Geschichte und Geschichten an der Sihl

Quelle: Jahrbuch der Stadt Wädenswil 2018 von Ingrid Eva Liedtke

Eine Wanderung entlang der neuen Grenzen

Jeden Morgen, jahrein, jahraus, zu jeder Jahreszeit, ob die Sonne scheint, der Himmel bedeckt ist oder gar seine schwarze Wolkenlast direkt auf die Tannwipfel des nahen Waldes zu legen scheint, wenn es regnet oder dichtes Schneegestöber den Blick in die Ferne verschleiert und auch wenn gleissendes Herbstlicht die Bäume in ihren kräftigsten Farben leuchten lässt, blicke ich aus meinem Schlafzimmerfenster übers Land, hinüber zum Rossberg oberhalb von Hütten, Richtung Etzel. Der Blick schweift entlang sanfter Hügelketten, die ineinander fliessen, über den Weiler Tanne zum dahinter liegenden Zürichsee. Wenn es klar ist, kann man den Seedamm nach Rapperswil und die Insel Ufnau erkennen. Dahinter erheben sich in weiter Ferne der Speer und der Säntis.
Jedes Mal, jeden einzelnen Morgen staune ich über die Schönheit dieser Landschaft und verneige mich vor der Schöpferkraft, die mir diesen gewaltigen wunderbaren Ausblick ermöglicht. 
Aber der Ausblick sagt nicht viel aus über das Leben in den Gemeinden und Kantonen, die aneinandergrenzen, über Zugehörigkeitsgefühle oder gar vergangene Kriege und Händel um Landbesitz und Religionszugehörigkeit. Doch dieses Land ist immer da in seiner Kraft und gewaltigen Schönheit.
In dieser beschaulichen, friedlichen Kulturlandschaft ist Schlachtenlärm nur schwer vorstellbar. Wir Menschen fallen auch nicht mehr plündernd übereinander her wie damals zu Zeiten der Villmergerkriege. Hütten, der südlichste Zipfel des Kantons, war mehrfach Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen. Im Ersten Villmergerkrieg fielen 1656 Schwyzer Truppen plündernd und brandschatzend in die Landvogtei Wädenswil ein, und 1712 fanden während des Zweiten Villmergerkrieges im Raum Hütten Kämpfe zwischen katholischen Schwyzern und reformierten Zürcher Truppen statt. Die Verteidigungs-Schanzen prägen noch heute das Landschaftsbild – von der Hüttner Schanz geniesst man eine prächtige Aussicht.
Noch zweimal kam es im gleichen Gebiet zu kriegerischen Auseinandersetzungen. 1799, als Österreicher und Russen vergeblich versuchten, die Franzosen aus der Schweiz zu vertreiben, und während des Sonderbundkrieges 1847. Wie üblich kam die Landbevölkerung zu Schaden. Die Soldaten mussten ernährt werden, ebenso ihre Pferde und das Gerät unterhalten, dazu wurde auch so manches gestohlen. Plünderungen gehörten zum Krieg. Doch jetzt zeugt in der höchstgelegenen Gemeinde des Kantons Zürich nichts mehr von solch kriegerischen Auseinandersetzungen. Lieber erinnert man sich wohl des Besuchs von Johann Wolfgang Goethe, der während seiner ersten und seiner dritten Schweizerreise das Dorf Hütten besuchte.

Hütten als Kurort

Hütten war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein bekannter Molkenkurort. Kurgäste, meist aus der Stadt Zürich, genossen hier Kuhmilch, später auch Ziegenmolken. Beliebt waren Spaziergänge in frischer Landluft: zum Schänzli ob der «Krone», auf das Bergli, auf die Laubegg, nach Schindellegi und über den Zittersteg auf den Rossberg. Es gab drei Gasthäuser, die den meisten Ortsansässigen noch ein Begriff sind: den «Bären», den «Löwen» und die «Krone», die mit Goethe-Zitaten geschmückt ist. Am 28. September 1797 kehrte Goethe auf seiner dritten Schweizerreise in der «Krone» zum Mittagessen ein.
Auch das Nachbardorf Schönenberg, wurde von Plünderungen und Zerstörung nicht verschont. 1712, während des Zweiten Villmergerkrieges, wurde der Kirchhof Schönenberg mit Kanonen und Truppen in Verteidigungsbereitschaft versetzt.

Zwischen Moränenwällen

Anfang 2019 schliessen sich die beiden Gemeinden Schönenberg und Hütten mit der Stadt Wädenswil zusammen. Nach über 200 Jahren Unabhängigkeit wird zusammengefügt, was schon einmal zusammengehörte. Es entsteht eine der flächenmässig grössten Gemeinden des Kantons. Unabhängig von Zugehörigkeiten kann man hier – eingebettet in diese grandiose Landschaft – heutzutage ein gutes Leben haben, frei, reformiert oder katholisch oder keines von beidem, als Schönenbergerin, Schönenberger oder Hüttnerin, Hüttner oder in Zukunft alle gemeinsam als Wädenswilerinnen und Wädenswiler.
Das künftige Gemeindegebiet erstreckt sich weit – von der Halbinsel Au am Zürichsee bis hoch zum Hohen Ronen (Höhronen), an die Grenzen der Kantone Schwyz und Zug und wieder hinunter an die Sihl und das Gebiet des Oberen Sihlwaldes. Die Dörfer Hütten mit einer Fläche von 729 Hektaren und Schönenberg mit einer Fläche von 1100 Hektaren finden sich in einer Moränenlandschaft, die wegen ihrer Einmaligkeit ins schweizerische Inventar der schützenswerten Landschaften aufgenommen worden ist. Hügel, sumpfige Mulden, fruchtbare Hänge und tiefeingeschnittene, waldbewachsene Bachrinnen sind Zeugen der einstigen Vergletscherung durch den Linth-Gletscher. Zwölf Moränenwälle liegen zwischen Zürichsee und Höhronen.

Fünf davon auf dem Gebiet von Hütten:
- Kreuz (Schindellegi)–Hinterrossberg–Mistlibüel
- Oeribüel–Schönau–Finstersee
- Applishöhe–Bergli–Langmoos–Spitzenbüel
- Segelweid–Arnen–Aesch Spitzen
- Laubegg–Wolfbüel–Humbel

Fünf Moränenwälle liegen auf dem Gebiet von Schönenberg:
- Applishöhe–Bergli–Langmoos-Spitzenbüel–Schlossrain–Wisserlen
- Segelweid–Arnen–Aesch–Spitzen–Senderholz
- Laubegg–Wolfbüel–Humbel–Stollen–Rechberg–Rinderholz
- Bellen–Bachrain–Rothenblatt–Chülpen–Muggeren
- Weberrütig–Haslen–Egg–Tanne–Gisenrüti–Aahalden–Bachgaden

Zwischen den Moränenzügen liegen flache Mulden, die nach dem Abschmelzen des Eises der letzten Eiszeit vor rund 14 000 Jahren mit vielen kleinen Seen aufgefüllt waren. Der Hüttnersee ist ein Überbleibsel dieser Urlandschaft. Zu seiner Entstehung gibt es einiges Sagenhaftes zu berichten.

Die Sagen vom Hüttnersee

Anstelle des Seeleins befand sich vor langer Zeit ein finsterer Tannenforst. Durch ihn führte ein Pilgerpfad gegen Schindellegi nach Einsiedeln. Aus einem Holztüchel plätscherte Wasser aus einer Quelle, woran sich die Pilger laben konnten. Einmal traf ein solcher auf den «Bäselimaa», einen bärtigen Alten, der ein Bündel Riedbesen trug.
Der Greis kam aus dem Einsiedler Hochtal ins Zürichbiet, um hier seine Besen zu verkaufen. Er prophezeite dem Pilger, dass dieser bei seiner Rückkehr hier keinen Wald mehr vorfinden werde. Die Voraussage erfüllte sich: Auf seinem Rückweg fand der Pilger an derselben Stelle eine dunkle, geheimnisvolle Seefläche. Darin war alles versunken, nur noch ein paar Tannspitzen lugten den Ufern nach aus dem Wasser.
Schwer vorstellbar in der heutigen Idylle: Unheimliche Sagen erzählen von der Entstehung des Hüttnersees.

Ebenfalls von einem Pilger und dem Besenmann erzählt eine andere Version. Darin gibt es einen Sodbrunnen und ein Schwer vorstellbar in der heutigen Idylle: Unheimliche Sagen erzählen von der Entstehung des Hüttnersees. Hüttchen, worin der Besenbinder hauste. Als ein Pilger vorbeikam und um einen Trank bat, pfiff der Alte, lachte den Pilger aus und forderte ihn auf, doch selber Wasser aus der Brunnentiefe heraufzuholen, ohne ihm aber ein Gefäss dafür zu leihen. Da holte der Pilger ein Fläschchen aus seinem Gewand und leerte ein paar Tropfen daraus in den Brunnen, mit den Worten: «Du sollst das Wasser höher haben, damit jeder trinken kann.» Im Sod sah man ein silbernes Kügelchen sich drehen und herumrollen und das Wasser begann anzusteigen. Die Erde wurde weich wie ein Schwamm und ringsum brachen Quellen auf. Der Pilger war verschwunden und der Besenbinder seinem Verderben preisgegeben. Die Erde bebte, und mit einem Donnerschlag versanken Wald und Hütten in den Wogen. Am Ufer des entstandenen Sees konnte man noch den Pilgerweg sehen, wie er geradewegs ins Wasser lief. Die aufsteigenden Blasen wurden gedeutet als ein Zeichen für den ertrinkenden Besenbinder, der nicht zur Ruhe kam. Manch einer meinte sogar, dessen grasgrüne Zähne heraufblecken zu sehen. Als der See im Winter zugefroren war, entdeckte man unter dem Eis die gegen die Seemitte zulaufenden Quellen. Anwohner glaubten auch, der See sei unergründlich tief und habe einen unterirdischen Abfluss, der sich bei Wädenswil in den Zürichsee ergiesse.
Die dritte Sage stammt nicht aus dem Volksmund, sondern soll eine poetische Erfindung aus der Feder eines Hüttner Kurgastes sein. In dieser Sage nun sehnt sich ein Bauernbursche aus Hütten nach einer Wasserjungfer. Er fährt auf den See, starrt ins Wasser und versucht mit Schwüren eine Seeschöne heraufzulocken. Als er eine Seerose abreisst, taucht eine Hand aus den Fluten auf und umfasst die Blume. Die Gestalt einer Wasserjungfer erscheint, erhebt sich über den Wasserspiegel und lockt den jungen Burschen in die Tiefe. Dieser ist verzaubert, springt aus dem Boot und «ward nie mehr gesehen». Seither sind die Ufer reich umsäumt mit Seerosen. An Mondscheinabenden vernimmt man das Geflüster des Paares, das aus dem Bereich der Nixen heraufwispert.

Vom Stollen zur Schlieregg

Die Sagen um Geister, Hexen, Teufel und andere Gestalten sind wie in anderen ländlichen Gegenden auch hier reich und vielfältig. Man muss bedenken, dass die einzelnen Höfe oft weit auseinanderlagen, einsam und abgelegen, und nach dem Eindunkeln herrschte Finsternis. Bis Ende des 19. Jahrhunderts gab es kein elektrisches Licht. Man hatte kein Radio und keinen Fernseher. Nach getanem Tageswerk scharte man sich ums Feuer und Geschichten wurden erzählt. Noch lange konnte nicht jeder lesen und schreiben. Die Kinder gingen nur teilweise zur Schule. Das Wissen über manche Phänomene war nicht vorhanden und die Kirche tat ihr Übriges, um die Angst vor dem Teufel zu schüren und ihre Schäfchen willfährig zu halten.
Für Missernten, Naturkatastrophen, Krankheit und Tod musste es Erklärungen geben. Gerne verbrannte man eine Hexe, wenn das feuchte Wetter die Ernte verfaulen liess oder wieder eine Seuche die Menschen zahlreich dahinraffte. So werden wir der Chrungelihexe auf unserer Grenzwanderung sicher auch noch irgendwo im dunklen Waldesdickicht begegnen.
Die Topographie förderte die Einzelhofsiedlung. Sowohl Schönenberg wie auch Hütten sind Dörfer in typischer Streusiedlungslandschaft. Es ist ein aussergewöhnlich schönes, weites Land, über Jahrhunderte geschaffen von Acker- und Viehwirtschaft. Nun wollen wir die Grenzen der beiden Berggemeinden zu überblicken versuchen und unternehmen zu diesem Zweck eine Wanderung. Die erste Etappe beginnen wir im Stollen Schönenberg. Von da ist der Blick über das Land bis zum See weit, doch die Sicht auf Schönenberg und auf Hütten bleibt uns durch den Humbel und andere kleinere Erhebungen verwehrt. Die Aussicht auf die Dörfer werden wir später noch geniessen können.
Von hier begeben wir uns zum Sihlsprung und folgen dem Ufer der Sihl, welches einen Grenzabschnitt bildet. Das typische Streusiedlungsgebiet wies früher vor allem Einzelgehöfte auf, die sich nach und nach zu Weilern vergrösserten. Zu den älteren Weilern von Schönenberg gehören Geissfeeren (das heutige Zentrum des Dorfes), Egg, Moos, Rotenblatt, Tanne und Stollen. Der Stollen ist eine Anhöhe wie Egg, Fernegg, Gubel, Hinterberg, Hohenberg, Hohenbüel (Humbel), Mittelberg, Rechberg, Chülpen (ein kolbenförmiger Hügel), Wolfbüel, Fuchsberg oder auch Stollenrain, Farbüel, Mühlebüel und Spitzenbüel. Hanglagen tragen Namen wie Rain, Finsterseehalde, Waldrain, Schlossrain, Humbelrain, Risi (steile Halde). Auch ihren Matten gaben die Bauern Bezeichnung wie Au (wasserreiche Wiese), Bubenwis, Langwis, Matt, Neumatt, Obermatt, Sihlmatt, Stollenweid, Gschwendmatt, Hütmatt, Rietmatt, Schützenmatt. Wo besondere Bäume oder andere Pflanzen einer Gegend das Gepräge verliehen, heisst es bis heute Äsch, Wisserlen, Nussbäumen, Haslaub, Buchen, Farnbüel und Geissfeeren (Geissfarn oder kleiner Schildfarn). Der Weiler Tanne hat seinen Namen von einem Kapellchen oder einem Bildstöcklein, das in vorreformatorischer Zeit dort am Pilgerweg stand und der Patronin Anna geweiht war.
Nun aber zurück zu unserer Wanderung. Um hinunter zur Sihl zu gelangen, queren wir den Golfplatz bei der Au und die Strasse beim Aesch. Von dort geht es steil hinunter zum Suhnersteg. Die erste Abzweigung führt nach Hirzel. Auf halbem Weg dorthin lebt der bekannte Eisenplastiker Heinz Misteli. Sein Haus befindet sich schon auf Hirzler Boden, aber sein Atelier in einer Scheune steht auf Schönenberger Boden. Die Grenzlinie kommt von der Schlieregg her quer über den Golfplatz, über die Hirzelstrasse die Wiesenhänge hinunter und verläuft genau in der Mitte der beiden Gebäude, bevor sie den Wald hinab zum Sihlsprung führt.
Von der Schlieregg aus geniesst man übrigens einen atemberaubenden Blick über die hügelige Landschaft. Auf fast jeder Erhebung steht eine Linde. Die Hügel, Drumlin genannt, charakterisieren diese einzigartige, schützenswerte Landschaft.

Die Drumlins und ihre Legenden

Auch um die Drumlins ranken sich Legenden: Eine besagt, dass die Bauern den Teufel um mehr Land anflehten, weil die vorhandenen Anbauflächen nicht mehr ausreichten. Dies nachdem sie natürlich zuerst Gott darum gebeten hatten. Dieser aber hatte sie zu mehr Bescheidenheit ermahnt. Nun, der Teufel wollte den Wunsch erfüllen, unter der Bedingung – der Teufel stellt immer Bedingungen –, dass sich die Bauern ihm verschrieben. Als der Handel unter Dach und Fach war, begann der Teufel mit seinen Gehilfen den Boden von unten her nach oben zu stemmen.
So entstanden die Hügel und somit mehr Land. Zuerst war die Freude gross, doch dann stellte man fest, dass die Bewirtschaftung der steilen Flächen sehr umständlich, wenn nicht gar schwierig war. Die Bauern fühlten sich vom Teufel betrogen. Darum stellten sie auf jeden Hügel entweder ein Kreuz oder einen Lindenbaum, der ein Symbol für Kraft und Liebe ist und somit als heilig gilt, weswegen er vom Teufel verabscheut und gemieden wird. So steht bis heute fast auf jedem der Moränenhügel ein Lindenbaum. Auch Kreuze gibt es noch vereinzelt.
Tatsächlich handelt es sich bei den Linden hauptsächlich um Erinnerungsbäume. Einige wurden zum Gedenken an politische oder historische Ereignisse gepflanzt. Andere hingegen, wenn auf einem Hof ein Stammhalter geboren wurde. Dann setzte der Landwirt einen Lindenbaum als Symbol der Kraft auf einen Hügel, in der Hoffnung, dass der Nachkomme lang lebe und bei guter Gesundheit bleibe. Andere Linden sind Überreste von verschwundenen Grenzhecken.

An der Sihl

Das Wiesland geht dann steil hinunter zum Wald, über Nagelfluhfelsen bis zur Sihl. Der Name des Flusses scheint sehr alt zu sein, aus der Zeit vor der Entstehung der indogermanischen Einzelsprachen herzurühren. Laut ortsnamen.ch geht der Flussname auf ein altes «Wasserwort» aus keltischer Zeit zurück. Er bedeutet «träge fliessender Fluss». Es scheint, dass der Flussname nicht näher gedeutet werden kann. Auf jeden Fall gehören die Flussnamen zu den ältesten einer Landschaft.
Die Sihl entspringt am Nordosthang des Druesbergs. Bei Einsiedeln wird sie zum Sihlsee gestaut, dem flächenmässig grössten Stausee der Schweiz. Wo heute der Sihlsee liegt, gab es bereits vor 15 000 Jahren einen Natursee von sogar noch grösserer Fläche. Etwas unterhalb von Schindellegi verlässt die Sihl den Kanton Schwyz, fliesst ein Stück weit durch den Kanton Zürich und begrenzt ihn dann von Hütten bis Sihlbrugg gegen den Kanton Zug. In diesem Abschnitt liegen bei Schönenberg Stromschnellen, der sogenannte Sihlsprung.
Ich bin zu ungelenk, um der Grenze nach im steilen Waldstück hinunter zu klettern. Darum nehmen wir den Weg entlang der Sihl zweimal unter die Füsse, einmal hin zum Sihlsprung, unserem Startpunkt, und einmal zurück. Unser Hund dankt es uns und apportiert wie wild Stöcke aus der jetzt im Sommer nicht allzu wasserreichen Sihl oder erschnüffelt mit Inbrunst an jedem Grasbüschel die Markierungen seiner Artgenossen. Der Wanderbericht unserer Stella würde wohl ganz olfaktorischer Natur sein.
Am Sihlsprung befinden wir uns in der Wildnis. Hier kann die Sihl mit einem Sprung von Fels zu Fels überquert werden. Daher der Name. Die Nagelfluh türmt sich beidseitig hoch und lehnt sich schwer gegen Wiesenhänge und steil abfallende Bewaldungen. Der Wald steht dunkel in der Schattendämmerung, fein durchwirkt mit einzelnen Sonnenfäden und Lichtpunkten. Ein magischer Ort der Naturwunder und der schauerlich schönen Geschichten und Sagen. Lugt da nicht gerade ein Troll hinter diesem Stein hervor? Und wispern nicht die Elfen leise aus feuchtem Ufergras?
Als ob ein Riese beim Spiel Kieselsteine in den nahen Bach geworfen hätte, liegen mannshohe Findlinge im Flussbett, umfangen vom dunkelgrünen Gewässer, das in kleinen Strudeln um die Gesteinsriesen wirbelt. Ihr dickes Mooskleid tragen sie hier unten in der dunklen feuchten Kühle auch im Sommer. Allerhand Treibgut staut sich und baut sich auf zu eigenartigen Formationen. Mächtige Laubbäume säumen das Ufer, neigen ihre Äste übers schäumende Wasser, dessen Gischt auch ihre Stämme in moosgrüne Samtmäntel kleidet. Sand- und Strandbänke haben sich gebildet und laden zu Abenteuern in diese Dschungelidylle ein. Die Sihl hat sich hier tief in die Molasse eingefressen. Von der schmalen Gitterbrücke aus staunen wir hinunter in tosende Urgewalten, während es unser Vierbeiner vorzieht, sich möglichst schnell auf die andere Seite zu begeben und da auf uns zu warten.

Nagelfluh begrenzt das Flussbett der Sihl.

Wir folgen der Sihl auf der Zuger Seite hinauf bis zur Sihlmatt. Der Wanderweg führt durch eine natürliche und eine in den Fels gehauene Galerie sowie einen Tunnel. In kleinen ausgewaschenen Felshöhlen nisten Vögel. Von weit oben fällt ein – jetzt in der trockenen Sommerzeit zahmer – Wasserfall ins Gelände neben dem Weg. Im Winter gefriert er bei entsprechenden Temperaturen zu einem wunderbar imposanten Eisschloss.
Beim Durchqueren des dunklen und feuchten Tunnels zieht man automatisch immer den Kopf ein, weil er zu niedrig für den aufrechten Gang scheint. Vorsichtig setze ich einen Fuss vor den andern. Nach dem Tunnel eröffnet sich eine Ebene wie Schwemmland zur Sihlmatt. Das gleichnamige Restaurant ist ein beliebtes Ausflugsziel für Forellenliebhaber – es gibt den Fisch blau oder gebraten. Die Sihlmatt liegt bereits auf Zuger Boden.

Im Winter bilden sich an der Sihl imposante Eisschlösser.

Flarzhäuser und stattliche Bauernhöfe

Nach der Sihlmatt queren wir nach einem kurzen Waldstück die Sihl wieder über den Suhnersteg. Die zwei Bauernhäuser links oben sind altehrwürdig. Das eine gut erhalten und gepflegt, das andere ist am Zerfallen, das Dach schon halb eingestürzt, obwohl es immer noch bewohnt ist. Die Bauernhäuser der Zimmerberg-Gegend sind meistens mächtige Riegelbauten mit separater Scheune oder kleinere Flarzensembles. Der Flarz besteht aus mehreren zusammengebauten Wohnhäusern. Das Dach läuft parallel zur Zufahrtsstrasse. Es ist wenig geneigt. «Flarz» war ursprünglich eine verächtliche Bezeichnung für das durch sein fast flaches Dach gekennzeichnete, bescheidene Kleinbauern- und Arbeiterhaus. Die besser begüterten Mittellandbauern und die gutgestellten Weinbauern schauten auf diese zusammengebauten Häuschen herab und verglichen sie mit Fladen.
Von den früher üblichen Holzkonstruktionen kam man ab, als die frühindustrielle Heimarbeit im ausgehenden 18. Jahrhundert aufkam und damit auch die Bevölkerung zunahm. In der Folge wurden neue Häuser gebaut und man ging zum holzsparenden Fachwerkbau über. Wenn wohlhabende Bauern für ihre Neubauten diese neue Wandkonstruktion wählten, dann spielten dabei auch psychologische Faktoren eine Rolle. Man wollte auf gleicher Rangstufe stehen, wie die reichen Weinbauern am See. Im 19. Jahrhundert wurde der Steinbau Mode. Es entstanden eine Reihe von steinernen Wohnhäusern, die nicht selten mit der Scheune zusammengebaut waren. Vielfach wurden auch die Wände älterer Riegel- oder Ständerbauten übertüncht, um ein vornehmeres Erscheinungsbild zu erzeugen. Darin widerspiegelt sich der Einfluss der reichen Seegemeinden. Bei vielen Häusern des Zimmerberg-Gebietes ist festzustellen, dass man Rücksicht auf klimatische Begebenheiten nahm. Wenn möglich orientierte man die Stube nach Süden. Die Mauer der Wetterseite wurde oft um etwa einen Meter über die anstossende Wand hinausgebaut, sodass ein Windschutz entstand. Häufig kommen Klebdächer und Stirnbretter vor. Auch schöne Bauerngärten sind ab und an noch auszumachen. Sie erleben immer wieder mal ein Revival. Ihr Sortiment ist seit Jahrhunderten dasselbe: Sonnenblumen, Phlox, Salbei Wermut, Basilikum, Lavendel, Rosmarin, Fenchel, Dill, Schnittlauch, Peterli, Minze und Kamille – alles Küchenkräuter. Ferner gehören Gemüserabatten mit Schnittlauch, Peterli, Stangenbohnen, diversen Kohlarten und Salaten dazu. Mitte des 19. Jahrhunderts hat die Freude an schönen Gärten zugenommen und es kamen Blumen- und Rosengärten dazu. Oft sieht man auch die typischen Buchsumrandungen der Beete, denen momentan allerdings der Zünsler den Garaus macht. Die Gärten waren immer durch den Lebensstil und die Bedürfnisse ihrer Besitzer geprägt.

Am Teufenbachweiher

Nachdem wir nun den Suhnersteg überquert und die Flussseite gewechselt haben, folgen wir der Sihl weiter bis zum Elektrizitätswerk. Das Kraftwerk Waldhalde wurde 1893 bis 1895 erbaut durch die AG Elektrizitätswerk an der Sihl. Die junge aufstrebende Industrie am linken Seeufer brauchte dringend billige Energie. Die Dorfbäche von Wädenswil waren zu wenig ergiebig. So kam man auf die Sihl: Das Gefälle zwischen der Hüttner Säge und dem Sihlmätteli von rund 70 Metern müsste sich nutzen lassen. Wädenswiler Industrielle gründeten eine Gesellschaft, um bei der Waldhalde ein Kraftwerk zu bauen. Der damalige Glaube an die Zukunft war gross und die 1400 Aktien zu 500 Franken für die Gründung der Aktiengesellschaft waren schnell verkauft.
Zum Betrieb der Anlage wird Sihlwasser von Hütten her durch einen 2,2 km langen Stollen in den dafür ausgehobenen Teufenbachweiher geleitet. Das Kraftwerk nutzt dann die 72 Meter Höhenunterschied zum Turbinenhaus in der Waldhalde. Das entspannte Wasser wird anschliessend wieder der Sihl zugeleitet. 1908 ging das Werk im neu gegründeten Elektrizitätswerk des Kantons Zürich (EKZ) auf. 1965/66 wurde das Maschinenhaus total umgebaut und eine Turbine mit 2700 Kilowatt Leistung mit Drehstromgenerator für automatischen Betrieb eingebaut.
Von der Waldhalde aus führt die Grenze direkt durch den Wald und das Unterholz weiter der Sihl entlang. Wir folgen dem Strässchen hinauf zum Teufenbachweiher. Der Weiher ist ein beliebtes Ausflugsziel für Spaziergänger und Hundehalter und hat, obwohl künstlich angelegt, durchaus seine idyllischen Ecken. Seit 2013 gibt es einen Naturlehrpfad. Baden allerdings ist ausdrücklich verboten und wohl auch gefährlich.

Über die Schönau zum höchsten Punkt

Vom Teufenbachweiher aus müssen wir uns zur Finsterseebrugg begeben, um ab da wieder der Grenze zu folgen. Wir befinden uns jetzt auf Hüttner Boden. Flaches Gewässer, Kiesweg durch den Wald der Sihl entlang. Irgendwann überquert die Grenze nach rechts die Sihl und steigt den Wald hoch Richtung Höhronen. Mehrere Wege führen hinauf zum Hohen Ronen. Wir folgen dem Weg bis zur Hüttnerbrücke, wo wir den Fluss auch wieder queren und Richtung Schönau und Mistlibühl weiterwandern. Würde man nach der Schönau links weitergehen, käme man hinauf ins Mistlibühl.
Das Mistlibühl, von «Bühl» für einen Hügel mit Aussicht und Rundsicht und der «Baummistel», die auf Bäumen wuchs, wird 1508 erstmals als Hof erwähnt. 1910 erwarb die Gemeinde Richterswil den Hof. Fortan gab es einen Pächter und im Sommer wurde das hintere Mistlibühl als Ferienkolonie genutzt. 1922 brannte der Hof ab. 1923 wurde das heutige grosse Haus nur noch als Ferienhaus erbaut und eingeweiht. Das alte Försterhaus und das Bauernhaus, das seit 2010 einen neuen Besitzer hat, nennt man das vordere Mistlibühl. Auch ich, im Säuliamt aufgewachsen, war in der 4. Klasse im Klassenlager im Mistlibühl. Die für jedes Kind beeindruckenden Feuerrutschen sind mir in lebendiger Erinnerung geblieben.
Die steilen Wiesenhänge in der Schönau sind eingezäunt. Auf dem Gelände befindet sich eine Hirschzucht. Oberhalb der Schönau zweigen wir in der Links-Kehre rechts ab und gelangen zum Kohlplatz mit einer schön renovierten Hütte. Bei dieser nehmen wir den Weg links hinauf, und über die Hüttner Egg geht es im Zick-Zack hoch über den Sparenfirst bis zum höchsten Punkt dieser Bergkette zwischen Gubel ZG und Rossberg SZ, dem 1229 Meter hohen Namensgeber Höhronen. Von da verläuft der Weg in ständigem Auf und Ab.

Chrungelifrau und Haaggerimaa

Hier im märchenhaften Waldesdickicht treffen wir wieder auf zwei Sagengestalten, die noch heute im Volksbrauch verankert sind: Die Chrungelifrau und der Haaggerimaa. Die Chrungelifrau, das Wintergespenst, galt als Spinnstubendämonin. Sie hauste in einem Felsen beim Sihlsprung, dem «Chrungelichaschte». Von dort stammten auch die neugeborenen Kinder. Eheleute, die nie den «Chrungelichaschte » besuchten, erhielten «nur» Mädchen als Nachkommen. Soviel zum damaligen Stand der Gleichberechtigung ...
Man stellte sich die «Chrunglerin» als alte Frau mit zerzaustem Haar, Krallennägeln, zwei Höckern, je einer auf Brust und Rücken und grausig zerlumpt vor. Ihre giftigen Augen hatten den «bösen Blick». Sie verknäuelte faulen Spinnerinnen zur Strafe das abgesponnene Garn, «verchrungelte» es. Wöchnerinnen schlug sie mit Birkenruten, hockte Mann und Frau als zentnerschweres «Schrätteli» auf die Brust und würgte sie bis beinahe zum Ersticken. Sie war der Kinderschreck, mit dem man Unfolgsamen drohte.
Um der Unholdin den Wind aus den Segeln zu nehmen, kam der Brauch auf, dass in der «Chrungelinacht» – kurz vor Weihnachten – vermummte Burschen in die Häuser eindrangen und mit den Spinnerinnen Schabernack trieben, mit Ketten und Treicheln ein Höllenspektakel vollführten, natürlich auch den Kindern in ihren Betten Angst einjagten. Zu besänftigen waren diese «Chrungeler » mit Most, Schnaps und Kaffee oder gar einer «Nidlete in der Gelt». Oft kam es aber auch zu Prügeleien, wenn verschiedene Burschenschaften aufeinandertrafen und es zu Rivalitäten kam. Der Brauch ist nach wie vor lebendig, auch wenn es vielleicht ein wenig zahmer zu und her geht.
War die Chrungelifrau eine Winterdämonin, so war der «Haaggerimaa» eigentlich ein Wasserdämon, von dem man sagte, dass er vor Neujahr herumwüte, vor allem in Hütten und Samstagern. Mit einer langen Hakenstange lauerte er auch im Hüttnersee Kindern auf und zog sie, wenn sie unvorsichtig waren, unerbittlich hinab in den Grund. Um ihn zu bannen, zogen und ziehen noch heute die Burschen in der «Haaggerinacht» kurz vor Silvester durch die Winternacht und tragen einen Rossgrind auf einer langen Stange, dessen Augen und Gebiss erleuchtet sind und dessen Maul sich auf- und zuklappen lässt. Zum Vertreiben des Dämons gehören Treicheln, Glocken und Peitschen. Die Haaggeri-Burschen lassen den Rossgrind durch Fenster blecken und erwarten als Lohn Tranksame oder klingende Münze.

Vom Dreiländerstein zum Hüttnersee

Doch auf unserer Wanderung ist es noch Sommer und die Winterdämonen sollen im Walde verharren, bis ihre Zeit kommt. Am südlichsten Punkt des Kantons Zürich vorbei geht es weiter bis zum Dreiländerstein, welcher das Zusammentreffen der Kantone Zürich, Zug und Schwyz markiert. Es gibt nur noch wenige dieser Grenzsteine. Sie sind heutzutage stark gefährdet. Durch Meliorationen und Güterzusammenlegungen sind viele verschwunden. Die steinernen Markierungen sind geschützt. Mutwilliges Versetzen wurde im Mittelalter hart bestraft, denn diese Grenzzeichen galten als eigentliche Rechtsdokumente. Im Idealfall wurden Grenzsteine – auch Abmarkung, Markstein oder Bannstein genannt – mit Wappen, Jahreszahlen, Symbolen, Gemeindeinitial und Grenzkerben versehen. Der Grenzstein am Drei-
ländereck trägt die Wappen der drei Kantone.
Vom Dreiländerstein geht es steil hinunter Richtung Rossberg, wobei wir vor diesem links abzweigen um dann – bei der Chuen wieder aus dem Wald heraus gekommen – die herrliche Aussicht über den ganzen Zimmerberg Richtung Zürich geniessen zu können. Ab da verläuft die Grenze nordwestlich quer über den Rossbergrücken hinunter bis zur Sihl, welche sie dann wieder quert und am Bergli vorbei Richtung Hüttnersee hinunter sticht. Wir meiden das hohe Gras und folgen dem Strässchen hinunter über Oerischwand und Sennrüti, bis wir kurz vor der Scherenbrugg wieder links abzweigen, um dann über einen Steg zum Bergli zu gelangen. Hinunter zum Hüttnersee muss man ab hier der Strasse folgen. Vor dem See wird aus der Kantonsgrenze wieder eine Gemeindegrenze. Das Gebäude der Badi liegt auf Richterswiler Grund. Die Liegewiese und der See selbst liegen hingegen auf Hüttner (und bald Wädenswiler) Boden. Der Grenzverlauf führt dann an den Weilern Laubegg, Rotenblatt und Egg vorbei bis zum alten östlichen Grenzpunkt zwischen Schönenberg und Wädenswil kurz vor der Beichlenstrasse. Wir nehmen den Weg über die Laubegg nach Hause, der uns übers Wolfbüel und die Buechen auf dem Höhenweg, vorbei am alten Gemeindehaus, direkt zur Kirche und ins Dorfzentrum von Schönenberg führt.
Nur noch wenige Grenzsteine stehen auf dem Höhronen.

Am Restaurant Rössli vorbei, gehen wir weiter Richtung Altersheim Stollenweid. Übers «Pfiiffemösli», den kleinen Fussweg, der hinter dem Altersheimhügel durchführt, streben wir Richtung Stollen, nach Hause. Wenn wir uns da kurz auf das Bänkli setzen, das am Ende des Fussweges den müden Wanderer erwartet, blicken wir Richtung Hinterbergried. Es steht unter Schutz. Jetzt im Spätsommer entfalten die verschiedenen Gräser und Pflanzenarten ihre Farbpalette vielfältigster Grün- und Ockertöne.
Von der Chuen überblickt man fast den ganzen Zürichsee.
 

Das Geisterschüürli und eine Mordgeschichte

An der Strasse Richtung Hirzel, kurz vor der Abzweigung Säge/Schützenmatt und gegenüber dem Hinterbergried, steht das Geisterschüürli. Um diese Scheune ranken sich Legenden. Lange Jahre ziemlich verlottert, wurde es renoviert und gibt jetzt nicht mehr einen so düsteren Anblick. Das Haus war ursprünglich ein Kleinbauernhaus, ist aber schon lange nicht mehr bewohnt. Es dient als Lagerraum für allerlei Gerät. Seit Jahrzehnten und über Generationen erzählte man sich, dass es in der Maasschüür spukt. Man meinte Kettenrasseln zu hören und Irrlichter im Ried zu sehen, Flammen, die dicht über dem Moorboden züngelten. Der Volksglaube sah in ihnen seit dem Mittelalter brennende Seelen (oft von ungetauft verstorbenen Kindern) oder irreführende und lockende Geister.
Das Phänomen liess sich allerdings wissenschaftlich mit dem Vertorfungsprozess der Moore in Zusammenhang bringen.
Hinter der Geschichte vom Kettenrasseln stand eine wüste Mordgeschichte. 1845 fand man in Wädenswil die Leichen eines älteren Ehepaares, das brutal erschlagen worden war. Bald wurden zwei Schönenberger verdächtig und verhaftet, die des Raubmordes dann auch überführt und zum Tode verurteilt wurden. Der Aberglaube der Bevölkerung legte nahe, dass die beiden Mörder im Geisterschüürli in dunklen Nächten herumgeisterten, seufzten, stöhnten, heulten und mit Ketten rasselten.In Wirklichkeit haben sich die Mörder aber nie in der Maasschüür versteckt. Die Frage, ob sich die Geister der Mörder in dem leerstehenden Gebäude befanden, so dass die verängstigten Bewohner das Haus aufgaben oder ob sie erst im schon leeren Haus ihr Unwesen trieben, konnte nie eindeutig beantwortet werden. Doch so oder so: Wer jemandem das Gruseln lehren wollte, erzählte Geschichten vom Geisterschüürli.
Noch ein kurzes Wegstück liegt vor uns. Der Weg steigt leicht an bis hinauf zur Hügelkuppe, wo einst das Restaurant Frohe Aussicht seine Sommergäste unter einer riesigen Linde bewirtete. Beides ist leider Geschichte.
Wir folgen der Strasse nach links und geniessen noch einmal den grandiosen Ausblick über die uns so vertrauten Hügel und Matten und wundern uns, wie viel Geschichte und Geschichten in dieser Landschaft stecken. Erzählt wurden hier nur ein paar Müsterchen. Ja, wir leben gerne hier auf dem Schönen Berg.




lngrid Eva Liedtke




Ich danke meinem Mann, der hier aufgewachsen ist, für seine Begleitung auf dieser Wanderung durch Landschaft und Zeit. Die Sagen sind zitiert nach den Blättern der Vereinigung Pro Sihltal (17/1967, 18/1968, 30/1980,37/1987, 39/1989) sowie Jürg Winkler, Vom Gäischterschüürli in Schönenberg, Wädenswil 1991.