären, Hütten.

Eine letzte Blütezeit erlebte der Molkenkurort Hütten um 1900. Eine Werbepostkarte lobte die Vorzüge: «Hütten. Altbekannter, von ärztlicher Seite bestens empfohlener Luftkurort, am Fusse des Gottschalkenbergs, 20 Minuten von Station Samstagern. Post und Telegraph. Täglich zwei Mal Postwagen nach Wädensweil, Schindellegi und Menzingen. Vorzügliches Quellwasser. Pension mit Zimmer, alles inbegriffen je nach Jahreszeit, 4–5 Frkn.» Im Inseratenteil des 1899 erschienenen «Führers von Richtersweil und Umgebung» machte der «Kronen»-Wirt auf den Komfort seines Hauses aufmerksam, vor dem täglich zweimal die Postkutsche von und nach Wädenswil hielt. Ferner pries er gute Verpflegung, Post und Telefon im Haus und bescheidenen Pensionspreis.
Im Verlaufe des 20. Jahrhunderts wurde die «Krone» mehr und mehr Lokalität für die Dorfbevölkerung und für Sonntagsausflügler. Im Saal fanden bis zur Einweihung des Mehrzweckgebäudes Hütten im Jahre 1968 die Kränzchen der Dorfvereine statt. 1982 wurden die 21 Gastzimmer zu Wohnungen umgestaltet. Seit 2005 aber ist das Haus erneut Gasthof. Kreuz» und «Bären» indessen schlossen für immer. Das «Kreuz», dem 1867 ein Kegelbahngebäude und 1893 eine Trinkhalle angegliedert worden war, wurde 1993 Wohnhaus. Noch prangt aber das Wirtshausschild am renovierten Gebäude.
Der «Bären», zuletzt Dependance der «Krone», wurde bereits 1925 zum Privathaus. In Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege konnte das regional eingestufte Schutzobjekt in den Jahren 1988/89 umgebaut und renoviert werden. Dabei gelang es, die prächtige Innenausstattung freizulegen und zu erhalten: Profilierte Stuckdecken, Täfer, Türen und Böden stammen aus den 1830er Jahren. 1877 oder 1884 entstand im ersten Obergeschoss eine Trinkhalle, ausgeschmückt mit Ornamenten und Landschaftsbildern des Malers Julius Theodor Gischard (1847–1893) in Zürich.




Peter Ziegler