4 Um- und Ausbauten 1978 bis 2013

Andreas Hauser, Fassung 06.12.2021

4.1 Renovationen und Umbauten 1978 und 1992

1978 erhielt der Bahnhof Wädenswil ein neues Stellwerk. Das markante Reiterstellwerk wurde abgebrochen, im Stationsgebäude wurde der Stellwerkraum mit einem Stelltisch und einer neuen Glasfront versehen (Paul Huggel: Das neue Stellwerk, in: JSW 1979, S. 64–68). Gemäss Plänen von 1978 (Nrn. 20 775 und 20 776 im Archiv von SBB III; vgl. auch Dokumentation 2004) wurden auch andere Umbauten durchgeführt. In den Zeichnungen ist der langgestreckte Raum mit dem einstigen Wartsaal dritter Klasse jetzt zweigeteilt, im bahnseitigen Kompartiment befindet sich ein neuer, kleiner Wartsaal, anstelle des ehemaligen Wartsaals zweiter Klasse ein Personal-Aufenthaltsraum. An der Gebäudeecke Richtung Kronenblock ist ein neues Schutzvordach eingezeichnet. Im Obergeschoss sind die Büroräume im zürichseitigen Bereich des Gebäudes umgenutzt: ein Raum dient jetzt als Telefonzentrale, die anderen Räume sind Teil einer neuen Wohnung.
Das einzige Überbleibsel der Erneuerungen von 1978 befindet sich seeaufwärts vom Bahnhofgebäude: Als mit der Erneuerung des Stellwerks nebst anderen Übergängen auch derjenige bei der Hafenstrasse geschlossen wurde, wurde ein Ersatz in Form einer Unterführung Ost geschaffen, die auch befahren werden kann (Peter Ziegler: Der Wädenswiler Seeplatz, in: JSW 1991, S. 120).
1992 führte der Familienbetrieb «Maler Wanger» (Seestrasse 187 in Wädenswil) am Bahnhofgebäude Renovationen durch. Die nicht nur auf Malarbeiten, sondern auch auf Betonsanierungen spezialisierte Firma schnitt das Perrondach der SOB zurück, damit die neuen Doppelgeschosszüge einfahren konnten und versah den Fassadenputz sowie die Läden mit einem neuen Anstrich (Mündliche Auskünfte von Fritz Wanger, 1.12.2021). Die Farben gab die SBB vor; der Fassadenton dürfte ein helles Beige gewesen sein; ein solches ist an der Stelle einer entfernten Tafel sichtbar. Wie der originale Farbton aussah, wissen wir nicht; es muss sich auch um etwas Helles gehandelt haben.
Einschneidender als die Renovationen von 1978 und 1992 waren Umbauten von 2000–2001 und vor allem von 2012–2013; auf sie ist ausführlicher einzugehen.

4.2 Umbau 2000–2001

2000–2001 wurde das Hauptgebäude umstrukturiert und das Nebengebäude durch einen Neubau ersetzt. Als Bauherrschaft fungierte die SBB AG Geschäftsbereich Liegenschaften, Filiale Zürich, als Architekten zeichneten Hansjörg Straub und Gert Kleffel, Zürich, wobei der Letztere die Baueingabepläne signierte.
Projekt für Umbau des Hauptgebäudes und Neubau des Nebengebäudes vom Architekturbüro Hansjörg Straub und Gert Kleffel, Zürich. Ausschnitt. Baueingabeplan vom 2. Juni 2000 (StadtAW 3183/00).

Das kleine Abort- und Kioskgebäude von 1931–1932 wurde abgebrochen und durch einen langgestreckten Neubau ersetzt, der nebst 82 m2 Ladenfläche ein Lager enthielt. Mit der Eröffnung dieses Laden-Kioskes am 17. März 2001 war die erste Etappe des Bahnhofumbaus abgeschlossen (JSW 2001, S. 153).
Vorher-Nachher: Links das Nebengebäude mit Aborten kurz nach der 1932 erfolgten Eröffnung des Bahnhofes; rechts das neue Nebengebäude von 2001 mit Kiosk. Aus: JSW 2001, S. 153.

Im Hauptgebäude wurde der Kundenbereich von der Gebäudemitte in die zürichseitige Schmalseite verlegt. Anstelle des Wartsaals und der angrenzenden Kleinräume entstand ein «Kundenraum» mit Billett-Schalter sowie das Büro der SBB-Angestellten; der Zugang zu den Schaltern erfolgte jetzt von der offenen Treppenhalle her. Platzseitig vom Schalterraum wurde ein SBB-Reisebüro eingerichtet. Die Mauern wurden in grossflächige Glasfenster und -türen aufgelöst. Am 20. Juli 2001 wurde dieser neue Servicebereich eröffnet (JSW 2001, S. 169).
Der einstige Hauptbereich des Bahnhofs – der hinter den drei grossen, platzseitigen Portalen gelegene Schalter- und Stationsbüroraum – wurde zu Büros umgenutzt; am 4. August wurden sie eröffnet (JSW 2002, S. 103).
Baueingabepläne Straub/Kleffel vom für den Umbau des Bahnhofes Wädenswil: Links der neue Laden-Kiosk und das Reisebüro (Plan vom 6.3.2001), rechts die Schmalseite bei der Treppe mit Schalterraum (drei Öffnungen links) und Reisebüro (Plan vom 6.2.2000; beide StadtAW 3183/00).

4.3 Aus- und Umbau 2012–2013

Zehn Jahre später kam es zu einem weiteren, durchgreifenderen Aus- und Umbau des Bahnhofes.
Den Auftakt machten Anstrengungen der Stadt zu einer Umgestaltung des Bahnhofplatzes. Schon 1989 hatte sie vor dem Bahnhof neue Perrons für Ortsbusse und Postautos installiert (JSW 1989, S. 121–122). In der Folge bemühte sie sich um den Kauf des baufälligen Hauses Fortuna, das in den 1860er Jahren gegenüber dem Haus Zum Zyt erbaut worden war: Sie wollte es zugunsten eines Ausbaus des Busbahnhofes – Schutzdach, neue Verkehrsführung – abbrechen. Im August 2004 gelang der Kauf; 2005 veranstaltete die Stadt einen Wettbewerb für einen Witterungsschutz; am 26. November 2006 hiess die Stimmbürgerschaft eine daraus resultierende Vorlage gut. 2007 brach die Stadt das Haus Fortuna ab; der Bau des Witterungsschutzes allerdings verzögerte sich wegen Rekursen (-> Inventar/Bahnhofplatz/Busbahnhof, dort auch Literaturangaben; -> Quartiere/Bahnhofquartier und Seeplatz).
Angestossen von diesen Aktivitäten und von einer Beanstandung mangelnder Behindertengerechtigkeit seitens des Kantons hatte inzwischen die SBB den Aus- und Umbau des Bahnhofes an die Hand genommen. Architekt Toni Häfliger, damals Leiter der Fachstelle für Denkmalschutzfragen der SBB AG, empfahl den Beizug von Architekten, da die Neubauten qualitativ auf der Höhe des 1930er-Jahre-Hauptgebäudes sein müssten. 2007 erarbeitete das Zürcher Büro MSA (Meletta Strebel Architekten) eine Machbarkeitsstudie, wobei sie auch ein von der Stadt gewünschtes und finanziertes «Zweirad-Parking» einplanten. Für die technischen Bereiche der zu erstellenden Tief- und Hochbauten zog die SBB 2008 die auf Bahn- und Betonbau spezialisierte Ingenieurfirma ACS Partner in Zürich-Oerlikon bei.
Am 7. Januar 2009 lag das von MSA und ACS gefertigte Umbauprojekt der SBB vor; auf dieser Grundlage beantragte der Stadtrat dem Gemeinderat einen Kredit für 1,64 Millionen als Beitrag an den neuen Bahnhof (Weisung 27 Ausbau/Umbau Bahnhof Wädenswil mit integriertem Velohaus, 15. Juni 2009). Der Rat bewilligte den Kredit am 28. September 2009 (JSW 2010, S. 117).
Gegenüberstellung von Ist- und projektiertem Neu-Zustand. Das Oberlicht über der Treppe bekam in der Ausführung eine andere, ovale Form. Abbildungen in der Weisung 27 des Stadtrates Wädenswil an den Gemeinderat vom 15. Juni 2009 betreffend «Ausbau/Umbau Bahnhof Wädenswil mit integriertem Velohaus».

Der für den Herbst 2010 geplante Beginn der Erweiterungsbauten verzögerte sich wegen Problemen mit dem Baugrund, und so kam der Bau des Busbahnhof-Schutzdaches, das inzwischen von einer «Wolke» zu einer «Welle» mutiert war, doch noch früher zustande. Am 26. September 2011 war Baustart; am 10. Dezember 2011 wurde das Dach eingeweiht (JSW 2012, S. 153, 157).
Gleich anschliessend, im Januar 2012, initiierte die SBB den Aus- und Umbau des Bahnhofes. Es ging einerseits um einen Umbau des Bahnhofgebäudes und andererseits um die von MSA und ACS geplanten Erweiterungen und Anpassungen. Noch 2012 war der Umbau des Bahnhofgebäudes abgeschlossen, und am 9. November 2013 konnte der erneuerte Bahnhof eingeweiht werden.
 
Sanierung und Umbau des Bahnhofgebäudes
Der Innenumbau des Bahnhofgebäudes wurde auf der Basis eines Planerwahlverfahrens dem Büro abp architekten ag (Architektur Bauleitung Projektmanagement) in Uster übertragen (Inhaber: Peter Brader, Pia Kiebel und Thomas Schinkhof). Im Februar 2011 machte das Büro die Baueingabe (StadtAW 4939/11), die SBB war durch die IM-BW-ROT in Zürich vertreten.
Baueingabeplan des Büros abp in Uster für den Umbau des Bahnhofgebäudes, 1.2.2011. Grundrisse Erdgeschoss (links) und Obergeschoss (rechts), Ausschnitte. StadtAW 4939/11.

Das Büro führte den Umbau 2012 binnen sieben Monaten durch. Die Fassaden und Läden bekamen einen neuen Anstrich in Absprache mit der kantonalen Denkmalpflege, die Holzfenster wurden nach historischem Vorbild neu gebaut, im Erdgeschoss wurde anstelle von Büros ein Convenience Shop eingerichtet, das gesamte Obergeschoss zur Praxisgemeinschaft «Medizin am Bahnhof» umgebaut. Einige Räume im Obergeschoss waren für das SBB-Personal reserviert, das mittels eines Lifts, der neben der Treppe eingebaut wurde, ins Obergeschoss gelangte.
Oben: Die Hauptfassade, wie sie sich seit dem Bau des Busbahnhof-Daches von 2011 und seit dem Innenumbau von 2012 präsentiert. Aufnahme 18.11.2021. – Unten links: Das repräsentative Dreierportal mit Eckbänderungen aus roten Kunststeinplatten und Schutzdach, ursprünglich Zugang zur Schalterhalle. Die Holzrahmen sind durch metallene ersetzt, welche die alte Struktur übernehmen. Dem (nicht zugänglichen) Portal links entspricht im Inneren der Vorraum zu einem neu eingebauten Lift. Das mittlere Portal dient als Eingang zu einem Mischwarenladen der Kette «avec», das rechte ist verschlossen. – Unten rechts: das Innere des avec-Shops, Aufnahme aus der Website von abp architekten ag in Uster.
Links: Das Treppenhaus nach der Renovierung von 2012. – Rechts: Ein Behandlungszimmer aus der Gruppenpraxis «Medizin am Bahnhof», die 2012 im Obergeschoss eingerichtet wurde. Beide Fotografien aus der Website von abp architekten ag in Uster.

Erweiterungsbauten
Wichtiger als die Umorganisation des Bahnhofgebäudes war für das Publikum die durchgreifende Umgestaltung der Nebenbauten, der Treppe und der Perrons. Für die architektonische Struktur und Gestalt war das Architekturbüro MSA (Meletta Strebel Architekten) in Zürich zuständig, insbesondere die Mitarbeiter und die Mitarbeiterin Andreas Blesi, Andrea Gundelach, Roman Koch und David Menti. Die Ausführung besorgte die bereits erwähnte Ingenieurfirma ACS Partner in Zürich-Oerlikon.
Fotografien der Baustelle, aus der Website der Ingenieurfirma ACS Partner in Zürich-Oerlikon. Der Bau erforderte eine ausgeklügelte Logistik, das der Bahnbetrieb aufrechterhalten werden musste; viele Arbeiten erfolgten in der Nacht.

Schon mit dem Umbau von 2000–2001 hatte sich der Servicebereich von der Mitte des Bahngebäudes auf dessen zürichwärtige Schmalseite respektive auf die offene Halle mit der Treppe zur Unterführung verschoben. Jetzt wurde die offene Halle zwischen dem alten Aufnahmegebäude und den neuen, weitläufigen Nebenbauten definitiv zum Herz des Bahnhofs, was auch in der ovalen, aus Glasbausteinen gefertigten Oberlicht-Laterne über der Treppe zum Ausdruck kommt. Gleichzeitig bekam diese Halle wegen ihrer grösseren Breite den Charakter eines Panoramafensters zum See.
Links: Die neue Bahnhofhalle vom Bahnhofplatz her, links das Café Brändli im Kronenblock. – Rechts: Die Treppe zur Unterführung mit dem neuen Betondach und der Oberlicht-Laterne aus Glasbausteinen. Beide Fotografien Roger Frei, aus der Website MSA.
Erdgeschoss-Grundriss der geplanten Bahnhoferweiterung, aus der Weisung 27 zum Ausbau/Umbau Bahnhof Wädenswil mit integriertem Velohaus, 15. Juni 2009.
 
Im langgestreckten Nebengebäude wurde, wie der obenstehende Plan zeigt, eine Rampe, ein grosser Kiosk sowie ein Raum für das 2007 von der Stadt gegründete Sozialprojekt «Wädi rollt» (Gratis-Veloverleih, Kleinreparaturen) untergebracht. Im Untergeschoss wurde ein geräumiges Veloparkhaus installiert. Die Perronkanten wurden angehoben, das hausseitige Perrondach in alter Gestalt (mit minimer Verkürzung) erneuert. Die Treppe wurde verbreitert, die Dächer des Zwischenbahnsteigs renoviert und verlängert.
 
Im Wesentlichen ist der Zustand des Bahnhofs jetzt, Ende 2021, noch derselbe wie 2013. Zu einer Änderung kam es im Servicebereich: Der als SBB-Reisebüro dienende Eckraum Richtung Kronenblock wurde 2016 zu einem Take Away für die Kette «Brezelkönig» umgebaut.