Damit blieb Zürich nur noch das Mittel der Gewalt, wenn es zum Ziel kommen wollte. «Weder durch gebet noch früntzschaft»17 sollten die Wädenswiler zur Vernunft gebracht werden; die Zürcher hatten nunmehr beschlossen, dass «si die ungehorsamen lüt wöltind straffen»18. Um allen argwöhnischen Vermutungen, die in den eifersüchtigen Schwyzern beim Herannahen eines zürcherischen Heeres etwa aufsteigen konnten, die Spitze zu brechen, verständigte Zürich den Rat von Schwyz von seinem Vorhaben, die Aufständischen mit Gewalt zum Gehorsam zu zwingen. Welche Gerüchte man auch immer in Schwyz vernehmen werde, die dortige Regierung könne unbekümmert sein. Zürich riet den Miteidgenossen in Schwyz, «sich der sach nüt ze beladen»19, und versicherte ihnen, die Schwyzer seien ihres Leibes und Gutes auf jeden Fall sicher. Es ist auffällig und wird sowohl von Edlibach als auch von Brennwald betont, wie Zürich mit allen Mitteln eine Intervention der Schwyzer verhindern wollte. Ob sich Schwyz aber an die zürcherischen Vorschläge halten würde?
Die Stadtregierung jedenfalls rechnete damit und rüstete zum Krieg gegen die Rebellen. In der Nacht vom 7. auf den 8. März 1468, kurz nach Mitternacht, liefen die Kriegsschiffe in Zürich aus. Die Zürcher beabsichtigten, vor Tagesanbruch in Wädenswil zu landen, um die Aufständischen «jn den nestren usszenemen»20. An Bord befanden sich insgesamt 1500 Mann, dem Kommando des Hauptmanns Eberhart Ottikon unterstellt.
Plangemäss landeten die Krieger in der Morgenfrühe in der Herrschaft. Aber zu ihrer grossen Enttäuschung mussten sie feststellen, dass es ihnen unmöglich war, die Rebellen aus den Betten zu holen. Die Leute waren nämlich gewarnt worden und hatten rasch gehandelt: Sie hatten sich in Harnisch gestürzt und waren beim Herannahen der Zürcher auf schwyzerisches Territorium geflüchtet. Wie gross die Zahl der übergetretenen Herrschaftsleute gewesen ist, verschweigen die Quellen. Alle Rebellen hatten sich nicht zu dieser Massnahme entschlossen. Als die zürcherische Besatzungsmannschaft gegen Wädenswil heranrückte, zog der kecke Herdener mutig nach Arn hinunter. Wenn nur noch einer bei ihm gewesen wäre – erklärte er später vor Gericht – hätte er dort angefangen, die Häuser in Brand zu stecken bis in die Herrschaft hinauf, um den Feinden den Zutritt zu erschweren21.
Die auf schwyzerisches Gebiet übergetretenen Wädenswiler setzten sofort die Regierung von Schwyz von der neuen, ernsten Lage in Kenntnis. Damit die Schwyzer sicher Hilfe leisten würden, hatte man die Sache noch etwas dramatisiert. Die Zürcher, hiess es, hätten im Sinn, Pfäffikon und Wollerau zuhanden der Stadt zu erobern und zu besetzen22. Das wollte sich Schwyz keinesfalls bieten lassen. Es rüstete sich, trotz der Verhandlungen, die vor Beginn des Kriegszuges zwischen den beiden eidgenössischen Orten stattgefunden hatten, zur Gegenwehr. Vierhundert Krieger traten unter das Banner und brachen sogleich Richtung Wädenswil auf.
Damit hatte der Wädenswiler Steuerstreit plötzlich eine neue, ernste Wendung genommen. Zürich, sowie Wädenswil und Schwyz, standen im Krieg; zwei eidgenössische Orte waren bereit, mit Waffen gegeneinander anzutreten. Diesen wichtigen Moment im Kriegsgeschehen hat der Chronist Gerold Edlibach zeichnerisch festgehalten23. Eine Chronik-Illustration zeigt die Landung des zürcherischen Fähnchens bei Wädenswil. In einem Nachen sitzen noch dichtgedrängt die gerüsteten Zürcher. Zwei andere Nauen sind bereits leer. Ihre Besatzung hat sich, mit Spiessen bewaffnet, an Land gegeben und zieht unter dem flatternden Zürcher Banner gegen die Burg Wädenswil. Der Kriegshaufen der Herrschaftsleute hält sich, ebenfalls mit Rüstungen gepanzert, im Walde (rechts oben) versteckt. Bereits haben auch die Schwyzer Partei ergriffen. Sie scharen sich, den Wädenswilern und Richterswilern beistehend, im Wald links der Burg um ihr Fähnlein.